TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/11 L516 2175295-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.08.2021
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Entscheidungsdatum

11.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L516 2175295-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2017, Zahl 1098100209-151941256, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.05.2021, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 06.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (IV.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache am 05.05.2021 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

[regelmäßige Beweisquellen-Abkürzungen: AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; EB=Erstbefragung; EV=Einvernahme; NS=Niederschrift; VS=Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht; S=Seite; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich; SD=Staatendokumentation des BFA; LIB=Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA]

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Lebensverhältnissen in Pakistan

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Mehar sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Er führt in Österreich die im Spruch angeführten Namen und Geburtsdaten. Seine Identität steht inzwischen fest. Sein richtiger Name lautet: XXXX , sein richtiges Geburtsdatum: XXXX . (NS EB 07.12.2015 S 1f; NS EV 12.09.2017 S 3, 10; Kopie Reisepass samt Aktenvermerk OZ 15)

Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX XXXX , District in Gujrat, Provinz Punjab. Er besuchte in Pakistan neun Jahre lang die Grundschule und ging vor seiner Ausreise in Pakistan keiner Arbeit nach. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. In seinem Herkunftsort leben die Eltern und die inzwischen verheiratete Schwester des Beschwerdeführers. Der Bruder des Beschwerdeführers lebt seit etwa zweieinhalb Jahren in Spanien. Zuvor hielt sich der Bruder des Beschwerdeführers in Österreich auf stellte zwei Anträge auf internationalen Schutz welche vor dem Bundesverwaltungsgericht zu den Zahlen 2149171-1 und 2149171-2 geführt wurden; es wurde dem Bruder in Österreich kein Recht zum Aufenthalt gewährt. Der Familie des Beschwerdeführers in Pakistan geht es gut. Der Vater des Beschwerdeführer war im Jahr 2017 ungefähr 42 Jahre alt. (NS EB 07.12.2015 S 1-3; NS EV 12.09.2017 S 4; VS 05.05.2021 S 8, 10; hg. Akten zu 2149171-1 und 2149171-2)

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2015 bereits einmal aus Pakistan aus und reiste über den Iran und die Türkei bis Griechenland, bevor er wieder nach Pakistan zurückreiste. Dort hielt er sich nur etwa zwei Tage auf und reist erneut am 20.11.2015 aus Pakistan, mit dem Flugzeug über Dubai und andere Staaten, aus. (NS EB 07.12.2015 S 3; NS EV 12.09.2017 S 8; VS 05.05.2021 S 6)

1.2 Zu den Lebensverhältnissen in Österreich

Der Beschwerdeführer reiste am 06.12.2015 in Österreich ein, stellte hier den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seither gestützt auf das vorläufige Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz seit nunmehr rund fünf Jahren und acht Monaten ununterbrochen in Österreich auf. Er bezieht seit März 2018 keine Leistungen mehr aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde. Der Beschwerdeführer arbeitete als Zeitungszusteller, eine Meldung zur Sozialversicherung besteht diesbezüglich seit August 2019 nicht mehr. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Gewerbeschein zur Beförderung von Gütern. Der Beschwerdeführer hat für etwa zweieinhalb Monate einen Deutschkurs besucht, er kann sich auf Deutsch verständlich machen, wenn auch mit Satzstellungs- und Grammatikfehlern. In seiner Freizeit trifft er sich mit Freunden und spielt Cricket. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein und er lebt in Österreich in keiner partnerschaftlichen oder familienähnlichen Beziehung. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Verwandten, seit sein Bruder vor etwa zweieinhalb Jahren Österreich verlassen hat. (IZR, GVS, VS 05.05.2021 S 5, 9, 10; VS 05.05.2021, Beilage: Auszüge Hauptverband Sozialversicherungsträger; GISA-Auszug AS 191)

Der Beschwerdeführer wurde von einem österreichischen Bezirksgericht als junger Erwachsener mit seit 30.07.2018 rechtskräftigem Urteil vom 24.07.2018 wegen §§ 15, 228 Abs 1, 223 Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. (Strafregister der Republik Österreich, gekürzte Urteilsausfertigung OZ 6)

Der Beschwerdeführer weist seit 2016 bis heute über achtzig verwaltungsgsstraffrechtliche Verurteilungen auf, unter anderem nach der StVO, dem FSG, dem KFG und des MeldeG vor; die dabei verhängten Geldstrafen in Höhe von mehreren Tausend Euro waren in vielen Fällen uneinbringlich, zudem sind mehrere Hundert Tage Ersatzsfreiheitsstrafe ausständig. (Verwaltungsstrafregisterauskünfte OZ 21)

1.3 Zum Gesundheitszustand

Der leidet an keinen Krankheiten, er nimmt aktuell keine Medikamente ein. (VS 05.05.2021 S 5)

1.4 Der Beschwerdeführer brachte zur Beründung seines Antrages auf internationalen Schutz – zusammengefasst – vor:

Bei der Einvernahme beim BFA am 12.09.2017 führte der Beschwerdeführer – zusammengefasst – aus, er sei für etwa sieben bis acht Monate Mitarbeiter in mittlerer Anstellungsposition der PML-Q (Quaid e Azam Group) und für Propaganda zuständig gewesen, er habe die Jugend für die Partei werben sollen. Sein Vater sei Mitglied der PML-Q gewesen. Im Oktober 2015 habe es in ihrem Bezirk Kommunalwahlen gegeben und es sei davor zu Feindschaften zwischen der PML-Q und der PML-N gekommen. Dabei sei der Vater am Daumen von einer Kugel getroffen worden, der Beschwerdeführer und sein Bruder XXXX seien auch verletzt worden. Der Vater habe Angst um seine Söhne gehabt, weshalb er ein Stück Land verkauft habe. Der Bruder sei zuerst ausgereist, der Beschwerdeführer sei nachgefolgt. Der Bruder sei eineinhalb Jahre in der Türkei geblieben, bevor jener nach Österreich gekommen sei. Der Bruder sei zwei bis drei Monate vor dem Beschwerdeführer nach Österreich gekommen. Zweimal seien sie vor der Wahl angegriffen worden, einmal zu Hause und das zweite Mal bei einer Versammlung in der Stadt. Zu ihm nach Hause seien etwa 10 bis 15 Personen gekommen und von jenen sei der Vater, der Bruder und der Beschwerdeführer mit Stöcken, Keulen und Messern misshandelt worden. Die Familie sei nach jenem Besuch zu Hause mit dem Beschwerdeführer und ohne den bereits ausgereisten Bruder von Gujrat nach Karachi gefahren und habe dort gewohnt, der Beschwerdeführer sei von Karachi aus ausgereist, wie lange seine Eltern noch dortgeblieben seien, wisse er nicht. Dem Vater gehe es jetzt gut, er werde in Ruhe gelassen, da er alt sei. Der Vater sei 42 Jahre alt, habe als Mechaniker für Motorräder gearbeitet und die Familie versorgt, sei aber im Moment arbeitslos. Die Gegner würden immer noch zu den Eltern kommen, um nach dem Beschwerdeführer und dem Bruder zu fragen. Der Vater sei Helfer der PML-Q gewesen, er habe alles gemacht was angefallen sei. (NS EV 12.09.2017 S 3, 6, 7)

Der Beschwerdeführer legte gegenüber dem BFA ein Schreiben vor, welches von der der PML-Q stammen soll, sowie eine Karte, die ihn als „Voice Presedent“ der PML-Q Youth Wing ausweist. (AS 193, 195-197)

Mit der Beschwerde vom 20.10.2017 wurde das Vorbringen in wenigen Sätzen wiederholt und zudem vorgebracht, der Vaters selbst sei krank, habe Hepatitis C und Diabetes und könne das Bett kaum verlassen, weshalb jener von den Schergen der PML-N in Ruhe gelassen werde. Der Beschwerdeführer habe sich geweigert, ab dem Jahr 2002 der PML-N seine Stimme zu geben. Der Beschwerdeführer sei einmal von Griechenland nach Pakistan zurückgekehrt und dann ein zweites Mal nach Europa gereist. (Beschwerde S 2, 9 5, (AS 290, 293, 296-297))

In der mündlichen Verhandlung am 05.05.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht führte der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages – zusammengefasst – aus, er sei Mitglied der Oppositionspartei, die Regierungspartei habe die vollkommene Macht. Sobald er das Gefühl habe, er wäre in Pakistan in Sicherheit, würde er sofort ausreisen. Bei einer Rückkehr zum aktuellen Zeitpunkt sei sein Leben in Gefahr. Die derzeitige Partei an der Macht sei die gegnerische Partei des Beschwerdeführers. Derzeit sei die PTI an der Macht. Vor den Wahlen gebe es immer Wahlpropaganda, welche betrieben werde. Jeder wolle natürlich die meisten Stimmen haben und bei der Wahlpropaganda komme es dann häufig zu Streitigkeiten. Er selbst sei Vorsitzender des Jugendflügels der PML-Q gewesen und er habe viele Jugendliche zusammengeholt und sie seien zu diversen Wahlveranstaltungen gegangen. Und als die gegnerischen Parteimitglieder erkannt hätten, wer die diesbezüglich federführende Familie gewesen sei, seien jene Parteimitglieder sofort gegen sie gewesen, gegen den Beschwerdeführer, seinen Bruder und seinen Vater. Es sei auch zu Streitigkeiten gekommen, aber Gott sei Dank seien auch weitere Parteimitglieder von ihnen dabei gewesen und es sei nicht zu einem großen Streit gekommen. Dann sei es zu einer weiteren Attacke im Haus des Beschwerdeführers gekommen; dies sei im September oder im Oktober 2015 gewesen. Dabei seien 25-30 Personen der gegnerischen Partei gekommen und von jenen seien der Beschwerdeführer, seine Eltern und sein Bruder verletzt worden und es sei ein großer Sachschaden entstanden. Der Bruder sei am Kopf, der Vater sei am Kleinfinger verletzt worden, der Beschwerdeführer habe Prellungen und innere Verletzungen davongetragen. Nach jenem Vorfall zu Hause seien der Beschwerdeführer, sein Vater und sein Bruder stationär im Spital gewesen und diese Zeit sei die schlimmste gewesen. Fünf, sechs Personen seien bewaffnet gekommen, der Beschwerdeführer sei noch in der Kinderabteilung für Jugendliche gewesen. Dann seien fünf bis sechs Personen zu ihm gekommen und hätten ihm die Pistole an den Kopf gehalten. Sie hätten ihm gesagt, dies sei die letzte Warnung, er solle ausreisen oder man bringe ihn um. Bei seinem Vater und seinem Bruder seien sie auch so vorgegangen. Er sei Vorsitzender des Youth Wing gewesen, deshalb sei ihm alles angehängt worden. Sonst sei nichts mehr vorgefallen. Jetzt sei die PTI an der Macht, Damals sei die PML-N an der Macht gewesen. Beide seien die gegnerischen Parteien, beide würden nicht wollen, das Wahlpropaganda betrieben werde. Es habe immer wieder Auseinandersetzungen mit der PTI bei verschiedenen Veranstaltungen gegeben. Die Eltern des Beschwerdeführers könnten in Ruhe in Pakistan leben, da es üblich sei, dass ältere Personen keine Probleme haben würden. (VS 05.05.2021 S 10-15)

In der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer ein Foto (eine linke Hand zeigend die den Zeigefinger ausstreckt), einen als First Information Report (FIR; pakistan Polizeianzeige) bezeichnetes Schreiben vom 20.04.2018 und ein als Affidavit bezeichnetes Schreiben vor. (VS 05.05.2021 Beilagen 1-3)

1.5 Zur Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens und Gefährdung bei einer Rückkehr nach Pakistan

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er wegen seiner politischen Tätigkeit für die oppositionelle PML-Q in Pakistan bedroht und verfolgt worden sei, ist nicht glaubhaft. Er hat damit nicht glaubhaft gemacht und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.

1.6 Zur Lage in Pakistan

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 25.9.2020). Die vormaligen FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden (ET 25.5.2018). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir auf der pakistanisch verwalteten Seite Kaschmirs (AA 25.9.2020).

Pakistan ist gemäß seiner Verfassung eine parlamentarische Demokratie. Seit der Unabhängigkeit wurde die demokratische Entwicklung jedoch mehrfach von längeren Phasen der Militärherrschaft unterbrochen. Zuletzt kehrte Pakistan 2008 zur Demokratie zurück. Bei den Parlamentswahlen am 25.7.2018 gewann die bisherige Oppositionspartei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI). Seit August 2018 führt PTI-Chef Imran Khan als Premierminister eine Koalitionsregierung an (AA 29.9.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Sicherheitslage allgemein

Die Sicherheitslage in Pakistan ist landesweit unterschiedlich und wird von verschiedenen Faktoren wie politischer Gewalt, Gewalt von Aufständischen, ethnischen Konflikten und konfessioneller Gewalt beeinflusst. Die Sicherheitslage im Inneren wird auch von Auseinandersetzungen mit den Nachbarländern Indien und Afghanistan beeinflusst, die gelegentlich gewalttätig werden (EASO 10.2020).

Sicherheitslage - Punjab und Islamabad

Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d; vgl. EASO 10.2020). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).

Beim einzigen 2019 aus Islamabad gemeldeten Terroranschlag wurden zwei Polizisten getötet und ein weiterer bei einem Angriff auf einen Sicherheitsposten verletzt (PIPS 2020).

Im südlichen Punjab sind militante Netzwerke und Extremisten präsent, Lashkar-e Taiba (LeT) und JeM haben dort ihre Hauptquartiere und unterhalten religiösen Einrichtungen. Die Abteilung für Terrorismusbekämpfung im Punjab (CTD) hat 2019 und im ersten Halbjahr 2020 ihre Operationen gegen Militante fortgesetzt. Es kam dabei zu Festnahmen und zur Tötung von (mutmaßlichen) Kämpfern der TTP, HuA, LeJ und ISKP. Vom 1. Jänner bis 31. Juli 2020 zählte PIPS neun Vorfälle im Punjab, fünf davon wurden als Terroranschläge erfasst (EASO 10.2020; vgl. PIPS 2020).

Rechtsschutz, Justizwesen

Das Gesetz garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (USDOS 11.3.2020). Nach der Verfassung ist die politische Gewalt zwischen Legislative, Exekutive und Judikative aufgeteilt. In der Praxis wird diese Aufteilung in Pakistan jedoch nicht strikt eingehalten (BS 2020). Die pakistanische Verfassung und die gesamte pakistanische Rechtsordnung basieren weitgehend auf dem britischen Rechtssystem. Wenngleich gemäß Art. 227 der Verfassung alle Gesetze grundsätzlich im Einklang mit der Scharia stehen müssen, ist deren Einfluss auf die Gesetzgebung trotz Bestehens des Konsultativorgans Council of Islamic Ideology jedoch eher beschränkt, abgesehen von bestimmten Bereichen wie beispielsweise den Blasphemiegesetzen (ÖB 5.2020).

Der Supreme Court ist das pakistanische Höchstgericht und kann sich in Fällen von öffentlichem Interesse auch der Rechtsdurchsetzung bei Grundrechtsverletzungen, die gemäß Verfassung in die Zuständigkeit der High Courts fällt, annehmen. Die fünf High Courts fungieren u.a. als Berufungsinstanz gegen Beschlüsse und Urteile von Special Courts sowie als Aufsichts- und Kontrollorgane für alle ihnen unterstehenden Gerichte. Ferner bestehen Provinz- und Bezirksgerichte, Zivil- und Strafgerichte sowie spezialisierte Gerichte für Steuern, Banken und Zoll. Des Weiteren existiert gemäß Verfassung ein Federal Shariat Court, der zur Prüfung von Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Islam angerufen wird und diesbezüglich auch von sich aus tätig werden kann. Er fungiert zusätzlich zum Teil als Rechtsmittelinstanz in Delikten nach den Hudood Ordinances von 1979, die eine v.a. Frauen stark benachteiligende Islamisierung des Strafrechts brachten und durch den Protection of Women (Criminal Law Amendment) Act 2006 in Teilen etwas entschärft wurden. In Azad Jammu und Kaschmir (AJK) sowie in Gilgit-Baltistan gibt es eigene Justizsysteme (ÖB 5.2020).

Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden allerdings als glaubwürdig eingestuft (USDOS 11.3.2020).

Im Zivil-, Straf- und Familienrecht gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und auf Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann auf öffentliche Kosten ein Anwalt zur Verfügung gestellt werden (USDOS 11.3.2020). Das National Accountability Bureau (Antikorruptionsbehörde) kann Verdächtige 15 Tage lang ohne Anklageerhebung festhalten (mit gerichtlicher Zustimmung verlängerbar) und ihnen vor der Anklageerhebung den Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigern. Für Straftaten im Rahmen dieser Behörde kann keine Kaution hinterlegt werden, und nur dessen Vorsitzender ist befugt, über die Freilassung von Gefangenen zu entscheiden (USDOS 11.3.2020; vgl. BS 2020).

Die Justiz verteidigt ihre nach Ende der Militärherrschaft zurückgewonnene Unabhängigkeit und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken. Gleichzeitig steht sie weiterhin unter dem Einfluss der mächtigen pakistanischen Armee. Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen fort. Die Gerichte und das pakistanische Rechtssystem sind hochgradig ineffizient (AA 29.9.2020). Zudem ist die Justiz in der Praxis oft von externen Einflüssen beeinträchtigt: Korruption, Einschüchterung und Unsicherheit; einem großen Rückstau an Fällen und niedrigen Verurteilungsquoten bei schweren Straftaten; von Angst vor Repressionen durch extremistische Elemente bei Fällen von Terrorismus, Blasphemie oder öffentlichkeitswirksamen politischen Fällen (USDOS 11.3.2020; vgl. HRCP/FIDH 10.2019; HRW 14.3.2020). Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben für Korruption und den Druck von wohlhabenden Personen und einflussreichen religiösen und politischen Akteuren anfällig. Es gibt Beispiele, wo Zeugen, Staatsanwälte oder ermittelnde Polizisten in High Profile Fällen von unbekannten Personen bedroht oder getötet wurden. Verzögerungen in zivilen und Kriminalfällen sind auf ein veraltetes Prozessrecht, unbesetzte Richterstellen, ein schlechtes Fallmanagement und eine schwache rechtliche Ausbildung zurückzuführen. Der Rückstand sowohl in den unteren als auch in den höheren Gerichten beeinträchtigt den Zugang zu Rechtsmitteln oder eine faire und effektive Anhörung (USDOS 11.3.2020). Zivile Streitigkeiten, insbesondere wegen Eigentum und Geld, sind ein häufiger Grund für Mordfälle in Pakistan. Die oftmals Jahrzehnte dauernden Verzögerungen bei Urteilen durch Zivilgerichte können zu außergerichtlicher Gewaltanwendung zwischen den Streitparteien führen (JPP 4.10.2018). De facto spielt in weiten Landesteilen das staatliche Recht für die meisten Pakistaner kaum eine Rolle. Rechtsstreitigkeiten werden nach Scharia-Recht oder nach lokalen Rechtsbräuchen gelöst. Im WJP Rule of Law Index belegt Pakistan Platz 120 von 128 untersuchten Staaten (AA 29.9.2020). Neben dem bisher dargestellten staatlichen Justizwesen bestehen also vor allem in ländlichen Gebieten Pakistans auch informelle Rechtsprechungssysteme und Rechtsordnungen, die auf traditionellem Stammesrecht beruhen. Hier drohen vor allem Frauen menschenunwürdige Bestrafungen (ÖB 5.2020).

Polizei

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte variiert von Bezirk zu Bezirk und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 11.3.2020). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u.a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen (AA 29.9.2020). Zum geringen Ansehen der Polizei tragen Korruptionsanfälligkeit, unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam Genommenen ebenso bei (AA 29.9.2020; vgl. HRCP 4.2020).

Mangelnde Bestrafung von Übergriffen, begangen von Angehörigen der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Übergriffen bzw. Misshandlungen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den District Nazims, Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte sind ebenfalls dazu befugt, in solchen Fällen eine strafrechtliche Verfolgung zu empfehlen, die gerichtlich angeordnet werden muss. Das Gerichtssystem bleibt das einzige Mittel, um Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen (USDOS 11.3.2020).

Grundversorgung und Wirtschaft

Derzeit macht der landwirtschaftliche Sektor ca. ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, der industrielle Sektor trägt zu einem Viertel des BIP bei und der größte Sektor für Handel und Dienstleistung trägt bis zu über 50 % des BIP bei. Trotz des geringsten Anteils am BIP ist der landwirtschaftliche Sektor immer noch sehr wichtig, weil mehr als 40 % der Bevölkerung in diesem Sektor direkt beschäftigt sind und die Existenz von mehr als 60 % der ländlichen Bevölkerung direkt oder indirekt von diesem Sektor abhängt. Neben den verheerenden Wettereinflüssen, wie Flut auf der einen und Dürre auf der anderen Seite, führt u.a. der Mangel an modern-technologischem Feldmanagement und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten zu einer verhältnismäßig niedrigen Produktivität in diesem Sektor. Gepaart mit anderen soziopolitischen Faktoren führt dies zudem zu einer unsicheren Nahrungsmittelversorgung im Land (GIZ 9.2020).

Die Arbeitslosigkeit lag mit Stand 2017 offiziell bei etwa 7,8 % (CIA 24.9.2020). Kritisch ist vor allem die Situation von jungen erwerbslosen/arbeitslosen Männern zwischen 15 und 30 Jahren. Eine hohe Arbeitslosigkeit gepaart mit einer Verknappung natürlicher Ressourcen - vor allem auf dem Land - führte zur verstärkten Arbeitsmigration in große Städte und traditionell auch in die Golfstaaten. Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten und Gastarbeitern nach Pakistan belaufen sich gegenwärtig auf ca. 5 % des BIP (GIZ 9.2020).

Das Tameer-e-Pakistan-Programm ist eine Armutsbekämpfungsmaßnahme, um Einkommensquellen für Arme zu verbessern und Arbeitsplätze im Land zu schaffen (IOM 2019). Das Kamyab Jawan Programm, eine Kooperation des Jugendprogramms des Premierministers und der Small and Medium Enterprises Development Authority (SMEDA), soll durch Bildungsprogramme für junge Menschen im Alter zwischen 15 und 29 die Chancen am Arbeitsmarkt verbessern (Dawn 11.2.2019).

Sozialbeihilfen

Es gibt keine Arbeitslosenunterstützung (ILO 2017). Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern bezahlen das Gehalt der letzten 30 Tage des Dienstverhältnisses multipliziert mit der Dauer des Dienstverhältnisses in Jahren als Abfindung (USSSA 3.2019; vgl. ILO 2017).

Der staatliche Wohlfahrtsverband überprüft anhand spezifischer Kriterien, ob eine Person für den Eintritt in das Sozialversicherungssystem geeignet ist. Die Sozialversicherung ist mit einer Beschäftigung im privaten oder öffentlichen Sektor verknüpft (IOM 2019).

Das Benazir Income Support Program und das Pakistan Bait-ul-Mal vergeben ebenfalls Unterstützungsleistungen (USSSA 3.2019). Pakistan Bait-ul-Mal ist eine autonome Behörde, die finanzielle Unterstützung an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige vergibt. Dabei liegt der Fokus auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, berufliche Weiterbildung sowie finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D).

Das Benazir Income Support Programme zielt auf verarmte Haushalte insbesondere in abgelegenen Regionen ab. Durch Vergabe von zinsfreien Krediten an Frauen zur Unternehmensgründung, freie Berufsausbildung, Versicherungen zur Kompensation des Verdienstausfalles bei Tod oder Krankheit des Haupternährers und Kinderunterstützungsgeld sollen insbesondere Frauen sozial und ökonomisch gestärkt werden (ILO 2017).

Die Edhi Foundation ist - nach eigenen Angaben - die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie gewährt u.a. Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe, Dienstleistungen für Behinderte sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edhi o.D.).

Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an. Sie ist in 70 Bezirken der vier Provinzen – inklusive Azad Jammu und Kaschmir – aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,4 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von ca. 217.000 kommunalen Gemeinschaften bilden (NRSP o.D).

Medizinische Versorgung

Das Gesundheitswesen fällt vorwiegend in die Zuständigkeit der Provinzen. In der Organisation wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärversorgung unterschieden. Die Primärversorgung erfolgt in Basic Health Units (BHU) und Rural Health Centers mit einem Einzugsbereich von 25.000 bis 100.000 Menschen. Die Sekundärversorgung erfolgt in Tehsil Head Quarters und District Head Quarters mit einem Einzugsbereich von 500.000 bis 3 Millionen Menschen. Diese Einrichtungen bieten eine große Zahl ambulanter und stationärer Behandlungen an. Der tertiäre Sektor bietet eine hoch spezialisierte stationäre Versorgung (IJARP 10.2017). Im Verhältnis gibt es einen Arzt für 957 Personen, ein Krankenhausbett für 1.500-1.600 Personen und einen Zahnarzt für 9.730 Personen. Das relative Verhältnis des medizinischen Personals zur Bevölkerungszahl hat sich in den vergangenen Jahren leicht verbessert (HRCP 3.2019; vgl. HRCP 18.4.2018).

In staatlichen Krankenhäusern, die i.d.R. europäische Standards nicht erreichen, kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen, nicht zu. Hier können zum Teil gemeinnützige Stiftungen die Kosten übernehmen. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt (AA 29.9.2020). In Punjab erklärte der Gesundheitsminister im Februar 2019, dass die Verteilung von Krankenversicherungskarten in 36 Distrikten der Provinz gestartet wurde und bis Ende des Jahres 2019 abgeschlossen sein wird. Die Krankenversicherung umfasst die Behandlung von acht Krankheiten (z.B Kardiologie, Neurologie usw.) bis zu einem Grenzwert von 720.000 PKR (ca. 3.800 EUR; Anm.). Die Krankenversicherung gilt sowohl für die öffentlichen und privaten Krankenhäuser (HRCP 4.2020).

Es gibt staatliche Sozialleistungen für Angestellte in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern und bis zu einem Gehalt von 18.000 PKR (ca. 96 EURO) pro Monat (22.000 PKR in Punjab) sowie für von ihnen abhängige Personen. Ausgenommen von den Sozialleistungen sind Mitarbeiter in Familienbetrieben und Selbständige. Für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und der Eisenbahn sowie Mitglieder der Armee, der Polizei und der örtlichen Verwaltung gibt es eigene Systeme. Begünstigte erhalten allgemeinmedizinische Leistungen, Medikamente, Krankenhausbehandlungen und Krankentransporte. Während der Krankheit wird 75 % des Gehalts weiterbezahlt (100 % bei Tuberkulose und Krebs; in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa generell 50 % Gehaltsfortzahlung). Die Begünstigung setzt sich bei Beendigung des Dienstverhältnisses für sechs Monate oder für die Dauer der Krankheit (je nachdem, welcher Zeitpunkt früher eintritt) fort (USSSA 3.2019). Das staatliche Wohlfahrts-Programm Bait-ul-Mal vergibt Unterstützungsleistungen und fördert die Beschaffung von Heilbehelfen (PBM o.D.). Die nichtstaatliche Entwicklungshilfeorganisation Aga Khan Development Network betreibt landesweit 450 Kliniken, fünf Krankenhäuser sowie ein Universitätskrankenhaus in Karatschi und fördert zahlreiche Projekte auf lokaler Ebene, um den Zugang zur Grundversorgung zu verbessern (AKDN o.D.).

Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt, wobei diese für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind. In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten kann - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten in Rede stehenden Krankheiten festgestellt werden. Auch die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden (AA 29.9.2020).

In Punjab erklärte der Gesundheitsminister im Februar 2019, dass die Verteilung von Krankenversicherungskarten in 36 Distrikten der Provinz gestartet wurde und bis Ende des Jahres 2019 abgeschlossen sein wird. Die Krankenversicherung umfasst die Behandlung von acht Krankheiten (z.B. Kardiologie, Neurologie usw.) bis zu einem Grenzwert von 720.000 PKR. Die Krankenversicherung gilt sowohl für die öffentlichen und privaten Krankenhäuser (HRCP 4.2020).

Mehr als 15 Millionen Menschen in Pakistan leiden an einer psychischen Erkrankung (BBC 29.9.2016; vgl. Dawn 13.5.2019), jedoch gibt es nur etwa 500 qualifizierte Psychiater, vorwiegend in den Großstädten. In konservativen Regionen ist eine psychische Erkrankung mit einem sozialen Stigma verbunden (Dawn 13.5.2019; vgl. BBC 29.9.2016). Der Mangel an Psychiatern in peripheren Regionen sowie die Kosten der Behandlung sind für durchschnittliche Menschen unleistbar (Dawn 13.5.2019; vgl. Dawn 15.7.2019). Die Telefonseelsorge Talk2Me ist kostenlos und rund um die Uhr erreichbar und führt 75-90 psychologische Beratungen pro Woche durch (Dawn 13.5.2019).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung. Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 11.3.2020). Die starke Militärpräsenz in den Gebieten Azad Jammu and Kashmir (AJK) sowie Gilgit-Baltistan (GB) und die Gefahr von Beschuss und anderer Gewalt entlang der Grenzkontrolllinie schränken die Bewegungsfreiheit der Zivilbevölkerung im Land ein (FH 4.3.2020a). Es gibt einige rechtliche Beschränkungen für Reisen und die Möglichkeit, den Wohnsitz, die Beschäftigung oder die Hochschuleinrichtung zu wechseln. In einigen Teilen des Landes behindern die Behörden aus Sicherheitsgründen routinemäßig die interne Mobilität (FH 4.3.2020b).

Meldewesen

Pakistan verfügt über eine der weltweit umfangreichsten Bürger-Registrierungssysteme. Die zuständige Behörde ist die National Database & Registration Authority (NADRA) (PI 1.2019). Die Provinzen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh sowie das Hauptstadtterritorium Islamabad haben ein System für die Registrierung der Bewohner. In den Provinzen Azad-Jammu und Kaschmir, Gilgit-Baltistan und den ehemaligen FATA konnten laut IRBC keine Infos über solche Registrierungssyteme gefunden werden. In allen vier Provinzen besteht jedoch eine Meldepflicht. Die Gesetze werden allerdings nur lückenhaft umgesetzt, aber Vergehen werden in allen Provinzen streng geahndet. Die zuständige Behörde zur Erhebung der Meldedaten ist die Polizei. Die Bezirksleiter der Polizei sind für die lückenlose Erfassung der Bewohner in ihren Bezirken verantwortlich (IRBC 23.1.2018).

Bei gemieteten Räumlichkeiten ist es die Pflicht des Mieters oder Vermieters oder auch des Immobilienhändlers, der Polizei zusammen mit dem Mietvertrag vollständige Angaben über den Mieter zu machen. In den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa müssen zusätzlich noch zwei Referenzpersonen genannt werden, die den Bewohner identifizieren können. Hotels sind verpflichtet, Informationen über ihre Gäste zu übermitteln sowie diese Informationen zu archivieren und für die Polizei jederzeit einsehbar zu halten (IRBC 23.1.2018).

Um als Wähler in einem Wahlkreis registriert zu werden, muss man mittels Digitaler Nationaler Identitätskarte (NIC) nachweisen, Bewohner dieses Wahlkreises zu sein (ECP o.D.). Auf der NIC ist neben der permanenten Adresse auch die derzeitige Wohnadresse der Person angeführt (VB 4.11.2018).

Dokumente

Pakistan verfügt über eines der weltweit umfangreichsten Bürger-Registrierungssysteme. Die zuständige Behörde ist die National Database & Registration Authority (NADRA) (PI 1.2019). NADRA ist für die Ausstellung unterschiedlicher Ausweisdokumente zuständig (NADRA o.D.). Über 96 % der Bürger Pakistans verfügen über biometrische Personalausweise (PI 1.2019). Die National Identity Card (NIC) wird für Staatsbürger über 18 Jahre ausgestellt und ist mit einer einzigartigen 13-stelligen Personennummer versehen (NADRA o.D.). Die 2012 eingeführte Smart National Identity Card (SNIC) hat auf einem Chip zahlreiche biometrische Merkmale gespeichert und soll bis 2020 die älteren Versionen der NIC vollständig ersetzen (PI 1.2019). Eine SNIC wird benötigt, um beispielsweise Führerschein oder Reisepass zu beantragen, ein Bankkonto zu eröffnen und eine SIM-Karte oder Breitbandinternet zu erhalten (PI 1.2019; vgl. NADRA o.D.).

Weitere durch NADRA ausgestellte Dokumente sind die Pakistan Origin Card (POC) für ausländische Staatsbürger, die früher pakistanische Staatsangehörige waren bzw. deren Eltern oder Großeltern pakistanische Staatsbürger sind oder waren; National Identity Card for Overseas Pakistanis (NICOP) für Pakistani im Ausland, Emigranten oder Personen mit Doppelstaatsbürgerschaft; Child Registration Certificates (CRC) für alle Personen unter 18 Jahren (NADRA o.D.).

Dokumentenfälschungen sind in Pakistan ein weit verbreitetes Phänomen, v.a. von manuell angefertigten Dokumenten. Um gefälschte Dokumente zu erlangen, werden meist Bestechungsgelder bezahlt und/oder politischer Einfluss bzw. Kontakte von Familie und Freunden genutzt. Manche Dokumente sind sogar online oder in Märkten erhältlich. Folgende Dokumente werden regelmäßig gefälscht: Zeugnisse, akademische Titel, Empfehlungsschreiben, Geburts-, Todes-, Heirats- und Scheidungsurkunden, finanzielle Belege/Bestätigungen bzw. Kontoauszüge, Besitzurkunden, polizeiliche Dokumente (u.a. First Information Reports / FIRs), Einreise- und Ausreisestempel in Reisepässen sowie ausländische Visa (ÖB 5.2020).

Angesichts weit verbreiteter Korruption und des unzureichenden Zustands des Zivilstandswesens ist es einfach, fiktive oder verfälschte Standesfälle (Geburt, Tod, Eheschließung) in ein echtes Personenstandsregister eintragen zu lassen und auf der Basis dieser Eintragung formal echte Urkunden ausgestellt zu bekommen. Merkmale auf modernen Personenstandsurkunden und Reisepässen zur Erhöhung der Fälschungssicherheit können bereits bei der Dateneingabe durch korruptionsanfällige Verwaltungsbeamte mühelos unterlaufen werden. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. „First Information Report“, FIR) dann formal echt sind. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder dank Beziehungen veröffentlichen zu lassen (AA 29.9.2020).

[Beweisquelle: LIB Februar 2021 mwN]

Zur aktuell vorherrschenden Pandemie aufgrund des Coronavirus (Covid-19, SARS-CoV-2)

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Europäischem Zentrum für die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) haben das höchste Risiko für eine schwere Erkrankung durch SARS-CoV-2 Menschen im Alter von über 60 Jahren sowie Menschen mit Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Atemwegserkrankungen und Krebs. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

(Beweisquelle: www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/; www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html; www.oesterreich.gv.at/)

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den Verwaltungsverfahrensakt des BFA, den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes und das Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die konkreten Beweismittel sind bei den Sachverhaltsfeststellungen bzw in der Beweiswürdigung jeweils in Klammer angeführt.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers und den Lebensverhältnissen in Pakistan (oben 1.1)

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, die er im Zuge des Verfahrens vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, waren auf Grund seiner Orts- und Sprachkenntnisse nicht zu bezweifeln. Der Beschwerdeführer gab zunächst unterschiedliche Geburtsdaten an ( XXXX ) und das BFA gab ein Gutachten zur Beurteilung der Volljährigkeit des Beschwerdeführers in Auftrag (Sachverständige Volljährigkeitsbeurteilung vom 04.04.2016 AS 67ff). Dieses stellte als spätmöglichstes Geburtsdatum den XXXX fest, weshalb das BFA jenes Datum mit Verfahrensanordnung feststellte (Verfahrensanordnung zur Feststellung des spätmöglichsten Geburtsdatum vom 26.04.2016, AS 13). Aufgrund dessen, dass am 08.07.2020 eine Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers dem Bundesverwaltungsgericht vom BFA vorgelegt wurde, und die Überprüfung des Reisepasses durch eine Landespolizeidirektion ergab, dass jenes Dokument unbedenklich ist, steht die Identität des Beschwerdeführers letztlich unbestritten fest (Kopie Reisepass samt Aktenvermerk OZ 15).

Seine Ausführungen zu seiner Schulbildung, dem Nichtausüben eines Berufes, sowie zu seinen Familienangehörigen in Pakistan vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung waren kohärent, schlüssig und widerspruchsfrei und decken sich auch im Wesentlichen mit seinen diesbezüglichen Schilderungen vor dem BFA, sodass auch dieses Vorbringen als glaubhaft erachtet werden konnte. Die Feststellungen zu seinen beiden Ausreisen aus Pakistan wurden aufgrund der diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers festgestellt (vgl. unten Punkt 2.4.2).

2.2 Zu seinen Lebensverhältnissen in Österreich (1.2)

Seine Angaben zu seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich, zu seiner aktuellen Lebenssituation und zum Aufenthalt des Bruders in Spanien erwiesen sich in der mündlichen Verhandlung als kohärent, schlüssig und widerspruchsfrei, und stehen auch im Einklang mit den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus den behördlichen Datenregistern (IZR, ZMR, GVS, Strafregister) und den vorgelegten Verwaltungsstrafregisterauskünften (OZ 21). Der Beschwerdeführer konnte in der mündlichen Verhandlung die ihm gestellte Frage sofort verstehen und diese auch verständlich auf Deutsch beantworten, wenn auch mit Satzstellungs- und Grammatikfehlern.

2.3 Zum Gesundheitszustand

Die getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, an denen kein Zweifel hervorgekommen ist.

2.4 Zum Vorbringen und mangelnden Gefährdung im Falle der Rückkehr (oben 1.4 – 1.5)

2.4.1 Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen beruhen auf seinen protokollierten Aussagen im Zuge der Einvernahme vor dem BFA sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung und auf seinen schriftlichen Eingaben.

2.4.2 Die Feststellungen dazu, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund und seiner Rückkehrbefürchtung nicht glaubhaft ist sowie zu einer mangelnden Gefährdung seiner Person im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan (oben 1.5) waren aus den folgenden Gründen zu treffen:

2.4.2.1 Zunächst war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, während des gesamten Verfahrens annähernd gleichbleibende Angaben dazu anzugeben, wann und wie sich die von ihm vorgebrachten Übergriffe zugetragen hätten. So gab der Beschwerdeführer an, dass er, sein Vater und sein Bruder im September oder Oktober 2015 in ihrem Haus von 25-30 Personen überfallen und mit Stöcken, Keulen und Messern geschlagen und sein Vater am Kleinfinger mit einer Kugel getroffen worden seien (vgl NS EV 12.09.2017 S 7; VS 05.05.2021 S 11, 12). Diese Angaben lassen sich jedoch nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA am 12.09.2017 in Einklang bringen, wonach sein Bruder vor dem Beschwerdeführer aus Pakistan ausgereist sei und sich eineinhalb Jahre in der Türkei aufgehalten habe, ehe der Bruder nach Österreich gekommen sei (NS EV 12.09.2017 S 6; VS 05.05.2021 S 13). Dies deshalb, da der Bruder in Österreich erstmals am 13.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und zum angeblichen Vorfallszeitpunkt im Haus des Beschwerdeführers im September oder Oktober 2015 gar nicht in Pakistan gewesen wäre, wenn der Bruder, wie vom Beschwerdeführer angegeben, bereits seit ungefähr eineinhalb Jahren in der Türkei war. Der Beschwerdeführer hat auch erstmals in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2021 vorgebracht, dass er, sein Bruder und sein Vater nach jenem Überfall in ihrem Haus stationär im Spital gewesen seien und sie dort noch einmal von fünf bis sechs Personen der gegnerischen Parteien bedroht worden seien. (VS 05.05.2021 S 11/12). Hätte sich ein derartiges Ereignis tatsächlich zugetragen, wäre wohl zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer davon bereits bei der Einvernahme vor dem BFA am 12.09.2017 erzählt hätte, als er vom BFA dazu gefragt wurde, was nach dem Besuch in seinem zu Hause passiert sei (NS EV 12.07.2017 S 7). Aber auch in der Beschwerde brachte er eine derartige Bedrohung im Spital nicht vor. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass inzwischen mehrere Jahre vergangen sind und daher vom Beschwerdeführer jedenfalls keine vollständigen und völlig unverfälschten und gleichbleibenden Erinnerungen und genaueren Datumsangaben mehr erwartet werden könne, wäre – auch vor dem Hintergrund der neunjährigen Schulbildung – zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer auch unter diesen Umständen die laut seinen Angaben zentralen Ereignisse für seine Ausreise auch über einen längeren Zeitraum durchgehend zumindest annähernd gleichbleibend vorbringen kann. Dazu war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, weshalb dies gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens spricht.

2.4.2.2 Des Weiteren begründete der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahren auch unterschiedlich und unschlüssig, weshalb sein gegenwärtig ungefähr 46-jähriger Vater (NS EV 12.09.2017 S 4) nach wie vor im Heimatort leben kann, welcher ebenso Mitglied bei der PML-Q gewesen und als Helfer für diese alles gemacht haben soll und auch im Spital selbst bedroht worden sein soll. In der Beschwerde wurde dazu vorgebracht, dass sein Vater krank sei, an Hepatitis C und Diabetes leide und deshalb kaum das Bett verlassen könne und deshalb in Ruhe gelassen werde. (Beschwerde S 2, 9) Davon abweichend gab er in der Einvernahme vor dem BFA an, der Vater werde in Ruhe gelassen, weil jener schon alt sei. (NS 12.09.2017 S 7) Dem Vorbringen in der Beschwerde, dass der Vater krank und deshalb kaum das Bett verlassen könne, widersprechen jedoch die Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung, wonach der Vater als Helfer für die PML-Q alles gemacht habe, der Vater auch als Motorradmechaniker bzw in der eigenen Landwirtschaft gearbeitet habe, es dem Vater gut gehe und jener nur deshalb nicht mehr arbeite, da das Ackerland für die Ausreise des Beschwerdeführers verkauft worden sei (NS 12.09.2017 S 5, 7; VS 05.05.2021 S 7, 8) Wäre der Vater des Beschwerdeführers tatsächlich derart gesundheitlich schwer beeinträchtigt, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wurde, wäre zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer dies auch in der Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung erwähnt hätte und auch als Grund dafür angeführt, hätte, weshalb der Vater nicht mehr gearbeitet habe. Der Vater des Beschwerdeführers befindet sich mit aktuell ungefähr 46 Jahren auch nach pakistanischen Verhältnissen noch längere Zeit im erwerbsfähigen Alter, sodass auch die weitere Antwort des Beschwerdeführers nicht schlüssig ist, dass sein Vater wegen dessen Alters in Ruhe gelassen werde. Die Begründung des Beschwerdeführers, weshalb sein Vater in Pakistan in Ruhe leben könne und er selbst nicht, erweist sich daher als unschlüssig und steht zudem im Widerspruch zu seinen Angaben in der Verhandlung, wonach der Vater vor der Ausreise des Beschwerdeführers ebenso attackiert und auch im Spital selbst bedroht worden sein soll (VS 05.05.2021 S 11/12: „Sie haben gesagt, das ist die letzte Warnung. Reist aus oder wir bringen dich um. Genau so sind sie vorgegangen. Bei meinem Vater und meinem Bruder sind Sie auch so vorgegangen.“). Auch dies spricht gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer in Pakistan einer Bedrohung und Gefährdung ausgesetzt ist.

2.4.2.3 Gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu einer Verfolgung aus politischen Gründen spricht auch, dass sein Bruder in dessen Asylverfahren Angaben gemacht hat, die vom Vorbringen des Beschwerdeführers abweichen. So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2021 an, dass er ausschließlich im Jahr 2015 in Vorfälle verwickelt gewesen sei, während der Bruder in dessen Asylverfahren vorgebracht hatte, dass die beiden im Jahr 2014 in einem Basar von sieben Personen überfallen worden sein sollen und dabei auch der Arm des Beschwerdeführers gebrochen worden sein soll, wovon allerding der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2021 selbst nichts wusste, als er dazu befragt wurde. (VS 05.05.2021 S 14; zum Vorbringen des Bruder XXXX siehe VS 05.05.2021 Beilage Bescheid BFA vom 14.02.2017, Zahl 1086950305/151332080/BMI-BFA_SBG_AST_01_TEAM_04)

2.4.2.4 Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung ein Foto vor, auf dem nur eine zusammengeballte Hand mit einem ausgestreckten Finger zu sehen ist (VS 05.05.2021 Beilage 1), sodass allein aus dem Foto nicht darauf geschlossen werden kann, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu der von ihm behaupteten Gefährdung den Tatsachen entspricht.

2.4.2.5 Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung auch erstmals in englischer Sprache ein Schreiben vor, bei welchem es sich um ein als eidesstattliche Erklärung (Affidavit) betiteltes Schreiben handelt, das vom Vater des Beschwerdeführers stammen soll. (VS 05.05.2021 Beilage #3) Auch aus diesem Schreiben allein kann nicht bereits geschlossen werden, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers der Wahrheit entspricht; vielmehr sprechen mehrere Punkte dagegen. So ist zum einen das Schreiben selbst in fehlerhaftem Englisch abgefasst (zB „Due to Political pressure FIR not registered.“). Zum anderen soll laut den Angaben des Vaters in jenem Schreiben der Beschwerdeführer selbst von einer Kugel an dessen linken Bein getroffen worden sein („…And my other son Mr. XXXX also hit by bullet on left leg. Due to this he was serious wounded.“) Der Beschwerdeführer selbst hat jedoch während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht, dass er selbst von einer Kugel am Bein getroffen worden sein soll. (vgl VS 05.05.2021 S 11: „Mein Bruder wurde dabei am Kopf verletzt. Ich möchte noch erzählen, als wir attackiert worden sind, hatte eine Person eine Waffe. Die Person hat geschossen, mein Vater hat die Hand vorgehalten und mein Vater wurde von der Kugel am Kleinfinger verletzt. Ich habe dazu ein Foto vorgelegt. Ich hatte auch Prellungen und innerliche Verletzungen.“) Aus dem Aussageverhalten des Beschwerdeführers ist daher in diesem Zusammehang zu schließen ist, dass die im Affidavit beschriebene Verletzung des Beschwerdeführers entweder überhaupt nicht den Tatsachen entspricht oder eine solche Verletzung nicht in Zusammenhang mit der behaupteten Verfolgung aus politischen Gründen steht, das ansonsten zuu erwarten gewesen wäre, dass der Beschwerdeführer selbst ein derartiges Vorbringen erstattet hätte. Auch dies spricht gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu einer bestehenden Gefährdung aus den von ihm genannten Gründen.

2.4.2.6 Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung zudem erstmals ein in Englisch abgefasstes Schreiben vor, bei welchem es sich um eine am 20.04.2018 erstattete Anzeige handeln soll, die bei der pakistanischen Polizei erstattet worden sein soll (First Information Report (FIR)). (VS 05.05.2021 Beilage #2) Laut diesem FIR soll ein Onkel des Beschwerdeführer 2018 während einer Teilnahme an einer politischen Kundgebung tödlich getroffen worden sein, als auf jene Kundgebung von politischen Gegnern geschossen worden sei. Der Beschwerdeführer selbst wird darin nicht erwähnt.

Jene Anzeige legte bereits der Bruder des Beschwerdeführer bei dessen Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 09.06.2018 vor, welcher rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen entschiedern Sache zurückggewiesen wurde. (siehe BVwG vom 13.12.2018, L516 2149171-2/7E) Es ist zunächst nicht nachvollziehbar, weshalb der seit der Beschwerdeerhebung fast durchgehend rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer, dieses Dokument in seinem eigenen Verfahren erstmals in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2021 vorgelegt hat, wenn es seinem Bruder in dessen Verfahren möglich war, dieses bereits im Jahr 2018 vorzulegen.

Der Beschwerdeführer selbst legte dieses Dokument zwar in der mündlichen Verhandlung am 05.05.2021 vor, nahm darauf jedoch in weiterer Folge während der gesamten Verhandlung keinen Bezug, sodass auch hier der Schluss zu ziehen ist, dass der Inhalt jenes FIR nicht den Tatsachen entspricht oder der Beschwerdeführer selbst aus diesem FIR keine Gefährdung für sich selbst ableitet und kein Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen besteht. Auch der Umstand, dass die Anzeige laut FIR vom Vater des Beschwerdeführers erstattet worden sein soll, es dem Vater in Pakistan aber laut Beschwerdeführer gut geht (siehe dazu bereits oben) und laut seinen Angaben auch im Jahr 2020 die Hochzeit der Schwester mit rund zweihundert Gästen gefeiert werden konnte (VS 05.05.2021 S 8), spricht dagegen, dass der Beschwerdeführer selbst einer Gefährdung unterliegt.

2.4.2.7 Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor dem BFA ein englischsprachiges Schreiben vorgelegt, welches von der PML-Q stammen soll („TO WHOM IT MAY CONCERN“ (AS 193)). Darin wird erwähnt, dass er ein „senior worker“ jener Partei sei und deshalb die gegnerische PML-N ihm gegenüber feindlich geworden sei („Due his affiliation with Pakistan Muslim League the opponent Political Party Pakistan Muslim League (Nazwaz Sharif) become to hostile to him.“) Auch dieses Schreiben ist in fehlerhaften Englisch verfasst und es gibt auch keine Auskunft darüber, was der Beschwerdeführer tatsächlich für die Partei getan hätte und welchen konkreten Verfolgungs- und Bedrohungshandlungen er ausgesetzt gewesen wäre. Aufgrund dieser Umstände in Verbindung mit den zuvor dargestellten inkonsistenten und widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren zu den von ihm behaupteten Ereignissen, kann jenes Schreiben unter Einbeziehung der Länderfeststellungen, wonach es in Pakistan leicht möglich ist, gefälschte Dokumente oder echte Dokumente unwahren Inhalts zu erhalten (oben 1.6 Dokumente), nicht als echt und authentisch erachtet werden, sondern entweder als Fälschungen, Verfälschungen oder Gefälligkeitsbescheinigungen. Auch daraus ist abzuleiten, dass das Vorbringen zu einer bestehenden Bedrohung und Verfolgung seiner Person nicht den Tatsachen entspricht.

2.4.2.8 Soweit in der Beschwerde noch ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht geflohen sei, weil er sich „weigerte, ab 2002 der derzeit regierenden Partei PML-N seine Stimme zugeben“, spricht gegen die Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2002 gerade einmal fünf Jahre alt war.

2.4.2.9 Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag bis zur mündlichen Verhandlung ausschließlich damit, dass er von Mitgliedern der regierenden PML-N verfolgt worden sei. In der Verhandlung dazu befragt, welche Probleme er mit der aktuell regierenden Partei PTI habe, schilderte er die Auseinandersetzungen, die er mit der PML-N gehabt haben will. (VS 05.05.2021 S 11) Im Verlauf der Verhandlung noch einmal auf konkrete Probleme mit der PTI angesprochen, gab er an, dass nun die PTI an der Macht und auch eine gegnerische Partei sei und auch diese nicht wolle, dass Wahlpropaganda betrieben werde. Erst als er in der mündlichen Verhandlung danach noch einmal dezidiert nach etwaigen Auseinandersetzungen mit der PTI gefragt wurde, gab er an, dass es solche gegeben habe „Immer wieder.“ Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich auch von der PTI verfolgt, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies bereits eher vorgebracht hätte, zumal die PTI in Pakistan laut den getroffenen Länderfeststellungen bereits seit 2018 die Regierung stellt. (siehe oben 1.6)

2.4.3 Aus den soeben dargestellten Gründen gelangt das Bundesverwaltungsgericht in einer Gesamtbetrachtung aller Argumente insgesamt zu der Überzeugung, dass die vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages behauptete vergangene und aktuelle Verfolgungsgefährdung in Bezug auf seine Person in Pakistan nicht glaubhaft ist. Er hat somit nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt sein wird.

2.5 Zur Lage in Pakistan (oben 1.6)

Die Feststellungen zur Lage in Pakistan ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit letzter Aktualisierung vom Februar 2021. Die Staatendokumentation des BFA berücksichtigt im Länderinformationsblatt Pakistan Berichte verschiedener staatlicher Spezialbehörden, etwa des Deutschen Auswärtigen Amtes und des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder des US Department of State, ebenso, wie auch Berichte von Nichtregierungsorganisationen, wie etwa von ACCORD, Amnesty international, Human Rights Watch, oder der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Die herangezogenen Quellen sind aktuell. Angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Schlüssigkeit der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Feststellungen betreffend die Lage zur Pandemie aufgrund des Coronavirus basieren auf den Informationen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, des Sozialministeriums und der Weltgesundheitsorganisation. Der Beschwerdeführer ist diesen Länderinformationen nicht (substantiiert) entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zum Status eines Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005)

3.1 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

3.2 Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.3 Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen. (VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009)

3.4 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen nicht glaubhaft. Er hat damit nicht glaubhaft gemacht und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.

Es liegt somit im Falle des Beschwerdeführers keine Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sind damit nicht gegeben.

3.5 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides des BFA wird daher als unbegründet abgewiesen.

Zum Status eines subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1 AsylG 2005)

3.6 Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen zur Lage in Pakistan als gesichert angenommen werden (siehe oben 1.6). Es liegen keine aktuellen Hinweise auf das Vorliegen von akut existenzbedrohenden Krankheitszuständen oder Hinweise auf eine unzumutbare Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Rückverbringung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat vor. Es ist nicht erkennbar, warum er in eine aussichtslose Lage geraten sollte oder ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, zumal auch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervorgeht, dass die Lage für alle Personen (ohne Hinzutreten von besonderen Umständen) dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der aktuell vorherrschenden Pandemie aufgrund des Coronavirus: Der Beschwerdeführer gehört entsprechend den getroffenen Länderfeststellungen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Europäischem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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