TE Bvwg Beschluss 2021/8/30 L504 1316534-4

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Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55
VwGVG §33 Abs1

Spruch


L504 1316534-4/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch BBU GmbH, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der für den 08.07.2021 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, beschlossen:

A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gem. § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrenshergang

1. Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

„[…]

Sie reisten spätestens am 02.11.2006 illegal ins Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach der Antragstellung reisten Sie nach Schweden und wurden aufgrund der Dublin-Verordnung am 22.01.2007 von Schweden nach Österreich überstellt.

Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt, GZ. 36 Hv XXXX , vom XXXX , rechtskräftig seit 10.07.2007, wegen des Verbrechens laut §§ 127, 146, 229 Abs. 1 und §§ 15, 105 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 4 (vier) Monaten, Probezeit auf drei Jahre, verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.12.2007 wurde der Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, erstmals eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 10.12.2008 erteilt.

Am 11.12.2007 wurde Ihnen ordnungsgemäß dieser Bescheid zugestellt, wogegen Sie am 18.12.2007 fristgerecht Berufung erhoben haben.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, GZ. 42 Hv XXXX vom XXXX , rechtskräftig seit 16.12.2009 wurden Sie wegen des Verbrechens §§ 15, 87 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt, GZ, 42 XXXX wurde die Probezeit zu GZ 36 Hv XXXX auf fünf Jahre verlängert.

Am 04.02.2010 wurde vom Bundesasylamt, aufgrund der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden rechtskräftigen Verurteilungen, ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.02.2010, wurde Ihnen der gewährte Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt und die damit verbundene, befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen.

Am 01.03.2010 wurde Ihnen dieser Bescheid ordnungsgemäß zugestellt, gegen den Sie am 08.03.2010 fristgerecht Beschwerde erhoben haben.

Mit Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten, GZ. 15 BE XXXX vom XXXX zu GZ 42 Hv XXXX wurde für Sie Bewährungshilfe angeordnet, sowie die bedingte Entlassung aus dem Vollzug der Freiheitsstrafe beschlossen. Am 02.10.2010 erfolgte die bedingte Entlassung und wurde eine Probezeit im Ausmaß von drei Jahren festgelegt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, GZ XXXX vom XXXX , rechtskräftig seit 25.06.2013 wurden Sie wegen Begehung von gerichtlich strafbaren Handlungen, aufgrund von §§ 15, 142 Abs.1, § 143 Abs. 1 2. Fall StGB und § 142 Abs. 1, § 143 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 (zwölf) Jahren verurteilt. In diesem Zusammenhang wurde Ihre bedingte Entlassung zu GZ 42 Hv XXXX mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ( GZ 031 XXXX ), vom XXXX , sowie die bedingte Nachsicht der Strafe zu GZ 36 Hv XXXX , mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt (GZ. XXXX ), vom XXXX widerrufen.

Das Oberlandesgericht Wien bestätigte mit Urteil vom XXXX , GZ 20 BS XXXX den Schuldspruch und erhöhte die Freiheitsstrafe auf 13 (dreizehn) Jahre.

Am 08.02.2021 wurde Ihnen eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme, nachweislich übermittelt.

Diesbezüglich gaben Sie am 09.02.2021 eine Stellungnahme ab.

Am 09.03.2021 wurde Ihnen eine Ergänzung der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit zu einer erneuten schriftlichen Stellungnahme, nachweislich übermittelt.

Ihr Vater übermittelte am 17.03.2021 eine Kopie des Reisepasses sowie eines Staatsbürgerschaftsnachweises an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Diese Dokumente wiesen allerdings einen anderen Namen, nämlich XXXX , auf.

Am 08.04.2021 wurde Ihnen daher nachweislich nochmalig eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, mit zusätzlichen Fragen übermittelt.

In Ihrer Stellungnahme vom 12.04.2021 gaben Sie als Antwort auf die Frage des BFA: „In Ihrer Erstbefragung vom 22.01.2007 gaben Sie an, den Namen XXXX , geb. XXXX zu führen. Warum haben Sie mit Unwahrheiten in Ihrer Erstbefragung agiert?“

„Ich habe nicht vor gehabt mit einer Unwahrheit zu agieren, dies habe ich auch nicht getan. Mein Name und Geburtsdatum sind wahrheitsgetreu.“

Am 12.04.2021 schickte Ihr Vater die Original - Dokumente (Reisepass, Nr. XXXX lautend auf XXXX und Staatsbürgerschaftsnachweis), welche ebenfalls die o.a., divergierenden Identitätsangaben enthielten, an das BFA, welche an die Dokumentenprüfstelle PI Schwechat zugestellt wurden.

Am 05.05.2021 ging von der PI Schwechat (Dokumentenprüfung) das Ergebnis an das BFA ein, in welchem zu sehen war, dass die Original-Dokumente, welche vom Vater vorgelegt worden sind, zum derzeitigen Kenntnisstand authentisch sind.

Mit Verfahrensanordnung wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit Verfahrensanordnung wurde Ihnen eine Organisation, welche Sie über die Perspektiven einer Rückkehr während und nach Abschluss des Verfahrens beraten und unterstützen kann, zur Seite gestellt.

[…]“

Mit Bescheid vom 12.05.2021 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (II.). Gemäß § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (V.). Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (VI.).

Der Bescheid wurde am 14.05.2021 der bP persönlich zugestellt.

2. Am 08.06.2021 wurde, unter Vorlage einer Vollmacht vom 27.05.2021, von der Vertretung (BBU) gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Darin wurde von der bP ua. die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich beantragt.

3. Da im Verfahren vor dem Bundesamt in einer schriftlichen Stellungnahme „politische Verfolgung“ und in der Beschwerde Bedenken gegen die Rückkehrsituation geäußert wurden, wurde die bP mit Schreiben des BVwG vom 18.06.2021 hinsichtlich der möglichen Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz manuduziert und darauf hingewiesen, dass ihr bei Glaubhaftmachung einer relevanten Gefährdung nur in einem solchen Verfahren der Status eines Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden könnte. Sie wurde aufgefordert im Falle der Stellung eines solchen Antrages binnen einer Frist von 1 Woche die Kopie der Niederschrift der Erstbefragung zu übermitteln oder, im Falle des Unterlassens der Antragstellung binnen gleicher Frist näher zu begründen warum dies trotz behaupteter Rückkehrgefährdung nicht getätigt wurde.

Mit Schreiben vom 24.06.2021 teilte die BBU als gewillkürte Vertretung mit, dass die bP am 18.06.2021 aus der Justizanstalt entlassen wurde und noch kein Kontakt hergestellt werden konnte. Um Fristverlängerung wurde ersucht und vom BVwG durch faktisches Zuwarten gewährt. Eine weitere Äußerung zum gerichtlichen Schreiben v. 18.06.2021 langte nicht mehr ein.

4. Die Ladung vom 28.06.2021 zur beantragten Verhandlung wurde der zustellbevollmächtigten Vertretung BBU zugestellt.

5. Mit Schreiben vom 05.07.2021, somit 3 Tage vor dem Verhandlungstermin, wurde seitens der BBU die Zurücklegung der Vollmacht ohne weitere Begründung bekannt gegeben.

6. Die bP blieb der Verhandlung am 08.07.2021 unentschuldigt fern und wurde daher – wie in der Ladung auch für den Fall des unentschuldigten Fernbleibens manuduziert - die Verhandlung in Abwesenheit der bP durchgeführt. Mit dem nach dem Schluss der Verhandlung mündlich verkündeten Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde der bP als unbegründet ab. Da keine aktuelle Zustelladresse bzw. Wohnanschrift bekannt gegeben wurde, eine solche auch nicht gerichtswegig (etwa durch Einsichtnahme im ZMR) eruierbar war sowie auch kein Zustellungsbevollmächtigter mehr bestand, wurde die Verhandlungsschrift der bP ohne Zustellversuch am 08.07.2021 beim BVwG durch Hinterlegung zugestellt.

7. Mit E-Mail vom 23.07.2021 erkundigte sich die BBU über den Verfahrensstand und legte dabei eine am 23.07.2021 erteilte Vollmacht vor.

8. Mit Schriftsatz vom 05.08.2021 beantragte die Vertretung I. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 71 AVG und II. einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie III. einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 33 Abs. 1 VwGVG.

Die rechtsfreundliche Vertretung stützte ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlich auf den Umstand, dass sie mit der bP keinen Kontakt aufnehmen konnte, weil diese über kein eigenes Telefon verfügte und sei auch eine aufrechte ZMR-Meldung nicht vorgelegen. Die bP sei davon ausgegangen, dass der Vertretung ihr Aufenthaltsort und die Telefonnummer ihres Vaters bekannt sei. Die bP sei rechtsunkundig und konnte nicht wissen, dass die gesetzliche Rechtsberatung nicht dieselben Informationen wie andere Institutionen habe. Die bP treffe keinerlei Verschulden daran, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen konnte. Das BVwG habe es unterlassen Nachforschungen über den Aufenthaltsort der bP anzustellen. Dabei seien anderen Behörden der Aufenthaltsort bekannt gewesen, was anhand eines Schriftstückes des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, das an die Adresse der Eltern zugestellt wurde, belegt werde.

9. Mit Schreiben vom 11.08.2021 wurde der rechtsfreundlichen Vertretung über deren Ersuchen vom 09.08. bzw. 10.08.2021 die Zustellung des am 08.07.2021 mündlich verkündetes Erkenntnisses sowie das Verhandlungsprotokoll übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die bP hat ihrer Vertretung am 27.05.2021 eine Vollmacht, sie im Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Entscheidung des Bundesamtes vom 18.05.2021, Zl. XXXX , zu vertreten, erteilt und wurde darin ausdrücklich eine Verhandlung beantragt.

In der Vollmachtsurkunde wurde die bP von der BBU folgendermaßen manuduziert: Ich erkläre mich dazu bereit, den Kontakt zu meiner Vertreterin aufrecht zu halten, insbesondere meine jeweils aktuellen persönlichen Daten (Adresse, Telefonnummer, E-Mail …) zur Verfügung zu stellen.

Eine mit Schreiben des BVwG vom 18.06.2021 erfolgte Manuduktion hinsichtlich der möglichen Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz blieb ohne Reaktion der vertretenen bP.

Die bP wurde am 18.06.2021 aus der Haft bedingt entlassen.

Die Ladung für die mündliche Beschwerdeverhandlung am 08.07.2021 wurde der bP via ihrer aufrechten gewillkürten Vertretung (BBU) am 28.06.2021 per Elektronischem Rechtsverkehr (ERV) ordnungsgemäß und rechtzeitig zugestellt und hat die Vertretung die Ladung erhalten.

Die bP konnte von der Vertretung weder telefonisch noch postalisch erreicht werden und hat sich auch die bP nach der Haftentlassung vorerst nicht bei der Vertretung gemeldet. Die bP hat der Vertretung weder eine aktuelle Telefonnummer für die Erreichbarkeit bekannt gegeben, noch war für die BBU eine neue Wohnanschrift aus dem ZMR oder sonstigen Umständen zu entnehmen.

Die rechtsfreundliche Vertretung hat mit Schreiben vom 05.07.2021 die ihr am 27.05.2021 erteilte Vollmacht ohne weitere Begründung zurückgelegt.

Die bP erschien unentschuldigt nicht zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 08.07.2021 und wurde daher die Verhandlung – so wie in der Ladung angekündigt - in Abwesenheit der bP durchgeführt. Mit dem nach dem Schluss der Verhandlung mündlich verkündeten Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde der bP ab. Da eine schriftliche Ausfertigung nicht beantragt wurde erfolgte mit Erkenntnis vom 02.08.2021 eine gekürzte Ausfertigung.

Am 23.07.2021 meldete sich die bP bei der vormaligen Vertretung BBU und erfuhr dort vom zurückliegenden Verhandlungstermin und der Zurücklegung der Vertretungsvollmacht.

Die bP war telefonisch für die BBU nicht erreichbar, weil sie zum Zeitpunkt der Haftentlassung kein eigenes Handy hatte und davon ausgegangen ist, dass die Vertretung ihren Aufenthaltsort wusste und die Telefonnummer des Vaters hatte. Der BBU war auch keine Zustelladresse bekannt.

Am 05.08.2021 brachte die bP durch ihre Vertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein.

2. Beweiswürdigung

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage unstreitig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

§ 33 VwGVG

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.

Über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, ist von der Behörde zu entscheiden. Über jene Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, ist vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).

Versäumte Handlung:

Die bP hat durch ihre gewillkürte Vertretung (BBU) in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.05.2021 ausdrücklich eine Verhandlung beantragt. Eine solche wurde auf Grund des Antrages für den 08.07.2021 anberaumt.

Gemäß § 9 Abs 3 ZustG ist, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, dieser als Empfänger zu bezeichnen. Ab Wirksamkeit der Vollmacht hatte das BVwG alle Verfahrensakte, somit auch die Zustellung der Ladung, - mit Wirkung für die Partei – diesem gegenüber zusetzen. Die Ladung der bP für die Verhandlung am 08.07.2021 wurde somit an die zustellbevollmächtigte BBU unstreitig am 28.06.2021 rechtswirksam zugestellt.

Der im Antrag vertretenen Ansicht, dass die bP deshalb in Unkenntnis des Verhandlungstermins blieb, weil es das BVwG unterlassen habe Nachforschungen über den Aufenthaltsort der bP anzustellen, kann nicht gefolgt werden. Einerseits erfordert die Zustellung eines Ladungsbescheides an den Zustellbevollmächtigen nicht die zusätzliche "Verständigung" des Geladenen durch das BVwG (vgl. VwGH 12.02.2018, Ra 2018/02/0042), andererseits bestand auch keine rechtliche Verpflichtung des BVwG, nach bereits erfolgter rechtswirksamer Zustellung der Ladung und folgender Zurücklegung der Vollmacht durch die BBU 3 Tage vor der anberaumten Verhandlung, die Ladung an die nunmehr unvertretene bP nochmals zuzustellen.

Die bP ist folglich der von ihr beantragten Verhandlung am 08.07.2021 unentschuldigt ferngeblieben und wurde darin das Erkenntnis mdl. verkündet.

Mit gegenständlichem Antrag wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Verhandlung begehrt.

Rechtzeitigkeit des Antrages:

Die bP hat am 23.08.2021 von der BBU erfahren, dass am 08.07.2021 die von ihr selbst beantragte Verhandlung stattgefunden hat. Gem. § 33 Abs 3 VwGVG ist der Antrag binnen 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses beim Verwaltungsgericht einzubringen. Der Antrag wurde innerhalb offener Frist am 06.08.2021 beim BVwG eingebracht und ist somit rechtzeitig.

Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes:

Bei Versäumen einer mündlichen Verhandlung ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG 2014 die maßgebliche Bestimmung und nicht – wie im Antrag von der vertretenen bP angeführt - die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG 2014 geregelte Beschwerde handelt (Hinweis E vom 28. September 2016, Ro 2016/16/0013). Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG 2014 übertragbar sind (vgl. betreffend § 33 Abs. 1 VwGVG 2014 die Beschlüsse vom 25. November 2015, Ra 2015/06/0113, und vom 8. Juni 2015, Ra 2015/08/0005, sowie in diesem Sinn auch den Beschluss vom 17. März 2015, Ra 2014/01/0134).

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (z. B. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann.

Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (z. B. VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (z. B. VwGH 22.01.2003, 2002/04/0136).

Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung jedenfalls dann, wenn der Partei Vorsatz oder offenkundige Sorglosigkeit vorzuwerfen ist.

Der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund muss bereits im Wiedereinsetzungsantrag bezeichnet und sein Vorliegen glaubhaft gemacht werden. Die Partei muss also jene Umstände, durch die sie an der Vornahme der Prozesshandlung gehindert wurde, konkret beschreiben. Glaubhaftmachung bedeutet, dass die Partei Beweismittel anbieten muss, durch die die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens des Wiedereinsetzungsgrundes dargetan wird. Es ist allein das Vorliegen des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes zu prüfen. Eine amtswegige Prüfung, ob allenfalls weitere Gründe für eine Wiedereinsetzung vorliegen, ist nicht vorgesehen. Nach Ablauf der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag kann der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund auch nicht mehr ausgewechselt werden (VwGH 25.02.2003, 2002/10/0223).

Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa VwGH 18.12.2014, Ra 2014/01/0015, mwN).

Nach der Judikatur des VwGH stellt die Behauptung des Asylwerbers, es sei ihm nicht möglich gewesen, der Ladung Folge zu leisten, weil es zwischen ihm und seinem Rechtsvertreter in Ermangelung eines "ordentlichen Wohnsitzes oder einer Zustelladresse eine schriftliche oder mündliche Kontaktaufnahme nicht gegeben habe", keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, da es dem Asylwerber unbenommen geblieben wäre, seine jederzeitige Erreichbarkeit im Hinblick auf das von ihm selbst in Gang gesetzte Verfahren anderweitig sicherzustellen, zB durch Angabe eines Zustellbevollmächtigten oder durch Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsvertreter in wesentlich längeren Zeiträumen, noch eine Entschuldigung iSd § 19 Abs 1 Z 1 AsylG 1991 [(Hinweis E VfGH 30.6.1994, B 1219/93, 1698/93 und 397/94), (VwGH 94/20/0129, 29.11.1994)].

Mängel in der Kommunikation zwischen der Partei und ihrem Vertreter, welche die Entscheidung, die notwendige Prozesshandlung zu setzen, beeinflussen konnten, stellen nach der Rechtsprechung des VwGH kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG dar (VwGH 23. 05.2013, 2013/11/0040; 27.04.2016, Ra 2016/05/0015), wobei die zu § 71 AVG entwickelten Prinzipien grundsätzlich auf § 33 VwGVG übertragbar sind (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/20/0137).

Fallbezogen ergibt sich Folgendes:

Gegenständlich wurde im Antrag geltend gemacht, dass die bP für ihre rechtsfreundliche Vertretung telefonisch nicht erreichbar gewesen sei, weil diese über kein eigenes Telefon verfügte. Die bP habe sich nach ihrer Haftentlassung nicht bei ihren Eltern behördlich anmelden können, da sie über keine Ausweisdokumente verfügte, weshalb auch kein aufrechter ZMR-Nachweis vorgelegen sei. Die bP sei bei ihrer Haftentlassung davon ausgegangen, dass die Rechtsvertretung Kenntnis von ihrem Aufenthaltsort und der Telefonnummer ihres Vaters hatte. Die bP sei rechtsunkundig und konnte nicht wissen, dass die gesetzliche Rechtsberatung nicht dieselben Informationen hat, wie andere Institutionen, wie beispielsweise die Bewährungshilfe, das AMS oder Behörden wie das Landesgericht für Strafsachen Wien. Zudem sei die bP mit dem österreichischen Behördenwesen nicht ausreichend vertraut, zumal sie im Irak, welcher nicht annähernd über ein vergleichbares Behördenwesen verfüge, aufgewachsen sei, weshalb im vorliegenden Fall von einem minderen Grades des Versehens auszugehen sei. Es sei der bP nicht klar gewesen, dass sie der Rechtsvertretung ihren aktuellen Aufenthaltsort mitteilen und von dieser erreicht werden müsse. Die bP habe im Zuge ihrer bedingten Haftentlassung einen Aufenthaltsort bekanntgeben müssen, weshalb sie die Adresse ihrer Eltern angab. Da einige offizielle Schriftstücke an die Adresse ihrer Eltern gesendet wurden, ging die bP davon aus, dass die Rechtsvertretung über ihren Aufenthaltsort nach der Haftentlassung Bescheid wusste und sie kontaktieren hätte können, weshalb die Versäumung der Verhandlung absolut nicht vorhersehbar war. Die bP treffe keinerlei Verschulden an der Versäumung der Verhandlung.

Im konkreten Fall wird somit ein Kommunikationsmangel zwischen der bP und der von ihr bevollmächtigten BBU GmbH geltend gemacht, der im Hinblick auf die oa Judikatur des VwGH kein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis und somit keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellt. Das Verfahren wurde von der bP selbst initiiert und hat sie ausdrückliche eine Verhandlung beantragt. Sie hatte Kenntnis davon, dass sie verpflichtet ist mit ihrer Vertretung Kontakt zu halten und immer ihre aktuelle Erreichbarkeit mitzuteilen.

Die bP hat auch sehr viel Erfahrung im Umgang mit Behörden und Gerichten sowie damit verbundener allfälliger Fristen einschließlich Ladungs- bw. Verhandlungsterminen.

Der bP wurden etwa am 22.01.2007 im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt Merk- und Informationsblätter ausgefolgt, welche sie auch verstanden hat. Die bP wurde außerdem zu Beginn der Einvernahme darauf hingewiesen, „sämtliche Termine einzuhalten und Ladungen Folge zu leisten, weil sonst Nachteile für sie entstehen können. Auch in der Ladung zur Verhandlung vor dem Asylgerichtshof finden sich diesbezügliche Ausführungen.

Die Erklärung, dass die bP rechtsunkundig und mit dem österreichischen Behördenwesen nicht ausreichend vertraut sei, zumal sie im Irak aufgewachsen sei, welcher nicht annähernd über ein vergleichbares Behördenwesen verfüge, wiederspricht dem Akteninhalt. Die bP reiste spätestens am 02.11.2006 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.12.2007 abgewiesen wurde, wogegen sie fristgerecht Berufung erhob. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.02.2010, wurde der bP der gewährte Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt und die damit verbundene, befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen, wogegen sie wiederum fristgerecht Beschwerde erhoben hat. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 12.05.2021 wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung und ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen, sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig sei, wogegen sie fristgerecht Beschwerde erhob. Schon dass die bP jeden Bescheid des Bundesamtes fristgerecht in Berufung/Beschwerde zog, zeigt eindeutig, dass sie in ihrem fast fünfzehnjährigen Aufenthalt doch erhebliche Erfahrungen im Umgang mit Behörden, insbesondere mit der Beachtung des Zeitpunktes der Erlassung von Bescheiden und des damit verbundenen Beginnes von Rechtsmittelfristen, sowie die damit einhergehenden Verhandlungen gemacht hat. So war die bP etwa für den 17.11.2011 zu einer Verhandlung vor dem Asylgerichtshof geladen und kam während ihres Aufenthaltes immer wieder in Kontakt mit österreichischen Strafgerichten, sodass sie durchaus über überdurchschnittliche Erfahrung im Umgang mit Behörden, Gerichten, Vertretern, der Wichtigkeit der Erreichbakreit und mit Fristen hat.

Darüber hinaus hat die bP im gegenständlichen Verfahren selbst die BBU GmbH mit ihrer Vertretung betraut, um gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 12.05.2021, Zl. 761168007/210173193 Beschwerde zu erheben, in welcher explizit die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde. Nachdem die bP mindestens einer beantragten Verhandlung am Asylgerichtshof am 17.11.2011 beiwohnte, musste ihr auch das folgende Procedere bewusst sein, nämlich, dass das BVwG die beantragte mündliche Verhandlung auch durchführt. Dass sich die bP nach der Haftentlassung über einen Monat nicht mit ihrer Vertretung in Verbindung setzte, unbekannten Aufenthaltes war und dieser auch keine konkrete Erreichbarkeit mitteilte, kann auch nicht als bloß minderer Grad des Versehens bewertet werden. Damit hat sie die im Verkehr mit Gerichten bzw Behörden erforderliche und zumutbare Sorgfalt in einem Maße außer Acht gelassen, die nur als auffallend sorglos bezeichnet werden kann.

Als die bP die BBU GmbH am 27.05.2021 mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung betraut hat, hat sie zudem eine Vollmacht unterfertigt, worin sie auch manuduziert wurde. Darin findet sich folgender Passus „Ich erkläre mich dazu bereit, den Kontakt zu meiner Vertreterin aufrecht zu halten, insbesondere meine jeweils aktuellen persönlichen Daten (Adresse, Telefonnummer, E-Mail …) zur Verfügung zu stellen.“

Das vom Beschwerdeführer als Grund für die Versäumung der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG geltend gemachte Ereignis stellt keinen Umstand dar, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnte. Dem Wiedereinsetzungsantrag war somit nicht stattzugeben.

Da hier bereits eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag erfolgt, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mehr, ob dem Antrag gem. § 34 Abs 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen wäre. Durch die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens über den Wiedereinsetzungsantrag entfällt die bis dahin bestehende Möglichkeit, diesem Antrag gemäß § 71 Abs. 6 AVG mit besonderem Bescheid die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (VwGH 06.11.2013, AW 2013/10/0040 mwN). Da dies auf § 33 Abs. 4 VwGVG übertragbar ist (vgl. VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113), bleibt nach der Abweisung der Wiedereinsetzung kein Raum für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Eine mündliche Verhandlung in Bezug auf den Wiedereinsetzungsantrag erweist sich gemäß § 24 VwGVG aufgrund der klaren Aktenlage als nicht erforderlich, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt sich aus der Aktenlage und dem Inhalt des Wiedereinsetzungsantrages vom 05.08.2021 hinreichend geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen. Daher konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

mündliche Verhandlung Säumnis unbekannter Aufenthalt Verschulden Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L504.1316534.4.00

Im RIS seit

22.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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