TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/28 L516 2167500-1

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Veröffentlicht am 28.07.2021
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Entscheidungsdatum

28.07.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L516 2167500-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Bangladesch, vertreten durch den Verein Queer Base, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2017, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.06.2021 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und stellte am 11.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (IV.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache am 16.06.2021 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer mit seiner Vertretung sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; EB=Erstbefragung; EV=Einvernahme; NS=Niederschrift; VS=Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht; S=Seite; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich; SD=Staatendokumentation des BFA; LIB=Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA]

1.1 Zum Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen und sowie die ebenso dort angeführten Geburtsdaten. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und gehört der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest. Mangels Vorliegen von Identitätsdokumenten konnte die Identität jedoch nicht abschließend festgestellt werden. Das Feststehen der Identität eines Fremden ist jedoch keine besondere gesetzliche Voraussetzung für die Gewährung von Asyl (VwGH 26.09.2007, 2007/19/0086). Der Beschwerdeführer führte im gesamten Verfahren vor dem BFA den Familiennamen „ XXXX “, der so auch auf der Aufenthaltsberechtigungskarte gem § 51 AsylG vermerkt ist. (vgl zB AS 3, 39, 65, 67) Die Schreibweise „ XXXX “ auf dem angefochtenen Bescheid (AS 81) scheint daher auf einem Tippfehler oder Irrtum zu beruhen.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. (Strafregister der Republik)

1.2 Der Beschwerdeführer brachte zur Beründung seines Antrages auf internationalen Schutz – zusammengefasst – vor:

Der Beschwerdeführer führte zur Begründung seines Antrages im Verfahren vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht – zusammengefasst – zunächst an, wegen seiner politischen Aktivitäten für die Jamaat-e-Islami in Bangladesch Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein und solche auch bei seiner Rückkehr zu befürchten (NS 06.06.2017 S 7 ff; VS 16.06.2021 S 8, 11 ff)

Im Beschwerdeverfahren gab der Beschwerdeführer zudem im Dezember 2020 schriftlich bekannt, homosexuell zu sein und in einer Partnerschaft zu leben und in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2021 konkretisierte er sein diesbezügliches Vorbringen mit näheren Ausführungen unter anderem zu seiner sexuellen Entwicklung, seinen Erfahrungen und zu seiner aktuellen Partnerschaft. (Schriftsätze vom 07.12.2020 und 31.05.2021 (OZ 16, 22); VS 16.06.2021 S 13 ff)

1.3 Zur Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Homosexualität ist glaubhaft. Der Beschwerdeführer ist homosexuell, bekennt sich zu seiner homosexuellen Orientierung, lebte diese auch aus und möchte dies auch weiterhin und offen und ohne Furcht vor Repressalien und Eingriffen in seine körperliche Integrität tun können.

1.4 Zur Lage der Homosexuellen in Bangladesch

(Beweisquelle: Länderinformation der Staatendokumentation, Bangladesch, 18.11.2020, Version 3)

SOGI - Sexuelle Orientierung und Genderidentität

Letzte Änderung: 13.11.2020

Homosexuelle Handlungen sind illegal und können nach § 377 des „Bangladesh Penal Code, 1860“ (BPC) mit lebenslangem Freiheitsentzug (ILGA 3.2019), mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe, bestraft werden (ILGA 3.2019; vgl. AA 21.6.2020). Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ (ÖB 9.2020). Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft (Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersex) berichteten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 21.6.2020).

Homosexualität ist gesellschaftlich absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen (ÖB 9.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Jedes Jahr wird über dutzende Angriffe auf Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichtet (FH 2020). Bei einem durch das Human Rights Forum Bangladesh (HRFB) eingereichten Bericht beim UN-Ausschuss gegen Folter vom 29.6.2019 wurden für den Zeitraum 2013 bis 2018 insgesamt 434 Beschwerden wegen schikanöser Behandlungen oder Misshandlungen angeführt. Davon betrafen 294 Fälle Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten (HRFB 22.6.2019).

Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten „Hijras“, Eunuchen und Personen mit unterentwickelten oder missgebildeten Geschlechtsorganen. Diese Gruppe ist aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und massiver gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 21.6.2020), auch wenn viele Hijras in klar definierten und organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben. Obwohl sie eine anerkannte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 22.8.2019). Die Regierung verabsäumte es, den Schutz der Rechte von Hijras ordnungsgemäß durchzusetzen (HRW 14.1.2020).

LGBT-Organisationen, insbesondere für Lesben, sind selten (USDOS 11.3.2020). Es gibt keine

NGO für sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität in Bangladesch, dafür aber NGOs wie „Boys of Bangladesh“, die „Bhandu Social Welfare Society“ und Online-Gemeinschaften wie „Roopbaan“, das lesbische Netzwerk „Shambhab“ und „Vivid Rainbow“ (ILGA 3.2019).

2019 wurde erstmals eine Vertreterin der Hijras ins Parlament gewählt. Ein sog. drittes Geschlecht wird z.T. amtlich anerkannt (AA 21.6.2020).

2. Beweiswürdigung

2.1 Zum Beschwerdeführer

2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Herkunft des Beschwerdeführers (oben II.2.1.) ergeben sich aus den von ihm im Verfahren getätigten Angaben, welche insofern stringent waren und an denen auf Grund seiner Sprachkenntnisse auch nicht zu zweifeln war.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich nach Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich zum heutigen Tag.

2.2. Zum Fluchtgrund und zur Rückkehrbefürchtung

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien (vgl VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091). So kann ein asylerhebliches glaubhaftes Vorbringen auch neben unglaubhaftem Vorbringen bestehen.

Die Feststellungen zur Homosexualität des Beschwerdeführers (oben 1.3) waren nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlungen am 16.06.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht zu treffen.

Der Beschwerdeführer erstattete das Vorbringen zu seiner homosexuellen Orientierung nicht bereits im Verfahren vor dem BFA, sondern erst während des Beschwerdeverfahrens. Der EuGH hat jedoch bereits ausgesprochen, dass angesichts des sensiblen Charakters der Informationen, die die persönliche Sphäre einer Person, insbesondere ihre Sexualität, betreffen, allein daraus, dass diese Person, weil sie zögert, intime Aspekte ihres Lebens zu offenbaren, ihre Homosexualität nicht sofort angegeben hat, nicht geschlossen werden kann, dass sie unglaubwürdig ist (EuGH 02.12.2014, A u. a., C?148/13 bis C?150/13, EU:C:2014:2406, Rn 69).

Der Beschwerdeführer war in der Verhandlung am 16.06.2021 dazu in der Lage, von sich aus den Weg zu seiner eigenen sexuellen Identität nachvollziehbar zu beschreiben. Er konnte das Zustandekommen seiner ersten sexuellen Erfahrung und Beziehung näher darstellen. So schilderte er, XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX

Der Beschwerdeführer war somit in der Lage, seine persönliche Entwicklung sowie die Reaktionen Dritter auf seine sexuelle Orientierung detailliert zu schildern. Diese Ausführungen des Beschwerdeführers erweisen sich als widerspruchsfrei, kohärent und konsistent. Der Beschwerdeführer hinterließ dabei zusätzlich beim Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung am 16.06.2021 einen glaubhaften Eindruck. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher in Bezug auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachte sexuelle Orientierung von einem glaubhaften Vorbringen aus. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens trat somit eindeutig zu Tage, dass der Beschwerdeführer homosexuell orientiert ist und seine Neigung auch weiterhin ausleben möchte. Diesen Umstand konnte das BFA bei der zeitlich vorgelagerten Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides naturgemäß noch nicht berücksichtigen.

2.3 Zur Lage von Homosexuellen in Bangladesch (oben 1.4)

Diese ergibt sich aus dem aktuellsten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch vom November 2020 und den darin enthaltenen Länderberichten. All diese Berichte zeigen ein im Wesentlichen übereinstimmendes Bild, sie stammen von seriösen staatlichen und unabhängigen Quellen, sodass auch kein Grund besteht, an diesen zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Zum Status eines Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005)

3.1 Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 07.11.2013, C-199/12, ausgesprochen, dass Art 9 Abs 1 in Verbindung mit Art 9 Abs 2 lit c der Qualifikations-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind, als solcher keine Verfolgungshandlung darstellt. Dagegen ist eine Freiheitsstrafe, mit der homosexuelle Handlungen bedroht sind und die im Herkunftsland, welches eine solche Regelung erlassen hat, tatsächlich verhängt wird, als unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung zu betrachten und stellt somit eine Verfolgungshandlung dar. Art 10 Abs 1 lit d in Verbindung mit Art 2 Buchst c der Qualifikations-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass vom Geltungsbereich der Richtlinie nur homosexuelle Handlungen ausgeschlossen sind, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten strafbar sind. Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber auch nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.

Der Verfassungsgerichtshof hat zudem jüngst in seiner Entscheidung vom 22.09.2020, E 423/2020-12, Rz 29 in Zusammenhang mit Bangladesch ausgesprochen, dass eine nicht bestehende strafrechtliche Verfolgung nicht schon zur Verneinung einer asylrechtlichen Verfolgung eines Beschwerdeführers führt. Für die Anerkennung eines für die Identität so bedeutsamen Merkmals wie der sexuellen Orientierung kann – wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat – vom Betroffenen aber nicht verlangt werden, diese Ausrichtung geheim zu halten oder in Zurückhaltung zu leben, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden (siehe VfSlg. 20.170/2017; VfGH 11.6.2019, E 291/2019 und 18.9.2014, E 910/2014). (VfGH 22.09.2020, E 423/2020-12, Rz 29)

Der Verfassungsgerichtshof hat ebenso in Bezug auf Bangladesch in seiner Entscheidung vom 27.02.2020, E 3349/2019-14 ausgesprochen, dass die Annahme, dass eine Homosexualität in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch keinen Fluchtgrund darstelle, im Widerspruch zu den vom Bundesverwaltungsgericht angezogenen Länderberichten stehe (VfGH 27.02.2020, E 3349/2019-14 Rz 13; zur Verfolgungssituation von Homosexuellen in Bangladesch siehe auch VfGH 07.06.2021, E959/2021)

Zum gegenständlichen Fall

3.2 Laut dem festgestellten Sachverhalt ist die Anwendung des § 377 Strafgesetzbuch von Bangladesch zwar extrem selten, sie wird jedoch angedroht, um Homosexuelle zu erpressen oder ihr Wohlverhalten zu erzwingen. Die Diskriminierung durch Sicherheitskräfte beruht zumeist auf einem Artikel des Strafrechts, der es erlaubt, Personen aufgrund verdächtigen Verhaltens festzunehmen. Ein offenes Bekenntnis zur Homosexualität ist in Bangladesch gesellschaftlich unmöglich und führt einerseits zur Ausgrenzung durch die dortige Gesellschaft und oft auch durch die Familie sowie andererseits auch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungshandlungen. Die betroffene Person ist dann dabei häufig Einschüchterungen, Bedrohungen oder zum Teil brutalen gewalttätigen Übergriffen durch Polizeiangehörige oder Dritte ausgesetzt, ohne dagegen den erforderlichen Schutz erhalten zu können.

3.3 Nach der Judikatur des EuGH kann auch nicht erwartet werden, dass der Beschwerdeführer seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden.

3.4 Es ist daher unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles objektiv nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen, und zwar aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgten sozialen Gruppe, nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen, zumal auch eine inländische Ausweichmöglichkeit – die Lage gestaltet sich in allen Landesteilen gleichartig – nicht vorhanden ist.

3.5 Im Verfahren haben sich schließlich keine Hinweise auf die in Artikel 1 Abschnitt C und F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- und Ausschlussgründe ergeben.

3.6 Im vorliegenden Fall sind somit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gegeben. Einer darüberhinausgehenden Beurteilung des übrigen Vorbringens des Beschwerdeführers bedurfte es angesichts des Spruchinhaltes nicht mehr.

3.7 Der Beschwerde wird daher spruchgemäß stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung verbunden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.8 Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz nach dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs 4 AsylG damit eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B)

Revision

3.9. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des EuGH und des Verfassunsgerichtshofes geklärt ist.

3.10 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asyl auf Zeit asylrechtlich relevante Verfolgung Flüchtlingseigenschaft sexuelle Orientierung soziale Gruppe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L516.2167500.1.00

Im RIS seit

21.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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