Entscheidungsdatum
02.12.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W166 2239388-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.01.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 07.10.2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) beim Sozialministeriumservice (in weiterer Folge: belangte Behörde), und legte diverse medizinische Beweismittel vor.
Im Antragsformular ist vermerkt, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass bzw. auf Ausstellung eines Behindertenpasses gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses ist bzw. darin noch nicht die eben genannte Zusatzeintragung angeführt ist.
In dem von der belangten Behörde daraufhin eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.12.2020, nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, wurde Nachfolgendes ausgeführt:
„Anamnese:
Kein Vorgutachten aufliegend
Hämorrhoidenoperation
2018-9 Operation wegen eines entzündlichen Pankreas Kopf Tumors bei chronisch kalzifizierender Pankreatitis
2019-5 Dünndarmileus
Diabetes mellitus seit 2018-9 bekannt, letzter BZ 268 mg% heute, letzte HbA1c nicht erinnerlich. Insulin nach Bedarf und diätisch eingestellt.
Chronische Pankreatitis bei Zustand nach Alkohol seit ca. 2000, jetzt unter Diät weitgehend beschwerdefrei. Bei fettem Essen oder Alkohol bekomme er Bauchkrämpfe.
Derzeitige Beschwerden:
Der Antragswerber klagt „über Stuhlschwierigkeiten und immer wieder kommende Bauchschmerzen. Wenn er ein bisschen in Bewegung sei gehe es halbwegs, aber wenn er lange sitzen müsse sei es ein Horror. Bei körperliche Anstrengung bekomme er
Rückenschmerzen. Von einer Herzerkrankung wisse er nichts. Es habe sich herausgestellt, dass es in Ordnung sei.“
Novalgin Allergie bekannt1
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.
Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Toujeo, Adamon, Kreon, Novorapid, Pantoprazol, Thrombo Ass
Sozialanamnese:
seit ca. 3,5 Jahren bei der Firma XXXX als XXXX bei der XXXX beschäftigt, kein relevanter Krankenstand, 2. X verheiratet seit ca. 11 Jahr, eine erw. Tochter.
wohnt in einer Gemeindewohnung im 2. Stock mit Lift, einige Stufen sind zu überwinden.
Kein Pflegegeld
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2020-1 Krankenhaus XXXX , Endokrinologie:
Hyperglykämische Entgleisung bei pankreoprivem Diabetes mellitus, ED 9/2018, BZ 326mg/dl, HbA1c
9,2 %
Abdominalgie
Chronische Pankreatitis
Z.n. Duodenum-erhaltender Pankreaskopfresektion und CHE 9/2018
KHK (CT-Befund)
Z.n. elektive Koronarangiographie 2011
Schilddrüsenknoten rechts 35x22 cm
Lungenemphysem
Hiatushernie
Multisegmentale Spondylosis deformans thoracalis
Z.n. Adhäsiolyse bei Dünndarmileus 4/2019
Z.n. C2H50H Abusus
Chronischer Nikotinabusus
Z.n. Hämorrhoiden OP
2019-5 LKH Horn, Chirurgie:
? Dünndarmileus bei Z.n. OP nach Frey bei chron. Pankreatitis im Sept. 2018 im KH XXXX
? Hypercholesterinämie
? Diab. mell.
? St.p. Alkoholabusus
? Nikotinabusus
? Z.n. CHE
Laparotomie, Adhäsiolyse am 21.04.2019
2018-9 Krankenhaus XXXX , Chir.: Operation wegen eines entzündlichen Pankreas Kopf Tumors bei chronisch kalzifizierender Pankreatitis
2017-5 Dr. XXXX , Neurologie, NLG: Deutlich ausgeprägte, axonale Polyneuropathie
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
54 jähriger AW in gutem AZ kommt
alleine ins Untersuchungszimmer
Rechtshänder
Ernährungszustand:
gut
Größe: 183,00 cm Gewicht: 73,00 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status – Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose, multiple Tätowierungen
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal
PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiß: saniert,
Gebiß: prothetisch,
Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch,
Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,
blande NVH nach medianer LAP und Rippenbogenschnitt beidseits,
NL bds. frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig.
Nacken und Schürzengriff gut möglich,
in den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich, Faustschluss beidseits unauffällig
eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben
Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität,
keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme
PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 10 cm, Aufrichten frei,
kein Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig,
altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität – Gangbild:
kommt mit Halbschuhen frei gehend unauffällig, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits gut möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten nahezu vollständig durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Bewußtsein klar.
gut kontaktfähig, Allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten;
keine produktive oder psychotische Symptomatik,
Antrieb unauffällig, Affekt: dysthym
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
pankreopriver Diabetes mellitus, ED 9/2018
Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da funktionelle Diabetestherapie
09.02.02
40
2
Chronische Pankreatitis nach Duodenum-erhaltender Pankreaskopfresektion und Gallenblasenentfernung 9/2018
Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da substituiert
07.07.01
20
3
axonale Polyneuropathie
Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine maßgeblichen motorischen Ausfälle
04.06.01
20
4
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine maßgeblichen Funktionseinschränkungen oder radikuläre Ausfälle
02.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
die führende funktionellen Einschränkung 1 wird um insgesamt 1 Stufe erhöht, da durch ungünstiges Zusammenwirken von Leiden 2 und 3 eine relevante, zusätzliche Einschränkung gegeben ist.
Leiden 4 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
(…)
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegt kein maßgeblich herabgesetzter Allgemeinzustand, keine maßgebliche Einschränkung des Gangbilds, der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit und eine damit einhergehende Mobilitätseinschränkung vor, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren würde.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.“
Im Rahmen des dem Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde zum eingeholten ärztlichen Gutachten gewährten Parteiengehör erstattete der Beschwerdeführer keine Stellungnahme.
Am 26.01.2021 wurde seitens der belangten Behörde der Behindertenpass an den Beschwerdeführer übermittelt.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 26.01.2021 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. In der Begründung stützte sich die belangte auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 15.12.2020.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.02.2021 das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, er müsse sich vier bis fünfmal täglich Insulin und jeden Abend 12 Einheiten Langzeitinsulin spritzen, weswegen er öffentliche Verkehrsmittel meide. Außerdem habe er jeden Tag Bauchschmerzen und ziehe zeitweise seinen linken Fuß immer öfters nach. Der Sachverständige habe seine mitgebrachten Befunde nicht wirklich angeschaut und die Schwere der durchgeführten Operationen falsch eingeschätzt.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 08.02.2021 vorgelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht holte ein Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.06.2021, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.04.2021, ein. Die fachärztliche Sachverständige führte darin aus wie folgt:
„SACHVERHALT:
Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 26.01.2021 mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.
Im Beschwerdevorbringen des BF vom 4.2.2021, Abl. 28, wird eingewendet, dass er öffentliche Verkehrsmittel vermeide, da er Insulin spritzen müsse. Bei
Menschenansammlungen wie in öffentlichen Verkehrsmitteln bekomme er ein Engegefühl und Schweißausbrüche. Er benötige sein Kfz. Er sei schlecht einstellbar und müsse 4 bis 5 x täglich Insulin spritzen, abends Langzeitinsulin.
Er habe Bauchschmerzen, trinke keinen Alkohol mehr und meide fettes Essen
Den linken Fuß ziehe er immer wieder nach und die Kraft verlasse ihn in den Füßen.
Vorgeschichte:
Hämorrhoidenoperation
Koronare Herzkrankheit, CAG 2011
Schilddrüsenknoten
Pankreopriver Diabetes mellitus Erstdiagnose 9/2018, insulinpflichtig
XXXX W166 1/2020 hyperglykämische Entgleisung chronische Pankreatitis, Zustand n. Pankreaskopfresektion CHE 9/2018
Zwischenanamnese seit 12/2020:
Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt.
Befunde:
Abl. 15 bis 18 Bericht Krankenhaus XXXX . 1. 2020 (hyperglykämische Entgleisung bei pankreoprivem Diabetes mellitus Erstdiagnose 9/2018, chronische Pankreatitis, Zustand
n. Pankreaskopfresektion CHE 9/2018, koronare Herzkrankheit, CAG 2011, Schilddrüsenknoten, Lungenemphysem, Hiatushernie, Spondylosis deformans,
Dünndarmileus 4/2019)
Abl. 14 Attest Dr. XXXX Arzt für Allgemeinmedizin 13. 5. 2020 (Diabetes mellitus Typ Il mit regelmäßig erhöhtem HbA1c über 8,5 0/0, mit Endorganschäden trotz Insulintherapie über
9,5 0/0)
Abl. 13 Labor 12. 12. 2019 (keine relevante Normabweichung)
Abl. 12 Kurzarztbrief Chirurgie I. 5. 2019 (Dünndarmileus bei Zustand nach Operation nach
Frey bei chronischer Pankreatitis, Laparotomie, Adhäsiolyse)
Abl. 8-11 Bericht Krankenhaus XXXX . chirurgische Abteilung 14. 9. 2018 (Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion)
Abl. 7 Neurophysiologische Befund 16. 5. 2017 (deutlich ausgeprägte axonale
Polyneuropathie)
Sozialanamnese: verheiratet, eine Tochter, lebt in Wohnung im 2. Stockwerk mit Lift
Berufsanamnese: XXXX
Medikamente: Toujeo, Adamon long, Kreon, NovoRapid, Pantoprazol, ThromboASS
Allergien: Novalgin
Nikotin: 15-20
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , 1020
Derzeitige Beschwerden:
Habe immer wieder Bauchschmerzen, kolikartig, und benötige immer wieder ärztliche Behandlungen. Ich kann etwa 3 Tage arbeiten, dann habe ich wieder Schmerzen.
Schmerzmittel nehme ich täglich, auch Abführmittel. Der Stuhl ist normal. Das Gewicht ist konstant. Ich kann etwa 300 m gehen, dann kann ich wegen Schmerzen nicht weitergehen. Habe einen Leistenbruch. Wenn ich Bauchkrämpfe habe, nehme ich Mexalen oder Tramal oder Buscopan.
Hergekommen bin ich mit dem Auto, wurde gebracht."
STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 183 cm, Gewicht 73-75 kg, Alter: 54 Jahre
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: weich, epigastrisch geringgradig Druckschmerzen, keine Blähungen, klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, Narbe median und Rippenbogenrand rechts
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe
Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich des linken Unterschenkels außenseitig über der Wade und im Bereich des linken Vorfußes über dem Fußrücken als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte
Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig
Hartspann, geringgradig Klopfschmerz über der Wirbelsäule.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 15 cm, in allen Ebenen frei beweglich
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität — Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild hinkfrei und unauffällig Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig Stimmungslage ausgeglichen.
STELLUNGNAHME:
Diagnosenliste
1. Diabetes mellitus, insulinpflichtig
2. chronische Pankreatitis, Zustand nach Pankreaskopfresektion und Gallenblasenentfernung
3. Polyneuropathiesyndrom
4. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
Zustand nach Hämorrhoidenoperation stellt kein behinderungsrelevantes Leiden dar. Koronare Herzkrankheit, CAG 2011: eine maßgebliche Einschränkung der Herzleistung ist nicht durch aktuelle Befunde belegt
Schilddrüsenknoten: euthyreote Stoffwechsellage, daher keine Relevanz
Leistenbruch: incipiente Vorwölbung, daher keine Relevanz
ad 1) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren/oberen
Extremitäten vor?
Nein. Es konnte keine relevante Funktionseinschränkung im Bereich der oberen und unteren Extremitäten festgestellt werden, sämtliche Gelenke sind frei beweglich, insbesondere wird auf das Gangbild verwiesen. Die Polyneuropathie führt zu keiner relevanten Gangbildbeeinträchtigung.
ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Nein. Es konnte ein guter Allgemeinzustand und Ernährungszustand festgestellt werden, eine kardiopulmonale Funktionseinschränkungen ist nicht objektivierbar. Rezidivierende Krämpfe im Bauchraum führen zu keiner maßgeblichen anhaltenden Beeinträchtigung der körperlichen Belastbarkeit.
ad 3) Stellungnahme zu Beschwerdevorbringen und allfälligen Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, insbesondere in Zusammenhang mit
Insulininjektionen und Schwäche und Kraftverlust in den Füßen.
Die Verabreichung von Insulininjektionen ist zeitlich berechenbar und kann so abgestimmt werden, dass das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel dadurch nicht verunmöglicht wird. Subjektive Schwäche und Kraftverlust in den Füßen ist nicht durch objektive Befunde belegt und im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht objektivierbar, und führt jedenfalls nicht zu einer erheblichen Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung oder erheblichen Erschwernis beim Überwinden von Niveauunterschieden.
ad 4) Aus dem aktuellen Untersuchungsergebnis unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde ergibt sich keine abweichende Beurteilung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung.
Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:
Befund Schilddrüsenambulanz 4. 1. 2021 (Bekannter Knoten in der Schilddrüse, euthyreot)
Labor vom 4. 1. 2021 (HbA1c 8,8 0/0)
Sonografie Abdomen 2. 4. 2021 (bekannte kalzifizierende Pancreatitis, Duodenum proximal verwandt verbreitert, eventuell endoskopische Abklärung, Zustand nach CHE, incipiente Inguinalhernie rechts)
Labor vom 242021 (CRP 78,5, Leukozytose 12,0)
Die nachgereichten Befunde führen zu keiner Änderung der getroffenen Beurteilung.“
Mit Schreiben vom 23.07.2021 wurden dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben. Es wurden keine Stellungnahmen eingebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Der Beschwerdeführer leidet aktuell an den dauerhaften Funktionseinschränkungen Diabetes mellitus, insulinpflichtig, chronische Pankreatitis, Zustand nach Pankreaskopfresektion und Gallenblasenentfernung, Polyneuropathiesyndrom und Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.
Beim Beschwerdeführer liegen keine relevanten Funktionseinschränkungen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vor. Sämtliche Gelenke sind frei beweglich.
Das Gangbild ist unauffällig und hinkfrei, der freie Stand ist sicher möglich. Die Polyneuropathie führt zu keiner relevanten Gangbildbeeinträchtigung. Der Beschwerdeführer verwendet keine Hilfsmittel.
Eine subjektive Schwäche und Kraftverlust in den Füßen ist nicht objektivierbar.
Dem Beschwerdeführer ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke im Ausmaß von zumindest 300 bis 400 Meter selbständig und ohne Hilfsmittel möglich.
Im Zusammenhang mit der insulinpflichtigen Diabetes Mellitus Erkrankung ist die Verabreichung von Insulininjektionen zeitlich berechenbar und abstimmbar.
Rezidivierende Krämpfe im Bauchraum führen zu keiner maßgeblichen anhaltenden Beeinträchtigung.
Eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung ist nicht objektivierbar.
Es liegen keine maßgeblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder schwere Erkrankungen des Immunsystems vor.
Beim Beschwerdeführer liegt ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vor.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.
Der Verwaltungsakt samt der Beschwerde ist am 08.02.2021 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Der Beschwerdeführer hat anlässlich der persönlichen Untersuchung am 22.04.2021 medizinische Beweismittel vom 04.01.2021 und vom 02.04.2021 vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Besitz des Behindertenpasses ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus den medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.12.2020 und einer Ärztin für Allgemeinmedizin sowie Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie vom 30.06.2021, jeweils basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers.
In den ärztlichen Sachverständigengutachten wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig – unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde und der persönlichen Untersuchungen – auf die Leiden und deren Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel eingegangen.
Die ho. erst am 22.04.2021 anlässlich der persönlichen Untersuchung nachgereichten Befunde konnten nicht berücksichtigt werden, da in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen (siehe dazu auch unter Punkt 3. Rechtliche Beurteilung). Selbst wenn diese vorgelegten medizinischen Beweismittel berücksichtigt hätten werden können, wurde seitens der fachärztlichen Sachverständigen festgestellt, dass sie zu keiner Änderung der getroffenen Beurteilung geführt hätten.
In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, er sei hinsichtlich seines Diabetes mellitus schlecht einstellbar und müsse sich vier bis fünfmal täglich Insulin spritzen. Auch müsse er sich jeden Abend 12 Einheiten Langzeitinsulin spritzen. Dies sei ihm unangenehm und daher meide er die öffentlichen Verkehrsmittel.
Die ärztliche Sachverständige führte in ihrem Gutachten vom 30.06.2021 dazu aus, dass beim Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der insulinpflichtigen Diabetes mellitus Erkrankung die Verabreichung von Insulininjektionen zeitlich berechenbar sei und auch abgestimmt werden könne, sodass das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel dadurch nicht verunmöglicht wird.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde und im Rahmen seiner persönlichen Untersuchungen am 15.12.2020 und am 22.04.2021 er habe immer wieder kommende Bauchschmerzen bzw. Bauchkrämpfe sowie Stuhlschwierigkeiten, führte die ärztliche Sachverständige im Gutachten vom 30.06.2021 aus, rezidivierende Krämpfe im Bauchraum führen zu keinen maßgeblich anhaltenden Beeinträchtigungen der körperlichen Belastbarkeit. Beim Beschwerdeführer liegt ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vor. Der Beschwerdeführer selbst gab anlässlich der persönlichen Untersuchung am 22.04.2021 an, der Stuhl sei normal, das Gewicht sei konstant.
In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer weiters vor, er müsse den linken Fuß immer öfters hinten nachziehen, und daher würde ihn die Kraft in den Füßen verlassen. Dazu wurde im ärztlichen Sachverständigengutachten ausgeführt, dass subjektive Schwäche und Kraftverlust in den Füßen nicht durch objektive Befunde belegt ist, und im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht objektiviert werden konnte. Es liegt beim Beschwerdeführer keine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung und auch keine erhebliche Erschwernis beim Überwinden von Niveauunterschieden vor. Anlässlich der persönlichen Untersuchung am 22.04.2021 hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, er könne 300 Meter gehen.
Es konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung keine relevanten Funktionseinschränkungen im Bereich der oberen und unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule festgestellt werden. Sämtliche Gelenke des Beschwerdeführers sind frei beweglich, das Gangbild und der freie Stand sind sicher, und auch die Polyneuropathie führt zu keiner relevanten Gangbildbeeinträchtigung. Kardiopulmonale Funktionseinschränkungen konnten nicht objektiviert werden.
Vom Beschwerdeführer wurden im Rahmen der Beschwerde keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten.
Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen in den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien. Zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Unfallchirurgie/Orthopädie und Allgemeinmedizin vom 30.06.2021 hat der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm dazu gewährten Parteiengehörs keine Stellungnahme abgegeben.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der Verwaltungsbehörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 15.12.2020 sowie des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.06.2021 und diese werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 46 BBG letzter Satz dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungs-gericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. Da die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 08.02.2021 vorgelegt worden ist, waren die vom Beschwerdeführer anlässlich der persönlichen Untersuchung am 22.04.2021 nachgereichten medizinischen nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.
Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
[...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden aus ärztlicher Sicht anlässlich der persönlichen Untersuchungen am 15.12.2020 und am 22.04.2021 überprüft und - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke, aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe, ohne Pause zurücklegen kann.
Da unter Zugrundelegung der gegenständlichen Sachverständigengutachten, die vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurden, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass beim Beschwerdeführer keine maßgeblichen Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule und keine erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit gegeben sind, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen. Des Weiteren konnte beim Beschwerdeführer auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgesehen ist.
Der Beschwerdeführer ist den Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurden zur Klärung des Sachverhaltes ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt und der Beschwerdeführer wurde persönlich untersucht. Das Gangbild des Beschwerdeführers wurde in den ärztlichen Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 und vom 30.06.2021 ausreichend dokumentiert und es erscheint schlüssig, wenn die Sachverständigen darin zum Ergebnis gekommen sind, dass dem Beschwerdeführer das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Meter selbständig möglich ist. Das Be