Entscheidungsdatum
10.09.2021Norm
B-VG Art8 Abs1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin Mag. Steger über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, vom 28. Juli 2021 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 20. Juli 2021, GZ. ***, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers vom 29. Juni.2021 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 22. Juni 2021, GZ. ***, betreffend Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages samt Baueinstellung nach der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), als unzulässig zurückgewiesen wurde, folgenden
BESCHLUSS
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung:
Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** als Baubehörde erster Instanz vom 22.06.2021, GZ. ***, wurde unter anderem gegenüber dem Beschwerdeführer A angeordnet, dass auf dem Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, gemäß § 29 Abs. 1 NÖ BO 2014 sämtliche Bautätigkeiten einzustellen seien (Spruchpunkt 1.) und die in einem angeführten, bereits teilweise ausgeführten Bauwerke gemäß § 29 Abs. 2 NÖ BO 2014 binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides abzubrechen seien.
Begründend führte dazu der Bürgermeister der Marktgemeinde *** zusammengefasst aus, dass es sich bei den angeführten Bauten um konsenslose handle und diese auch nicht bewilligungsfähig seien, da diese sowohl hinsichtlich der Lage also auch der technischen Ausführung nicht dem Stand der Technik entsprechen würden.
Mit offensichtlich in kyrillischer Schrift verfasster Eingabe vom 29.06.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erkennbar das Rechtsmittel der Berufung.
Mit dem Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** als Baubehörde zweiter Instanz vom 20.07.2021, GZ. ***, wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte dazu die Berufungsbehörde zusammengefasst aus, dass die Berufung nur durch die Angabe der Aktenzahl als solche zu erkennen gewesen wäre, da das Schreiben ansonsten in einer anderen Sprache als der Amtssprache Deutsch verfasst worden wäre. Dem Verbesserungsauftrag der Berufungsbehörde vom 30.06.2021, binnen zwei Wochen eine Berufung in der Amtssprache Deutsch nachzureichen, widrigenfalls seine Berufung als unzulässig zurückgewiesen werde, sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Vielmehr habe er am 15.07.2021 ein weiteres Schreiben, welches wieder nicht in der Amtssprache Deutsch verfasst worden wäre, eingebracht. Die Berufung sei deshalb gemäß § 13 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Am 02.08.2021 brachte der Beschwerdeführer bei der Berufungsbehörde eine mit 28.07.2021 datierte Eingabe ein, welche wiederum in offensichtlich russischer Sprache, jedenfalls nicht in deutscher Sprache verfasst wurde.
Mit Schreiben vom 04.08.2021 legte der Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, hg. eingelangt am 09.08.2021, dieses vermutlich als Beschwerde zu wertendes Schreiben des Beschwerdeführers samt der wesentlichen Bestandteile aus dem Bauakt zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom 19.08.2021 forderte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Beschwerdeführer unter Zugrundelegung des § 13 Abs. 3 AVG auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens seine Eingabe vom 28.07.2021 dahingehend zu verbessern, dass bekannt gegeben werde, ob diese Schreiben eine Beschwerde gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 20.07.2021 darstellt, und dass bejahendenfalls diesem Schreiben eine deutschsprachige Übersetzung beigelegt wird, sodass der Beschwerde jedenfalls zu entnehmen ist, worin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gesehen wird und welche Beschwerdeanträge gestellt werden. Bei nicht fristgerechter Verbesserung werde ansonsten die Eingabe zwar als Beschwerde gewertet, diese jedoch als unzulässig zurückgewiesen.
Am 03.09.2021 langte beim Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich eine weitere schriftliche Eingabe des Beschwerdeführers ein, welche wiederum ausschließlich in offensichtlich russischer Sprache mit kyrillischen Alphabet und demnach nicht lesbar für das erkennende Gericht eingebracht wurde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung (Z 1), die Bezeichnung der belangten Behörde (Z 2), die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3), das Begehren (Z 4) und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (Z 5), zu enthalten.
Nach Art. 8 B-VG ist die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik Österreich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind schriftliche Anbringen grundsätzlich in deutscher Sprache zu formulieren und besteht im Allgemeinen kein Anspruch auf Verwendung einer Fremdensprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde. Ein Fall der Zulassung einer weiteren Sprache als Amtssprache (Minderheitenrechte) liegt hier nicht vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Vom Beschwerdeführer wurde die hier verfahrensgegenständliche Eingabe datiert mit 28.07.2021 ausschließlich in offensichtlich russischer Sprache mit kyrillischem Alphabet eingebracht. Diese Eingabe ist dem erkennenden Gericht weder lesbar noch verständlich. Dem auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsauftrag des erkennenden Gerichtes, seiner Eingabe eine deutschsprachige Übersetzung anzuschließen, ist der Beschwerdeführer nicht binnen der ihm eingeräumten Frist (und auch nicht bis dato) nachgekommen, wurde doch vom Beschwerdeführer seine hg. am 03.09.2021 eingelangte Eingabe unter Missachtung der gerichtlichen Aufforderung wiederum ausschließlich in offensichtlicher russischer Sprache mit kyrillischem Alphabet eingebracht.
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat außerdem eben eine Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren zu enthalten. Da gemäß § 27 VwGVG das Verwaltungsgericht grundsätzlich den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde unter Hinweis auf § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG zu überprüfen hat, gab der Gesetzgeber nicht nur klar zu verstehen, dass sich das Verwaltungsgericht sowohl mit den Beschwerdegründen als auch mit dem Begehren im Rahmen der Überprüfung des angefochtenen Bescheides inhaltlich auseinanderzusetzen hat, sondern auch, dass eben die im § 27 VwGVG genannten Z 3 und 4 des § 9 Abs. 1 leg. cit. die wesentlichsten Inhaltserfordernisse der Beschwerde umschreiben (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066).
Wenngleich zwar an die Begründung eines Rechtsmittels nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine besonders strengen Voraussetzungen gestellt werden dürfen, muss doch zumindest erkennbar sein, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft und womit sie vermeint, ihren Standpunkt stützen zu können (VwGH 11.10.2000, 99/01/0130).
Im Sinne des Verbesserungsauftrages wird nun zwar die Eingabe zugunsten des Beschwerdeführers als Beschwerde gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** gewertet. Die Beschwerde wurde allerdings entgegen Art. 8 Abs. 1 B-VG jedenfalls nicht in deutscher Sprache eingebracht und in diesem Sinne auch nicht verbessert, was bereits an sich zu einer Zurückweisung der Beschwerde zu führen hat.
Zumal die Beschwerde in offensichtlicher russischer Sprache mit kyrillischem Alphabet eingebracht wurde und daher eben die Beschwerde für das erkennende Gericht weder lesbar noch verständlich ist, kann somit diesem Schreiben und auch dem im Beschwerdeverfahren eingebrachten Schreiben nicht entnommen werden, worin konkret nach Ansicht des Beschwerdeführers die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides gelegen sein soll. Bereits damit fehlt es jedoch auch an unabdingbaren Erfordernissen einer Beschwerde (vgl. dazu auch VwGH 17.12.2014, Ro 2014/10/0120). Hinzu kommt, dass der Beschwerde ebenso nicht zu entnehmen ist, welches Begehren der Beschwerdeführer hat.
Mangelt es der Beschwerde an den in § 9 Abs. 1 VwGVG genannten Inhaltserfordernissen, sind diese Mängel gemäß der – gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden – Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG grundsätzlich einer Verbesserung zuzuführen (vgl. dazu auch VwGH 06.07.2011, 2011/08/0062), wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 13 Abs. 3 AVG allerdings dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind, dienen. Hat entgegen die Partei den Mangel erkennbar bewusst herbeigeführt, um zum Beispiel auf dem Weg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erlangen, ist für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages kein Raum und das bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltete Anbringen sofort zurückzuweisen (VwGH 18.12.2012, 2012/11/0228).
Unter Zugrundelegung eben des Verfahrensganges war die Beschwerde daher zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG unterbleiben, da die Beschwerde zurückzuweisen war.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Bau- und Raumordnungsrecht; baubehördlicher Auftrag; Verfahrensrecht; Beschwerde; Sprache; Beschwerdegründe; Verbesserungsauftrag;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1308.001.2021Zuletzt aktualisiert am
22.12.2021