TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/6 W250 2248863-1

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Veröffentlicht am 06.12.2021
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Entscheidungsdatum

06.12.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W250 2248863-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Libyen, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 04.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem er bereits am 15.06.2017 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden war. Der BF behauptete minderjährig zu sein. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 12.04.2018 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 – AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass Italien für die Prüfung des Antrages zuständig ist. Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet. Dieser Bescheid erwuchs in erster Instanz in Rechtskraft, der BF wurde am 04.05.2018 nach Italien überstellt.

2. Am 20.11.2021 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet aufgegriffen, wobei sich der BF mit einem gefälschten italienischen Personalausweis auswies. Der BF wurde festgenommen und stellte am 21.11.2021 im Stande der Anhaltung einen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Am 21.11.2021 fand die Erstbefragung des BF statt, bei der er angab, dass er am XXXX geboren sei, aber auch das Jahr XXXX als sein Geburtsjahr nannte. Auf die Frage, ob er Familienangehörige in Österreich, in einem anderen EU-Staat oder in der Heimat habe, gab er an, dass in Libyen seine Schwester lebe und er in Frankreich einen Bruder habe. An Barmittel verfüge er über ca. EUR 220,--, gesundheitliche Beschwerden habe er keine und nehme auch keine Medikamente ein. Er habe sich in den Jahren 2017 und 2018 in Italien, von Juli 2018 bis November 2018 in den Niederlanden, von November 2018 bis Jänner 2021 in Italien, im Jänner 2021 für fünf Tage in Deutschland und anschließend bis 16. November 2021 in Italien aufgehalten. In der Schweiz habe er sich aufgehalten, bevor er das erste Mal nach Österreich eingereist sei, er sei durch die Schweiz jedoch nur durchgereist.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.11.2021 wurde gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Überstellungsverfahrens über den BF angeordnet. Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 2, 3, 6 lit a und c und Z. 9 FPG von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen sei. Der BF sei nach seiner widerrechtlichen Einreise am 16.11.2021 nicht mit den Behörden in Kontakt getreten und habe ab diesem Zeitpunkt auch keinen Asylantrag gestellt. Am 20.11.2021 habe er versucht, bei einer Polizeikontrolle mit einer gefälschten italienischen ID-Karte über seine Identität zu täuschen. Der BF sei entgegen den von Italien sowie den Niederlanden erlassenen und schengenweit gültigen Einreiseverboten nach Österreich eingereist. Der BF habe bereits im Jahr 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt, wobei sich der BF zwei Mal dem Verfahren entzogen habe. Auch in den Mitgliedstaaten habe sich der BF seinen Asylverfahren entzogen. Auf Grund der vom BF bisher im Bereich der Mitgliedstaaten gestellten Anträge auf internationalen Schutz sei davon auszugehen, dass ein anderer Mitgliedstaat zur Prüfung des Asylantrages des BF zuständig sei. Da der BF am 21.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz erst gestellt habe, nachdem er erkennungsdienstlich behandelt worden sei und ihm bewusst geworden sei, dass seine bisher erfassten Identitätsdaten und sein Status bekannt seien, habe er diesen Antrag nur gestellt, um aus der Anhaltung entlassen zu werden. Aus den Eurodac-Treffern ergebe sich auf Grund der zeitlichen und örtlichen Zusammenhänge, dass der BF den Ausgang eines Asylverfahrens nicht abwarte, sondern in einen anderen Mitgliedstaat weiterreise. In Österreich liege auch keine soziale Verankerung vor. Die Entscheidung sei daher auch verhältnismäßig und könne mit der Anordnung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden, da sich der BF ab dem Zeitpunkt seiner Einreise im Verborgenen aufgehalten habe und nicht aus eigenem mit der Behörde in Kontakt getreten sei.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 21.11.2021 zugestellt.

5. Am 01.12.2021 erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 21.11.2021 und brachte insbesondere vor, dass keine erhebliche Fluchtgefahr vorliege, da der BF sein Asylverfahren in Österreich abwarten wolle. Der BF verfüge in Österreich über soziale Anknüpfungspunkte, da sich zwei seiner Cousins und deren Lebensgefährtinnen, zu denen der BF einen guten Kontakt habe, in Österreich befänden. Der BF könne bei diesen bis zu seiner Außerlandesbringung wohnen und könne er von diesen finanziell unterstützt werden. Der BF habe den Antrag auf internationalen Schutz nicht erst nach seiner erkennungsdienstlichen Behandlung, sondern bereits bei seiner Festnahme gestellt. Soweit ihm vorgehalten werde, dass er im Rahmen des ersten Asylverfahrens in Österreich zwei Mal untergetaucht sei, so führe der BF aus, dass er sich damals von seinen Freunden habe mitreißen lassen. Dies würde ihm heute nicht mehr passieren, da er erwachsener geworden sei. Er wolle sein Asylverfahren in Österreich jedenfalls abwarten. Da der BF die Möglichkeit habe, bei seinen Cousins Unterkunft zu nehmen, sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein gelinderes Mittel nicht in Frage komme.

Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt sei, auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft nicht vorliegen und die belangte Behörde zum Kostenersatz zu verpflichten.

6. Das Bundesamt legte am 02.12.2021 den Verwaltungsakt vor und gab dazu eine Stellungnahme ab, in der zum Konsultationsverfahren mitgeteilt wurde, dass Italien eine Übernahme des BF abgelehnt habe, da inzwischen die Niederlande zuständig seien. Italien habe 2018 einem Rückübernahmeansuchen der niederländischen Behörden zugestimmt, da eine Rückführung in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erfolgt sei, sei die Zuständigkeit auf die Niederlande übergegangen. Am 30.11.2021 sei das Konsultationsverfahren mit den niederländischen Behörden eingeleitet worden.

Das Bundesamt beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und den BF zum Kostenersatz für den Vorlage- und den Verhandlungsaufwand zu verpflichten.

7. Die Stellungnahme des Bundesamtes wurde im Rahmen des Parteiengehörs dem BF zugestellt, der sich innerhalb der eingeräumten Frist dazu nicht äußerte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

Der unter I.1. bis I.7. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF ist volljährig und gibt an ein Staatsangehöriger Libyens zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.03.2018 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z. 2 Suchmittelgesetz – SMG und wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall, Abs. 4 Z. 2 SMG zur einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, wovon ein Teil von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Taten hat der BF im Zeitraum von 25.08.2017 bis 23.11.2017 begangen.

2.3. Der BF ist gesund und nimmt keine Medikamente ein.

2.4. Der BF wird seit 21.11.2021 in Schubhaft angehalten.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Der BF hat am 04.07.2017 in Österreich, am 04.07.2018 in der Schweiz, am 15.07.2018 sowie am 17.11.2020 in den Niederlanden und am 15.01.2021 in Deutschland Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Italien hat die Übernahme des BF mit der Begründung abgelehnt, dass die Niederlande für das Verfahren des BF zuständig seien. Das Bundesamt hat am 30.11.2021 ein Wiederaufnahmeersuchen an die niederländische Dublin-Behörde übermittelt.

3.2. Der BF hat sich seinem Verfahren auf Grund des Antrags auf internationalen Schutz vom 04.07.2017 zwei Mal entzogen. In diesem Verfahren behauptete der BF minderjährig zu sein, obwohl er tatsächlich bereits volljährig war. Am 04.05.2018 wurde der BF nach Italien überstellt.

3.3. Italien stimmte am 05.10.2018 einem Wiederaufnahmegesuch der niederländischen Dublin-Behörde zu, die Überstellung des BF konnte jedoch innerhalb von 18 Monaten nicht durchgeführt werden.

3.4. Gegen den BF liegen ein von Italien im Mai 2018 erlassenes und bis 14.04.2024 gültiges sowie ein von den Niederlanden im Jänner 2021 erlassenes und bis 20.01.2023 gültiges Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot im Schengener Gebiet vor. Trotz dieser Einreise- bzw. Aufenthaltsverbote reiste der BF am 16.11.2021 nach Österreich ein.

3.5. Der BF tauchte nach seiner Einreise nach Österreich unter. Er wies sich am 20.11.2021 gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit einem gefälschten italienischen Personalausweis aus.

3.6. Der BF stellte am 21.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz zu einem Zeitpunkt, als er bereits im Stande der Festnahme angehalten wurde. Im Rahmen der Erstbefragung gab der BF unterschiedliche Geburtsdaten an und verschwieg, dass er in der Schweiz, in den Niederlanden und in Deutschland Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat. Der BF entzog sich in der Schweiz und in Deutschland seinen Asylverfahren und in den Niederlanden seiner Überstellung nach Italien.

3.7. In Österreich leben zwei Cousins des BF mit deren Lebensgefährtinnen. Der BF könnte bei seinen Cousins wohnen und von diesen finanziell unterstützt werden. Über weitere familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte verfügt der BF in Österreich nicht. Er geht keiner legalen Beschäftigung nach und verfügt über kein Vermögen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes und den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes und dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichtes. Diesen Feststellungen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

2. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Die Identität des BF steht nicht fest, da er bisher keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt hat. Aus den vom BF nunmehr genannten Geburtsdaten ergibt sich, dass er volljährig ist. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, finden sich im Verwaltungsakt ebensowenig wie dafür, dass er Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist. Sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde rechtskräftig zurückgewiesen, über den am 21.11.2021 gestellten Asylantrag wurde bisher nicht entschieden.

2.2. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF beruhen auf der vom Bundesamt übermittelten Urteilsausfertigung.

2.3. Hinweise auf eine Erkrankung des BF sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Insbesondere gab der BF bei seiner Erstbefragung am 21.11.2021 an, dass er an keinen Krankheiten leide, die der Einvernahme bzw. dem Verfahren entgegenstünden, und dass er keine Medikamente einnehme. Anhaltspunkte für gesundheitliche Beschwerden des BF können auch der Anhaltedatei nicht entnommen werden und wurden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. In der Anhaltedatei ist hinsichtlich des Gesundheitszustandes des BF vermerkt, dass er sich am 26.11.2021 eine Rissquetschwunde am Kopf zugezogen hat, da er in seinem Haftraum tobte. Diesbezüglich wurde der BF in einem Krankenhaus versorgt. Insgesamt konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF gesund ist, keine Medikamente einnimmt und haftfähig ist.

2.4. Dass der BF seit 21.11.2021 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Eintragungen in der Anhaltedatei.

3. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

3.1. Die Feststellungen zu den vom BF in den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz und in Österreich gestellten Anträgen auf internationalen Schutz beruhen auf den im Zentralen Fremdenregister vermerkten Daten der Eurodac-Treffer. Die Feststellungen zu den mit Italien und den Niederlanden geführten Konsultationsverfahren beruhen auf den diesbezüglichen Dokumenten im Verwaltungsakt, insbesondere der Antwort der italienischen Dublin-Behörde vom 30.11.2021 auf das Aufnahmegesuch des Bundesamtes sowie dem am 30.11.2021 an die Niederlande übermittelten Aufnahmegesuch.

3.2. Dass sich der BF seinem Asylverfahren in Österreich auf Grund des Antrages vom 04.07.2017 zwei Mal entzogen hat, ergibt sich daraus, dass das Bundesamt dieses Verfahren mit Aktenvermerken vom 27.09.2017 und 08.11.2017 eingestellt hat, da der BF die Unterkunft der Betreuungseinrichtung ohne Angabe einer weiteren Anschrift verlassen hat und keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet vorlag. Dass er sich seinem ersten Asylverfahren in Österreich entzogen hat, räumt der BF auch in seiner Beschwerde ein. In seinem ersten Asylverfahren gab der BF entsprechend dem in diesem Verfahren ergangenen Bescheid des Bundesamtes vom 12.04.2018 an, minderjährig zu sein. Im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Altersfeststellung wurde festgestellt, dass der BF tatsächlich bereits volljährig war. Auch aus den nunmehr vom BF genannten Geburtsdaten ergibt sich, dass er zum Zeitpunkt seiner Antragstellung im Jahr 2017 bereits volljährig war. Dass der BF am 04.05.2018 nach Italien überstellt wurde ergibt sich insbesondere aus dem vom Bundesamt diesbezüglich vorgelegten Abschiebebericht.

3.3. Dass Italien am 05.10.2018 einem Wiederaufnahmegesuch der niederländischen Dublin-Behörde zustimmte, die Überstellung des BF jedoch innerhalb von 18 Monaten nicht durchgeführt werden konnte ergibt, sich aus der Antwort der italienischen Dublin-Behörde vom 30.11.2021 im Konsultationsverfahren.

3.4. Die Feststellungen zu den gegen den BF vorliegenden und schengenweit gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltsverboten beruhen auf den diesbezüglichen Eintragungen im Schengener Informationssystem.

3.5. Da der BF im Zuge seiner Erstbefragung am 21.11.2021 angab, am 16.11.2021 nach Österreich eingereist zu sein und weder eine Meldeadresse im Zentralen Melderegister aufscheint noch sonst Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er sich bei der Fremdenbehörde gemeldet hat, konnte die Feststellung getroffen werden, dass der BF nach seiner Einreise untergetaucht ist. Er hat sich damit einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entzogen. Dass er sich mit einem gefälschten italienischen Personalausweis gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auswies ergibt sich aus dem Anhalteprotokoll einer Landespolizeidirektion vom 20.11.2021.

3.6. Dass der BF einen Antrag auf internationalen Schutz erst stellte, als er bereits von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen worden war, ergibt sich daraus, dass er entsprechend dem Anhalteprotokoll am 20.11.2021 um 20.00 Uhr festgenommen wurde und er den Antrag auf internationalen Schutz am 21.11.2021 um 10.00 Uhr gestellt hat. Aus dem Protokoll der Erstbefragung ergibt sich, dass der BF unterschiedliche Geburtsdaten – insbesondere das Geburtsjahr betreffend – machte und die Frage, ob er in den von ihm bereisten Mitgliedstaaten Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat, verneinte. Dass sich der BF in der Schweiz seinem Asylverfahren entzogen hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF am 04.07.2018 in der Schweiz und bereits wenige Tage später am 15.07.2018 in den Niederlanden Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat. In Deutschland stellte der BF am 15.01.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, hat sich im Jänner 2021 entsprechend seiner Angaben im Rahmen der Erstbefragung jedoch nur fünf Tage in Deutschland aufgehalten. Dass er sich in den Niederlanden der Überstellung nach Italien entzogen hat, ergibt sich aus der Mitteilung Italiens im Konsultationsverfahren, dass es nicht möglich war, den BF trotz erstreckter Frist innerhalb von 18 Monaten nach Italien zu überstellen.

3.7. Die Feststellungen zu den familiären Anknüpfungspunkten des BF in Österreich beruhen auf seinen Angaben in der Beschwerde. Dass er weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt noch über Vermögen verfügt, beruht auf seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

„Fluchtgefahr“ definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von erheblicher Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Überstellung des BF angeordnet. Mit einer Überstellung des BF war im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft insofern zu rechnen, als er bereits im Jahr 2018 nach Italien überstellt worden war. Italien hat mit Schreiben vom 30.11.2021 zwar die Übernahme des BF abgelehnt, führte dazu aber ergänzend aus, dass die Niederlande für das Asylverfahren des BF zuständig seien, da eine Überstellung des BF aus den Niederlanden nach Italien innerhalb der erstreckten Frist von 18 Monaten gescheitert sei. Das Bundesamt geht daher berechtigt davon aus, dass der BF entsprechend der Dublin-III-VO in einen anderen Mitgliedstaat überstellt werden kann.

3.1.5. Das Bundesamt geht auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 2, 3, 6 lit. a und c sowie Z. 9 FPG vom Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr aus.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF ist unmittelbar nach seiner Einreise nach Österreich am 16.11.2021 untergetaucht. Er hat sich weder nach den Bestimmungen des Meldegesetzes angemeldet noch die Fremdenbehörde auf andere Art von seinem Aufenthalt in Österreich verständigt. Da der BF am 20.11.2021 versucht hat, Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch das Vorweisen eines gefälschten italienischen Personalausweises zum einen über seine tatsächliche Identität zu täuschen und andererseits ein Aufenthaltsrecht vortäuschen wollte, hat er insgesamt den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt, da er am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mitgewirkt hat.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 2 FPG ist bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt zu berücksichtigen, ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist. Gegen den BF wurden von Italien und den Niederlanden schengenweit gültige Einreise- bzw. Aufenthaltsverbote erlassen, die beide noch gültig sind. Trotz dieser Einreise- bzw. Aufenthaltsverbote reiste der BF nach Österreich ein, weshalb auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 2 FPG erfüllt ist.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG ist bei der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, zu berücksichtigen, ob der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Die Notwendigkeit der Schubhaft kann sich auch daraus ergeben, dass sich der Fremde vor der Einreise in das Bundesgebiet in einem anderen Staat dem behördlichen Zugriff entzogen hat (vgl. VwGH vom 28.06.2007, 2006/21/0051). Zum einen hat sich der BF seinem ersten Asylverfahren in Österreich – auf Grund seines Antrages auf internationalen Schutz vom 04.07.2017 – durch Untertauchen entzogen, sodass dieses Verfahren vom Bundesamt eingestellt werden musste, zum anderen ergibt sich aus der zeitlichen Abfolge der von ihm im Bereich der Mitgliedstaaten gestellten Anträge auf internationalen Schutz, dass sich der BF zumindest in der Schweiz und in Deutschland seinen Asylverfahren entzogen hat. Durch dieses Verhalten ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 6 lit. a FPG ist bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, auch zu berücksichtigen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat. Der BF hat in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland Anträge auf internationalen Schutz gestellt, Italien hat mitgeteilt, dass die Niederlande für das Asylverfahren des BF zuständig sind. Es ist daher auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 6 lit. a FPG erfüllt.

§ 76 Abs. 3 Z. 6 lit. c FPG nennt als weiteres Kriterium der Fluchtgefahr wenn es auf Grund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt. Aus der zeitlichen Abfolge der vom BF in der Schweiz und in Deutschland gestellten Anträge auf internationalen Schutz ergibt sich, dass der BF jeweils kurze Zeit nach Stellung eines Asylantrages diese Staaten wieder verlassen hat. Auch aus dem Umstand, dass der BF zwar im Mai 2018 nach Italien überstellt wurde, jedoch bereits am 04.07.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz gestellt hat, ist davon auszugehen, dass er auch beabsichtigt, Österreich im derzeitigen Verfahrensstadium wieder zu verlassen um einer Überstellung zu entgehen. Dass er nicht beabsichtigt hatte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, ergibt sich auch daraus, dass er bei seinem ersten Kontakt mit Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes versuchte, durch einen gefälschten italienischen Personalausweis über seine Identität zu täuschen und ein Aufenthaltsrecht in Österreich vorzutäuschen. Es ist daher wahrscheinlich, dass der BF die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt, weshalb der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 6 lit. c FPG erfüllt ist.

Bei der Beurteilung der Fluchtgefahr ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Der BF verfügt in Österreich über zwei Cousins und deren Lebensgefährtinnen, von denen er auch finanziell unterstützt werden könnte. Über weitere familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte verfügt er in Österreich nicht. Er geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und verfügt über kein Vermögen. Durch die familiären Bindungen in Österreich ergibt sich jedoch keine Minderung der erheblichen Fluchtgefahr, da der BF trotz dieser Anknüpfungspunkte in Österreich seinen Aufenthalt vor den Behörden geheim gehalten hat und insbesondere versucht hat mit einem gefälschten italienischen Reisepass ein Aufenthaltsrecht vorzutäuschen. Da der BF somit nicht einmal davor zurückschreckt durch die Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung seine tatsächliche Identität und seinen unrechtmäßigen Aufenthalt vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verheimlichen, liegt in seiner familiären Bindung durch entfernte Verwandte in Österreich kein Umstand vor, der die Fluchtgefahr auch nur geringfügig vermindert erscheinen lässt. Es ist daher auch unter Berücksichtigung der in § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG genannten Kriterien vom Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr auszugehen.

Das Bundesamt ist daher insgesamt zu Recht vom Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr ausgegangen und hat dies im angefochtenen Bescheid auch ausführlich unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des BF begründet. Dem Beschwerdevorbringen, dass keine erhebliche Fluchtgefahr bestehe, war daher nicht zu folgen.

3.1.6. Auch was den Sicherungsbedarf betrifft, ist dem Bundesamt zuzustimmen, dass ein solcher gegeben ist.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Anordnung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der BF hat mehrere Anträge auf internationalen Schutz im Bereich der Mitgliedstaaten gestellt, er hielt sich trotz zweier aufrechter und für den gesamten Schengenraum gültiger Einreise- und Aufenthaltsverbote in unterschiedlichen Mitgliedstaaten auf, er gab in Österreich in seinen Asylverfahren unterschiedliche Identitätsdaten an, entzog sich seinem Asylverfahren auf Grund des Antrages auf internationalen Schutz vom 04.07.2021 und versuchte am 20.11.2021 mit einem gefälschten italienischen Personalausweis über seine tatsächliche Identität zu täuschen und ein Aufenthaltsrecht vorzutäuschen.

In Österreich leben zwei Cousins des BF samt deren Lebensgefährtinnen, über weitere soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte verfügt der BF in Österreich nicht.

Es ist daher von erheblichem Sicherungsbedarf auszugehen.

Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von erheblicher Fluchtgefahr ausgegangen.

3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF hielt sich vor Anordnung der Schubhaft seit ca. fünf Tagen in Österreich auf. Er verfügt im Bundesgebiet über zwei Cousins und deren Lebensgefährtinnen, über weitere soziale Anknüpfungspunkte verfügt er nicht und er ist beruflich nicht verankert. Über eigene Mittel zur Existenzsicherung verfügt er ebensowenig wie über einen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF wurde mit Urteil eines Landesgerichtes vom 06.03.2018 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei sich der Zeitraum der von ihm begangenen Delikte von zumindest 25.08.2017 bis 23.11.2017 erstreckte. Der BF beging diese Taten nur ca. einen Monat, nachdem er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte und in jenem Zeitraum, in dem er sich seinem Asylverfahren entzogen hatte. Gerade an der Verhinderung der Drogenkriminalität liegt ein besonders hohes öffentliches Interesse und ist im Fall des BF mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er rückfällig wird. Dies insbesondere auch deshalb, da er über keine finanzielle Mittel verfügt und seinen Aufenthalt in der Vergangenheit bereits durch den Verkauf von Suchtmittel finanziert hat. Das öffentliche Interesse an der gesicherten Außerlandesbringung des BF überwiegt daher den Schutz der persönlichen Freiheit des BF bei weitem.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Der BF hat bereits mehrfach in der Vergangenheit gezeigt, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält. Es überwiegt daher das öffentliche Interesse den BF in jenen Staat zu überstellen, der für sein Asylverfahren und gegebenenfalls auch für seine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zuständig ist.

Auch der Gesundheitszustand des BF lässt die Anordnung der Schubhaft nicht unverhältnismäßig erscheinen und ergeben sich aus dem Verwaltungsakt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesamt seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nicht nachgekommen wäre.

Die angeordnete Schubhaft erfüllt daher auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit.

3.1.8. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel zu Recht nicht zur Anwendung kam. Auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens des wiederholten und massiven Zuwiderhandelns gegen fremdenrechtliche Bestimmungen kann ein gelinderes Mittel nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen. So hat sich der BF bereits im Jahr 2017 seinem Asylverfahren in Österreich durch Untertauchen entzogen. In seiner Beschwerde führt der BF dazu aus, dass er damals durch seine Freunde zu diesem Verhalten verleitet worden sei, nunmehr jedoch reifer sei und den Ausgang des Verfahrens in Österreich abwarten wolle. Tatsächlich ergibt sich aus dem Verhalten des BF vor der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz am 21.11.2021 jedoch, dass er nicht vorhatte, in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Abgesehen davon, dass er sich bereits mehrere Tage in Österreich aufhielt, bevor er den Antrag stellte, versuchte er bei einer Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch das Vorweisen eines gefälschten italienischen Personalausweises seine Identität zu verschleiern und ein Aufenthaltsrecht vorzutäuschen. Den Antrag auf internationalen Schutz stellte er erst, als ihm die von ihm beabsichtigte Täuschung nicht gelang. Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob er – wie in der Beschwerde ausgeführt – den Antrag auf internationalen Schutz im zeitlichen Zusammenhang mit der Festnahme stellte oder – wie vom Bundesamt ausgeführt – nach seiner erkennungsdienstlichen Behandlung stellte, da seine primäre Absicht nicht auf die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, sondern auf die Vortäuschung eines Aufenthaltsrechtes gerichtet war. Durch dieses Verhalten zeigt der BF aber auch, dass er nicht einmal vor der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung zurückschreckt, um einem Verfahren vor dem Bundesamt zu entgehen. An diesem Verhalten, das der österreichischen Rechtsordnung massiv widerspricht, konnten den BF auch seine familiären Beziehungen in Österreich nicht hindern. Darüber hinaus hat sich der BF bereits in der Schweiz und in Deutschland seinen Asylverfahren durch Weiterreise in einen anderen Mitgliedstaat entzogen, weshalb davon auszugehen ist, dass er auch Österreich wieder verlassen will, um der Überstellung in den für sein Verfahren zuständigen Mitgliedstaat zu entgehen. Es liegt beim BF daher weder Vertrauenswürdigkeit noch Kooperationsbereitschaft vor und kann er auch durch seine verwandtschaftlichen Bindungen nicht zu rechtskonformem Verhalten bewegt werden, sodass die Anordnung eines gelinderen Mittels zur Erreichung des Sicherungszweckes nicht ausreichend ist.

Zum Vorbringen des BF in seiner Beschwerde, das Bundesamt habe den Ausschluss der Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels mangelhaft begründet, ist festzuhalten, dass die Behörde auf Grund des – im angefochtenen Bescheid konkret angeführten – bisherigen Verhaltens des BF und seiner Lebenssituation davon ausgegangen ist, dass mit der Anordnung eines gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werden könne. Das durchgeführte Gerichtsverfahren hat ergeben, dass diese Beurteilung des Bundesamtes nicht zu beanstanden ist.

Ein gelinderes Mittel kam daher zu Recht nicht zur Anwendung.

3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher gemäß Artikel 28 Abs. 2 Dublin-III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und „ermächtigt“ das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage „in der Sache“ zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.2.2. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 2, 3, 6 lit. a und c sowie Z. 9 FPG weiterhin erhebliche Fluchtgefahr vorliegt.

Aus den oben zu Spruchpunkt I. dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte „Ultima-ratio-Situation“ für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft auch weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG iVm Art. 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.4. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkte III. und IV. – Kostenersatz

3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Be

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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