TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/9 G313 2177249-2

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Veröffentlicht am 09.09.2021
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Entscheidungsdatum

09.09.2021

Norm

AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4

Spruch


G313 2177249-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Alexander Eisl, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020, Zl. XXXX , beschlossen:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem in der Sprucheinleitung angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 24.03.2020 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

3. Am 14.01.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) mit Beschwerdevorlage-Schreiben vom 11.01.2021 die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein. Es wurde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist irakische Staatsangehörige.

1.2. Sie reiste zuletzt im Jahr 2015 illegal und ohne Reisepass in das österreichische Bundesgebiet ein. Unmittelbar nach ihrer Einreise stellte sie einen Asylantrag, über welchen seitens des BVwG am 18.11.2019 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Gleichzeitig wurden gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Eine gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision wurde vom VwGH am 13.02.2020 zurückgewiesen.

1.3. Die BF brachte am 24.03.2020 über ihren Rechtsvertreter bei der belangten Behörde den gegenständlichen „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK“ vom 16.03.2021 ein.

1.4. Zum Zeitpunkt ihrer Einreise war die BF verheiratet und hatte keine Sorgepflichten. Sie reiste gemeinsam mit ihrem Ehegatten in das österreichische Bundesgebiet ein. Die BF ist nunmehr geschieden und war dies bereits zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides. Sie hat keine Sorgepflichten.

Es bestehen keine familiären Bindungen und Beziehungen der BF zu Österreich. Sie hat im Irak Familienangehörige bzw. Verwandte.

Die BF geht in Österreich einer selbstständigen Beschäftigung als Gesellschafterin nach und ist kranken- und sozialversichert. Sie ist zudem in Österreich behördlich gemeldet.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

3.2. Relevante Rechtsvorschriften:

Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG lautet:

„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1.         dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2.         der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“

§ 9 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-VG besagt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

3.3. Der gegenständliche Fall war wie folgt zu beurteilten:

Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist ein Antrag nach § 55 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen unter Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung nach Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist die Zurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 jener wegen entschiedener Sache nachgebildet, sodass die diesbezüglichen - zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten - Grundsätze herangezogen werden können.

Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie den Schluss zulässt, dass nunmehr - unter Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen - eine andere Beurteilung jener Umstände, die den Grund für die seinerzeitige rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheids muss zumindest möglich sein.

Im Hinblick darauf liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt, der einer Antragszurückweisung gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegensteht, nicht erst dann vor, wenn der neue Sachverhalt konkret dazu führt, dass der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Eine maßgebliche Sachverhaltsänderung ist vielmehr schon dann gegeben, wenn die geltend gemachten Umstände nicht von vornherein eine neue Beurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK ausgeschlossen erscheinen lassen. Wesentlich für die Prüfung sind jene Umstände, die bis zum (erstinstanzlichen) Zurückweisungsbescheid eingetreten sind. (vgl. VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196, mwN)

Bereits in einer Änderung des Sachverhaltes, die einer Neubewertung nach Art. 8 EMRK zu unterziehen ist (und nicht erst darin, dass der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste), ist eine maßgebliche Änderung zu sehen. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt liegt dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebietet (vgl. VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127).

Nach der zu § 44b Abs. 1 Z 1 NAG 2005, der Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, ergangenen Judikatur, liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr läge ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 MRK geboten hätte. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zulässig (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0173, mwN).

Vorliegend ist somit die Frage entscheidend, ob der der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 18.11.2019 zugrunde gelegte Sachverhalt im Vergleich zu dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt eine maßgebliche Änderung im oben erörterten Sinn erfahren hat.

Diese Frage wurde vom BFA nicht unvertretbar verneint.

Die belangte Behörde führte nach Wiedergabe relevanter Rechtsgrundlagen Folgendes aus:

„Für Ihre Person bedeutet das:

Eine maßgebliche Sachverhaltsänderung ist nicht eingetreten.

So liegt zwischen dem Zeitpunkt der jetzigen Bescheiderlassung und der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung nur ein sehr kurzer Zeitraum, sodass sich auch Ihr Inlandsaufenthalt nicht wesentlich verlängert hat. Sie nutzen diese Zeitspanne nicht für eine Integration, sowohl Ihre Sprachkenntnisse, als auch die Umstände Ihrer Lebensführung sind unverändert.

Sie sind noch immer geschieden und haben keine Sorgepflichten. Ihre Familienangehörigen leben im Irak. Zu Österreich bestehen keinerlei familiäre Bindungen und Beziehungen. Sie gehen in Österreich einer selbstständigen Beschäftigung nach und sind kranken- und sozialversichert. Sie sind behördlich gemeldet.

Unter Bedachtnahme auf all diese Faktoren kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hat, dass eine erneute Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich wäre.“ (AS 146)

Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, dass der „relativ geringe zeitliche Abstand“ von ungefähr zwei Jahren, aber auch ein etwas mehr als zweieinhalbjähriger Zeitablauf zwischen der Rückkehrentscheidung und der Abweisung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln, für sich allein noch keine maßgebliche Sachverhaltsänderung ist, die eine Neubeurteilung im Sinn des Art. 8 EMRK erforderlich macht. (vgl. VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196, mwN)

Das BFA ging vertretbar davon aus, dass der „sehr kurze Zeitraum“ bzw. der Zeitablauf zwischen der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 18.11.2019 und dem Bescheid vom 23.11.2020 (von rund einem Jahr) noch keine maßgebliche Sachverhaltsänderung im oben erörterten Sinn bewirkte.

Soweit die belangte Behörde darauf verweist, „sowohl ihre Sprachkenntnisse, als auch die Umstände ihrer Lebensführung sind unverändert“, wird darauf hingewiesen, dass dieser Feststellung gefolgt bzw. davon ausgegangen wird, dass es zu keiner maßgeblichen Änderung in Bezug auf das von der BF in Österreich geführte Privatleben seit rechtskräftiger Rückkehrentscheidung vom 18.11.2019 gekommen ist.

Die BF hat die von ihr im Zuge ihres Antrages angeführte selbstständige Erwerbstätigkeit, wie aus den vorgelegten Unterlagen hervorgehend, bereits während ihres laufenden Asylverfahrens ausgeübt.

Ab rechtskräftiger Beendigung ihres Asylverfahrens mit Entscheidung des BVwG vom 18.11.2019 war ihr Aufenthalt unrechtmäßig. Obwohl sie angesichts der gegen sie erlassenen Rückkehrentscheidung und der bestehenden Ausreiseverpflichtung zur Ausreise verpflichtet gewesen wäre, ist sie weiterhin unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet verblieben, hat sie ihre selbstständige Erwerbstätigkeit fortgesetzt, und dann, nachdem sie mit ausgefülltem Antragsformular vom 16.03.2021 bei der belangten Behörde am 24.03.2020 über ihren Rechtsvertreter einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK eingebracht hatte, wie aus diesbezüglich vorgelegtem Nachweis ersichtlich, einen Deutschkurs Sprachniveau A2 mit Prüfung von Oktober 2020 positiv abgeschlossen.

Soweit die BF in ihrer Stellungnahme zum schriftlichen Parteiengehör angab, im Irak keine Familienangehörigen mehr zu haben, wird darauf hingewiesen, dass bereits in der die Beschwerde gegen die negative Asylentscheidung samt Rückkehrentscheidung des BFA abweisender Entscheidung des BVwG vom 18.11.2019 auf noch im Irak lebende Verwandte der BF geschlossen werden konnte, obwohl sich die BF im Asylverfahren nur auf aus dem Irak ausgereiste Familienangehörige berufen hat, weshalb auch bezüglich dieses Vorbringens keine maßgebliche Sachverhaltsänderung seit rechtskräftiger Rückkehrentscheidung vom 18.11.2019 erkannt werden konnte.

Das BFA konnte in Gesamtbetrachtung somit nicht davon ausgehen, dass sich der Sachverhalt seit der letzten Rückkehrentscheidung derart wesentlich geändert hätte, dass eine erneute Interessensabwägung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlich wäre.

Die Zurückweisung des Antrages der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK erfolgte somit zu Recht, weshalb die Beschwerde dagegen als unbegründet abgewiesen wird.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Im Zusammenhang mit einer Zurückweisung gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 nicht einschlägig, sondern die Frage nach dem zulässigen Unterbleiben einer Verhandlung auf Basis des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG 2014 zu beurteilen. Demnach kann eine Verhandlung (unter anderem) dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat ebenso bereits klargestellt, dass es in den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG im Ermessen des Verwaltungsgerichts liegt, trotz Antrag eine mündliche Verhandlung nicht durchzuführen (vgl. VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196)

Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG kann die Verhandlung unter anderem dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Im vorliegenden Fall konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, weil die seitens des BFA ergangene Zurückweisung des Antrages der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Artikel 8 EMRK mangels erkennbarer maßgeblicher Sachverhaltsänderung seit Rückkehrentscheidung vom 18.11.2019 mit gegenständlicher Entscheidung für rechtmäßig befunden wurde.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltstitel individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Ordnung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G313.2177249.2.00

Im RIS seit

22.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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