TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/31 L519 2181837-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.2021
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Entscheidungsdatum

31.05.2021

Norm

AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L519 2181837-4/27E

I M N A M E N D E R R E P U B L I K !

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. ZOPF über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.4.2021, Zl. 1082733806/200935444 wegen Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache und Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

B)       Hinsichtlich der Spruchpunkte IV. bis VI. wird der Beschwerde Folge gegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist. XXXX ist gem. § 55 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von 12 Monaten zu erteilen.

C)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 16.08.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er zu seinem Fluchtgrund an, dass er sein Land wegen des Krieges verlassen habe und er mit dem Tode bedroht worden sei.

Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 30.03.2017 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass er im Irak Beamter und seit dem Jahr 2006 für den Wachdienst zuständig gewesen sei. Er habe ein Lagergebäude des Transportministeriums bewacht, wo es im November 2009 einen Einbruch gegeben habe. Auf einem Überwachungsvideo habe der Beschwerdeführer zwei Männer gesehen, die in das Lager gegangen seien. Sie hätten eine hohe Position in der schiitischen Miliz Asa’ib Ahl al-Haqq innegehabt. Er habe dies dem zuständigen Offizier gemeldet, dieser habe ihm jedoch gesagt, er solle nicht darüber sprechen. Es sei zu einem Gerichtsverfahren gegen unbekannte Täter gekommen, bei dem der Beschwerdeführer im Juli 2014 als Zeuge habe aussagen müssen, wobei er jene beiden hochrangigen Milizmitglieder namentlich genannt und angegeben habe, dass der Offizier das Überwachungsvideo an sich genommen habe. Als er die Namen der beiden Männer genannt habe, habe ihm auch der Richter verboten, über die Angelegenheit zu sprechen. Die beiden Milizmitglieder hätten den Leiter des Lagers, der die Anzeige erstattet habe, bedroht, von ihm Geld verlangt und ihn getötet, nachdem er nicht bezahlen habe können. Dann hätten sie auch den Beschwerdeführer bedroht, woraufhin er das Land verlassen habe.

2. Mit Bescheid des BFA vom 30.11.2017, Zl. 1082733806-151097552/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei . Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2019, G306 2181837-1/10E, als unbegründet abgewiesen.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 20.03.2019 in Rechtskraft.

4. Mit Bescheid des BFA vom 19.11.2019, ZI. 1082733806-190383262/BMI-BFA_STM_RD, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zur Ausreise durchgängig in einer näher bezeichneten Betreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen. Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

5. Die  gegen   diesen  Bescheid  erhobene  Beschwerde  wurde   mit      Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts  vom     07.02.2020,  I413    2181837-2/5E  als unbegründet abgewiesen.

6. Am 19.12.2019 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, dass er alle seine Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe „damals“ schon genannt habe. Er habe große Probleme mit Asa’ib Ahl al-Haqq.

Bei der ersten Einvernahme vor dem BFA am 09.01.2020 legte der Beschwerdeführer drei Dokumente aus den Jahren 2015 und 2016 vor, die er vor ca. fünf oder sechs Monaten erhalten haben will. Es handle sich dabei um ein Urteil und zwei Festnahmebefehle. Die Personen, gegen die er damals ausgesagt habe, hätten ihn angezeigt und deswegen sei er in Abwesenheit wegen Hinterziehung bzw. Unterschlagung und Veruntreuung von Staatsgeldern verurteilt worden. Aus dem Urteil gehe zwar das Ausmaß seiner Freiheitsstrafe nicht hervor, allerdings habe er recherchiert, dass der Strafrahmen fünf bis zehn Jahre betrage. Die Festnahmebefehle des irakischen Innenministeriums gebe es, weil er nicht offiziell durch die Behörde gekündigt worden sei. Zudem sei die allgemeine Lage im Irak schlecht und seine Brüder seien auf der Flucht.

Bei der zweiten Einvernahme vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, dass er und andere nun für den damaligen Diebstahl verurteilt worden seien. Der Vorfall habe sich im November 2009 ereignet. Er habe das Video im Jahr 2015 angesehen und die Leute dann angezeigt. Der Beschwerdeführer legte auch einen Drohbrief der Miliz vom Juli 2015 vor. Außerdem sei sein bester Freund mit einem seiner Brüder bei einer Demonstration gewesen, wo dieser von einer Tränengasgranate am Kopf getroffen worden sei. Sein Freund sei deswegen im Koma gewesen und schließlich verstorben. Der Beschwerdeführer legte auch einen Drohbrief der Miliz vom Juli 2015 vor.

7. Mit Bescheid des BFA vom 11.02.2020, Zl. 1082733806/191300438, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG werde dem Beschwerdeführer aufgetragen, von 19.12.2019 bis 15.01.2020 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

7.1. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich die Sicherheitslage im Irak seit der letzten negativen Entscheidung maßgeblich verändert habe, so dass nicht von einer entschiedenen Sache ausgegangen werden könne.

8. Das BVwG hat die Beschwerde mit Erkenntnis vom 18.3.2020, L524 2181837-3, als unbegründet abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

„Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers, zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich, zu seiner Freundin, zum Besuch von Deutschkursen, einem Werte- und Orientierungskurs, seiner Erwerbstätigkeit und zum Hubstaplerausweis ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, den vorgelegten Bestätigungen und den rechtskräftigen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im ersten Verfahren auf internationalen Schutz.

Die Feststellungen zu den im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Sachverhalt ergeben sich aus der Erstbefragung und den beiden Einvernahmen vor dem BFA.

Der Beschwerdeführer behauptete zwar in beiden Einvernahmen vor dem BFA, dass er Grauen Star habe und diesbezüglich Unterlagen habe, legte aber trotz Zusicherung in beiden Einvernahmen keine ärztlichen Bestätigungen oder Befunde vor. Er legte bloß eine Terminbestätigung für einen Augenarzt vor (AS 237). Auch mit der Beschwerde wurden keine ärztlichen Bestätigungen vorgelegt, die seine Behauptung, er würde an Grauem Star leiden, belegen würden. Es erfolgte daher die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug.

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht auch kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

In seinem zweiten – gegenständlichen – Antrag auf internationalen Schutz brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, dass er alle seine Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe „damals schon genannt“ habe. Ein geänderter Sachverhalt ist diesem Vorbringen nicht einmal ansatzweise zu entnehmen.

Weiters legte der Beschwerdeführer drei Dokumente aus den Jahren 2015 und 2016 vor. Es handle sich dabei um ein Urteil und zwei Festnahmebefehle. Die Personen, gegen die er damals ausgesagt habe, hätten ihn angezeigt und deswegen sei er in Abwesenheit wegen Hinterziehung bzw. Unterschlagung und Veruntreuung von Staatsgeldern verurteilt worden. Aus dem Urteil gehe zwar das Ausmaß seiner Freiheitsstrafe nicht hervor, allerdings habe er recherchiert, dass der Strafrahmen fünf bis zehn Jahre betrage. Die Festnahmebefehle des irakischen Innenministeriums gebe es, weil er nicht offiziell durch die Behörde gekündigt worden sei. Zudem sei die allgemeine Lage im Irak schlecht und seine Brüder seien auf der Flucht. Sein nunmehriges Vorbringen stützt der Beschwerdeführer alleine auf drei Dokumenten aus den Jahren 2015 und 2016. Der Beschwerdeführer legte auch einen Drohbrief der Miliz vom Juli 2015 vor. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um Beweismittel handelt, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben und daher einer neuen Sachentscheidung entgegenstehen. Der Beschwerdeführer brachte damit keinen neuen Sachverhalt vor. Im Ergebnis liegt daher eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vor, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

Es liegen auch keine (allgemein bekannten) Umstände vor, die darauf hindeuten, dass nunmehr die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG (Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) vorliegen würden.

Vom Beschwerdeführer wurde vorgebracht, dass sich die Lage im Irak seit Abschluss des ersten Asylverfahrens wesentlich verschlechtert habe. Dies deckt sich jedoch nicht mit den von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen zum Irak. Es kam seit Oktober 2019 in mehreren Gouvernements zu teils gewalttätigen Demonstrationen. Im Zuge dieser Demonstrationen wurden mehrere Regierungsgebäude sowie Sitze von Milizen und Parteien in Brand gesetzt. Zeitweilig, vom 2. bis zum 5. Oktober 2019, wurde eine Ausgangssperre ausgerufen. Nach einer kurzen Ruhephase gingen die gewaltsamen Proteste am 25. Oktober weiter und forderten bis zum

30. Oktober weitere 74 Menschenleben und 3.500 Verletzte. Am 28. Oktober wurde eine neue Ausgangssperre über Bagdad verhängt, der sich jedoch tausende Demonstranten widersetzen. Über 250 Personen wurden seit Ausbruch der Proteste am 1. Oktober bis zum 29. Oktober getötet und mehr als 8.000 Personen verletzt. In der Beschwerde werden Berichte zu aktuellen Ereignissen im Jänner 2020 zitiert. Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte jedoch auf Grund dieser Berichte zur Lage im Irak nicht festgestellt werden. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer ist aktuell nicht lebensbedrohlich erkrankt. Die behauptete Augenerkrankung konnte nicht festgestellt werden. Vor diesem Hintergrund ergeben sich somit keine Hinweise auf das Vorliegen von akut existenzbedrohenden Krankheitszuständen oder Hinweise auf eine unzumutbare Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Rückverbringung des Beschwerdeführers in den Irak. Insgesamt gesehen liegt daher auch in Bezug auf subsidiären Schutz keine Sachverhaltsänderung vor.“

Zur Rückkehrentscheidung führte das BVwG im Wesentlichen aus:

„Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich, ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Er führt jedoch eine Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen. Es besteht somit ein iSd Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG stellt nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058; VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 unter Hinweis auf VwGH 21.01.2016, Ra 2015/22/0119; 10.05.2016, Ra 2015/22/0158; 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

Der BF hält sich seit August 2015 in Österreich auf. Sein erster Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2019 rechtskräftig abgewiesen. Bis dahin beruhte der Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einem Antrag auf internationalen Schutz, der sich als nicht berechtigt erwiesen. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und hielt sich weiterhin – ca. neun Monate – unrechtmäßig in Österreich auf. Mit der Stellung des zweiten Antrags auf internationalen Schutz am 19.12.2019 wurde sein Aufenthalt vorübergehend legalisiert. Insgesamt hält sich der Beschwerdeführer seit ca. vier Jahren und sieben Monaten in Österreich auf. Dieser Aufenthalt ist zu kurz, um seinem Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet ein relevantes Gewicht zu verleihen. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

In Zusammenhang mit der geltend gemachten Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers zu einer österreichischen Staatsangehörigen ist vor allem zu berücksichtigen, dass das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich der Beschwerdeführer des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, da die

Lebensgemeinschaft im August 2018 und damit nach erstinstanzlicher Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz begründet wurde.

Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN). Der Kontakt zu seiner Freundin kann jedenfalls durch gegenseitige Besuche aufrechterhalten werden (vgl. EGMR 11.04.2006, Fall USEINOV, Appl. 61.292/00). Dem Beschwerdeführer stünde es auch frei, seine Bindungen in Österreich durch briefliche, telefonische oder elektronische Kontakte aufrecht zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN).

Es sind zudem keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden integrativen Schritte erkennbar. Der Beschwerdeführer betrieb einen Handyshop in Österreich. Derzeit ist er nicht erwerbstätig. Er besuchte mehrere Deutschkurse, zuletzt auf dem Niveau B1.1. Der Beschwerdeführer besuchte am 17.05.2017 einen Werte- und Orientierungskurs. Er verfügt über einen Hubstaplerausweis.

Es besteht dadurch noch keine derartige Verdichtung seiner persönlichen Interessen, dass bereits von „außergewöhnlichen Umständen“ gesprochen werden kann und ihm schon deshalb unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ein dauernder Verbleib in Österreich ermöglicht werden müsste.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, mwN).

Der Beschwerdeführer bezog von 17.08.2015 bis 15.01.2020 Leistungen aus der Grundversorgung des Bundes, weshalb von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden.

Unter der Schwelle des § 50 FPG kommt den Verhältnissen im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens Bedeutung zu, sodass etwa "Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder bei Sozialleistungen" in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen sind (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 unter Hinweis auf VwGH

12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Bei der Interessenabwägung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101) auch ein Vorbringen zu berücksichtigen, es werde eine durch die Rückkehr in den Heimatstaat wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Fremden, insbesondere die deutliche Verschlimmerung psychischer Probleme, eintreten (vgl. VwGH 11.10.2005, 2002/21/0132; 28.03.2006, 2004/21/0191; zur gebotenen Bedachtnahme auf die durch eine Trennung von Familienangehörigen bewirkten gesundheitlichen Folgen VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093). Bei dieser Interessenabwägung ist unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG (Bindungen zum Heimatstaat) auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr dorthin Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH

31.01.2013, 2012/23/0006).

Die Bindungen zum Heimatstaat des Beschwerdeführers sind deutlich stärker ausgeprägt. Er hat dort seine Ausbildung absolviert und seine Sozialisation erfahren. Er spricht Arabisch. Im Irak leben noch seine Mutter, der Stiefvater und eine Schwester und drei Brüder des Beschwerdeführers. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zum Irak auszugehen.

Es ist auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Möglichkeiten zur Schaffung einer

Existenzgrundlage im Falle einer Rückkehr hat. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um eine arbeitsfähigen jungen Mann, der über mehrjährige Schulbildung und über Berufserfahrung verfügt. Es kann daher die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer als gesunder und arbeitsfähiger Mann bei einer Rückkehr in den Irak nicht in der Lage sein sollte, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ist nicht ersichtlich, zumal er auch über den kulturellen Hintergrund und die erforderlichen Sprachkenntnisse für den Irak verfügt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein wird, in seinem

Heimatland, dessen Sprache er spricht, in dem zahlreiche Verwandte leben, zu denen er Kontakt aufnehmen kann, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vermag weder das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl. VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253 unter Hinweis auf VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070, mwN).“

Dieses Erkenntnis erwuchs am 18.3.2020 in Rechtskraft.

10. Am 30.9.2020 brachte der BF seinen 3. Antrag auf internationalen Schutz ein.

Erstbefragt gab er dazu vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen an, dass die Lage im Irak momentan sehr gefährlich sei und er auch nicht wisse, wo sich sein Bruder befindet. Außerdem sei seine österr. Lebensgefährtin in der 25. Woche schwanger. Der Zeitpunkt der Asylantragstellung ergebe sich daraus, dass er gerade Zeit und Geld habe.

Niederschriftlich vom BFA befragt, gab der BF im Wesentlichen an, dass er den 3. Antrag gestellt habe, weil sein Bruder bei den Demonstrationen im Irak entführt worden sei und weil er mittlerweile mit seiner Lebensgefährtin ein Kind habe. Nachgefragt gab er an, dass die Entführung des Bruders mit ihm nichts zu tun habe, aber eine Bedrohung für die gesamte Familie darstelle.

11. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG erneut wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde zur Zurückweisung gem. § 68 AVG im Wesentlichen festgestellt, dass sich der BF auf seine früheren Asylgründe gestützt habe. Weiter habe er vorgebrach, dass sein Bruder wegen eine Demonstrationsteilnahme im Irak entführt worden sei und er nunmehr einen Sohn in Österreich habe. Die Angaben zur Entführung des Bruders seinen allerdings gänzlich vage und allgemein gehalten gewesen und habe der BF auch keinen Bezug zu seiner Person herstellen können. Der BF sei jegliche Konkretisierung schuldig geblieben. Bereits der Umstand, ob es sich beim Verschwinden des Bruders tatsächlich um eine Entführung handeln soll, sei fraglich. So gab es nach den Angaben des BF weder eine Lösegeldforderung noch eine sonstige Forderung, wie es bei Entführungen allgemein üblich ist. Der BF meinte auf Nachfrage dazu lediglich, dass „man das einfach wisse und viele entführt oder getötet worden seien.“ Bei den Angaben zur Entführung handle es sich daher um reine Spekulation, um den 3. Asylantrag irgendwie zu rechtfertigen.

Zur Rückkehrentscheidung führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF sein Familienleben erst nach der ersten Asylantragstellung begründet habe und bereits vor rechtskräftigem Abschluss des 1. Asylverfahrens ein gemeinsamer Wohnsitz bestanden habe. Nunmehr habe er mit seiner Lebensgefährtin einen gemeinsamen Sohn. Seit Rechtskraft der Vorentscheidung seien ansonsten keine Änderungen eingetreten. Im Fall einer Außerlandesbringung sei der BF nicht gezwungen, die familiären Kontakte gänzlich einzustellen. Es stehe ihm wie allen Fremden frei, sich vom Ausland aus unter Einhaltung der niederlassungs- und fremdenrechtlichen Bestimmungen um eine legale Einreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen, zumal es nicht Aufgabe des Asylrechtes ist, die rechtsmissbräuchliche Umgehung des Fremden – und Niederlassungsrechtes zu ermöglichen. In der Zwischenzeit könne der BF seine familiären Beziehungen über Telekommunikation, elektronische Medien etc. aufrechterhalten. Ansonsten seien seit der Vorentscheidung keine wesentlichen Änderungen im Privat- und Familienleben eingetreten.

12. In der fristgerecht gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurden zunächst lediglich die Spruchpunkte IV. bis VI. angefochten, während am Schluss der Beschwerde der gesamte Bescheid angefochten wurde. Es sei kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, indem die Lebensgefährtin nicht erneut als Zeugin einvernommen wurde oder ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben wurde. Durch eine Rückkehrentscheidung würde der BF jedenfalls in seinem Recht auf Familienleben verletzt. Überdies habe er ein Gewerbe angemeldet und sei er auch entsprechend sozialversichert.

7. Der ggst. Verfahrensakt langte am 25.5.2021 bei der zuständigen Gerichtsabteilung L 519 ein.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Er stammt aus Bagdad.

Der Beschwerdeführer stellte am 16.08.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 30.11.2017, Zl. 1082733806-151097552/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2019, G306 2181837-1/10E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 20.03.2019 in Rechtskraft.

Am 19.12.2019 stellte der Beschwerdeführer den 2. Antrag auf intentionalen Schutz.

Der 2. Asylantrag wurde mit Bescheid des BFA vom 11.02.2020, Zl. 1082733806/191300438, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, von 19.12.2019 bis 15.01.2020 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Das BVwG hat die Beschwerde mit Erkenntnis vom 18.3.2020, L524 2181837-3, als unbegründet abgewiesen und dieses im Wesentlichen wie folgt begründet.

„Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers, zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich, zu seiner Freundin, zum Besuch von Deutschkursen, einem Werte- und Orientierungskurs, seiner Erwerbstätigkeit und zum Hubstaplerausweis ergeben sich aus seinen eigenen Angaben, den vorgelegten Bestätigungen und den rechtskräftigen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im ersten Verfahren auf internationalen Schutz.

Die Feststellungen zu den im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Sachverhalt ergeben sich aus der Erstbefragung und den beiden Einvernahmen vor dem BFA.

Der Beschwerdeführer behauptete zwar in beiden Einvernahmen vor dem BFA, dass er Grauen Star habe und diesbezüglich Unterlagen habe, legte aber trotz Zusicherung in beiden Einvernahmen keine ärztlichen Bestätigungen oder Befunde vor. Er legte bloß eine Terminbestätigung für einen Augenarzt vor (AS 237). Auch mit der Beschwerde wurden keine ärztlichen Bestätigungen vorgelegt, die seine Behauptung, er würde an Grauem Star leiden, belegen würden. Es erfolgte daher die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug.

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht auch kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

In seinem zweiten – gegenständlichen – Antrag auf internationalen Schutz brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, dass er alle seine Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe „damals schon genannt“ habe. Ein geänderter Sachverhalt ist diesem Vorbringen nicht einmal ansatzweise zu entnehmen.

Weiters legte der Beschwerdeführer drei Dokumente aus den Jahren 2015 und 2016 vor. Es handle sich dabei um ein Urteil und zwei Festnahmebefehle. Die Personen, gegen die er damals ausgesagt habe, hätten ihn angezeigt und deswegen sei er in Abwesenheit wegen Hinterziehung bzw. Unterschlagung und Veruntreuung von Staatsgeldern verurteilt worden. Aus dem Urteil gehe zwar das Ausmaß seiner Freiheitsstrafe nicht hervor, allerdings habe er recherchiert, dass der Strafrahmen fünf bis zehn Jahre betrage. Die Festnahmebefehle des irakischen Innenministeriums gebe es, weil er nicht offiziell durch die Behörde gekündigt worden sei. Zudem sei die allgemeine Lage im Irak schlecht und seine Brüder seien auf der Flucht. Sein nunmehriges Vorbringen stützt der Beschwerdeführer alleine auf drei Dokumenten aus den Jahren 2015 und 2016. Der Beschwerdeführer legte auch einen Drohbrief der Miliz vom Juli 2015 vor. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um Beweismittel handelt, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben und daher einer neuen Sachentscheidung entgegenstehen. Der Beschwerdeführer brachte damit keinen neuen Sachverhalt vor. Im Ergebnis liegt daher eine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vor, deren Rechtskraft einer neuerlichen Sachentscheidung entgegensteht.

Es liegen auch keine (allgemein bekannten) Umstände vor, die darauf hindeuten, dass nunmehr die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG (Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) vorliegen würden.

Vom Beschwerdeführer wurde vorgebracht, dass sich die Lage im Irak seit Abschluss des ersten Asylverfahrens wesentlich verschlechtert habe. Dies deckt sich jedoch nicht mit den von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen zum Irak. Es kam seit Oktober 2019 in mehreren Gouvernements zu teils gewalttätigen Demonstrationen. Im Zuge dieser Demonstrationen wurden mehrere Regierungsgebäude sowie Sitze von Milizen und Parteien in Brand gesetzt. Zeitweilig, vom 2. bis zum 5. Oktober 2019, wurde eine Ausgangssperre ausgerufen. Nach einer kurzen Ruhephase gingen die gewaltsamen Proteste am 25. Oktober weiter und forderten bis zum

30. Oktober weitere 74 Menschenleben und 3.500 Verletzte. Am 28. Oktober wurde eine neue Ausgangssperre über Bagdad verhängt, der sich jedoch tausende Demonstranten widersetzen. Über 250 Personen wurden seit Ausbruch der Proteste am 1. Oktober bis zum 29. Oktober getötet und mehr als 8.000 Personen verletzt. In der Beschwerde werden Berichte zu aktuellen Ereignissen im Jänner 2020 zitiert. Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte jedoch auf Grund dieser Berichte zur Lage im Irak nicht festgestellt werden. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK bilden.

Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (vgl. VfSlg. 18.407/2008 und 19.086/2010).

Der Beschwerdeführer ist aktuell nicht lebensbedrohlich erkrankt. Die behauptete Augenerkrankung konnte nicht festgestellt werden. Vor diesem Hintergrund ergeben sich somit keine Hinweise auf das Vorliegen von akut existenzbedrohenden Krankheitszuständen oder Hinweise auf eine unzumutbare Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Rückverbringung des Beschwerdeführers in den Irak. Insgesamt gesehen liegt daher auch in Bezug auf subsidiären Schutz keine Sachverhaltsänderung vor.“

Zur Rückkehrentscheidung führte das BVwG im Wesentlichen aus:

„Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich, ist nicht verheiratet und hat keine

Kinder. Er führt jedoch eine Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen. Es besteht somit ein iSd Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG stellt nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058; VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 unter Hinweis auf VwGH 21.01.2016, Ra 2015/22/0119; 10.05.2016, Ra 2015/22/0158; 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich hät sich seit August 2015 in Österreich auf. Sein erster Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.2019 rechtskräftig abgewiesen. Bis dahin beruhte der Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einem Antrag auf internationalen Schutz, der sich als nicht berechtigt erwiesen. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und hielt sich weiterhin – ca. neun Monate – unrechtmäßig in Österreich auf. Mit der Stellung des zweiten Antrags auf internationalen Schutz am 19.12.2019 wurde sein Aufenthalt vorüber gehend legalisiert. Insgesamt hält sich der Beschwerdeführer seit ca. vier Jahren und sieben Monaten in Österreich auf. Dieser Aufenthalt ist zu kurz, um seinem Interesse an einem

Weiterverbleib im Bundesgebiet ein relevantes Gewicht zu verleihen. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

In Zusammenhang mit der geltend gemachten Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers zu einer österreichischen Staatsangehörigen ist vor allem zu berücksichtigen, dass das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich der Beschwerdeführer des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, da die

Lebensgemeinschaft im August 2018 und damit nach erstinstanzlicher Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz begründet wurde.

Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN). Der Kontakt zu seiner Freundin kann jedenfalls durch gegenseitige Besuche aufrechterhalten werden (vgl. EGMR 11.04.2006, Fall USEINOV, Appl. 61.292/00). Dem Beschwerdeführer stünde es auch frei, seine Bindungen in Österreich durch briefliche, telefonische oder elektronische Kontakte aufrecht zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN).

Es sind zudem keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden integrativen Schritte erkennbar. Der Beschwerdeführer betrieb einen Handyshop in Österreich. Derzeit ist er nicht erwerbstätig. Er besuchte mehrere Deutschkurse, zuletzt auf dem Niveau B1.1. Der Beschwerdeführer besuchte am 17.05.2017 einen Werte- und Orientierungskurs. Er verfügt über einen Hubstaplerausweis.

Es besteht dadurch noch keine derartige Verdichtung seiner persönlichen Interessen, dass bereits von „außergewöhnlichen Umständen“ gesprochen werden kann und ihm schon deshalb unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ein dauernder Verbleib in Österreich ermöglicht werden müsste.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, mwN).

Der Beschwerdeführer bezog von 17.08.2015 bis 15.01.2020 Leistungen aus der Grundversorgung des Bundes, weshalb von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden.

Unter der Schwelle des § 50 FPG kommt den Verhältnissen im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens Bedeutung zu, sodass etwa "Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder bei Sozialleistungen" in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen sind (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 unter Hinweis auf VwGH

12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Bei der Interessenabwägung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101) auch ein Vorbringen zu berücksichtigen, es werde eine durch die Rückkehr in den Heimatstaat wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Fremden, insbesondere die deutliche Verschlimmerung psychischer Probleme, eintreten (vgl. VwGH 11.10.2005, 2002/21/0132; 28.03.2006, 2004/21/0191; zur gebotenen Bedachtnahme auf die durch eine Trennung von Familienangehörigen bewirkten gesundheitlichen Folgen VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093). Bei dieser Interessenabwägung ist unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG (Bindungen zum Heimatstaat) auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr dorthin Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH

31.01.2013, 2012/23/0006).

Die Bindungen zum Heimatstaat des Beschwerdeführers sind deutlich stärker ausgeprägt. Er hat dort seine Ausbildung absolviert und seine Sozialisation erfahren. Er spricht Arabisch. Im Irak leben noch seine Mutter, der Stiefvater und eine Schwester und drei Brüder des Beschwerdeführers. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zum Irak auszugehen.

Es ist auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Möglichkeiten zur Schaffung einer

Existenzgrundlage im Falle einer Rückkehr hat. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um eine arbeitsfähigen jungen Mann, der über mehrjährige Schulbildung und über Berufserfahrung verfügt. Es kann daher die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer als gesunder und arbeitsfähiger Mann bei einer Rückkehr in den Irak nicht in der Lage sein sollte, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, ist nicht ersichtlich, zumal er auch über den kulturellen Hintergrund und die erforderlichen Sprachkenntnisse für den Irak verfügt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein wird, in seinem

Heimatland, dessen Sprache er spricht, in dem zahlreiche Verwandte leben, zu denen er Kontakt aufnehmen kann, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vermag weder das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl. VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253 unter Hinweis auf VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070, mwN).“

Dieses Erkenntnis erwuchs am 18.3.2020 in Rechtskraft.
Am 30.9.2020 brachte der BF den verfahrensggst. 3. Antrag auf internationalen Schutz ein.

Der Beschwerdeführer lebte bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit seiner Familie im Elternhaus. Er besuchte mehrere Jahre die Schule, die er mit Matura abschloss. Er war zuletzt als Wachebeamter tätig und arbeitete im Juweliergeschäft seiner Eltern in Bagdad mit. In Bagdad leben noch seine Mutter, der Stiefvater und eine Schwester und zumindest 2 Brüder des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Verwandten in regelmäßigem Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat mit einer österr. Staatsangehörigen ein Kind im Alter von 5 Monaten. Er hat außer seinem Sohn keine Verwandten in Österreich. Der Beschwerdeführer lebt seit ca. August 2018 mit seiner Freundin im gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer betrieb einen Handyshop in Österreich. Derzeit ist er nicht erwerbstätig, er legte allerdings eine Einstellungszusage eines Handyshops vor. Er wird von seiner Lebensgefährtin, welche sich in Karenz befindet, finanziell unterstützt und repariert hobbymäßig Handys, wofür er etwas Geld bekommt. Eine Gewerbeberechtigung dafür liegt nicht vor. Er besuchte mehrere Deutschkurse, zuletzt auf dem Niveau B1.1. Der Beschwerdeführer besuchte am 17.05.2017 einen Werte- und Orientierungskurs. Er verfügt über einen Hubstaplerausweis. Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich derzeit strafrechtlich unbescholten.

Die Identität des BF steht nicht fest.

Zur Lage im Irak:

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 17.3.2020

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen, territorialen Sieg über den Islamischen Staat (IS) (Reuters 9.12.2017; vgl. AI 26.2.2019). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem verbessert (FH 4.3.2020). Ende 2018 befanden sich die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) in der nominellen Kontrolle über alle vom IS befreiten Gebiete (USDOS 1.11.2019).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.1.2019).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.1.2019). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (FIS 6.2.2018). Die Zahl der Entführungen gegen Lösegeld zugunsten extremistischer Gruppen wie dem IS oder krimineller Banden ist zwischenzeitlich zurückgegangen (Diyaruna 5.2.2019), aber UNAMI berichtet, dass seit Beginn der Massenproteste vom 1.10.2019 fast täglich Demonstranten in Bagdad und im gesamten Süden des Irak verschwunden sind. Die Entführer werden als „Milizionäre“, „bewaffnete Organisationen“ und „Kriminelle“ bezeichnet (New Arab 12.12.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 2.10.2019a). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungskräfte (PMF) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019b; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019b; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Als Reaktion auf die Ermordung des stellvertretenden Leiters der PMF-Kommission, Abu Mahdi Al-Muhandis, sowie des Kommandeurs der Quds-Einheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden des Iran, Generalmajor Qassem Soleimani, durch einen Drohnenangriff der USA am 3.1.2020 (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020; Joel Wing 15.1.2020) wurden mehrere US-Stützpunkte durch den Iran und PMF-Milizen mit Raketen und Mörsern beschossen (Joel Wing 15.1.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019b): Regional Overview – Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middle-east-2-october-2019/, Zugriff 13.3.2020

- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 13.3.2020

- Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 13.3.2020

- Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border-190825184711737.html, Zugriff 13.3.2020

- Al Monitor (23.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 13.3.2020

- Diyaruna (5.2.2019): Baghdad sees steep decline in kidnappings, https://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/02/05/feature-02, Zugriff 13.3.2020

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020

- FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (15.1.2020): Pro-Iran Hashd Continue Attacks Upon US Interests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/pro-iran-hashd-continue-attacks-upon-us.html, Zugriff 13.3.2020

- Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

- MEMO - Middle East Monitor (21.1.2020): Iraq’s PMF appoints new deputy head as successor to Al-Muhandis, https://www.middleeastmonitor.com/20200221-iraqs-pmf-appoints-new-deputy-head-as-successor-to-al-muhandis/, Zugriff 13.3.2020

- New Arab, The (12.12.2019): 'We are not safe': UN urges accountability over spate of kidnappings, assassinations in Iraq, https://www.alaraby.co.uk/english/news/2019/12/11/un-urges-accountability-over-spate-of-iraq-kidnappings-assassinations, Zugriff 13.3.2020

- Reuters (9.12.2017): Iraq declares final victory over Islamic State, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-islamicstate/iraq-declares-final-victory-over-islamic-state-idUSKBN1E30B9, Zugriff 13.3.2020

- Reuters (30.9.2019): Iraqi PM says Israel is responsible for attacks on Iraqi militias: Al Jazeera, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraqi-pm-says-israel-is-responsible-for-attacks-on-iraqi-militias-al-jazeera-idUSKBN1WF1E5, Zugriff 13.3.2020

- USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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