TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/25 93/17/0280

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.1996
beobachten
merken

Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
L37089 Dienstgeberabgabe Wien;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1298;
BAO §201;
BAO §224 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
DienstgeberabgabeG Wr §6 Abs1;
GewStG §28 Abs1 idF 1959/303;
LAO Wr 1962 §149 Abs1;
LAO Wr 1962 §149;
LAO Wr 1962 §171;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des O in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 29. Juni 1993, Zl. MD-VfR - O 3/93, betreffend Haftung für Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Februar 1993 wurde der Beschwerdeführer gemäß "§ 7 und § 54 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, zuletzt geändert durch das LGBl. Nr. 40/92" für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer der K und O Ges.m.b.H. in Liquidation (im folgenden: GmbH) "in der Höhe von S 9.684,-- für den Zeitraum Rest 1-9/1991 haftbar gemacht" und gemäß § 171 WAO zur Zahlung aufgefordert.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, der Beschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer bzw. seit November 1992 (richtig: November 1991) als Liquidator der GmbH eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlaßt noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer bzw. Liquidator auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der GmbH uneinbringlich sei. Nach den Bestimmungen der WAO sei der Geschäftsführer zur Haftung heranzuziehen, wenn der Rückstand bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. Die Beendigung des Konkursverfahrens könne somit nicht abgewartet werden. Weiters schlüsselte die Abgabenbehörde in diesem Bescheid die Zusammensetzung des Abgabenrückstandes auf.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß ihn an der Nichtabführung der Abgaben durch die GmbH kein Verschulden treffe. Aufgrund des Berichtes des Steuerberaters über den finanziellen Status der GmbH sei am 24. September 1991 die Liquidation der GmbH beschlossen worden, am 30. April 1992 hätten die Geschäftsführer den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über die in Liquidation befindliche GmbH gestellt. Die gegenständlichen Abgaben fußten auf Revisionsnachträgen und Nebengebühren. Diese Rückstände seien zu einem Zeitpunkt aufgetaucht, als sich die GmbH bereits in Liquidation befunden habe und erkennbar gewesen sei, daß ohne Gläubigerbegünstigung Zahlungen nicht erfolgen könnten. Eine Zahlung hätte zur Verwirklichung der Straftatbestände nach § 158 oder zumindest nach § 159 StGB geführt. Für den Beschwerdeführer als Geschäftsführer sei im Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeiten nicht erkennbar gewesen, daß ein Revisionsnachtrag möglich wäre und Nebengebühren entstehen würden. Die Nichtbezahlung dieser Beträge sei vor dem Revisionsnachtrag "nicht gegeben gewesen", zumal die unrichtige Berechnung der Lohnsummensteuer bzw. der Dienstgeberabgaben für ihn nicht erkennbar gewesen sei; schließlich sei dies die Aufgabe des Steuerberaters. Daß ihm ein Auswahlverschulden hinsichtlich des Steuerberaters zur Last falle, könne nicht mit Recht behauptet werden. Im April und Juni 1992 wäre er als Geschäftsführer zur Leistung von Zahlungen gar nicht berechtigt gewesen.

1.2. Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. April 1993 wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Darin führte die Behörde im wesentlichen aus, es werde nicht bestritten, daß die Abgabenrückstände bei der Gesellschaft (über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden sei) uneinbringlich seien. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers gehe ins Leere, da es Aufgabe des Geschäftsführers sei, für die richtige Abrechnung der Abgaben Sorge zu tragen. Sei dies Dritten übertragen, habe der Geschäftsführer seine Aufsichtspflicht so zu erfüllen, daß die Abgabengebarung ordnungsgemäß durchgeführt werde und keine Rückstände entstehen könnten. Die Abgabenbehörde habe den Geschäftsführer zur Haftung heranzuziehen, wenn er die Abgaben zum Zeitpunkt der Fälligkeiten nicht entrichtet bzw. deren Entrichtung nicht veranlaßt habe, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. Der Abgabenrückstand falle auf einen Zeitraum, der lange vor der Konkurseröffnung liege (Jänner bis September 1991). Es sei ferner Aufgabe des Geschäftsführers nachzuweisen, daß ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Diesen Nachweis habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht erbracht.

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz und wiederholte, daß die richtige Ermittlung von Lohnsummensteuer und Dienstgeberabgabe dem Steuerberater übertragen worden sei und ihm diesbezüglich kein Auswahlverschulden zur Last liege. Im Zeitpunkt der nachträglichen Vorschreibung (April und Juni 1992) sei die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig gewesen. Ergänzend legte der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag dar, daß die Gesellschaft im Jahr 1991 wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre, den geringfügigen Betrag von S 9.684,-- zu bezahlen, wenn er vorgeschrieben worden wäre. Die nachträgliche Vorschreibung der Lohnsummensteuer und Dienstgeberabgabe infolge Nachverrechnung hätte dazu geführt, daß die Fälligkeit des Rückstandes erst zu einem Zeitpunkt eingetreten sei, in welchem der Beschwerdeführer nicht berechtigt gewesen sei, Zahlungen zu leisten. Mangels Kenntnis der Forderung im Zeitpunkt der Zahlungsfähigkeit hätte die Forderung nicht befriedigt werden können. Im Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit sei Zahlungsfähigkeit nicht gegeben gewesen, weshalb eine Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit nicht vorliege.

1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid lediglich dahingehend ab, daß sich die Haftung auf die §§ 7 und 54 WAO in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 stütze, im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Begründend verwies die belangte Behörde auf Art. II der Novelle zur WAO, LGBl. Nr. 40/1992, wonach deren Art. I Z. 2 und 3 in allen Fällen Anwendung findet, in denen die Pflichtverletzung nach dem Tag der Kundmachung dieses Gesetzes, welche am 16. September 1992 erfolgte, begangen wurde. Im Hinblick auf die Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH am 8. Mai 1992 hätte die Pflichtverletzung nicht nach der Kundmachung der Novelle erfolgen können, sodaß § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung vor der Novelle anzuwenden gewesen sei. Nach Darlegung der gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen stellte die belangte Behörde fest, daß nach der Aktenlage die angeführte Abgabenforderung bestehe und der Beschwerdeführer unbestritten als Geschäftsführer und Liquidator der Gesellschaft zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, daß die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft uneinbringlich seien, zumal über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Mißachtung des § 6 Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz, wonach der Abgabepflichtige bis zum 10. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten habe. Sie ergebe sich ferner daraus, daß nach § 28 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz 1953 die Lohnsummensteuer für ein Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Monates fällig sei. Demnach hätte der Beschwerdeführer für die fristgerechte Entrichtung im Haftungszeitraum Sorge tragen müssen. Unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1954, Slg. N.F. Nr. 1003/F, führte die belangte Behörde sodann aus, es sei Aufgabe des Geschäftsführers, nachzuweisen, daß ihm die Erfüllung der ihm obliegenden abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Seien mehrere Geschäftsführer bestellt, so könne der einzelne Geschäftsführer diesen Entlastungsbeweis bereits durch den Nachweis erbringen, daß ihm die Besorgung der Abgabenangelegenheiten nicht oblegen sei und kein Anlaß bestanden habe, die Tätigkeit des mit der Entrichtung der Abgaben betrauten anderen Geschäftsführers wegen Zweifel an der Ordnungsgemäßheit seiner Geschäftsführung zu überprüfen. Eine solche Aufteilung habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Er gebe selbst zu, daß die GmbH im Jahre 1991 in der Lage gewesen wäre, den Haftungsbetrag zu bezahlen. Die aushaftenden Abgaben seien bereits im Jahre 1991 fällig gewesen, und es handle sich um Selbstbemessungsabgaben, die der Abgabepflichtige von sich aus abzurechnen und zu bezahlen habe. Dem Beschwerdeführer hätte auffallen müssen, daß die Dienstgeberabgabe und die Lohnsummensteuer für die Monate Juni bis August 1991 überhaupt nicht bezahlt worden seien. Dafür könne er die Verantwortung nicht auf den Steuerberater abschieben. Überdies habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Dezember 1991, Zl. 90/16/0114, ausgesprochen, daß der Geschäftsführer die Tätigkeit der mit Steuerangelegenheiten betrauten Personen in solchen zeitlichen Abständen zu überwachen habe, die es ausschlössen, daß ihm Steuerrückstände verborgen blieben. Bezüglich dieser Überwachungspflicht habe der Beschwerdeführer kein konkretes Vorbringen erstattet. Ein mangelndes Verschulden liege somit nicht vor, weiters erstreckten sich persönliche Haftungen nach § 5 Abs. 2 WAO auch auf Nebenansprüche. Die Ursächlichkeit der Unterlassung der rechtzeitigen Bezahlung für die spätere Uneinbringlichkeit sei evident. Die Berufung habe daher erfolglos bleiben müssen. Lediglich die maßgebende Rechtsgrundlage der Haftung sei richtigzustellen gewesen.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen in ihrem Recht verletzt, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Haftung für Dienstgeberabgabe- und Lohnsummensteuerrückstände herangezogen zu werden.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 WAO in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 54 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den §§ 7, 54 WAO und zu den entsprechenden Haftungsnormen in anderen Landesabgabenordnungen sowie in der Bundesabgabenordnung setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung gemäß § 7 Abs. 1 WAO hat weiters zur Voraussetzung, daß zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Das Tatbestandesmerkmal, daß die Abgaben "infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können," ist unter anderem dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Zahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und nicht - wenn auch nur anteilig - für die Abgabentilgung Sorge getragen hat.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, es sei Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Außerdem hat der Vertreter darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. Diese den Vertreter treffende Mitwirkungspflicht kann freilich nicht so aufgefaßt werden, daß die Abgabenbehörde jedweder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216, und vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0215).

2.2. Im Beschwerdefall ist die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei der GmbH unbestritten. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, daß er während des im Haftungsbescheid bezeichneten Abgabenzeitraumes Geschäftsführer der abgabepflichtigen GmbH war. Bei Abgaben, welche der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen hat, bestimmt sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachkam und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/14/0077, und vom 25. Juni 1996, Zl. 92/17/0083).

Für die gegenständlichen Abgabenzeiträume Jänner bis September 1991 wäre die Dienstgeberabgabe gemäß § 6 Abs. 1 Wr. Dienstgeberabgabegesetzes, LGBl. Nr. 17/1970, jeweils bis zum 10. Tag jedes Monates für den Vormonat zu entrichten gewesen; die Lohnsummensteuer für einen Kalendermonat ist gemäß § 28 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz 1953 in der Fassung BGBl. Nr. 303/1959 jeweils am 15. des darauffolgenden Monates fällig. Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, wurden die dem Haftungsbescheid zugrundegelegten Abgabenschuldigkeiten zu den Fälligkeitszeitpunkten im Jahr 1991 nicht entrichtet (dabei handelt es sich innerhalb des haftungsbegründenden Gesamtrückstandes von S 9.684,-- im wesentlichen um den Lohnsummensteuer-Rückstand für die Monate Juni und August 1991 in Höhe von S 7.102,-- und um die Dienstgeberabgabe-Rückstände für die Monate Juni bis August 1991 in Höhe von S 1.440,-- sowie im einzelnen angeführte Nebenansprüche); die entsprechenden Lohnsummensteuer- und Dienstgeberabgabeerklärungen wurden nachträglich abgegeben und sind bei der Abgabenbehörde am 10. April 1992 bzw. am 15. Juni 1992 eingelangt.

Die Vertreterstellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH während des Zeitraumes Februar bis Oktober 1991 (nach der Aktenlage ab 12. November 1991 als Liquidator) ist unbestritten. Daß im Jahre 1991 und damit zu den Fälligkeitszeitpunkten Mittel zur Abgabenentrichtung vorhanden waren, wird vom Beschwerdeführer sogar ausdrücklich zugestanden. Hingegen kommt es auf den Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe für die Prüfung der Haftungsvoraussetzungen nicht an. Die Geltendmachung der Haftung für eine Selbstbemessungsabgabe, die kraft Gesetzes entsteht und kraft Gesetzes fällig wird, setzt eine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabenschuld gegenüber dem "Primärschuldner" gar nicht voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 92/17/0003).

2.3. Was die Beauftragung des Steuerberaters mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten der GmbH betrifft, so ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß dieser Umstand allein den Vertreter nach § 54 Abs. 1 WAO nicht zu exkulpieren vermag und ihn von seinen Pflichten nicht entbindet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß der Geschäftsführer jedenfalls nicht der Pflicht enthoben ist, die beauftragte Person bei ihrer Tätigkeit zu überwachen, und zwar zumindest in solchen Abständen, die es ausschließen, daß ihm Steuerrückstände verborgen bleiben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. September 1988, Zl. 87/14/0148, vom 16. Oktober 1992, Zl. 91/17/0124, und vom 11. Dezember 1992, Zl. 92/17/0178).

Die Betrauung eines Steuerberaters mit der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten entbindet den Vertreter nach § 54 WAO, wenn er seinen zumutbaren Informations- und/oder Überwachungspflichten nicht nachkommt, von seinen Pflichten nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. August 1995, Zl. 94/13/0095 = AnwBl 1996, 402). Ein Sachvorbringen, daß der Beschwerdeführer alles ihm Zumutbare getan habe, um etwaige Versäumnisse des Steuerberaters bei der Wahrnehmung der Erklärungspflichten im Zusammenhang mit den gegenständlichen Selbstbemessungsabgaben und bei der aktenkundigen Unterlassung der Abgabenentrichtung für die Monate Juni bis August 1991 festzustellen und die Rückstände unverzüglich zu begleichen, hat der Beschwerdeführer auf keine Weise und in keinem Stadium des Verfahrens erstattet. Dazu wäre er allerdings gehalten gewesen, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof seit dem hg. Erkenntnis vom 24. September 1954, Slg. N.F. Nr. 1.003/F, in ständiger Rechtsprechung judiziert hat - "nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (vgl. auch § 1298 ABGB)". Es wäre also Sache des Beschwerdeführers gewesen, darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, daß die von ihm geleitete Gesellschaft die in Rede stehenden Abgabenzahlungen rechtzeitig entrichtet. Der Verwaltungsgerichtshof versteht nämlich die zitierte Nachweispflicht zumindest als eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast.

Wenn der Beschwerdeführer offenbar meint, daß der Fall der Beauftragung eines Steuerberaters mit den Abgabenangelegenheiten der GmbH ebenso zu behandeln sei wie jene Fälle, in denen zwischen mehreren Geschäftsführern eine Aufgabenteilung (Geschäftsverteilung) in der Weise besteht, daß nur einer der Geschäftsführer für die Wahrnehmung abgabenrechtlicher Belange zuständig ist, so übersieht er, daß im Falle der Betrauung eines Steuerberaters lediglich ein Dritter durch rechtsgeschäftlichen Akt beauftragt wird, der nicht - wie dies bei einem weiteren Geschäftsführer der Fall ist - haftungspflichtiger Vertreter der GmbH im Sinne der §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 WAO ist. Gerade aus diesem Unterschied ergibt sich die Rechtfertigung dafür, daß ein nach der Agendenverteilung nicht mit Abgabenangelegenheiten befaßter Geschäftsführer auf die Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung eines anderen - mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betrauten - Geschäftsführers solange vertrauen kann, solange kein Anlaß vorliegt, an dieser Ordnungsgemäßheit zu zweifeln; dagegen sind mit Steuerangelegenheiten der GmbH betraute, dritte Personen stets in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, daß dem Geschäftsführer Steuerrückstände verborgen bleiben.

Warum es dem Beschwerdeführer - wie dieser in seiner Beschwerde erstmals und ohne Konkretisierung behauptet - im Hinblick auf den Zeitpunkt der Eintragung der GmbH und seiner Bestellung zum Geschäftsführer (am 5. April 1990, also 9 Monate vor dem Abgabenzeitraum) gar nicht möglich gewesen sein sollte, die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten durch den Steuerberater zu überprüfen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

2.4. Zusammenfassend ist zu sagen, daß die belangte Behörde zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, der Beschwerdeführer habe eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne der §§ 7 und 54 WAO zu vertreten. Daraus ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 48/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993170280.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

29.08.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten