TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/24 95/18/1149

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Veröffentlicht am 24.10.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des M in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Mai 1995, Zl. SD 292/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Mai 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz- FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer habe auf Vorhalt, nicht über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel zu verfügen, angegeben, daß er aus Nigeria von seinen Eltern monatlich etwa S 2.000,-- bis 3.000,-- erhielte und daß er eine Lebensgefährtin hätte, die über etwa S 8.500,-- im Monat verfüge. Zum Nachweis der Unterhaltsmittel verhalten, habe der Beschwerdeführer lediglich darzulegen vermocht, daß seine Lebensgefährtin den genannten Betrag als Notstandshilfe erhielte und daß sie nunmehr wieder einer Beschäftigung - mit einem Einkommen von ca. S 14.000,-- - nachginge.

Zunächst stehe fest, daß der Beschwerdeführer kein eigenes Vermögen und kein eigenes Einkommen habe. Einen Anspruch darauf, daß er die Mittel für seinen Unterhalt von anderen Personen erhalte, habe er nicht nachgewiesen. Daß er mit einer Frau in Lebensgemeinschaft lebe, die zur Zeit ein entsprechendes Einkommen habe und von der er auch de facto seinen Unterhalt beziehe, stelle keinen Nachweis dafür dar, daß er über die für seinen künftigen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Auch die Behauptung, daß er von seinen Eltern aus Nigeria den genannten Betrag erhielte, sei weder von ihm nachgewiesen worden, noch würde dieser Betrag als ausreichender Nachweis für die erforderlichen Mittel angesehen werden können. Da ein Fremder von sich aus (initiativ) den Nachweis zu erbringen habe, daß er tatsächlich über die notwendigen Unterhaltsmittel verfüge, der Beschwerdeführer aber einen solchen Nachweis nicht erbracht habe, sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt. Bei Fehlen eines Nachweises der Unterhaltsmittel lägen aber auch bestimmte Tatsachen vor, welche die Annahme rechtfertigten, daß der Aufenthalt dieses Fremden die öffentliche Ordnung i.S. des § 18 Abs. 1 FrG gefährde.

Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG liege nicht vor. Er halte sich erst seit dem Jahr 1991 in Österreich auf und sei illegal eingereist. Er habe einen Asylantrag gestellt, welcher derzeit - nach Aufhebung des Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof - wieder beim Bundesminister für Inneres anhängig sei. Der Beschwerdeführer habe eine Lebensgefährtin, die jedoch nicht in den Schutzbereich des § 19 FrG falle. Aus diesen Gründen stehe weder diese Bestimmung noch § 20 FrG der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entgegen.

Bemerkt werde, daß gemäß § 9 Asylgesetz (1991) die neuerliche Anhängigkeit des Asylverfahrens und eine damit verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem genannten Gesetz der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gleichfalls nicht entgegenstehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht verwirklicht sei. Es sei nachgewiesen, daß der Beschwerdeführer "Überweisungen aus Nigeria von seinen Verwandten" erhalte, ebenso, daß er mit der österreichischen Staatsbürgerin Margit W. in Lebensgemeinschaft lebe. Die Wohnungskosten würden von Frau W. bestritten, sie gehe einer regelmäßigen Beschäftigung nach und verdiene ca. S 14.500,-- netto im Monat (unter Berücksichtigung dessen, daß dieser Betrag 14 mal jährlich ausbezahlt werde, ergebe sich ein Durchschnittsgehalt von über S 16.000,-- monatlich). Frau W. habe sich verpflichtet, für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen, es liege eine "tragfähige Verpflichtungserklärung" vor. Mit der Schaffung des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG habe der Gesetzgeber die Republik Österreich vor allfälligen finanziellen Belastungen durch Ausländer schützen wollen. Da der Beschwerdeführer einerseits als Asylwerber nach wie vor zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt sei, andererseits durch die "Verpflichtung" seiner österreichischen Lebensgefährtin "vollkommen abgesichert" sei, könne eine Belastung der Republik Österreich durch ihn mit an "Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ausgeschlossen werden.

1.2. Mit diesem Vorbringen tut der Beschwerdeführer nicht dar, daß es ihm im Verwaltungsverfahren gelungen sei, den - initiativ zu erbringenden - Nachweis für den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt zu führen (vgl. zu dieser Nachweispflicht aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0536, mwN). Die Feststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer weder über eigenes Vermögen noch eigenes Einkommen verfüge, bleibt in der Beschwerde unbestritten. Was den Beschwerdehinweis auf "Überweisungen aus Nigeria" von Verwandten anlangt, so hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (Stellungnahme vom 23. August 1994, Berufung vom 23. Februar 1995) behauptet "regelmäßig postalische Überweisungen aus Nigeria, die durchschnittlich S 2.000,-- bis 3.000,-- monatlich ausmachen", zu erhalten. Daß die belangte Behörde darin keinen Nachweis für das Vorhandensein der erforderlichen Unterhaltsmittel erblickt hat, ist nicht zu beanstanden, kann doch in der (bloßen) Behauptung des Beschwerdeführers nicht einmal ein Versuch gesehen werden, die Behörde von der Richtigkeit seiner Angaben betreffend regelmäßige Geldüberweisungen aus seiner Heimat zu überzeugen. Die Tatsache schließlich, daß die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers - wie von ihm in einem ergänzenden Schriftsatz zur Berufung belegt - ein monatliches Gehalt von ca. S 14.500,-- bezieht, verbunden mit der Behauptung, daß daraus der Unterhalt des Beschwerdeführers bestritten werde, reicht - von der belangten Behörde richtig erkannt - gleichfalls zur Erbringung des Nachweises der Mittel zum Unterhalt nicht aus. Da die Lebensgemeinschaft als solche keine Unterhaltspflicht erzeugt und die Lebensgefährtin nach Ausweis der Akten entgegen der diesbezüglichen Beschwerdebehauptung keine "tragfähige Verpflichtungserklärung" abgegeben hat, läßt sich aus dem allenfalls derzeit gegebenen tatsächlichen Zustand, daß die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers für seinen Unterhalt aufkommt, keine nicht bloß vorübergehende Sicherung auch des künftigen Unterhaltes des Beschwerdeführers ableiten (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 95/18/0536).

1.3. Außer der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG hat die belangte Behörde auch das Gerechtfertigtsein der im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Annahme zutreffend bejaht. Letzteres im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1996, Zl. 94/18/0083).

2. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde - die eine Lebensgemeinschaft verfehlterweise als nicht unter den Schutzbereich des § 19 FrG fallend beurteilt hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1996, Zl. 95/18/0784) - ist vorliegend im Hinblick auf das unbestrittene Bestehen einer solchen Gemeinschaft des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener relevanter Eingriff jedenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers gegeben. Die insoweit rechtsirrige Meinung der belangten Behörde führt indes die Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn die sich aus der Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers - die laut Vorbringen im Verwaltungsverfahren (Stellungnahme vom 9. Februar 1994) seit Anfang des Jahres 1993 besteht - und seinem etwa dreieinhalbjährigen Aufenthalt in Österreich ergebenden persönlichen Interessen sind keineswegs so stark ausgeprägt (der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist, wenn überhaupt, so nur vorübergehend berechtigt), daß sie das Aufenthaltsverbot als im Grunde des § 19 FrG unzulässig erscheinen ließen. Vielmehr ist die Verhängung dieser Maßnahme im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultierende Gefahr der Begehung strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich aus den im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen, insbesondere mit Rücksicht auf die Wahrung der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohles des Landes, dringend geboten (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 94/18/0083).

3. Die vorstehenden Ausführungen lassen bereits hinreichend erkennen, daß im Beschwerdefall auch § 20 Abs. 1 FrG der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegensteht, wobei noch hinzuzufügen ist, daß der relativ kurze - allenfalls vorübergehend berechtigte - Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet keinen hohen Grad an Integration zu begründen vermochte, und weiters, daß der Beschwerdeführer selbst - außer dem Bestehen der Lebensgemeinschaft - auf keine weiteren nach § 20 Abs. 1 leg. cit. zu seinen Gunsten zu berücksichtigenden Umstände hingewiesen hat.

4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995181149.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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