Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache des Betroffenen M*****, geboren am ***** 1970, *****, über den Revisionsrekurs der gesetzlichen Erwachsenenvertreterin S*****, vertreten durch Mag. Eduard Aschauer, Mag. Petra Aschauer, Rechtsanwälte in Steyr, gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 14. September 2021, GZ 1 R 96/21t-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 1. August 2021, GZ 17 P 94/21z-16, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[2] Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss des Erstgerichts, womit die von der gesetzlichen Erwachsenenvertreterin (der Mutter des Betroffenen) versagte Zustimmung zu der vom Betroffenen gewünschten COVID-19-Impfung ersetzt wurde, und ließ den Revisionsrekurs zur Frage zu, ob bzw unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung eines gesetzlichen Erwachsenenvertreters in diesem Fall vom Gericht zu ersetzen sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] In ihrem Revisionsrekurs gelingt es der Erwachsenenvertreterin nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.
[4] 1.1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Verfahrensverstöße auch im Außerstreitverfahren nur dann eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bilden können, wenn sie abstrakt geeignet sind, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen, und dass diese Erheblichkeit des Mangels auch im Außerstreitverfahren vom Rechtsmittelwerber darzulegen ist (vgl RS0043027 [T4, T8, T13]). Infolgedessen muss der Rechtsmittelwerber gewöhnlich behaupten, welche Ergebnisse ohne den Mangel als Stütze für seinen Verfahrensstandpunkt hätten erzielt werden können. Ob die Rekursausführungen so weit spezifiziert sind, dass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels hinreichend konkret dargelegt wird, ist eine Frage des Einzelfalls und stellt damit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG dar (vgl 5 Ob 39/17x mwN).
[5] 1.2. Nach ständiger Rechtsprechung zum Streitverfahren liegt eine ordnungsgemäße Beweisrüge nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und auf Grund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RS0041835 [T4]). Dies gilt auch im Außerstreitverfahren (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 32 Rz 14).
[6] 1.3. Die Rechtsrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RS0043312 [T14]); andernfalls können die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung einer weiteren Behandlung nicht zugeführt werden (vgl RS0043312 [T12]).
[7] 2. Das Rekursgericht hat seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, indem es sowohl die Mängelrüge als auch die Beweisrüge und die Rechtsrüge der gesetzlichen Erwachsenenvertreterin als nicht gesetzmäßig ausgeführt wertete und dem Rekurs schon aus diesem Grund nicht Folge gab. Damit stellt sich aber die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nicht. Im Übrigen setzt sich die Revisionsrekurswerberin in ihrer Rechtsrüge auch nicht mit der tragenden inhaltlichen (Eventual-)Argumentation des Rekursgerichts auseinander, wonach kein Vertretungsfall vorliege, weil der Betroffene nach den Feststellungen ohnehin entscheidungsfähig iSd § 252 ABGB sei und dieser die Impfung ausdrücklich wünsche.
Textnummer
E133245European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00206.21X.1202.000Im RIS seit
21.12.2021Zuletzt aktualisiert am
21.12.2021