Entscheidungsdatum
25.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
W272 2193684-1/14E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, Islamische Repulik gegen die Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom XXXX , Zahl XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Islamischen Republik Iran, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.12.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (in der Folge AsylG).
3. Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Die im Verwaltungsakt befindliche Kopie der mit Bescheid bezeichneten Erledigung weist auf der letzten Seite „Mitrovic“ in einwandfrei leserlicher Druckschrift als Genehmiger auf. Über diesen Namen befindet sich folgender, mit schwarzem Kugelschreiber (bzw. kopiert) angefertigten Schriftzug:
Sonstige Hinweise bzw. Vermerke enthält die Urschrift nicht.
4. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner gesetzlichen Rechtsberatung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, in Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung, ein.
5. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 29.06.2021 wurde die Rechtssache mit Wirksamkeit vom 06.07.2021 der Gerichtsabteilung W 272 zugewiesen.
6. Nach Verfahrensanordnung vom 20.07.2021 wurde der BF aufgefordert die Kopie dieser erstinstanzlichen Erledigung dem BVwG vorzulegen. Mit Schreiben vom 27.07.2021 wurde die Kopie vorgelegt und die Unterschriftsklausel weist keine zu Pkt. 3 festgehaltene Abweichung auf.
7. Das BFA wurde aufgefordert eine unterschriebene Erledigung vorzulegen. Das BFA legte keine abweichende Erledigung vor und teilte mit, dass der Bescheid im Akt nicht unterschrieben ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die gegenständliche Erledigung weist eine einwandfrei leserliche Druckschrift als Genehmiger auf. Über diesen Namen befindet sich ein nicht leserlicher Schriftzug (Paraphe). Die Erledigung weist keine Amtssignatur auf. Eine Beglaubigung einer Kanzlei ist nicht ersichtlich.
2. Beweiswürdigung:
Zu A)
1. Im Anwendungsbereich des § 18 AVG wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl VwGH vom 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).
2. Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die – interne – Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH vom 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten. Im vorliegenden Fall wurde kein derartiges Verfahren nach E-GovG durchgeführt.
Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
Ist dem Beschwerdeführer keine § 18 Abs. 4 AVG entsprechende Ausfertigung zugestellt worden, so wäre dem vom BFA intendierten Bescheid als noch nicht erlassen anzusehen (vgl. VwGH vom 22.04.2021, Ra 2020/18/0442).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. für viele VwGH vom 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; vom 20.04.2017, Ra 2017/20/0095 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hielt aber wiederholt fest, dass eine Paraphe keine Unterschrift ist (vgl. VwGH vom 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; vom 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; s. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 23 mwH).
2. Der Schriftzug auf der im Verwaltungsakt aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids erfüllt die Merkmale einer Unterschrift nicht:
2.1. Zunächst lässt der Schriftzug der Urschrift kein einziges Schriftzeichen eindeutig erkennen. Nicht einmal der Anfangsbuchstaben des – offenkundigen – Nachnamens des genehmigenden Organs („Mitrovic“) kann eindeutig als „M“ identifiziert werden. Diese Abzeichnung lässt es nicht zu, den Namen des genehmigenden Organs – auch in Kenntnis desselben – noch in irgendeiner Form zu erkennen. So ist der Anfang des Schriftzuges dadurch gekennzeichnet, dass er sich unterhalb einer gedachten vertikalen Linie befindet, wobei der Name Mitrovic auf einer vertikalen Linie verläuft.
Auch aus dem Ende des Schriftzugs, der auf der Höhe der Mitte der auslaufenden vertikalen Schlaufe ausläuft, ist kein weiterer Anhaltspunkt auf den Namen zu entnehmen. Selbst unter der Annahme, dass hier zu einer weiteren Linie oder Schlaufe angesetzt worden wäre, muss diese dergestalt beurteilt werden, dass unklar ist, ob sie Teil eines Schriftzeichens ist oder einen weiteren Folgebuchstaben andeutet, sodass auch sie nicht wesentlich zur Klärung der Identität des Genehmigers beiträgt (vgl. dazu VwGH vom 19.02.2018, Ra 2017/12/0051; es liegt somit auch keine infolge eines starken Abschleifungsprozesses abstrahierende Linie vor, aus der auf weitere Buchstaben geschlossen werden könnte).
Die Urschrift der Erledigung ist demgemäß nur mit einem kurzen Schriftzug abgezeichnet, dem keine irgendwie geartete Buchstabenfolge zu entnehmen ist. Selbst wenn dem Zeichen auf der Urschrift der Erledigung – in Kenntnis des Nachnamens des Genehmigers und größtmöglicher Abstrahierungstoleranz – die Ansätze von Buchstaben entnommen werden könnten, liegt jedenfalls kein Buchstabengebilde vor, aus dem der Name des Genehmigers auch in Kenntnis desselben noch in irgendeiner Form herauslesbar wäre.
2.2. Der Schriftzug der Abzeichnung der Urschrift stellt damit eine bloße Paraphe dar, die nach der Rechtsprechung keine Unterschrift ist.
3. Der (als Bescheid bezeichneten) Erledigung der belangten Behörde vom XXXX fehlt es mangels Unterschrift des genehmigenden Organs und eines Hinweises auf eine elektronische Genehmigung sohin an der Bescheidqualität, weshalb sich die Beschwerde gegen eine als Bescheid absolut nichtige Erledigung richtet. Dies hat den Mangel der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge; das Verfahren über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten ist stattdessen nach wie vor, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig.
Die zugestellte Erledigung ist ident mit der im Akt befindlichen Erledigung, somit gilt der vom BFA intendierte Bescheid als noch nicht erlassen.
Das Verwaltungsgericht hat daher mangels Bescheides keine Zuständigkeit, über die Beschwerde abzusprechen (VwGH vom 25.02.2019, Ra 2018/19/0240). Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes reicht in derartigen Fällen nur soweit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 30.08.2017, Ra 2016/18/0324)
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger, einheitlicher Rechtsprechung, dass eine Paraphe keine Unterschrift darstellt, wobei die Beurteilung, was (noch) eine Unterschrift darstellt, stets einzelfallbezogen ausfallen muss.
Schlagworte
Genehmigung Nichtbescheid Organwalter UnterschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W272.2193684.1.01Im RIS seit
22.12.2021Zuletzt aktualisiert am
22.12.2021