Entscheidungsdatum
25.11.2021Norm
AlVG §10Spruch
W238 2248499-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Robert STEIER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten vom 15.09.2021, XXXX , betreffend Verpflichtung zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.102,57 gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG (Spruchpunkt A) sowie betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG (Spruchpunkt B) zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 1.087,80 verpflichtet ist.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten (im Folgenden: AMS) vom 14.06.2021 wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 01.06.2021 bis 12.07.2021 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass der nunmehrige Beschwerdeführer die mögliche Aufnahme einer vom AMS zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Produktionsgehilfe beim Dienstgeber XXXX GmbH vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 10.08.2021 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.06.2021 mit näherer Begründung abgewiesen.
4. Es wurde kein Vorlageantrag eingebracht.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.09.2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.102,57 verpflichtet (Spruchpunkt A). Diesbezüglich wurde die Einbehaltung der Leistung im Falle eines fortdauernden Leistungsbezuges in Aussicht gestellt. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer nicht im Leistungsbezug steht, wurde die Einzahlung des Betrages binnen vierzehn Tagen auf ein näher bezeichnetes Konto gefordert. Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).
Zu Spruchpunkt A des Bescheides führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages aufgrund der Entscheidung des AMS vom 10.08.2021 bestehe. Der in Spruchpunkt B verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde wie folgt begründet: Da bereits eine Entscheidung über die Beschwerde in der Hauptsache vorliege, würde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert werde, obwohl mit einer anderslautenden Entscheidung in der Sache zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grund überwiege in der gegenständlichen Angelegenheit das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung. Die aufschiebende Wirkung sei daher abzuerkennen.
6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin stellte der Beschwerdeführer in Frage, mit welcher Begründung er den Betrag von € 1.102,57 bezahlen solle. Er sei zudem nicht in der Lage, diesen Betrag auf einmal zu entrichten, da er ohnehin finanziell nicht gut gestellt sei. Das AMS habe bereits mehrfach seinen Bezug zu Unrecht eingestellt. Er werde seinen Rechtsschutz einschalten.
7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.11.2021 vorgelegt. Mitgeteilt wurde, dass gemäß § 38 iVm § 10 AlVG eine Ausschlussfrist für die Zeit vom 01.06.2021 bis 12.07.2021 ausgesprochen worden sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch ab 01.07.2021 Krankengeld bezogen. Gegen die Bezugssperre habe der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde sei die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für die Zeit der Ausschlussfrist vorläufig ausbezahlt worden. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 sei die Beschwerde abgewiesen worden. Die Beschwerdevorentscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Mit gegenständlichem Bescheid des AMS St. Pölten vom 15.09.2021 sei die Leistung in Höhe von € 1.102,57 (30 Tage x Tagsatz € 36,26 + 7 Tage x € 2,11 Beihilfe) rückgefordert worden, was jedoch nicht korrekt sei. Der Beschwerdeführer habe vom 21.06.2021 bis 27.06.2021 eine Arbeitserprobung absolviert und dafür zusätzlich zu seinem Tagsatz von € 36,26 den Betrag von € 2,11 täglich (für 7 Tage gesamt € 14,77) erhalten. Rückforderbar sei jedoch nur der Grundbetrag der Leistung, sohin € 36,26 täglich für 30 Tage (= € 1.087,80).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid des AMS vom 14.06.2021 wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 01.06.2021 bis 12.07.2021 ausgesprochen.
Vom 01.07.2021 bis 01.08.2021 bezog der Beschwerdeführer Krankengeld.
Der gegen den Bescheid vom 14.06.2021 erhobenen Beschwerde kam aufschiebende Wirkung zu. Der Beschwerdeführer erhielt im Zeitraum vom 01.06.2021 bis 30.06.2021 (= 30 Tage) vorläufig weiterhin Notstandshilfe im Ausmaß von € 36,26 täglich. Daraus ergibt sich in Summe ein Bezug von Notstandshilfe in Höhe von € 1.087,80.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.06.2021 abgewiesen.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde per RSb-Schreiben an den Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers übermittelt. Der Beschwerdeführer wurde nach einem Zustellversuch am 11.08.2021 von der Hinterlegung des Bescheides beim Postamt XXXX mit Beginn der Abholfrist am 12.08.2021 verständigt.
Die Beschwerdevorentscheidung enthält eine korrekte Rechtsmittelbelehrung.
Sie wurde mit dem ungenützten Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags am 26.08.2021 unanfechtbar und somit formell rechtskräftig.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.09.2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.102,57 verpflichtet (Spruchpunkt A). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).
Der Beschwerdeführer absolvierte vom 21.06.2021 bis 27.06.2021 eine Arbeitserprobung und erhielt zusätzlich zu seinem Tagsatz von € 36,26 eine Beihilfe von € 2,11 täglich (für 7 Tage € 14,77). Die Beihilfe wurde vom AMS ebenfalls zurückgefordert.
2. Beweiswürdigung:
Der Gegenstand des Bescheides vom 14.06.2021 und der Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Der festgestellte Zeitraum sowie die festgestellte Höhe des Bezuges der Notstandshilfe gründen sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes. Der Bezug von Krankengeld vom 01.07.2021 bis 01.08.2021 ist dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Versicherungsdatenauszug zu entnehmen.
Der Höhe der im Zeitraum vom 01.06.2021 bis 30.06.2021 bezogenen Notstandshilfe ist der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten. Aus der Formulierung im Beschwerdeschriftsatz (arg.: „Mit welcher Begründung muss ich € 1.102,57 zahlen!“) ist vielmehr bloß abzuleiten, dass der Beschwerdeführer den Zusammenhang zwischen dem rechtskräftig ausgesprochenen Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 einerseits und der nunmehr erfolgten Rückforderung des ungerechtfertigten Notstandshilfebezuges andererseits trotz der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht herzustellen vermochte.
Dass die Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 an den aufrechten Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers erging, ergibt sich aus einer Zusammenschau der Zustellverfügung sowie des RSb-Rückscheines und des vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszuges aus dem ZMR.
Die Feststellungen zum Zustellvorgang betreffend die Beschwerdevorentscheidung beruhen auf dem im Akt einliegenden unbedenklichen und gut lesbaren RSb-Rückschein. Dieser stellt als Zustellschein eine öffentliche Urkunde dar, welche die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (vgl. dazu näher die nachfolgende rechtliche Beurteilung).
Aus diesem Rückschein ergeben sich ein Zustellversuch des Schriftstücks am 11.08.2021 sowie die Hinterlegung der Sendung beim zuständigen Postamt. Der Beginn der Abholfrist wurde am Rückschein vom Zusteller mit 12.08.2021 vermerkt. Dem Rückschein ist zu entnehmen, dass eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung eingelegt wurde.
Die rechtswirksame Zustellung bzw. Erlassung der Beschwerdevorentscheidung wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Die Rechtsmittelbelehrung ist Bestandteil der Beschwerdevorentscheidung. Hinsichtlich der festgestellten Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Dass der gegen den Bescheid vom 14.06.2021 erhobenen Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukam, ergibt sich aus § 13 Abs. 1 VwGVG und dem Fehlen von Hinweisen auf einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.
Der Gegenstand des nunmehr angefochtenen Bescheides ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer vom 21.06.2021 bis 27.06.2021 eine Arbeitserprobung absolvierte und dafür zusätzlich zu seinem Tagsatz eine Beihilfe von € 2,11 täglich erhielt, welche von der belangten Behörde ebenfalls zurückgefordert wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Sie ist teilweise begründet.
Zu A) Teilstattgebung der Beschwerde:
3.2. § 25 Abs. 1 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. I Nr. 38/2017, lautet wie folgt:
„§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.“
3.3. Zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung
Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 14.06.2021 mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 abgewiesen. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid vom 14.06.2021 erhobenen Beschwerde wurde dem Beschwerdeführer im Zeitraum vom 01.06.2021 bis 30.06.2021 (= 30 Tage) vorläufig weiterhin Notstandshilfe im Ausmaß von € 36,26 täglich – in Summe € 1.087,80 – ausbezahlt.
Ein Bescheid wird nicht bereits mit seiner Erlassung, sondern mangels Rechtsmittelverzichts erst mit ungenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/12/0023; 21.12.2016, Ra 2014/10/0054).
Zum Zustellvorgang ist in rechtlicher Hinsicht Folgendes vorauszuschicken:
Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen (§ 13 Abs. 1 ZustG).
Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen (§ 17 Abs. 1 ZustG).
Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen (§ 17 Abs. 2 ZustG).
Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte (§ 17 Abs. 3 ZustG).
Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde (§ 17 Abs. 4 ZustG).
Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden (§ 22 Abs. 1 ZustG).
Nach den Beurkundungen des Zustellorgans erfolgte gegenständlich ein Zustellversuch der Beschwerdevorentscheidung am 11.08.2021. Da der Beschwerdeführer nicht angetroffen werden konnte, wurde eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Weiters ist dem Rückschein zu entnehmen, dass die Hinterlegung des Bescheides beim Postamt erfolgte. Der Beginn der Abholfrist wurde mit 12.08.2021 vermerkt.
Bei dem genannten Rückschein handelt es sich als Zustellschein um eine öffentliche Urkunde, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat, dass die Zustellung den Angaben auf dem Zustellschein entsprechend erfolgt ist. Diese Vermutung ist widerlegbar. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die im Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/02/0156; 11.11.2015, Ra 2015/04/0086, je mwN). Dazu bedarf es jedoch konkreter Darlegungen und eines entsprechenden Beweisanbotes (vgl. etwa VwGH 27.07.2007, 2006/10/0040; 21.07.2011, 2007/18/0827 mwN).
Im gegenständlichen Fall wurden seitens des Beschwerdeführers keine Zustellmängel behauptet.
Die Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 wurde dem Beschwerdeführer sohin mit Beginn der Abholfrist am 12.08.2021 rechtswirksam zugestellt. Innerhalb der gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG vorgesehenen zweiwöchigen Frist wurde kein Vorlageantrag eingebracht. Der Bescheid wurde somit nach ungenütztem Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags am 26.08.2021 unanfechtbar und formell rechtskräftig.
Die belangte Behörde stützte die Rückforderung zu Recht auf § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG, welcher die Verpflichtung zum Rückersatz von Leistungen anordnet, die wegen „Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels“ weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.
Ein solcher Sachverhalt liegt dem gegenständlichen Fall zugrunde, da die Notstandshilfe während des Zeitraumes der Ausschlussfrist vom 01.06.2021 bis 12.07.2021 für insgesamt 30 Tage (01.06.2021 bis 30.06.2021; danach erfolgte ein Krankengeldbezug) im Ausmaß von € 1.087,80 nur wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.06.2021 vorläufig weiterhin an den Beschwerdeführer ausbezahlt wurde und das Verfahren mit der rechtskräftigen Entscheidung des AMS vom 10.08.2021 geendet hat, dass der Verlust der Notstandshilfe zu Recht ausgesprochen wurde.
Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Rückforderung einer unberechtigt empfangenen Leistung im angefochtenen Bescheid richtet, erweist sie sich nur insoweit als berechtigt, als seitens des AMS fälschlich auch eine vom Beschwerdeführer bezogene Beihilfe für eine Arbeitserprobung vom 21.06.2021 bis 27.06.2021 im Ausmaß von € 14,77 rückgefordert wurde.
Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben, als der Rückforderungsbetrag um diese Summe zu reduzieren ist.
Bezüglich der Rückzahlungsverpflichtung wird der Beschwerdeführer im Übrigen auf die Möglichkeit verwiesen, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS die Gewährung von Zahlungserleichterungen (z.B. Ratenzahlungen) zu beantragen.
3.4. In Anbetracht der vorliegenden Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein Eingehen auf den in Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Das Gericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch von Amts wegen nicht für erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Im vorliegenden Fall liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Die Rechtmäßigkeit der rechtskräftig verhängten Bezugssperre nach § 10 AlVG ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Beschwerdeführer trat insbesondere weder der Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 noch der Höhe des Rückforderungsbetrages substantiiert entgegen. Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um „civil rights“ iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Da jedoch im gegenständlichen Fall keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Herabsetzung Notstandshilfe Rechtskraft der Entscheidung Rückforderung TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W238.2248499.1.01Im RIS seit
23.12.2021Zuletzt aktualisiert am
23.12.2021