TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/19 W195 2244318-1

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Veröffentlicht am 19.07.2021
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Entscheidungsdatum

19.07.2021

Norm

AVG §35
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W195 2244318-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.06.2021, XXXX , betreffend die Verhängung einer Mutwillensstrafe, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird gemäß § 35 AVG 1991 idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Vorhergehende Verfahren:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste (gemeinsam mit seiner Ehefrau, welche am 30.08.2016 freiwillig in den XXXX zurückreiste) in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag erfolgte die Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in welcher der BF angab, Christ werden zu wollen. Am 19.07.2018 wurde der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen und gab an, christliche Veranstaltungen im Iran besucht zu haben und dass er nunmehr Christ sei.

I.1.2. Mit Bescheid vom 24.10.2018, XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX ab und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt.

Der Bescheid erwuchs am 27.11.2018 in Rechtskraft.

I.1.3. Der BF erhob gegen den Bescheid verspätet Beschwerde und stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Beschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.3.2019, XXXX , als verspätet zurückgewiesen und dem Wiedereinsetzungsantrag letztlich durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 07.08.2019, XXXX , keine Folge gegeben.

I.1.4. Vom BF erhobene Rechtsmittel an den VfGH und den VwGH blieb ein Erfolg versagt.

I.1.5. Am 13.11.2019 stellte der BF seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 04.12.2019 wies das BFA diesen Folgeantrag in vollem Umfang gemäß §°68°AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erlies eine Rückkehrentscheidung. Es stellte fest, dass eine Abschiebung zulässig sei und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Gegen den BF wurde ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

I.1.6. Der BF erhob fristgerecht Beschwerde, welche mit Erkenntnis des BVwG vom 07.02.2020, XXXX , als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Kernvorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen im Folgeantrag enthalte keine neuen Fluchtgründe im Vergleich zu den Fluchtgründen des Erstverfahrens, welches mit Bescheid vom 24.10.2018 abgeschlossen worden sei.

I.1.7. Das vom BF erhobene Rechtsmittel der ao. Revision an den VwGH wurde mit Beschluss des VwGH vom 15.04.2020, XXXX zurückgewiesen.

I.1.8. Am 07.04.2021 stellte der BF erneut einen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner am Folgetag durchgeführten Erstbefragung gab er an, seine im früheren Verfahren angegebenen Fluchtgründe blieben aufrecht.

Mit Bescheid vom 15.06.2021 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

I.1.9. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit Erkenntnis vom 15.07.2021, XXXX ab.

I.2. Zum gegenständlichen Verfahren:

Gegenständlich ist die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 15.06.2021. Mit diesem Bescheid wurde gegen den BF eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG in der Höhe von €°300,- verhängt, weil er durch sein Verhalten eine Verfahrensverzögerung und zusätzlichen Aufwand verursachte. Er habe durch sein Verhalten „in unnötiger Weise“ sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen mutwillig beansprucht. Durch den dritten, aus den gleichen Gründen eingebrachten Folgeantrag hinsichtlich internationalen Schutzes habe der BF dokumentiert, dass er seine Anträge mutwillig gestellt habe, um seine Außerlandesbringung absichtlich zu verschleppen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde. In dieser wird dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Mutwillensstrafe nicht vorlägen. Der BF habe lediglich von seinem Recht Gebrauch gemacht, in Österreich um internationalen Schutz anzusuchen. Der BF habe dies sicherlich nicht aus offenbarer Mutwilligkeit betrieben, sondern weil er neue Tatsachen und Beweismittel vorgelegt habe. Er habe auch keine Verzögerungsabsicht hinsichtlich einer Abschiebung gehabt, weil in den XXXX amtsbekannterweise sowieso nicht abgeschoben werde.

Der BF begehrt deshalb die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Mutwillensstrafe zu reduzieren und die Verfahrenshilfe im Umfang der Eingabegebühr zu gewähren.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist XXXX Staatsangehöriger und am XXXX geboren.

Der – mehrfache - Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde – mehrfach – rechtskräftig vom BFA und vom BVwG abgewiesen bzw. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, zuletzt am 15.07.2021. Soweit gegen diese Entscheidungen Rechtsmittel an den VfGH und den VwGH eingebracht wurden, blieb ihnen ein Erfolg versagt.

Mit Bescheid des BFA vom 15.06.2021 wurde gegen den BF eine Mutwillensstrafe von €°300,- gemäß § 35 AVG verhängt. Dagegen wendet sich die rechtzeitige Beschwerde des BF.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen des Administrativaktes sowie die Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes zu XXXX und Bezug habende Entscheidungen des VfGH und VwGH, insbesondere VwGH vom 15.04.2020, XXXX , zur Verfügung.

Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und im für eine Beurteilung erforderlichen Ausmaß dargetan, weshalb von weiteren Erhebungen (insbesondere im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) abgesehen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

§ 35 AVG lautet:

„Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.“

Die Verhängung der Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, als auch die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (VwGH 22.1.1930, 439/29, VwSlg. 15960 A, ebenso 24.3.1997, 95/19/1705, oder 23.3.1999, 97/19/0022).

Bei der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG, handelt es sich wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, sohin um ein Disziplinarmittel. Das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung von Mutwillensstrafen findet daher grundsätzlich keine Anwendung, mit Ausnahme der in § 36 AVG ausdrücklich vorgesehenen Vorschriften über den Strafvollzug (§§ 53 bis 54d VStG). Daraus folgt, dass weder Bestimmungen über die Strafbemessung, über die Verjährung oder die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat, noch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes unmittelbar oder analog anwendbar sind. Dahinter steckt auch die verfolgte Absicht des Gesetzgebers das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen (vgl. VwGH 4.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg 14.064 A/1994; 20.05.2009, 2007/07/0119; Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 1 und 6).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig im Sinne des § 35 AVG, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseren Wissens erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (VwGH 18.4.1997, 95/19/1707; 27.5.1999, 97/02/0345; 16.2.2012, 2011/01/0271; vgl. hiezu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 2).

Der Tatbestand des § 35 AVG kann – außer durch die offenbar mutwillige Inanspruchnahme der Behörde – auch dadurch verwirklicht werden, dass in der Absicht, die Angelegenheit zu verschleppen, unrichtige Angaben gemacht werden. Voraussetzung hierfür ist die bewusst unrichtige Begründung des Antrages. Eine Verhängung der Mutwillensstrafe ist dann gerechtfertigt, wenn aus den wechselnden, einander widersprechenden Angaben der Partei und der Begründung von Rechtsmitteln ersichtlich ist, dass diese im Bewusstsein ihrer Grundlosigkeit eingebracht wurden und damit offenbar nur die Verschleppung der endgültigen Erledigung bezweckt wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 4).

Strafbar gemäß § 35 AVG ist jede (prozessfähige) „Person“, welche die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat (das Anbringen eingebracht) [vgl. VwGH 24.3.1997, 95/19/1705; 18.4.1997, 95/19/1707] oder in Verschleppungsabsicht dieser gegenüber unrichtige Angaben gemacht hat. Dabei kann es sich nur um Menschen handeln, welche an die Behörde herantreten oder auf die sich eine Amtshandlung bezieht, nicht hingegen um Organwalter der den Bescheid erlassenden Behörde.

Strafbarer Mutwille bei Antragstellung hat das Bewusstsein von der Grundlosigkeit dieses Antrags zur Voraussetzung. Mutwillig wird ein Antrag daher dann gestellt, wenn sich der Antragsteller wissentlich auf einen unrichtigen Tatbestand stützt oder wenn es zweifellos und auch ihm bewusst ist, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund für einen Antrag gibt (vgl. VwGH 08.11.2011, 97/21/0023).

Mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen ist mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im „Ausnahmefall“ in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183 VwSlg. 18.337 A/2012; 21.05.2019, Ra 2018/19/0466).

Der Beschwerdeführer stellte 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher letztlich nicht zum Erfolg führte und rechtskräftig wurde. Einem Wiedereinsetzungsantrag, verbunden mit einer Beschwerde, blieb der Erfolg verwehrt.

Der BF hatte vielmehr schon mit der Entscheidung des BFA aus 2016 die Verpflichtung das Bundesgebiet zu verlassen bzw. eine Rückkehrentscheidung erhalten.

Ein Folgeantrag wurde ebenfalls vom BFA negativ beschieden, bestätigt durch das Erkenntnis des BVwG vom 07.02.2020. Die dagegen erhobene Revision wurde mit Erkenntnis des VwGH vom 15.04.2020 zurückgewiesen.

Trotz der klaren Entscheidung des VwGH stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, ohne diesen jedoch inhaltlich substantiell zu ändern oder neue Fluchtgründe vorzubringen. Diese Tatsache und die entsprechende Begründung dazu kann der Entscheidung des BFA und in weiterer Folge dem Erkenntnis des BVwG vom 15.07.2021 entnommen werden.

Der BF war in den dargestellten Vorverfahren – sowie im gegenständlichen Verfahren - zumindest durch Rechtsberater vertreten und entsprechend informiert. Der BF hat nicht vorgebracht, dass die (frühere) Rechtsberatung ihn nicht umfassend und vollständig über die Verfahrensabläufe und Folgen seiner Anträge und der darauf beruhenden Entscheidungen der Verwaltungsbehörde als auch der Gerichtsbarkeit informiert habe. Es gibt auch sonst keinerlei Anzeichen dafür, dass der BF nicht von den Folgen seiner Rechtshandlungen wusste oder unzureichend oder falsch informiert worden sei.

Dass das Vorbringen des BF, welches sich auch in seinem letzten, dritten Antrag auf internationalen Schutz im Grunde immer auf die gleichen Fluchtgründe (der behaupteten Konversion) stützt, wurde bereits ausführlich in den Erkenntnissen des BVwG dargelegt bzw. auch im Beschluss des VwGH vom 15.04.2020 ausgeführt. Dass ein wiederholter, sich auf gleiche Tatsachen beziehender Antrag, der keinerlei Aussicht auf Erfolg hat, offenbar mutwillig gestellt ist, ist dem durchschnittlichen Rechtsanwender, der noch dazu einen Rechtsberater, der ihm von der Republik Österreich zu seiner Seite gestellt wird, vermittelbar. Der BF hat auch in der Beschwerde nicht dargestellt, dass ihm diese Tatsache nicht bewusst sein konnte oder war. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen des BF, das ihm seine aktuelle Stellung im Asylverfahren offensichtlich umfänglich erläutert worden war, ansonsten er nicht die Behauptung aufstellen könnte, er könne gar nicht in den Iran abgeschoben werden.

Aus dem Verhalten des BF zeigt sich, dass dieser keinerlei Respekt gegenüber der Rechtsordnung der Republik Österreich bzw. der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeigte und er verblieb illegal im Bundesgebiet.

Der BF hat durch sein Verhalten, weil er nämlich nicht freiwillig das Bundesgebiet verließ und weitere Anträge stellte, Tätigkeiten der Behörde ausgelöst, welche erforderlich sind, um den Rechtsstaat durchzusetzen.

Dass der BF durch sein Verhalten, insbesondere wiederholte Antragstellungen, die Tätigkeit österreichischer Behörden zusätzlich und über Gebühr in Anspruch nimmt, ist offensichtlich.

Die Voraussetzungen zur Verhängung der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Fall grundsätzlich gegeben:

Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe ist auszuführen, dass diese, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von € 726,-, derart zu bemessen ist, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten wird (vgl. VwGH 15.12.1999, 98/12/0406).

Das Bundesverwaltungsgericht sieht in der Bemessung der Mutwillensstrafe von € 300,- dem Grund nach keinen Anlass, dies als ungebührlich hoch zu beurteilen. Da in der Beschwerde ein Antrag auf Reduzierung vorliegt, wägt das Bundesverwaltungsgericht die Höhe nach bestimmten Kriterien ab. So hat der BF bisher noch keine Mutwillensstrafe erhalten, sodass die Höchststrafe von € 726,- unangebracht hoch erscheint. Demgegenüber ist die mehrmalige mutwillige Inanspruchnahme der Behörde im Verfahren sowohl aus generalpräventiver und spezialpräventiver Sicht erforderlich, eine gewisse, abschreckende Höhe gegenüber weiterem Fehlverhalten zu erlangen. Der BF lässt den Respekt vor der österreichischen Rechtsordnung vermissen.

Es wurde damit der auszuschöpfende Höchstbetrag unterhalb der Hälfte festgesetzt.

Schließlich ist zu Lasten des BF der von ihm verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger des BFA zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass er durch die Stellung eines grundlosen Asylantrages während des – von ihm mutwillig in Gang gesetzten und zudem prolongierten – Asylverfahrens Leistungen aus der Grundversorgung bezog sowie das Verfahren bezüglich seines Aufenthaltstitels unnötig in die Länge zog, beanspruchte er nicht nur personelle Ressourcen des BFA (und auch des BVwG). Im Hinblick auf das gesetzte Verhalten des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Höhe der Mutwillensstrafe um eine Disziplinarstrafe im Bagatellbereich (vgl. § 25a Abs. 4 Z 2 VwGG).

Nicht zuletzt gilt es zu beachten, dass sich das Verhalten des Beschwerdeführers durch die langjährige, letztlich jedoch mutwillig erfolgte Inanspruchnahme von Behördenkapazitäten zwangsläufig zu Lasten redlicher Antragsteller auswirkt.

Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Strafhöhe als erschwerend zu werten. Strafmildernde Umstände gehen einzig in die Richtung, dass bisher noch keine Mutwillensstrafe über den BF verhängt wurde, sodass eine Höhe von € 300,- gerechtfertigt erscheint.

Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommenssituation des BF bei der Bemessung der Strafhöhe nicht weitergehend zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass – nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG – § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist. Es liegt auch sonst keine gesetzliche Grundlage vor, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (VwGH 20.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. 14.064 A/1994).

3.2. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

In Bezug darauf, dass nach § 24 Abs. 4 VwGVG das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das Gericht einerseits bereits einen dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt annehmen konnte, der mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. soweit dem Vorbringen nicht gefolgt wurde, einen Sachverhalt annehmen konnte der von dem Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert bestritten wurde. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007).

Aus den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 24 VwGVG ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5; auch VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

3.3. Zur Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Beschwerdegebühr.

Die Verhängung der Mutwillensstrafe dient sowohl spezial- als auch generalpräventiven Gründen. Die Mutwillensstrafe dient, wie oben dargestellt (s. VwGH 15.12.1999, 98/12/0406), dazu, Personen von der offenbar mutwilligen oder von Verschleppungsabsicht getragenen Inanspruchnahme von Behörden abzuhalten. Bei der Mutwillensstrafe gemäß §°35 AVG, handelt es sich um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, sohin um ein Disziplinarmittel. Sie ist also nicht an irgendeine Verwaltungsmaterie (zB AsylG oder FPG) gebunden, sondern dient dem Zweck, die Behördentätigkeit nicht unnötig zu gefährden bzw. die Verschleppung von Verwaltungsverfahren hintanzuhalten, unabhängig von den jeweiligen Einzelverfahren und deren gesetzliche Grundlage. Die Verhängung der Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, als auch die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (VwGH 22.1.1930, 439/29, VwSlg. 15960 A, ebenso 24.3.1997, 95/19/1705, oder 23.3.1999, 97/19/0022). Wie der BF selbst ausführt, ist Art 6 EMRK davon nicht berührt und kann auch aus der geringen Höhe der Beschwerdegebühr keine Verletzung der GRC abgeleitet werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Verhängung einer Mutwillensstrafe von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Generalprävention Mutwillensstrafe Rechtsmissbrauch Spezialprävention Strafbemessung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2244318.1.00

Im RIS seit

21.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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