Index
EStGNorm
BewG 1955 §32Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Piffl , über die Beschwerde des AP und der JP in G, beide vertreten durch Dr. Franz J. Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, Hauptplatz 36, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 19. Februar 1987, Zl. B 33-3/85, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1981, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer veräußerten im Jahre 1981 einen 1970 erworbenen, rund 9 ha großen forstwirtschaftlichen Betrieb (Teilbetrieb) um den Betrag von S 1,2 Mio. Streit besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich darüber, ob der auf das stehende Holz entfallende, gemäß § 37 EStG 1972 begünstigte Veräußerungsgewinn (unstreitig S 373.676,--) der Einkommensteuer unterliegt. Die Beschwerdeführer hatten diese Besteuerung im Verwaltungsverfahren im wesentlichen mit der Begründung bekämpft, daß die Gewinne des Forstbetriebes stets nach Durchschnittssätzen besteuert worden wären. Diese Besteuerung habe die bei der Veräußerung aufgedeckten Wertsteigerungen im stehenden Holz bereits laufend erfaßt, sodaß es zu einer „Doppelbesteuerung“ käme, wenn auch noch der auf das stehende Holz entfallende Veräußerungsgewinn besteuert werde.
In dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, daß die Durchschnittssatzbesteuerung nur laufende Einkünfte, nicht aber auch Veräußerungsgewinne erfasse. Abgesehen davon sei der Gewinn des fraglichen Forstbesitzes gar nicht nach Durchschnittssätzen besteuert worden.
Vornehmlich diese Feststellung bekämpfen die Beschwerdeführer in ihrer sowohl wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch wegen dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer gründen den Vorwurf inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides offenkundig auf die in der Beschwerde zitierte Abhandlung Leitners (jun.) über den „Veräußerungsgewinn bei pauschalierten Land- und Forstwirten“, ÖStZ Nr. 11/84. Dieser Autor gelangt in Auseinandersetzung mit dem hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1982, Zl. 17/1266/80, zur Auffassung, daß eine Besteuerung des auf das stehende Holz entfallenden Veräußerungsgewinnes gänzlich entfalle, wenn der forstwirtschaftliche Betrieb im gesamten Zeitraum des Wertzuwachses pauschaliert gewesen sei, weil schon die Pauschalierung (Durchschnittssatzbesteuerung) den Wertzuwachs des stehenden Holzes erfasse.
Dieser Auffassung kann sich der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht anschließen:
Im Erkenntnis Zl. 17/1266/80, brachte der Gerichtshof unter Hinweis auf seine Vorjudikatur zum Ausdruck, eine gesetzeskonforme Auslegung der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 29. April 1976, BGBl. Nr. 199, über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft (für das Kalenderjahr 1975) mache die Einschränkung des Anwendungsbereiches auf jene Art des Gewinnes erforderlich, für die Durchschnittssätze auf Grund von Erfahrungen (siehe § 17 Abs. 1 EStG 1972) überhaupt denkbar seien, also auf die jeweils laufenden Einkünfte, nicht aber die erst durch § 21 Abs. 2 Z. 3 gleichgestellten Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24 EStG 1972. Daher seien die Durchschnittssätze auch auf die regelmäßig in Betrieben der jeweiligen Berufsgruppe, für die sie aufgestellt seien, anfallenden Rechtsgeschäfte abgestellt und könnten infolgedessen außerhalb des regelmäßigen Geschäftsablaufes stehende Vorgänge, wie die Veräußerung eines Betriebes, nicht berücksichtigen.
Der Gerichtshof sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzurücken, und weist ergänzend auf folgendes hin:
Die in Betracht kommenden Durchschnittssatzverordnungen des Bundesministers für Finanzen (siehe Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 17 Tz 20, sowie Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Texte, Band IB) besagen (so wie die schon zitierte Verordnung BGBl. Nr. 199/76) in ihrem § 3 Abs. 1 jeweils, daß, wenn zu einem landwirtschaftlichen Betrieb forstwirtschaftlich genutzte Grundflächen gehören und auf diese mindestens ein Teileinheitswert von (zunächst) S 80.000,-- (später S 100.000,--) entfällt, der Gewinn aus den forstwirtschaftlich genutzten Flächen gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 (gesondert) zu berechnen (ermitteln) ist. Ist der Gewinn aus forstwirtschaftlich genutzten Flächen (demnach) nicht gesondert gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 zu berechnen, so ist er mit dem Durchschnittssatz von 10 v.H. des auf die forstwirtschaftlich genutzten Flächen entfallenden Teiles des Einheitswertes zu ermitteln (berechnen). Abs. 2 der Verordnungsstellen zufolge sind die Bestimmungen des Abs. 1 auch anzuwenden, wenn zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nur forstwirtschaftlich genutzte Grundflächen gehören.
§ 3 Abs. 1 der Durchschnittssatzverordnungen sieht somit, wie schon sein Aufbau zeigt, als Grundsatz vor, daß der Gewinn aus forstwirtschaftlich genutzten Flächen gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 - also durch „Einnahmen-Ausgabenrechnung“ - zu ermitteln ist. Die Gewinnermittlung mit dem Durchschnittssatz von 10 v.H. des auf die forstwirtschaftlich genutzten Flächen entfallenden Einheitswertteiles ist demgegenüber die auf Teileinheitswerte von weniger als S 80.000,-- (S 100.000,--) beschränkte Ausnahme. Die grundsätzlich vorgesehene Einnahmen-Ausgabenrechnung erfaßt nur durch Holzveräußerungen realisierte Gewinne und nicht bloße Wertzuwächse. Der ausnahmsweise zulässigen Gewinnermittlung mit einem Durchschnittssatz kann nach dem Aufbau des § 3 Abs. 1 der Durchschnittssatzverordnungen nur die Bedeutung beigemessen werden, daß sie in vereinfachter Weise zu einem der Einnahmen-Ausgabenrechnung annähernd vergleichbaren Ergebnis - und nicht zu einem grundlegend differierenden Ergebnis - führen soll. Bei diesem Verständnis kann aber auch die Pauschalierung nur realisierte Gewinne und nicht auch die bei der Einnahmen-Ausgabenrechnung unbeachtlichen nicht realisierten Wertsteigerungen erfassen. Sonst käme es bei der Durchschnittssatzbesteuerung sogar zu einer zwingenden steuerlichen Erfassung nicht realisierter Wertsteigerungen, wie sie nicht einmal für buchführende Land- und Forstwirte vorgesehen ist (siehe § 125 Abs. 5 BAO). Der Vollständigkeit halber sei hier auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1981, Zl. 81/14/0036, hingewiesen, demzufolge der nach Durchschnittssätzen ermittelte land- und forstwirtschaftliche Gewinn naturgemäß nur an den laufenden Einnahmen und Ausgaben ausgerichtet ist.
Dem Argument, daß bei den von der Durchschnittssatzbesteuerung regelmäßig umfaßten „aussetzenden Betrieben“ jahrelang keine ordentlichen (laufenden) Geschäftsvorfälle vorkämen und die Durchschnittssatzbesteuerung daher nur den Wertzuwachs des stehenden Holzes vorwegnehmen könne, ist nicht nur die erkennbare Zielsetzung der Durchschnittssatzverordnungen entgegenzuhalten, in vereinfachter Weise („pauschal“) in Einnahmen und Ausgaben realisierte Geschäftsvorfälle zu erfassen, sondern auch der Umstand, daß bei der forstwirtschaftlichen Einheitsbewertung ein Bestand mit keinem oder nur geringem Gegenwartsertrag ohnedies entsprechend niedriger bewertet werden muß, als ein solcher mit hohem Ertrag (siehe Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, Erläuterungen zu § 46 Abs. 3 Z. 2). Daß auch im Beschwerdefall eine entsprechend niedrige Bewertung stattfand, zeigt die Tatsache, daß der gegenständliche Waldbesitz mit - laut Beschwerde - letztem Einheitswert von (höchstens) S 52.412,-- einen Verkaufspreis von 1,2 Mio S erzielte. Es kann nicht unterstellt werden, daß von einer ohnedies von niedrigen Einheitswerten ausgehenden und dementsprechend geringen Durchschnittssatzbesteuerung auch noch die nicht realisierten Wertsteigerungen des stehenden Holzes umfaßt wären. Andernfalls erwiesen sich die Durchschnittssatzverordnungen als gesetzwidrig (Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a.a.O., § 17 Tz 5), was im Zweifel jedoch nicht angenommen werden kann.
Die Durchschnittssatzverordnungen haben auch nicht dadurch, daß sie bei der Durchschnittssatzbesteuerung an den forstwirtschaftlichen Einheitswert (Teileinheitswert) anknüpfen, den Wertzuwachs des stehenden Holzes notwendigerweise der Pauschalierung unterworfen. Denn es beeinflussen zwar die Wachstumsbedingungen den dem Einheitswert zugrundeliegenden Ertragswert (siehe § 32 Abs. 2 und § 46 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 - BewG), doch ist der nicht realisierte Wertzuwachs selbst nicht unmittelbar Gegenstand des Ertragswertes. Ertragswert ist vielmehr nach der erstgenannten Gesetzesstelle das 18-fache des Reinertrages, den der Betrieb seiner wirtschaftlichen Bestimmung gemäß im Durchschnitt der Jahre nachhaltig erbringen kann. Unter dem Reinertrag aber ist ein entsprechend adaptierter Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu verstehen (Twaroch-Wittmann-Frühwald, a.a.O., Anm. 2 zu § 32 Abs. 2). Bei Forstbetrieben im besonderen ist der jährliche Holzzuwachs gedankliche Grundlage dafür, den jährlich zulässigen Holzeinschlag festzustellen. Erst aus dem solchermaßen nachhaltig erzielbaren Holzertrag und dem nachhaltig erzielbaren Holzpreis ergibt sich der Rohertrag in Geld und nach Abzug der Wirtschaftskosten der Reinertrag und daraus wieder der Ertragswert (Twaroch-Wittmann-Frühwald, a.a.O., Erläuterungen zu § 46 Abs. 3). Auch der forstwirtschaftliche Einheitswert beruht sohin nicht auf bloßen Wertzuwächsen im stehenden Holz, sondern auf der Fiktion von aus geschlägertem Holz realisierten Erträgen.
Aus vorstehenden Überlegungen ergibt sich, daß bloße Wertzuwächse in stehendem Holz nicht von der Durchschnittssatzbesteuerung erfaßt werden und es daher auch zu keiner „Doppelbesteuerung“ kommen kann, wenn die Wertzuwächse anläßlich einer Veräußerung des Forstbetriebes zum Vorschein kommen. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Wertsteigerung des Holzzuwachses während der Zeit der Durchschnittssatzbesteuerung im Falle des Erkenntnisses Zl. 17/1266/80 traf der Gerichtshof in dieser Entscheidung keine Aussage darüber, ob diese Berücksichtigung durch die damalige belangte Behörde zu Recht erfolgte oder nicht. Er kam lediglich zur Auffassung, daß sich der damalige Beschwerdeführer dadurch keinesfalls beschwert erachten, also in keinem Recht verletzt sein konnte.
Für den hier zu entscheidenden Fall aber zeigen die vorstehenden Ausführungen, daß der Beschwerde selbst dann kein Erfolg beschieden sein könnte, wenn der (laufende) Gewinn des Forstbetriebes tatsächlich nach Durchschnittssätzen ermittelt wurde. Es könnte daher auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel bedeuten, wenn die Behauptung der Beschwerdeführer zuträfe, daß sich die belangte Behörde mit der Frage, ob die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen stattfand oder nicht, unzureichend bzw. unzutreffend auseinandersetzte.
Der angefochtene Bescheid läßt somit keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 19. April 1988
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1988:1987140080.X00Im RIS seit
23.12.2021Zuletzt aktualisiert am
23.12.2021