Entscheidungsdatum
02.12.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W207 2244773-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , geb. XXXX , als Erwachsenenvertreter, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.07.2021, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stattgegeben.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer ist seit 19.11.1993 Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.). Dies erfolgte letztlich u.a. auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Neurologie vom 02.08.1988, in welchem die Funktionseinschränkung „Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit mittleren Grades“ festgestellt und der Positionsnummer 579 der Richtsatzverordnung mit einem (Einzel-)Grad der Behinderung von 50 v.H. zugeordnet wurde.
Am 07.04.2021 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als „belangte Behörde“ bezeichnet) den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den – auf den Beschwerdeführer zutreffenden – Fall, dass er nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer nebst einer Kopie seines Behindertenpasses ein Konvolut an medizinischen Befunden – betreffend insbesondere Augen-und Nierenleiden – bei.
Die Stellung eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung ist nicht aktenkundig; eine solche Neufestsetzung des Grades der Behinderung hat auch nicht stattgefunden (siehe Aktenvermerk der belangten Behörde vom 20.08.2021).
Die belangte Behörde holte in der Folge jeweils ein Sachverständigengutachten aus den Gebieten der Augenheilkunde und der Allgemeinmedizin sowie eine zusammenfassende Gesamtbeurteilung ein.
Der beigezogene Facharzt für Augenheilkunde führte in seinem Sachverständigengutachten auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung vom 14.06.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.06.2021 – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes aus:
„[…]
Anamnese:
Anamnese:
Zustand nach Operation des grauen Stars; Zustand nach traktiver Netzhautablösung am linken Auge
Vorgutachten vom 2.8.1988
Leiden 1 Herabsetzung der geistigen Leistungsfähigkeit GdB 50%
Derzeitige Beschwerden:
Sehschwäche beidseits
Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:
-
Sozialanamnese:
nicht geprüft
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Krankenhaus-Befund 27.5.2020
HBA1C = 10,4- kein Status
okuläre Vorbehandlungen
anti-VEGF: ou mehrfach
Steroide (Triam, Ozurdex): nein
peripherer ALK: nein
Makulaser nein
Vitrektomie: nein
CAT-OP: nein -- geplant
Endolaser 27.5, OP Storno
Krankenhaus-Befund vom 13.4.2021
Zn ppV linkes Auge; proliferativen diabetischen Retinopathie mit Glasköper Blutung - ppV geplant;
Visus: cc 0,25+2/0,1; vordere Augenabschnitt: HKl beidseits in situ; Fundus: NH beidseits anliegend, schöne Kryo Herde;
OCT: CMÖ bds
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
nicht geprüft
Ernährungszustand:
nicht geprüft
Größe: cm Gewicht: kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Visus:
rechtes Auge: -2,0s = 0,2p
linkes Auge: -2,0 = 0,1
Vordere Augenabschnitte:
BH bds reizfrei, HH glatt, klar, spiegelnd, VK bds tief, Ze-, Ty-, Pupillen: bds RFZ, keine Rubeose, Linsen: HKl beidseits in situ
Hintere Augenabschnitte: bei schlechter Compliance, soweit beurteilbar: Papillen bds randscharf, eher blass; Makulae: trocken, keine Exsudate; beidseits panretinlae LAKO/Kryo Herde, NH bds zirkulär anliegend
Gesamtmobilität - Gangbild:
nicht geprüft
Status Psychicus:
nicht geprüft
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Zustand nach Netzhautablösung links, diabetische Veränderungen der Netzhaut an beiden Augen mit Abfall der zentralen Sehschärfe rechts auf 0,2 und links auf 0,1 ( GdB 70 %, Zeile 5 Spalte 7 der Tabelle, 10 % Linsenzuschlag inklusive)
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
im Vergleich zum Vorgutachten: Aufnahme des Augenleidens
[X] Nachuntersuchung 06/2023 - weil NU in 2 Jahren, da durch BZ Einstellung unter weitere
IVOM Therapie Besserung möglich
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Die objektivierbare Sehminderung erreicht nicht die Ausprägung der hochgradigen Sehbehinderung
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
nicht geprüft
[…]“
Die beigezogene Ärztin für Allgemeinmedizin führte in ihrem Sachverständigengutachten auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung vom 14.06.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.06.2021 – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes aus:
„[…]
Anamnese:
Antragsleiden: Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, Epilepsie, Wasser in den Beinen, Herzkrank, Grauer Star
Siehe auch VGA vom 23.06.1988 Intelligenzminderung 50%
Derzeitige Beschwerden:
Laut Auskunft des Schwagers: „Prinzipiell kann mein Schwager die öffentlichen Verkehrsmittel verwenden, kennt sich auch damit aus. Er versucht auch viele Wege allein zu erledigen. Allerdings ist es so, weil er viele Probleme mit dem Gehen hat, dass es auf jedenfall eine Erleichterung für ihn wäre. Er braucht ungefähr für 500 m eine halbe Stunde. Manchmal ruft er uns auch an und fragt uns nach dem Weg. Epileptische Anfälle hat er keine mehr, diesbezüglich ist er medikamentös gut eingestellt."
Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:
Tresiba 8-0-0IE, Metformin 1000mg, Trucility 1,5mg s.c, Levetiracetam, Rocaltrol, Cal-D- Vita, Thyrex, Sortis, Clopidogrel
Sozialanamnese:
ledig keine Kinder, in Pension, war in einer Lehrwerkstätte, lebt alleine, Hilfhilfe 2 mal in der Woche, sonstige Betreuung durch die Familie, keine Pflegegeld
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Krankenhaus vom 04.04.2021
Aufnahmegrund Hyperglykämie bei DM II
Diagnosen bei Entlassung
DMII mit multiplen Komplikationen
Katarakt, nicht näher bezeichnet
Glaskörperblutung
Ablatio retinae
Pseudohypoparathyreoidismus
manifeste Hypothyreose
Sonstige Hyperlipidämien
Sonstige näher bezeichnete degenerative Krankheiten der Basalganglien (Mb Fahr)
Adipositas + MetS
Chronische Nierenkrankheit, nicht näher bezeichnet
XXX wurde am 13.03.2021 in der hiesgen NFA mit hyperglykamischer Entgleisung bei bekanntem Diabetes Mellitus Typ 2 vorstellig. Der Patient berichtete, dass er wegen einer Sehkraftverminderung nicht mehr Insulin spritzen konnte
Krankenhaus vom 03.07.2020
DMII (LADA?)
-GAD AK2012 min erhöht
Epilepsie
M. Fahr
Chronische Niereninsuffizienz
Pseudohypoparathyreoidismus Typ la
Adipositas
HbA1c (%) 10,3
Blutglukose (mg/dl) 214
Tresiba 50IE-0-0
Metformin 1g 1-0-1
Victoza 1,8mg 1 x1 s.c.
Diamicron 30mg 1-1-1
postprandiale Spitzen bis 446, Schwankungen, 65 -318
Pat berichtet, dass er am Abend mehr isst, eine BOT Plus wird etabliert
Krankenhaus 19.06.2020
schnellwirksames Insulin wird abgelehnt, wird abgelehnt da damals im stationären Setting umgekippt,
stationäre Aufnahme wird weiterhin abgelehnt, XXX wurde darüber aufgeklärt, dass der BZ im ambulanten Setting vermutlich nicht einzustellen ist.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 159,00 cm Gewicht: 94,00 kg Blutdruck: -/-
Klinischer Status - Fachstatus:
53 Jahre
Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Hautbild bland
Caput: Visus: unauffällig, Hörvermögen nicht eingeschränkt
Thorax: Symmetrisch, elastisch,
Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent
Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe
Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,
Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.
Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nacken und Schürzengriff bds möglich, Schürzengriff jedoch etwas erschwert, Faustschluss, Spitzgriff bds möglich. Schultrgelenke endlagig eingeschränkt Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich.
Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. mit Ansützen durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken endlagig eingeschränkt, Sprunggelenke verplumt mit mittel-höheregradiger Bewegungseinschränkung, geringe Ödeme, keine Varikositas
Wirbelsäule: FB 5 cm
Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen endlagig eingeschränkt
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit einem Gehstock, trägt orthopädische Schuhe, Gangbild: langsam
Status Psychicus:
klar, orientiert, Kommunikation ausreichend gut möglich
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Kognitive Leistungseinschränkung
2
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus bei instabiler Stoffwechsellage
3
Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates
4
chronische Niereninsuffizienz
5
Epilepsie unter Medikation anfallsfrei
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Das Augen-ärztliche Leiden wird gesondert berücksichtigt und eingestuft
Hinzukommen der neuen Leiden
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Aufenthalt und Orientierung in öffentlichen Räumen sind trotz Intelligenzminderung möglich und begründen nicht die Unzumutbarkeit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel
Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich.
Die Verwendung eines Gehstockes ist zweckmäßig, sowie das Tragen von Orthopädischen Schuhe, steigert die vermehrte Sicherheit der Gehleistung und erschwert die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht im hohem Maß.
[…]“
In der auf den beiden vorgenannten Gutachten basierenden Gesamtbeurteilung vom 15.06.2021 führte dieselbe Ärztin für Allgemeinmedizin im Wesentlichen Folgendes aus:
„[…]
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Zustand nach Netzhautablösung links, diabetische Veränderungen der Netzhaut an beiden Augen mit Abfall der zentralen Sehschärfe rechts auf 0,2 und links auf 0,1 ( GdB 70 %, Zeile 5 Spalte 7 der Tabelle, 10 % Linsenzuschlag inklusive)
2
Kognitive Leistungseinschränkung
3
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus bei instabiler Stoffwechsellage
4
Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates
5
chronische Niereninsuffizienz
6
Epilepsie unter Medikation anfallsfrei
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hinzukommen der Leiden 1, 3-6
[X] Nachuntersuchung 06/2023 - weil weil NU in 2 Jahren, da durch BZ Einstellung unter
weitere IVOM Therapie Besserung möglich
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Die objektivierbare Sehminderung erreicht nicht die Ausprägung der hochgradigen Sehbehinderung.
Aufenthalt und Orientierung in öffentlichen Räumen sind trotz Intelligenzminderung möglich und begründen nicht die Unzumutbarkeit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel
Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich.
Die Verwendung eines Gehstockes ist zweckmäßig, sowie das Tragen von Orthopädischen Schuhe, steigert die vermehrte Sicherheit der Gehleistung und erschwert die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht im hohem Maß.
[…]“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.06.2021 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und ihm die eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten sowie die Gesamtbeurteilung übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Der Beschwerdeführer brachte am 05.07.2021 eine Stellungnahme ein, worin er im Wesentlichen vorbrachte, dass er nur im Notfall, unter Schmerzen und in Begleitung öffentliche Verkehrsmittel nutzen könne. Er habe zudem weitere Leiden – Ödeme in den Beinen, Plattfüße, Herzprobleme, Atembeschwerde und Übergewicht – die unberücksichtigt geblieben seien. Der Stellungnahme angeschlossen waren weitere Krankenhausbefunde.
In der Folge holte die belangte Behörde von den bereits beigezogenen Sachverständigen zwei weitere Gutachten aufgrund der Aktenlage sowie eine Gesamtbeurteilung vom 13.07.2021 ein. Die Ärztin für Allgemeinmedizin führte in dieser zusammenfassenden Gesamtbeurteilung vom 13.07.2021 Folgendes aus:
„[…]
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Kognitive Leistungseinschränkung
2
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus bei instabiler Stoffwechsellage
3
Zustand nach Netzhautablösung links, diabetische Veränderungen der Netzhaut an beiden Augen; GdB 40% (Z5S4 der Tabelle)
4
Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates
5
chronische Niereninsuffizienz
6
Epilepsie unter Medikation anfallsfrei
7
Pseudohypoparathyreoidismus TypI
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum beanstandeten Gutachten: Besserung des Augenleidens
Hinzukommen von Leiden 7
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Aufenthalt und Orientierung in öffentlichen Räumen sind trotz Intelligenzminderung möglich und begründen nicht die Unzumutbarkeit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen m glich. Die Verwendung eines Gehstockes ist zweckmäßig, sowie das Tragen von Orthopädischen Schuhen, steigert die vermehrte Sicherheit der Gehleistung und erschwert die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht im hohem Maße. Die objektivierbare Sehminderung erreicht nicht die Ausprägung der hochgradigen Sehbehinderung.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein
Gutachterliche Stellungnahme:
siehe oben
[…]“
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 07.04.2021 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien den beigelegten Gutachten, die einen Bestandteil der Begründung bilden, zu entnehmen. Die Einwendungen in der Stellungnahme hätten keine ausreichend relevanten, eine Änderung des Gutachtens bewirkenden Sachverhalte beinhaltet. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden.
Ein formaler bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit E-Mail vom 20.07.2021 ohne Vorlage weiterer Befunde die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte darin begründend im Wesentlichen aus, aufgrund seiner schlechten Verfassung werde er zu allen Terminen von seinen Angehörigen gefahren. Eine gesetzliche Vertretungsbefugnis sei in Planung, da er viele Angelegenheiten nicht selbständig erledigen könne. Die Wechselwirkung seiner Leiden mache einen Parkausweis erforderlich.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dem zugehörigen Verwaltungsakt am 28.07.2021 zur Entscheidung vor.
Mit E-Mail vom 17.08.2021 gab der Schwager und nunmehrige gewählte Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers die am 12.08.2021 errichtete Erwachsenenvertretung bekannt, deren Wirkungsbereich – gemäß der vorgelegten Vereinbarung – u.a. auch die Vertretung im gegenständlichen Verfahren umfasst. Weiters führte er zur Situation des Beschwerdeführers insbesondere aus, dass diesem im Rahmen der ärztlichen Begutachtung im Pflegegeldverfahren ein Rollstuhl oder Rollator empfohlen worden sei, und legte eine entsprechende Verordnung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.08.2021 bei.
Mit E-Mail vom 16.09.2021 legte der Vertreter des Beschwerdeführers neben diversen älteren Befunden auch einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 06.09.2021 betreffend die Gewährung von Pflegegeld der Stufe 1, die Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.08.2021 über den Bedarf nach einer barrierefreien Wohnung sowie die Verordnung eines Rollstuhls vom 02.09.2021 durch einen Facharzt für Orthopädie vor.
Aufgrund des Inhaltes der eingebrachten Beschwerde holte das Bundesverwaltungsgericht ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Orthopädie auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung ein. Nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 21.10.2021 wurde in diesem Sachverständigengutachten vom 29.10.2021 – hier auszugsweise und in anonymisierter Form wiedergegeben – Folgendes ausgeführt:
„[…]
Vorgutachten: Dris. V. und F. 6 und 7/2021.
Vorgelegte, neue orthopädisch/unfallchirurgisch relevante Befunde:
Verordnung für Rollstuhl vom 2.9.2021 nochmals vorgelegt Bestätigung für Pflegestufe 1.
Relevante Anamnese:
Kognitive Beeinträchtigung, instabiler Diabetes, Aufbraucherscheinungen des Bewegungs- und Stützapparates, chronische Niereninsuffzienz, Epilepsie, Pseudohypoparathyreoidismus.
Jetzige Beschwerden:
„Es geht um die Gesamtverfassung. Es gab schon mehrere Stürze, weil das Gangbild unsicher ist. Es bestehen zwar keine besonderen orthopädischen Leiden, aber es müssen orthopädische Schuhe getragen werden. Sicher ist es mit dem Rollator, oft wird im Rollstuhl gefahren."
Medikation:
Metformin, Trulicity, Jardiance, Rocaltrol, Cal-D-Vita, Thyrex, Sortis, Clopidigrel, Tresiba, Augengtt Dexagebta, Acular.
Sozialanamnese:
Ledig, wird von Schwager und dessen Gattin betreut; Erwachsenenvertretung.
Allgemeiner Status:
159 cm grosser und 73 kg schwer in mässigem Allgemein-und gutem Ernährungszustand.
Thorax symmetrisch.
Relevanter Status:
Wirbelsäule im Lot. HWS in R 50-0-50, F 15-0-15, KJA 2 cm, Reklination 12 cm. Normale Brustkyphose, BWS-drehung 30-0-30, FKBA30 cm, Seitneigung bis 10 cm ober Patella.
Obere Extremitäten:
Schultern in S 30-0-120, F 110-0-40, R 50-0-50, Ellbogen 0-0-125, Handgelenke 50-0-50, Faustschluß beidseits möglich.
Nacken- und Kreuzgriff eingeschränkt durchführbar.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke in S 0-0-100, F 30-0-20, Kniegelenke in S 0-0-115, Sprunggelenke 5-0-35.
Gangbild/Mobilität:
Gang in orthopädischen Schuhen ohne Gehbehelfe kleinerschrittig, nach vorne geneigt, mit Anlaufschwierigkeiten; insgesamt ohne Stütze geradeaus möglich, Umdrehen oder zur Seite gehen unkoordiniert und somit nicht sicher. Zehenspitzen- und Fersenstand erschwert möglich.
BEURTEILUNG
Ad1) 1) Kognitive Leistungseinschränkung
2) instabiler Diabetes mellitus
3) Einschränkung des Sehvermögens beidseits
4) generalisierte Erkrankungen des Bewegungs-und Stützapparates
5) chronische Niereninsuffizienz
6) Epilepsie
7) Pseudohypoparathyreoidismus
Ad2) Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.
Alle Gelenke sind stabil und ausreichend beweglich, ein relevantes Muskeldefizit findet sich nicht, auch keine relevante peripherere Nervenschädigung.
Ein relevantes sensomotorisches Defizit der Extremitäten ist weder klinisch erhebbar noch befundmäßig ableitbar.
Beide Arme können in Gebrauchsstellung gebracht werden, alle Gelenke der oberen Extremitäten sind stabil und ausreichend beweglich.
Ad3) Es besteht eine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit.
Der diagnostizierte Pseudohypoparathyreoidismus ist für die kognitive Einschränkung verantwortlich, der angesprochene Morbus Fahr bewirkt eine fortschreitende Demenz und Sprachstörungen:
Es bestehen osteodystrophe Muskelbeschwerden.
Das unsichere Gangbild wird dadurch erklärt.
Die übrigen internen Leiden verstärken die Gesamtkörpereinschränkung.
Ad4) Es liegen, wie unter 3) angeführt, erheblichen Einschränkungen intellektueller Fähigkeiten vor.
Ad5) Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Ad6) Es liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.
Ad7) Die körperliche Belastbarkeit zusammen mit der intellektuellen Einschränkung verhindern das sichere Benützen von ÖVM. Therapeutische Optionen gibt es bei Fortschreiten der Erkrankung eigentlich keine.
Ad8) Die Verordnung eines Rollstuhles zeigt auch die deutlich eingeschränkte Mobilität an.
Ad9) Alle vorgelegten Befunde wurden berücksichtigt.
Ad10) Auch wenn Pflegestufe 1 eher gering ist, würde ich als Hauptargument die zunehmende Verschlechterung der kognitiven und körperlichen Funktionen nennen, basierend auf dem Pseudohypoparathyreoidismus mit seinen Folgen für den ganzen Körper.
Ad11) Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Ad12) Nein.
[…]“
Am 05.11.2021 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde, sohin die Parteien des Verfahrens, vom Bundesverwaltungsgericht telefonisch über das Ergebnis dieser medizinischen Beweisaufnahme informiert. Die Parteien des Verfahrens gaben an, dass keine Einwendungen zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorgebracht werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist seit 19.11.1993 Inhaber eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.
Am 07.04.2021 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden – für das gegenständliche Verfahren betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ – entscheidungsrelevanten Funktionseinschränkungen:
1) Kognitive Leistungseinschränkung
2) instabiler Diabetes mellitus
3) Einschränkung des Sehvermögens beidseits
4) generalisierte Erkrankungen des Bewegungs-und Stützapparates
5) chronische Niereninsuffizienz
6) Epilepsie
7) Pseudohypoparathyreoidismus
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt aufgrund von erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit sowie der intellektuellen Fähigkeiten, die – verstärkt durch die übrigen internen Leiden – das sichere Benützen öffentlicher Verkehrsmittel behindern, nicht zumutbar.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und ihren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Orthopädie vom 29.10.2021 – dieses bezugnehmend auch auf die Vorgutachten aus den Gebieten der Allgemeinmedizin sowie der Augenheilkunde vom Juni und Juli 2021 – der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur gegenständlichen Antragstellung und zum Vorliegen eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.
Die Feststellung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Orthopädie vom 29.10.2021, in dem sich der medizinische Sachverständige auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, der von der belangten Behörde eingeholten – im Verfahrensgang eingehend dargelegten – Sachverständigengutachten aus den Gebieten der Allgemeinmedizin und der Augenheilkunde sowie der vom Beschwerdeführer im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens vorgelegten Befunde umfassend und nachvollziehbar mit der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt hat.
Der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene medizinische Sachverständige für Orthopädie und Unfallchirurgie kommt zum Ergebnis, dass sich infolge der – auch in den Vorgutachten festgestellten – Leiden des Pseudohypoparathyreoidismus sowie Morbus Fahr die kognitiven und körperlichen Funktionen des Beschwerdeführers zunehmend verschlechtern; relevante Therapieoptionen sind bei Fortschreiten der Erkrankung nicht vorhanden. Aufgrund osteodystropher Muskelbeschwerden weist der Beschwerdeführer ein unsicheres Gangbild auf; dies ist auch den Aufzeichnungen des Sachverständigen im Rahmen der Untersuchung des Beschwerdeführers zu entnehmen, denen zufolge der Beschwerdeführer zwar in der Lage war, ohne Stütze geradeaus zu gehen, jedoch beim Umdrehen und Seitwärtsgehen unkoordiniert war und auch Zehenspitzen- und Fersenstand nur erschwert durchführen konnte. Angesichts der Mobilitätseinschränkung ist auch die (zumindest fallweise) Verwendung eines Rollstuhles angezeigt, was die vom Beschwerdeführer vorgelegte Verordnung belegt. Der Sachverständige führte nachvollziehbar aus, dass aufgrund des Zusammenwirkens der maßgeblichen Beeinträchtigungen der körperlichen Belastbarkeit, des Gangbildes und intellektuellen Leistungsfähigkeit – in Zusammenschau mit seinen weiteren, ebenfalls bereits durch die Sachverständige für Allgemeinmedizin festgestellten internen Leiden – die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dem Beschwerdeführer insgesamt nunmehr nicht mehr möglich ist. Dieses fachärztliche Sachverständigengutachten vom29.10.2021 weist auch eine höhere Aktualität auf als die vorangegangenen Vorgutachten – insbesondere die Gesamtbeurteilung der Fachärztin für Allgemeinmedizin vom 13.07.2021, basierend auf dem allgemeinmedizinischen Gutachten vom 10.07.2021 sowie dem ophthalmologischen Gutachten vom 13.07.2021 – auf, zumal es sich, wie vom beigezogenen Sachverständigen für Orthopädie festgestellt, um einen sich verschlechternden Leidenszustand handelt.
Das orthopädische Sachverständigengutachten vom 29.10.2021 blieb von den Parteien des Verfahrens unbestritten; sie gaben telefonisch bekannt, keine Einwendungen zu erheben.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des orthopädischen Sachverständigengutachtens vom 29.10.2021. Dieses Gutachten wird sohin in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Der Vollständigkeit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2020 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung und auch nicht die Frage der Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten auszugsweise:
„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
[...]
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
[…]
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
„§ 1 [...]
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)[...]
b)[...]
[...]
2. [...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)[...]"
In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend – Folgendes ausgeführt:
„§ 1 Abs. 2 Z 3:
[...]
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
[...]
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwa