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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der O in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Februar 1995, Zl. 105.602/4-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 22. Februar 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. September 1994 auf Erteilung (nach der Aktenlage: auf Verlängerung) einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete ihre Ansicht im wesentlichen damit, daß die zur Verfügung stehende Wohnung im Ausmaß von 45 m2 für den dauernden Aufenthalt von sieben Personen nicht ausreiche. Dabei sei auch die allgemeine Wohnsituation in der unmittelbaren Umgebung der angegebenen Wohnung zu berücksichtigen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe (in der Berufung) eingewendet, daß ihre Familie seit 1983 in der gegenständlichen Unterkunft wohne. Diese Einwendungen hätten keine Rechtswidrigkeit der "Ermessensausübung" bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit der Wohnung dargetan. Gerade die Notwendigkeit, "in einem ohnedies sensiblen Wohnbereich" die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der Ortsüblichkeit von Wohnverhältnissen von Zuwanderern anzulegen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Verwaltungsakten mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
2. Die Beschwerdeführerin hat bereits in ihrem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung vom 23. September 1993 angegeben, bei ihren Eltern in einer 45 m2 großen Wohnung zu leben. Die Wohnung werde von insgesamt zwei volljährigen und fünf minderjährigen Personen bewohnt. In der Berufung führte sie zusätzlich aus, daß ihre Familie bereits seit 1983 in der erwähnten Wohnung leben würde und die Familienmitglieder dort auch gemeldet seien. Beim erstmals in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, daß die Beschwerdeführerin bereits seit einem vor der gegenständlichen Antragstellung gelegenen Zeitpunkt nicht mehr bei ihren Eltern, sondern beim Lebensgefährten wohne, handelt es sich um eine im Verwaltungsgerichtshofverfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
3.1. Dennoch kommt der Beschwerde aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
Die Ansicht der belangten Behörde, daß für die Beurteilung, ob eine Unterkunft "für Inländer ortsüblich" sei (neben der konkreten Wohnsituation der Beschwerdeführerin) auch die "allgemeine Wohnsituation in der unmittelbaren Umgebung der angegebenen Wohnung" zu berücksichtigen sei, begegnet zwar keinen Bedenken. Der angefochtene Bescheid enthält jedoch - mit Ausnahme der Feststellungen über Wohnungsgröße und Anzahl der Bewohner - weder Feststellungen über die konkrete Wohnsituation der Beschwerdeführerin (etwa über Räumlichkeiten der Wohnung sowie Alter und familiäre Beziehung der Bewohner), noch über die allgemeine Wohnsituation in der Umgebung der Wohnung der Beschwerdeführerin.
Die belangte Behörde hat somit nicht dargelegt, welche konkrete Wohnsituation der Beschwerdeführerin einerseits und welche übliche Wohnsituation in der Umgebung der Wohnung der Beschwerdeführerin andererseits sie als maßgeblichen Sachverhalt dem durch den unbestimmten Gesetzesbegriff "für Inländer ortsübliche Unterkunft" umschriebenen Tatbestand subsumiert hat.
3.2. Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei einem Unterbleiben des aufgezeigten, den Verwaltungsgerichtshof an einer Überprüfung der bekämpften Entscheidung auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit hindernden Verfahrensmangels zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigen) Ergebnis hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Vorlage von Urkunden zum Beweis für das als Neuerung unzulässige Vorbringen (siehe oben II.2.) nicht erforderlich war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180902.X00Im RIS seit
02.05.2001