TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/27 W124 2225655-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.2021
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Entscheidungsdatum

27.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs1a

Spruch


W124 2225655-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo alias Frankreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch: BF), ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. In der am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er zu seiner Person an, sich zum katholischen Glauben zu bekennen und der Volksgruppe der Bakongo anzugehören. Er verfüge über eine 12-jährige Schulbildung und habe zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet. Neben seiner Erstsprache Lingala beherrsche er Französisch. Im Herkunftsstaat würden noch drei seiner Geschwister sowie sein Sohn und seine Tochter leben. Vier seiner Geschwister seien in Angola aufhältig.

Zu seinen Fluchtgründen führte er an, in seiner Heimat gebe es eine Regierung unter dem Präsidenten TSHISEKEDI. Sein Vorgänger sei KABILA gewesen. Gegen die Regierung gebe es eine Oppositionsbewegung namens „Lamuka“, welcher der BF angehöre. Der BF habe am XXXX in Kinshasa den Politiker BEMBA, welcher ebenfalls der Oppositionsbewegung angehöre, in Empfang genommen, als dieser aus Brüssel zurückgekehrt sei. Die Polizei sei gekommen und es habe eine große Menschenansammlung gegeben. Der Politiker sei weitergereist, um eine Veranstaltung abzuhalten. Die Polizei habe gegen die anwesenden Personen Tränengas eingesetzt, woraufhin die Leute die Polizisten angegriffen und verletzt hätten. Nachdem der BF erkannt worden sei, habe man ihm unterstellt, ebenso Polizisten verletzt zu haben. Am XXXX , dem Unabhängigkeitstag, sei der BF bei einer Demonstration, im Rahmen welcher der Rücktritt des Präsidenten gefordert worden sei, verhaftet worden. Da er einige Polizisten gekannt habe, sei er entlassen worden. Im Fall der Rückkehr fürchte er, getötet zu werden.

1.2. Am XXXX erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch: Bundesamt), im Rahmen welcher er zu seinem Gesundheitszustand angab, Diabetiker zu sein und an Bluthochdruck zu leiden. Betreffend seine Person führte er an, der Volksgruppe der Bantu anzugehören. Zu seinem Familienstand gab er an, mit einer Frau gelebt zu haben und mit ihr zwei Kinder zu haben. Sie seien noch nicht verheiratet. Ihr Name sei XXXX . Befragt, wo seine Kinder sowie deren Mutter leben, führte er an, sie seien von dem Haus, in welchem sie gelebt hätten, weggelaufen. Er habe noch nicht mit seiner Partnerin telefoniert, gehe jedoch davon aus, dass sie gemeinsam mit den Kindern bei seinem großen Bruder sei.

Im Rahmen der Befragung zu seinen Flucht- und Verfolgungsgründen hielt er seine in der Erstbefragung erstatteten Angaben im Wesentlichen aufrecht. Unter anderem führte er ergänzend an, dass Lamuka eine Vereinigung von Parteien sei, die anlässlich der Wahlen entstanden sei. Er sei nicht Mitglied einer Partei gewesen, sondern habe die Politik sehr eng verfolgt. Der BF habe einer Gruppe angehört, welche sich bemüht habe, die Politik zu erhalten. Sie hätten sich „Die aufrechten Kongolesen“ genannt und seien da gewesen, um Missstände aufzuzeigen. Aus der Niederschrift ergibt sich, dass er diese Gruppe im Laufe der Einvernahme sowohl „Le Congo Debout“ als auch „Les Congolais Debout“ nannte und weiter anmerkte, in der Sprache Lingala laute der Name der Gruppe „Banacongo Debout“. Zu seiner Flucht aus dem Gefängnis führte er überdies an, er habe Hilfe von zwei Polizisten bekommen, da er mit diesen befreundet gewesen sei. Ihre Namen seien XXXX und XXXX . XXXX sei der Kommandant des Gefängnisses und der Chef von XXXX gewesen.

1.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ihm eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX , als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde betreffend die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids festgehalten, dass der BF eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft machen habe können. Beweiswürdigend wurde hinsichtlich seines Fluchtvorbringens zusammengefasst festgehalten, dass die Angaben des BF zu seinen politischen Aktivitäten als widersprüchlich und vage zu qualifizieren seien. Auch seine Ausführungen hinsichtlich der politischen Veranstaltung am XXXX , dem Marsch am Unabhängigkeitstag der Demokratischen Republik Kongo am XXXX sowie seiner anschließenden, kurzzeitigen Inhaftierung hätten sich äußerst oberflächlich gestaltet. Selbst bei hypothetischer Annahme, der BF habe tatsächlich an den beiden Veranstaltungen am XXXX sowie am XXXX teilgenommen und sei kurzfristig inhaftiert worden, sei nicht ersichtlich, welche konkrete, aktuelle Verfolgung er aufgrund dessen zu befürchten habe. Der BF sei nicht in der Lage gewesen schlüssig darzulegen, weshalb gerade er – als einer von jeweils hunderten oder gar tausenden Veranstaltungsteilnehmern – einer individuell gegen seine Person gerichteten, illegitimen staatlichen Verfolgung ausgesetzt sein soll. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten seien sohin nicht vorgelegen. Es gebe ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass dem BF in der Demokratischen Republik Kongo die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Er sei volljährig, erwerbsfähig und habe insgesamt zwölf Jahre die Schule besucht. Vor seiner Ausreise sei er als Verkäufer selbsterhaltungsfähig gewesen. Zudem bestehe ganz allgemein im Herkunftsstaat derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung iSd Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die von ihm im Verfahren geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen würden nicht jenen Grad an Erheblichkeit erreichen, der einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehe. Ferner würden dem BF im Herkunftsstaat adäquate medikamentöse sowie medizinische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei ihm sohin nicht zuzuerkennen gewesen.

Das Erkenntnis wurde der Vertretung des BF am XXXX im elektronischen Rechtsverkehr hinterlegt. Die gegen das Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX , XXXX , zurückgewiesen. Folglich ist das Erkenntnis am XXXX in Rechtskraft erwachsen.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am XXXX stellte der BF den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag erfolgte seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Rahmen welcher er zur Begründung seines Antrags anführte, er halte seine früheren Fluchtgründe aufrecht. Hinzugekommen sei, dass in der Zeitschrift „ XXXX “ ein Artikel mit einem Bild von ihm veröffentlicht worden sei, in welchem er beschuldigt werde, am Mord von zwei Polizeibeamten beteiligt gewesen zu sein. Die Cousine seiner Lebensgefährtin habe ihm die Zeitschrift postalisch zugesendet. Am XXXX habe er sie erhalten. Er fürchte eine lebenslängliche Gefängnisstrafe oder eine Exekution.

Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag zurückzuweisen, da entschiedene Sache vorliege.

2.2. Am XXXX erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt, im Rahmen welcher er eingangs anführte, gesund zu sein. Zu seinem Familienstand führte er an, traditionell verheiratet zu sein und zwei Kinder zu haben.

Zu seinen Fluchtgründen führte er an, er habe im Herkunftsstaat an einer Demonstration teilgenommen. Sie hätten für den Senator Jean-Pierre BEMBA demonstriert und ihn am XXXX in Empfang genommen. Der BF habe zu jenen gehört, welche Plakate mitgenommen hätten. Im Rahmen der Demonstration sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Polizei und den Demonstrierenden gekommen. Fünf der Demonstrierenden seien getötet worden. Mehrere Polizisten seien verletzt worden, woran er jedoch nicht beteiligt gewesen sei. Der BF sei in weiterer Folge nach Europa geflüchtet. Bereits vor seiner Ausreise habe die Polizei begonnen, nach ihm zu suchen. Für den XXXX , dem Unabhängigkeitstag der Demokratischen Republik Kongo, habe der Präsident angeordnet, dass es keine Feierlichkeiten geben solle. Es habe dennoch eine Demonstration gegeben, an welcher der BF teilgenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe die Polizei bereits nach ihnen gesucht. Bei der Demonstration seien sie von der Polizei attackiert worden und der BF sei mit weiteren Teilnehmern festgenommen sowie in ein Gefängnis nach XXXX gebracht worden. Der Kommandant des Gefängnisses, ein Freund des BF, habe ihm zur Flucht verholfen. Der BF sei daraufhin bei einem Freund untergekommen. Sein älterer Bruder habe ihm erzählt, dass er den BF im TV gesehen habe. Konkret sei im TV verkündet worden, dass sie diejenigen gewesen seien, welche die Polizisten verletzt hätten. In der Folge habe ihm sein Bruder erklärt, dass er ein sehr großes Problem habe und das Land verlassen müsse. Man wolle ihn töten, dies unter anderem aus dem Grund, dass er aus dem Gefängnis geflohen sei. In der Folge sei der BF schlepperunterstützt nach Österreich geflüchtet.

Auf Nachfrage gab der BF an, sie hätten an der Veranstaltung teilgenommen, da sie der kongolesischen Gruppierung „Bana ConCo Botelema“ angehört hätten. Diese habe sich zusammengeschlossen, um dem Präsidenten das Leben schwer zu machen. Es handle sich um dieselbe Bewegung, die er schon im Erstverfahren erwähnt habe. Der BF sei ein einfaches Mitglied gewesen. Er sei derjenige gewesen, der „Lamuka einen Anführer“ unterstützt habe.

Weiter führte der BF an, dieselben Fluchtgründe zu haben, jedoch über neue Beweise zu verfügen. Als er bereits in Österreich gewesen sei, habe er erfahren, dass die Geheimpolizei sowie die Polizei nach ihm suchen würden.

Im Rahmen der Einvernahme brachte der BF die Zeitschrift „ XXXX “, Edition Nr. XXXX vom XXXX , samt dem Kuvert, mit welchem ihm die Zeitschrift zugesandt worden sei, in Vorlage und brachte vor, auf Seite 25 der Zeitschrift sei ein Artikel über ihn veröffentlicht worden.

Befragt, was in dem Artikel stehe, führte der BF aus, es werde berichtet, dass nach ihm im Geheimen gesucht werde. Es stehe auch drinnen, dass man über seinen Aufenthaltsort nichts wisse und er Gefahr laufe, zum Tode verurteilt zu werden oder eine lebenslängliche Gefängnisstrafe verbüßen zu müssen. Sein Name stehe im Artikel. Auch seine Frau werde erwähnt.

2.3. Das Bundesamt ließ in der Folge den Artikel „ XXXX dans de sales draps“ von XXXX , veröffentlicht auf Seite 25 der vom BF vorgelegten Zeitschrift „ XXXX “, Edition Nr. XXXX vom XXXX , übersetzen.

2.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gleichzeitig festgestellt, dass seine Abschiebung nach „Kongo“ zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt.

Festgestellt wurde im Wesentlichen, dass der BF keine entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung glaubhaft gemacht habe, welche nach rechtskräftigem Abschluss des letzten Asylverfahrens entstanden wäre. Es würden unter Berücksichtigung aller Tatsachen keine Umstände bestehen, welche einer Rückkehr des BF nach „Kongo“ entgegenstehen. Auf den Seiten 6 bis 36 des angefochtenen Bescheids wurden Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Demokratischen Republik Kongo getroffen.

Beweiswürdigend wurde hinsichtlich der geltend gemachten Fluchtgründe erwogen, dass das Vorbringen des BF zur Begründung des verfahrensgegenständlichen Antrags mit seinen Angaben im Vorverfahren beinahe identisch gewesen sei. Er habe lediglich einen Zeitungsartikel vorgelegt, welcher vom Bundesamt übersetzt und mit seinen Angaben verglichen worden sei. Die darin enthaltenen Ausführungen seien jedoch mit den Angaben des BF nicht in Einklang zu bringen. Der BF habe angegeben, dass er im Gefängnis jemanden gekannt habe und daher fliehen habe können. Im Bericht finde sich jedoch eine gänzlich andere Darstellung und ziehe sich „dies“ durch die Gesamtheit seiner Angaben. Hinzu komme, dass dem Vorbringen des BF mehr Gewicht beizumessen sei als einem Zeitungsartikel. Insgesamt sei daher festzuhalten, dass sein Vorbringen nach wie vor als widersprüchlich zu qualifizieren sei und keinen glaubhaften Kern aufweise. Die Darstellung des Fluchtgrundes sei als vage und unkonkret zu qualifizieren. Sein Vorbringen sei lediglich als Ergänzung seiner Angaben im Erstverfahren zu werten.

Rechtlich wurde erwogen, dass weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar sowohl in Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in seiner Sphäre gelegen sei, als auch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe. Folglich stehe die Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts dem neuerlichen Antrag entgegen. Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG würden im Übrigen nicht vorliegen. Ferner ergebe eine Interessenabwägung iSd § 9 BFA-VG, dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das private Interesse des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiege. Eine Gefährdung iSd § 50 Abs. 1 und Abs. 2 FPG liege nicht vor und bestehe auch keine Empfehlung einer Maßnahme iSd § 50 Abs. 3 FPG. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise sei gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht zu erteilen gewesen.

2.5. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob der BF im Wege seiner Vertretung gegen den oben genannten Bescheid vollinhaltlich Beschwerde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Nach Darstellung des Sachverhalts wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich die Behörde nicht hinreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt habe und über seinen Antrag inhaltlich entscheiden hätte müssen. Der BF habe neue Beweise zur Asylrelevanz seines Vorbringens vorlegen können. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Behörde dem vom BF in Vorlage gebrachten Zeitungsartikel kein größeres Gewicht beigemessen habe. Die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid laufe der stRsp des VwGH zuwider, wonach eine vorgreifende Beweiswürdigung, die darin bestehe, dass der Wert eines Beweises abstrakt im Vorhinein beurteilt werde, unzulässig sei. Ein bloß allgemeiner Verdacht genüge nicht, um im Verfahren vorgelegten Urkunden generell den Beweiswert abzusprechen. Die belangte Behörde werfe dem BF lediglich vor, dass seine Angaben in Bezug auf den Zeitungsartikel widersprüchlich seien. Es könne jedoch nicht nachvollzogen werden, um welche Widersprüche es sich handle, zumal sich die Einvernahme des BF nicht im Bescheid finde. Die Begründung der Behörde, weshalb dem Vorbringen des BF bereits im Kern keine Glaubhaftigkeit zukomme, erweise sich insgesamt als substanzlos, da die belangte Behörde ihre beweiswürdigenden Erwägungen nicht hinreichend offenlege. Eine schlüssige Argumentation liege sohin nicht vor. Zusammengefasst entspreche die Beweiswürdigung nicht den gesetzlichen Erfordernissen der Objektivität und Unparteilichkeit. Die Behörde habe jegliche Ermittlungen zu den vorgelegten Beweismitteln unterlassen und spreche diesen pauschal die Beweiskraft ab. Sie habe daher das Verfahren mit Willkür belastet. Ferner wurde moniert, dass die herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig und veraltet seien.

2.6. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Verfahrensakten vor, wo diese am XXXX einlangten.

2.7. Mit Schreiben vom XXXX erteilte das Bundesverwaltungsgericht dem BF den Verbesserungsauftrag, binnen einer Woche die Beschwerde handschriftlich zu unterfertigen. Mit Schriftsatz vom XXXX kam der BF im Wege seiner Vertretung dem Verbesserungsauftrag nach.

2.8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zur Person des Beschwerdeführers sowie zum Verfahren

1.1.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte er am XXXX seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates führte er zusammengefasst an, im Herkunftsstaat die Oppositionsbewegung „Lamuka“ unterstützt und der Gruppierung „Die aufrechten Kongolesen“ angehört zu haben. Am XXXX habe er an einer Demonstration am Flughafen teilgenommen, bei welcher der Oppositionspolitiker Jean-Pierre BEMBA nach seiner Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo in Empfang genommen worden sei. Als die Polizei begonnen habe, gegen die Demonstrierenden Tränengas einzusetzen, sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen, bei welcher Polizisten verletzt worden seien. Die Polizisten hätten den BF gekannt und hätten in weiterer Folge ihm sowie weiteren Personen unterstellt, bei der Versammlung Polizisten geschlagen zu haben. Am XXXX , dem Unabhängigkeitstag der Demokratischen Republik Kongo, sei der BF bei einer Demonstration gemeinsam mit weiteren Personen festgenommen und inhaftiert worden. Der BF habe jedoch zwei der Polizisten, welche im Gefängnis ihren Dienst verrichtet hätten, gekannt und habe mit ihrer Hilfe fliehen können.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig ist. Ihm wurde ferner eine Frist zur freiwilligen Ausreise in der Dauer von 14 Tagen gewährt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis wurde der Vertretung des BF am XXXX im elektronischen Rechtsverkehr hinterlegt. Die gegen das Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom XXXX , XXXX , zurückgewiesen.

1.1.2. Der BF verblieb unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet und stellte am XXXX den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Zur Begründung seines Antrags brachte er vor dem Bundesamt im Wesentlichen und zusammengefasst vor, seine im Erstverfahren geltend gemachten Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht. Er habe jedoch während seines Aufenthalts in Österreich erfahren, dass er im Herkunftsstaat gesucht werde. Die Cousine seiner Lebensgefährtin habe ihm einen Artikel, welcher im Magazin „ XXXX “ veröffentlicht worden sei, postalisch zugesendet. Dem Artikel sei zu entnehmen, dass der BF von der Polizei gesucht werde und man die Polizei rufen solle, wenn man ihn sehe. Ferner werde darin ausgeführt, dass für ihn die Gefahr bestehe, dass gegen ihn die Todesstrafe verhängt werde oder er lebenslang ins Gefängnis komme.

Der BF brachte zur Bescheinigung seiner Angaben die Zeitschrift „ XXXX “, Edition Nr. XXXX , vom XXXX im Original in Vorlage. Ferner legte er ein DHL-Kuvert vor, auf welchem er als Empfänger und XXXX als Absenderin genannt werden. Als Anschrift der Absenderin wird eine Adresse in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo, angeführt. Ferner ist dem Kuvert das Datum „ XXXX “ zu entnehmen.

Auf Seite 25 der oben genannten Zeitschrift befindet sich ein Artikel mit dem Titel „ XXXX dans de sales draps“ sowie ein Foto des BF.

Aus der im Akt aufliegenden deutschen Übersetzung ergibt sich folgender Inhalt des Artikels:

XXXX ist in einer heiklen Lage

[…] XXXX ist kürzlich den Nachrichtendiensten ins Netz gegangen. Dieser Aktivist von Lamuka ist seit seiner aktiven Teilnahme an der Demonstration dieser Oppositionsplattform, die am XXXX auf dem Gelände Sainte Thérèse in N‘djili stattfand, ins Visier der Totengräber geraten. Mehreren Quellen zufolge wird XXXX und seinen vorgeblichen Komplizen vorgeworfen, die öffentliche Ordnung gestört und die Autorität des Staates untergraben zu haben – Anklagepunkte, für die sie mit der Todesstrafe rechnen müssen. In der DR Kongo ist die Todesstrafe immer noch nicht abgeschafft, obwohl sie aufgrund eines Moratoriums in eine lebenslängliche Gefängnisstrafe umgewandelt wird. Ein weiterer Anklagepunkt gegen XXXX sind absichtliche Schläge gegen Beamte der Ordnungskräfte. Zunächst wurde er am XXXX gemeinsam mit einigen anderen festgenommen, sie wurden zur Staatsanwaltschaft des Großinstanzgerichts von XXXX gebracht, von wo er geflohen ist, indem er die Turbulenzen anlässlich der Feier des Nationalfeiertages ausnützte. Seither wird er gesucht. Mehrere Indiskretionen aus den Reihen der Nachrichtendienste bestätigen, dass auf ihn ein Kopfgeld ausgesetzt würde. Seine Frau, XXXX , die ebenfalls verfolgt wird, lebt im Untergrund. […]“

1.1.3. Dem BF ist es in einer Gesamtschau gelungen, seit Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , einen neuen und auf einem glaubhaften Kern beruhenden asylrelevanten Sachverhalt darzutun.

1.2. Auszug aus dem Länderinformationsblatt „Demokratische Republik Kongo“ vom 17.12.2020

Allgemeine Menschenrechtslage

In der DR Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Im Zuge der Krise um die Wahlen kam es zu massiven Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Medienfreiheit. Darüber hinaus steigt die Zahl der von internen bewaffneten Auseinandersetzungen betroffenen Menschen an. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 17.2.2020). Bedeutende Menschenrechtsprobleme sind willkürliche Tötungen, darunter ungesetzliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen durch die Regierung, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, usw. (USDOS 11.3.2020).

Gesetzlich ist Pressefreiheit und Meinungsfreiheit vorgesehen, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Öffentliche Kritik an der Regierung oder ihren Beamten kann zu Einschüchterungen, Drohungen und Verhaftungen führen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). ARTICLE 19 berichtet im November 2020, dass im Jahr 2020 mindestens 40 Journalisten in Verbindung mit ihrer Tätigkeit festgenommen wurden; Aktivisten und Bürger wurden nach kritischen Äußerungen eingeschüchtert, geschlagen, festgenommen und / oder strafrechtlich verfolgt (A19 27.11.2020).

Die Versammlungsfreiheit ist zwar per Verfassung garantiert, wird aber eingeschränkt (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Unter Präsident Tshisekedi kam es zwar diesbezüglich zu Verbesserungen, aber Einschränkungen bestehen weiterhin (USDOS 11.3.2020). Demonstrationen finden regelmäßig statt, aber die Teilnehmer riskieren Verhaftungen, Schläge, und tödliche Gewalt (FH 4.3.2020).

Die Verfassung gewährleistet Vereinigungsfreiheit, und dieses Recht wird seitens der Regierung auch üblicherweise respektiert (USDOS 11.3.2020).

Bürger haben das Recht, sich in politischen Parteien zu organisieren. Oppositionsparteien konnten im Jahr 2019 freier operieren. So wurde ihnen auch mediale Präsenz durch neu gegründete Radiosender ermöglicht. Unter der Regierung Tshisekedi wurden einige Oppositionsmitglieder aus der Haft entlassen. Einige im Ausland lebende Politiker konnten zurückkehren (FH 4.3.2020).

NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber in manchen Landesteilen jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Der politische Betätigungsraum zeichnete sich nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2018 jedoch durch erste Entspannungen und Öffnungen aus (AA 17.2.2020). […]

Haftbedingungen

Der Zustand der Gefängnisse ist – auch im Vergleich zu anderen Staaten in Afrika – sehr schlecht (AA 17.2.2020). Die Bedingungen in den meisten Gefängnissen sind hart und lebensbedrohend (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020) und durch Nahrungsmittelmangel, starke Überbelegung, unangemessene sanitäre Einrichtungen und medizinische Versorgung gekennzeichnet (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 17.2.2020). Die Behörden inhaftieren Männer üblicherweise getrennt von Frauen, Jugendliche hingegen werden gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht (USDOS 11.3.2020).

Folter von Häftlingen ist weit verbreitet (FH 4.3.2020). Die meisten Gefängnisse sind unterbesetzt, schlecht versorgt und die Gebäude in schlechtem Zustand. Dies führt zu Korruption und mangelnder Kontrolle der Insassen. Es kommt zu Gefängnisausbrüchen (USDOS 11.3.2020).

Üblicherweise erlaubte die Regierung dem Roten Kreuz, der UN-Mission MONUSCO und NGOs den Zugang zu offiziellen Haftanstalten des Innenministeriums, jedoch nicht zu Gefängnissen, die von der Republikanischen Garde und vom Geheimdienst betrieben wurden (USDOS 11.3.2020). […]

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF gründen sich auf seine Angaben im Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz sowie im gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellungen zur Einreise des BF in das Bundesgebiet sowie zum Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , samt Zustellnachweis sowie dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom XXXX , XXXX .

Ferner stützen sich die Feststellungen zu seinem unrechtmäßigen Verbleib in Österreich, zur Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz sowie zum Vorbringen des BF zu seinen Flucht- und Verfolgungsgründen auf den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt zur Zl. XXXX , insbesondere auf die Niederschrift der Erstbefragung am XXXX , die Niederschrift der Einvernahme vor dem Bundesamt am XXXX , die vorgelegte Zeitschrift „ XXXX “, Edition Nr. XXXX , vom XXXX , sowie die amtswegig eingeholte Übersetzung des darin auf Seite 25 veröffentlichten Artikels „ XXXX dans de sales draps“.

2.2. Zum Fluchtvorbringen und zu den Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der BF seit Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , Zl. XXXX , einen neuen und auf einem glaubhaften Kern beruhenden asylrelevanten Sachverhalt dargetan hat, war aus folgenden Gründen zu treffen:

Der BF brachte zur Begründung des verfahrensgegenständlichen Antrags zusammengefasst und verfahrenswesentlich vor, dass die im Erstverfahren geltend gemachten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Seine Situation habe sich jedoch insoweit verändert, als ihm die Cousine seiner Lebensgefährtin postalisch eine Zeitschrift zugesendet habe, in welcher ein Artikel über ihn veröffentlicht worden sei. Aus diesem Artikel ergebe sich, dass er von der Polizei im Herkunftsstaat gesucht werde und ihm die Todesstrafe bzw. eine lebenslange Haftstrafe drohe.

Zur Bescheinigung seines Vorbringens legte er die Zeitschrift „ XXXX “, Edition Nr. XXXX , vom XXXX , im Original vor. Weiter brachte er ein DHL-Kuvert in Vorlage, auf welchem er als Empfänger angeführt wird. Als Absenderin wird XXXX und als deren Anschrift eine Adresse in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo, angeführt. Das Kuvert ist mit dem „ XXXX “ datiert.

Der Beschwerdeführer verwies auf den Artikel mit dem Titel „ XXXX dans de sales draps“, welcher auf Seite 25 der Zeitschrift zu finden ist.

Nach der vom Bundesamt amtswegig eingeholten Übersetzung wird in diesem Artikel (unter anderem) ausgeführt, dass dem BF vorgeworfen werde, bei der Demonstration am XXXX die öffentliche Ordnung gestört und die Autorität des Staates untergraben zu haben. Für diese Delikte drohe in der Demokratischen Republik Kongo die Todesstrafe, wobei diese aufgrund eines Moratoriums in eine lebenslängliche Gefängnisstrafe umgewandelt werde. Weiter wird im Artikel ausgeführt, dass der BF am XXXX gemeinsam mit anderen festgenommen und zur Staatsanwaltschaft des Großinstanzgerichts von XXXX gebracht worden sei, von wo er jedoch geflohen sei, indem er die Turbulenzen anlässlich der Feier des Nationalfeiertages ausgenützt habe. Seither werde er gesucht. Aus den Reihen der Nachrichtendienste werde bestätigt, dass auf ihn ein Kopfgeld ausgesetzt worden sei. Seine Frau, XXXX , werde ebenfalls verfolgt und lebe daher im Untergrund.

Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er im Herkunftsstaat aufgrund seiner oppositionellen Aktivitäten sowie der Flucht aus dem Gefängnis von der Polizei gesucht werde, werden sohin im Wesentlichen von dem Artikel bestätigt.

Hinzuweisen ist weiter darauf, dass sich im Artikel neben dem Namen des BF auch ein Foto findet. Aufgrund eines Vergleichs des Fotos mit dem im Akt aufliegenden Lichtbild des BF (vgl. AS 1) ist davon auszugehen, dass es sich bei der im Artikel abgebildeten Person tatsächlich um den Beschwerdeführer handelt.

Im gegenständlichen Fall kann ohne die Durchführung umfassender Ermittlungen überdies nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der vorgelegten Zeitschrift im Allgemeinen und dem zitierten Artikel im Speziellen um ein gefälschtes Dokument handelt, wurde die Zeitschrift doch im Original vorgelegt und spricht auch das beigelegte Kuvert dafür, dass dem Beschwerdeführer die Zeitschrift im Jänner 2021 aus Kinshasa zugesandt wurde.

Das Vorbringen des BF, wonach ihm aufgrund der (ihm zumindest unterstellten) Begehung politisch motivierter Straftaten im Herkunftsstaat die Festnahme sowie die Inhaftierung drohe, weist vor diesem Hintergrund zumindest einen glaubhaften Kern auf.

Insoweit das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zu einem anderen Ergebnis kommt ist Folgendes festzuhalten:

Das Bundesamt hält in seiner Beweiswürdigung fest, dass sich aus einem Vergleich der Angaben des BF mit den Ausführungen in dem von ihm vorgelegten Zeitungsartikel gravierende Widersprüche ergeben würden. In der Folge wurde jedoch lediglich darauf hingewiesen, dass der BF angeführt habe, er hätte aus dem Gefängnis fliehen können, da er jemanden gekannt habe. Dieser Umstand werde nach Ansicht des Bundesamtes im Zeitungsartikel jedoch gänzlich anders dargestellt.

In Bezug auf diese Argumentation ist zunächst festzuhalten, dass im Artikel lediglich ausgeführt wird, der BF sei geflohen, indem er „die Turbulenzen anlässlich der Feier des Nationalfeiertages ausnützte“. Der Umstand, dass der BF laut dem Artikel bei seiner Flucht von den Turbulenzen profitiert habe, schließt jedoch nicht aus, dass er – wie von ihm behauptet - von einer oder von mehreren Personen bei der Flucht unterstützt worden ist. Ein gravierender Widerspruch zwischen seinen Angaben und den Ausführungen im Artikel kann insoweit nicht erkannt werden. In diesem Zusammenhang wäre vom Bundesamt überdies zu berücksichtigen gewesen, dass der Artikel nicht auf den Angaben des Beschwerdeführers beruht, sondern der Inhalt offenbar von einem Journalisten recherchiert wurde, wodurch allfällige Ungenauigkeiten oder Ungereimtheiten erklärt werden können.

Hinzuweisen ist weiter darauf, dass das Bundesamt in seiner Beweiswürdigung– abgesehen von dem Verweis auf die Umstände der Flucht des BF – keine konkreten Widersprüche aufgezeigt, sondern lediglich pauschal ausgeführt hat, dass sich die Ungereimtheiten durch die Gesamtheit der Angaben des BF ziehen würden und bei einem Vergleich zwischen den Angaben des Beschwerdeführers und dem vorgelegten Artikel keine Stimmigkeit festgestellt werden habe können. Das Bundesamt hat es sohin verabsäumt, seine beweiswürdigenden Erwägungen näher darzulegen und können diese daher nicht nachvollzogen werden. Die Beweiswürdigung des Bundesamtes ist sohin einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zugänglich.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich das Bundesamt mit dem Beweiswert der vorgelegten Zeitschrift in keiner Weise auseinandergesetzt hat, sondern lediglich pauschal darauf verwiesen hat, dass den Angaben des Beschwerdeführers mehr Gewicht beigemessen werde als der Zeitschrift. Das Bundesamt kam sohin ausschließlich aufgrund nicht näher präzisierter Widersprüche zu dem Ergebnis, dass seinem Fluchtvorbringen bereits im Kern keine Glaubhaftigkeit zukomme.

Es wird gegenständlich nicht verkannt, dass das Vorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren Ungereimtheiten aufweist. Beispielsweise führte er in der Erstbefragung an, dass im Rahmen der Tumulte bei der Demonstration am XXXX zwei Polizeibeamte getötet worden seien und ihm vorgeworfen werde, an der Ermordung der Polizisten beteiligt gewesen zu sein (vgl. AS 31). In der Einvernahme am XXXX führte er demgegenüber – wie bereits im Erstverfahren – an, die Polizisten seien nicht getötet, sondern lediglich verletzt worden (AS 105). Ein weiterer Widerspruch ergibt sich daraus, dass er vorbrachte, die Gruppierung, welcher er angehört habe, habe den Namen „Bana ConCo Botelema“ geführt (AS 107), während er im Vorverfahren (unter anderem) die Gruppierung mit den Namen „Les Congolais Debout“ bzw. „Banacongo Debout“ bezeichnete.

Diese Widersprüche entbinden die Behörde jedoch nicht von einer näheren Auseinandersetzung mit der vorgelegten Zeitschrift, wäre doch zu prüfen gewesen, ob dem BF nicht bereits aufgrund der Veröffentlichung des Artikels im Herkunftsstaat Verfolgung seitens der Sicherheitsbehörden droht.

In einer Gesamtschau kommt seinem Vorbringen sohin insbesondere aufgrund der Vorlage der Originalzeitschrift „ XXXX “ vom XXXX ein glaubhafter Kern zu.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat, stützen sich auf das dem Bundesamt selbstverständlich bekannte Länderinformationsblatt Demokratische Republik Kongo vom 17.12.2020. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen sowie nichtoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für den erkennenden Richter kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine solche ist im Bereich des Asyl- und Fremdenpolizeirechts nicht vorgesehen – Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids

3.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9. 9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100).

Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt bzw. verpflichtet die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 4.5.2000, 99/20/0192).

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies allerdings nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (VwGH 29.9.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 16.2.2006, 2006/19/0380; vgl. auch VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391; 26.7.2005, 2005/20/0343; 27.9.2005, 2005/01/0363; 22.12.2005, 2005/20/0556; 22.6.2006, 2006/19/0245; 21.9.2006, 2006/19/0200; 25.4.2007, 2005/20/0300; vgl. weiters VwGH 26.9.2007, 2007/19/0342).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Vergleichsbescheid derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. VwGH vom 15.11.2000, Zl. 2000/01/0184; VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2000/01/0440; VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226; vgl. weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 104 zu § 68 AVG).

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist als Vergleichsentscheidung das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , XXXX , heranzuziehen.

Für das Bundesverwaltungsgericht ist demnach Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , XXXX , rechtskräftig seit XXXX , geändert hat (vgl. hierzu auch VwGH vom 28.06.1994, Zl. 92/05/0063).

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die Erwägungen der Behörde – auf Grundlage des von ihr geführten Ermittlungsverfahrens – nicht ausreichend tragfähig für den Standpunkt, dass kein geänderter Sachverhalt vorliege bzw. die behauptete Sachverhaltsänderung keinen glaubhaften Kern aufweise.

Im gegenständlichen Verfahren gab der BF unter Vorlage der Originalzeitschrift „ XXXX “, Edition Nr. XXXX , XXXX , an, dass seine im Erstverfahren geltend gemachten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Hinzugekommen sei, dass in der genannten Zeitschrift ein Artikel über ihn veröffentlicht worden sei. Aus der amtswegig eingeholten deutschen Übersetzung des Artikels geht zusammengefasst hervor, dass ihm seit der Teilnahme an der Demonstration am XXXX unterstellt werde, die öffentliche Ordnung gestört und die Autorität des Staates untergraben zu haben. Diese Delikte seien grundsätzlich mit der Todesstrafe bedroht, wobei die Todesstrafe aufgrund eines Moratoriums in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt werde. Dem BF werde weiter unterstellt, Polizisten geschlagen zu haben. Zudem sei er nach seiner Festnahme am „ XXXX “ aus dem Gefängnis geflohen und werde seither von der Polizei gesucht.

Es ist unzweifelhaft, dass dieses Vorbringen in einem inhaltlichen Zusammenhang zum Vorbringen im Verfahren zum ersten Antrag auf internationalen Schutz steht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist ein Folgeantrag zwar wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn der Asylwerber an seinem (rechtskräftig) nicht geglaubten Fluchtvorbringen unverändert festhielte und sich auch in der notorischen Lage im Herkunftsstaat keine - für den internationalen Schutz relevante - Änderung ergeben hätte. Werden aber beispielsweise neue (für den internationalen Schutz relevante) Geschehnisse geltend gemacht, die sich nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens ereignet haben sollen, ist es nicht rechtens, die Prüfung dieses geänderten Vorbringens bloß unter Hinweis darauf abzulehnen, dass es auf dem nicht geglaubten Fluchtvorbringen des ersten Asylverfahrens fuße. Das neue Vorbringen muss vielmehr daraufhin geprüft werden, ob es einen „glaubhaften Kern“ im Sinne der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung aufweist. Könnten die behaupteten neuen Tatsachen zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubhaftigkeit (vgl. VwGH 21.8.2020, Ra 2020/18/0157, mwN).

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf einen nach rechtskräftigem Abschluss eines Asylverfahrens erlassenen Haftbefehls ausgesprochen, dass ein solcher eine maßgebliche Sachverhaltsänderung darstellen kann, der eine neue Beurteilung der vom Asylwerber geltend gemachten Fluchtgründe erfordert. Es bedarf in einem solchen Fall einer beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit dem neuen Vorbringen, insbesondere dahingehend, ob diesem Vorbringen ein zumindest glaubhafter Kern zukommt (vgl. VwGH 7.2.2020, Ra 2019/18/0487, mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrags mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen (vgl. VwGH 31.8.2020, Ra 2020/18/0102).

Im Lichte dieser Judikatur ist festzuhalten, dass die Veröffentlichung des oben erwähnten Artikels über den Beschwerdeführer am XXXX erfolgte und sohin ein neues Ereignis darstellt, welches nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz ( XXXX ) eingetreten ist.

Wie bereits dargelegt, wird das Vorbringen des BF zu seiner Verfolgung im Herkunftsstaat durch die Ausführungen im Artikel im Wesentlichen bestätigt und kann ohne umfassende Ermittlungen auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Zeitschrift gefälscht, verfälscht oder nur zum Zweck der Vorlage im Asylverfahren gedruckt worden ist.

Dem Vorbringen des BF, wonach über ihn in den Medien des Herkunftsstaates berichtet worden ist und ihm seitens der Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates ein mit einer Gefängnisstrafe bedrohtes Fehlverhalten unterstellt werde, kommt in Verbindung mit der vorgelegten Zeitschrift sohin zumindest ein glaubhafter Kern zu.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist ein neues Sachverhaltselement nur dann wesentlich, wenn es für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgeblich erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann und daher die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides zumindest möglich ist (vgl. mwN VwGH 25.10.2018, Ra 2018/07/0353).

Angesichts des Umstandes, dass mit dem verfahrensrelevanten Artikel der vollständige Name sowie ein Foto des BF veröffentlicht wurden und der BF im Artikel mit (strafbaren) oppositionellen Aktivitäten sowie einer Flucht aus dem Gefängnis in Verbindung gebracht wird, kann für den BF eine Gefährdung iSd Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK im Herkunftsstaat nicht ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist auch auf die aktuellen Länderberichte zur Situation in der Demokratischen Republik Kongo hinzuweisen. Demnach bestehen im Herkunftsstaat des BF bedeutende Menschenrechtsprobleme, wie beispielsweise Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen durch die Regierung sowie harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen.

Damit ist nicht gesagt, dass dem BF jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre. Es kann jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass ein inhaltlich anderslautender Bescheid zumindest möglich ist.

3.1.3. Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids, mit welchem der Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, ersatzlos zu beheben. Hat die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen, so ist Sache des Beschwerdeverfahrens – wie bereits ausgeführt – lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Eine erstmalige (inhaltliche) Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag hätte demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschritten.

Aufgrund der Stattgabe der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren ist das Verfahren zugelassen (vgl. § 21 Abs. 3 BFA-VG).

3.2. Zu den Spruchpunkten III. bis VI. des angefochtenen Bescheids:

Infolge der ersatzlosen Behebung der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der übrigen Spruchpunkte nicht vor, sodass auch diese ersatzlos zu beheben waren.

3.3. Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

3.3.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 6a leg. cit. über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

3.3.2. Gegenständlich konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da sich bereits aus der Aktenlage ergeben hat, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Dem Entfall der Verhandlung stehen im Übrigen weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor; die maßgebliche höchstgerichtliche Judikatur wurde in der rechtlichen Beurteilung unter Punkt A) wiedergegeben.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung entschiedene Sache Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W124.2225655.2.01

Im RIS seit

22.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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