TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/12 W159 2247150-1

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Veröffentlicht am 12.10.2021
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Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W159 2247150-1/5E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt V. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, erhielt bereits am 22.07.2002 aufgrund der Verehelichung seiner Mutter mit einem österreichischen Staatsbürger eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung wegen Familieneigenschaft mit einem Österreicher. 
Nachdem der Ehemann seiner Mutter, XXXX , den Behörden gegenüber eingestanden hatte, dass es sich bei der Ehe mit der Mutter des Beschwerdeführers XXXX um eine Scheinehe gehandelt habe, wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der Bundespolizeidirektion XXXX , am 28.05.2010 schriftlich das Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung eingeräumt. Dazu nahm er durch seinen Vertreter, XXXX , mit Schreiben vom 10.06.2010 Stellung, dass der Beschwerdeführer im August 2002 im Besitz eines gültigen C-Visums in das Bundesgebiet eingereist sei, seine Mutter habe zwischenzeitig das Bundesgebiet verlassen. Der Beschwerdeführer sei jedoch mit seinen Geschwistern XXXX und XXXX nach wie vor in Wien wohnhaft, habe in Österreich die Hauptschule abgeschlossen und sei seit Februar 2008 berufstätig und zwar sei ihm von der Firma XXXX nunmehr eine Vollzeitbeschäftigung in Aussicht gestellt worden und wurde schließlich beantragt, von fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen Abstand zu nehmen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX , vom 22.06.2010, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 FPG ausgewiesen.
Mit Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion XXXX vom 30.08.2010, Zl. XXXX wurde der dagegen von dem Bescheidadressaten erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.         
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.2012, Zl. XXXX wurde der diesbezügliche Bescheid der Sicherheitsdirektion wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass dem Beschwerdeführer das Fehlverhalten seiner Mutter bei Eingehen einer Aufenthaltsehe nicht angelastet werde können. Daraufhin wurde mit Bescheid des UVS XXXX vom 31.01.2013, Zl. XXXX der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben. In der Folge brachte der Beschwerdeführer am 21.01.2010 einen weiteren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (Daueraufenthalt EG) ein, welcher ihm mit einer Gültigkeit bis zum 12.08.2025 erteilt wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 13.01.2021, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.  
Mit Schreiben vom 20.07.2021, Zl. XXXX räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , dem Beschwerdeführer das Parteiengehör zu zahlreichen Fragen im Zusammenhang mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ein. Eine Stellungnahme dazu ist nicht erfolgt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , vom 13.09.2021, Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchteil II. festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei, unter Spruchpunkt III. ein Einreiseverbot für die Dauer von acht Jahren erlassen, unter Spruchpunkt IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und unter Spruchpunkt V. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Nach kursorischer Darstellung des Verfahrensganges wurde insbesondere hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer am bisherigen Verfahren nicht mitgewirkt habe und auch eine Integration nicht erkannt werden könne, laut Besucherliste der JA XXXX sei der Beschwerdeführer lediglich von seinen Geschwistern monatlich besucht worden. In der Folge wurde auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX eingegangen und ausgeführt, dass sich aus dem Verhalten des Beschwerdeführers eine erhebliche, tatsächliche und gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit ableiten lasse, wobei insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass es sich bei dem veräußerten Suchtgift um Heroin in einer die 25-fache Grenzmenge übersteigende Menge gehandelt habe. Zu Spruchpunkt I. wurde zunächst ausgeführt, dass ein Aufenthaltstitel nach § 57 nicht zu erteilen gewesen sei, weiters wurde hinsichtlich eines allfälligen Familienlebens in Österreich ausgeführt, dass ein Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Angehörigen (Geschwistern) nicht festgestellt habe werden können und nicht nachvollziehbar sei, warum er von seinen Eltern nicht in der Justizanstalt besucht werde. Zum Privatleben wurde insbesondere noch darauf hingewiesen, dass aufgrund der Verurteilung kein rechtmäßiger Aufenthalt mehr vorliege und, dass der Beschwerdeführer auch am Arbeitsmarkt in keinster Weise integriert sei, zumal er meistens Überbrückungshilfe, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen habe. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen würden daher nicht vorliegen und sei eine Rückkehrentscheidung zulässig.  
Zu Spruchteil II. wurde insbesondere dargelegt, dass sich weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen zum Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ableiten lasse und der Beschwerdeführer auch 2018 zuletzt in Serbien aufhältig gewesen sei, er habe überdies keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und würde einer Abschiebung nach Serbien auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehen, sodass diese als zulässig zu bezeichnen sei. Weiters wurde dargelegt, dass im vorliegenden Fall die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei (Spruchpunkt III. und V.).

Zu Spruchpunkt IV. wurde begründend dargelegt, dass beim Beschwerdeführer der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z1 FPG (Drittstaatsangehöriger, der von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt worden sei) erfüllt sei und die Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei die Annahme, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, gerechtfertigt und sei bei einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens, auch unter Berücksichtigung der familiären und privaten Anknüpfungspunkte, ein Einreiseverbot in der angegebenen Dauer notwendig.

Gegen diesen Bescheid erhob der Adressat, vertreten durch XXXX , gegen alle Spruchteile fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde zunächst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer über einen zuletzt bis 12.08.2015 gültigen Daueraufenthaltstitel EU verfügt habe und in Österreich seinen Pflichtschulabschluss absolviert habe. Er sei auch über Jahre einer geregelten Beschäftigung nachgegangen und führe daher auch sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft. Der Beschwerdeführer habe enge familiäre Bindungen zu seinen beiden Geschwistern XXXX und XXXX und bis zu dessen Tod zu seinem mittlerweile verstorbenen Vater und überdies durch seinen rund 20-jährigen Aufenthalt in Österreich einen großen Bekannten- und Freundeskreis und sei sozial integriert. Er sei mit elf Jahren aus Serbien nach Österreich gekommen und hier de facto aufgewachsen und sozialisiert worden, daher sei eine Rückführung in seine frühere Heimat besonders problematisch, wobei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einem mehr als zehn Jahre andauernden inländischen Aufenthalt hingewiesen wurde. Bis zu der strafrechtlichen Verurteilung sei der Beschwerdeführer unbescholten gewesen, sei vollumfänglich geständig, habe aber zunächst geglaubt, dass lediglich kleine Mengen Cannabis zum Verkauf gelangen würden. Ein gewisser Herr XXXX , den er als Erntehelfer kennengelernt habe, habe ihn „auf die schiefe Bahn gezogen“, es sei daher im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung, sondern auf die Art und Schwere der zu beurteilenden Straftaten und das daraus sich ergebende Persönlichkeitsbild bei der Bemessung eines Einreiseverbotes abzustellen, was die belangte Behörde unterlassen habe. Sie habe keine ordnungsgemäße Interessensabwägung vorgenommen, zumal die Verhängung eines Einreiseverbotes einen schwerwiegenden Eingriff in das nach Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstelle. Ausdrücklich wurde auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft und insbesondere darauf verwiesen, dass in der Endphase einer Strafe entsprechende Ausgänge und Respektive im gelockerten Vollzug möglich seien. Wenn solche Maßnahmen vom Gericht als zulässig erachtet werden, könne nicht mehr zwingend von einer schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Interessen ausgegangen werden und halte sich der Beschwerdeführer aufgrund eines Aufenthaltstitels bis 12.08.2025 auch legal im Bundesgebiet auf. Implizit wurde auch die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die obigen Darlegungen im Verfahrensgang werden zu Feststellungen erhoben.

Der Verfahrensgang und damit die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der belangten Behörde.

Die gesetzlichen Bestimmungen im BFA-VG zu Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde lauten wie folgt:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1.         der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2.         schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3.         der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4.         der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5.         das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6.         gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7.         der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Der VwGH hat zu § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Fassung vor dem FrÄG 2017 in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass dieser das BVwG dazu verpflichtet, über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des BFA binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit (Teil) Erkenntnis zu entscheiden und zwar sowohl über die Zuerkennung als auch die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014; 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 30.06.2917, Fr 2017/18/0026; 20.09.2017, Ra 2017/19/0284; 19.10.2017, Ra 2017/18/0278; 29.11.2017, Ro 2017/18/0002; 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).

Das Bundesverwaltungsgericht deutet § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Fassung des FrÄG 2017 so, dass es bei Vorliegen einer Beschwerde in der Hauptsache auch von einer Beschwerde gegen den Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auszugehen hat und dass es (im Sinne der vorzitierten Judikatur des VwGH) diese – sowohl im Fall der Bestätigung dieser Aberkennung als auch im Fall einer Abänderung iSd. Zuerkennung aufschiebender Wirkung – innerhalb der einwöchigen Entscheidungsfrist mit Erkenntnis zu erledigen hat (vgl. dazu näher BVwG 10.04.2018, W230 2190973-1, mwN).

Die Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Der Beschwerdeführer macht ein reales Risiko einer Verletzung der zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen, insbesondere des Art. 8 EMRK geltend, bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um „vertretbare Behauptungen“ handelt.

Der VwGH führt hinsichtlich der Verhandlungspflicht nach § 21 Abs. 7 BVA-VG in ständiger Judikatur dazu wie folgt aus:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach betont, dass gerade bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Verschaffung eines persönlichen Eindruckes im Rahmen einer Beschwerde-verhandlung besonders wichtig ist (z.B. VwGH vom 23.03.2020, Ra2019/14/0334, VwGH vom 25.05.2020, Ra2019/19/0116, jüngst VwGH vom 29.03.2021, Ra2021/18/0071.). Gleiches gilt auch für die Verhängung eines Einreiseverbotes.

Weiters hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde den Sachverhalt (und die Beweiswürdigung) nicht bloß unsubstantiiert bestritten, sondern diesbezüglich ein konkretes und substantiiertes Vorbringen erstattet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat daher im vorliegenden Fall eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Befragung des Beschwerdeführers sowie allenfalls seiner Geschwister als Zeugen durchzuführen, was innerhalb von einer Wochenfrist nicht möglich ist. Darüber hinaus kann die von der belangten Behörde angenommene Dringlichkeit in Anbetracht des voraussichtlichen Entlassungstermines des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am 23.04.2022 nicht nachvollzogen werden und führt lediglich dazu, das Bundesverwaltungsgericht zeitlich unter Druck zu setzen.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und Spruchpunkt V. ersatzlos zu beheben.

Durch die Behebung des angefochtenen Spruchteils V. kommt der Beschwerde somit aufschiebende Wirkung zu. Somit war es nicht mehr erforderlich ausdrücklich der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Im Übrigen ist ein derartiger Antrag gar nicht zulässig (VwGH vom 13.12.2017, Ra 2017/19/003).

Eine mündliche Verhandlung entfiel, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2247150.1.00

Im RIS seit

22.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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