TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/24 95/18/1187

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Veröffentlicht am 24.10.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Juni 1995, Zl. SD 762/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Juni 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 2. Juli 1991 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, welcher nach zwei Monaten rechtskräftig abgewiesen worden sei. In der Folge seien dem Beschwerdeführer Sichtvermerke erteilt worden, wobei sich immer wieder "Schwierigkeiten mit dem Unterhaltsnachweis" ergeben hätten.

Am 7. Dezember 1992 sei der Beschwerdeführer in Rankweil bei einer illegalen Gewerbeausübung, nämlich dem Verkauf von Bildern zu einem Preis von je S 250,--, betreten worden. Er habe sich damit verantwortet, nicht gewußt zu haben, daß der Bilderverkauf strafbar sei.

In der Folge sei dem Beschwerdeführer neuerlich ein Sichtvermerk bis Ende Oktober 1993 erteilt worden.

Am 8. Juni 1993 sei er neuerlich beim unbefugten Verkauf von Bildern betreten worden. Er sei daraufhin verwarnt worden und habe zur Kenntnis genommen, daß er im Wiederholungsfalle mit der Ungültigerklärung des Sichtvermerkes bzw. weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu rechnen habe.

Der Beschwerdeführer sei bis Ende Oktober 1994 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. Am 11. November 1994 sei er neuerlich beim Verkauf von Bildern betreten worden. Er habe angegeben, er hätte mit dem Erlös der verkauften Bilder sein Studium finanzieren wollen.

Aufgrund des Umstandes, daß der Beschwerdeführer trotz ausdrücklicher Ermahnung immer wieder bei der illegalen Ausübung derselben gewerblichen Tätigkeit betreten worden sei, gefährde dessen weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung. Die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei daher gerechtfertigt.

Der im Hinblick auf die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und die am 19. April 1995 erfolgte Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erscheine im Hinblick auf die beharrliche Wiederholung gleichartiger Straftaten zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten.

Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wögen im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer erst das erste Semester eines Vorbereitungslehrganges einer höheren technischen Lehranstalt belegt habe und erst nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes in erster Instanz geheiratet habe, nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0496) kann ein Aufenthaltsverbot im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG auch dann erlassen werden, wenn zwar - wie im Beschwerdefall - keiner der Tatbestände des § 18 Abs. 2 leg. cit. verwirklicht ist, wohl aber das Gesamt(fehl)verhalten die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigt.

2. Dies trifft jedoch im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht zu:

Das dem Beschwerdeführer angelastete - von ihm nicht bestrittene - Fehlverhalten besteht darin, daß er insgesamt dreimal dabei betreten wurde, als er versuchte, Bilder zu verkaufen, wobei er - nach dem Inhalt der Verwaltungsakten - von Haus zu Haus ging und erklärte, er wolle mit dem Erlös der Bilder sein Studium finanzieren. Eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen dieser Taten wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt.

Wenngleich dieses Verhalten gegen das öffentliche Interesse an einem geordneten Gewerbewesen verstößt, reicht es insbesondere vor dem Hintergrund des als Wertungsmaßstab heranzuziehenden Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG, für dessen Verwirklichung erforderlich ist, daß ein Fremder im Inland mehr als einmal wegen der dort angeführten Übertretungen rechtskräftig bestraft worden ist, noch nicht aus, um die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme zu rechtfertigen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, daß der Beschwerdeführer in dem Zeitraum, in welchem er dreimal beim Verkauf von Bildern betreten wurde, keiner geregelten Beschäftigung nachging, während er nunmehr nach der im Berufungsverfahren vorgelegten Bestätigung als Helfer in einem Personalberatungsunternehmen mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche beschäftigt ist. Weiters ist nicht unbeachtlich, daß dem Beschwerdeführer sowohl nach der ersten Betretung als auch nach der zweiten Betretung beim Verkauf von Bildern neuerlich eine Berechtigung zum Aufenthalt erteilt wurde.

Auch der unberechtigte Aufenthalt des Beschwerdeführers seit acht Monaten - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren war während dieses Zeitraumes die Berufung im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung anhängig - vermag diese Wertung nicht entscheidend zum Nachteil des Beschwerdeführers zu beeinflussen.

3. Da die belangte Behörde somit in Verkennung der Rechtslage zu dem Ergebnis kam, daß aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur die Entrichtung von Stempelgebühren in der Höhe von S 390,-- (drei Ausfertigungen der Beschwerde S 360,--, eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides S 30,--) erforderlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995181187.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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