Norm
BDG 1979 §43 Abs2 iVm §91Schlagworte
Lenken eines KFZ in alkoholisiertem Zustand aD, VU mit PersonenschadenText
Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 16.12.2021 nach der am 16.12.2021 in Anwesenheit des Disziplinarbeschuldigten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist schuldig, er hat
am 09.03.2021 um 14.10 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (eine im N.N. durchgeführte Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt hat einen Wert von 0,69 mg/l ergeben) seinen PKW mit dem Kennzeichen N.N. auf der N.N. von N.N. kommend in Richtung N.N. gelenkt, wobei es dabei im Bereich der Kreuzung N.N. aus unbekannter Ursache zu einer Kollision mit dem PKW, mit dem Kennzeichen N.N., gekommen ist, aufgrund dessen alle Unfallbeteiligten verletzt worden sind
er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 i. V. m. § 91 BDG 1979 begangen,
über den Beamten wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von € 500,- verhängt.
Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.
Dem Antrag des Beamten auf Abstattung der Strafe in 10 Monatsraten wird gemäß
§ 127 Abs. 2 BDG 1979 stattgegeben.
Begründung
Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige des Bezirkspolizeikommandos N.N, GZ N.N. bzw. auf das Schreiben der Landespolizeidirektion N.N., Personalabteilung, Fachbereich PA-3, GZ N.N.
Die Dienstbehörde hat durch schriftliche Meldung des Bezirkspolizeikommandos N.N. Kenntnis vom Sachverhalt erlangt.
Der Beamte wurde mit Abschluss-Bericht der Polizeiinspektion N.N., GZ N.N. Anzeige an die Staatsanwaltschaft N.N. wegen Verdachts nach § 88 StGB erstattet.
Das Strafverfahren gegen den Beamten ist derzeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Weiters wurde gegen den Beamten Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft N.N. wegen Übertretung nach § 99 Abs. 1a i. V. m. § 5 Abs. 1 StVO 1960 erstattet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft N.N. vom 17.03.2021 wurde dem Beamten die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge AM, A1, A2, A und B für die Dauer von sechs Monaten entzogen. Gegenständlicher Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Inhalt der Disziplinaranzeige
Darstellung der schuldhaften Dienstpflichtverletzung
Der Beamte lenkte am 09.03.2021, 14:00 Uhr, seinen PKW, KZ: N.N., auf der N.N. von N.N. kommend in Richtung N.N.. Zeitgleich lenkte A.A. mit B.B. als Beifahrerin den PKW , KZ: N.N., auf der N.N. von der N. N. kommend in Richtung N.N. Der Beamte kam aus bisher unbekannten Gründen mit seinem PKW auf den Fahrstreifen des Gegenverkehrs und kollidierte mit dem PKW von A.A. im Bereich Kreuzung N.N.. Alle Unfallbeteiligten wurden verletzt und in das KH N.N. eingeliefert. Bei den Fahrzeuglenkern wurde in der Folge durch Bedienstete d. PI N.N. im Krankenhaus mit geeichtem Alkomaten eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt, wobei bei A.A. ein Wert von 0,00 mg/l und beim Beamten eine Wert von 0,69 mg/l gemessen werden konnte. Gegen den Genannten wurde Anzeige wegen Alkoholisierung gem. § 99 Abs. 1a i. V. m. § 5 Abs. 1 StVO an die BH N.N. (Entzug der Lenkberechtigung durch die dortige Behörde bis 11.09.2021) und am 18.04.2021 wegen Verdacht auf „Fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr“ gem. § 88 StGB an die StA N.N. erstattet.
Der Beamte wurde im KH N.N. bekleidet mit MZ-Diensthose blau und Funktions-Leibchen angetroffen.
Der Beamte steht daher im Verdacht, durch sein Verhalten gegen die Bestimmungen des § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung gem. 91 BDG 1979 begangen zu haben.
Beweismittel/Angaben des Verdächtigen
Bekanntwerden der Dienstpflichtverletzung:
Das BPK N.N. wurde am 10.03.2021 durch die Übermittlung des Tagesberichts der PI N.N. vom Vorfall in Kenntnis gesetzt.
Erhebungen und Ergebnis:
Der Beamte verrichtete auf der PI N.N. von 08.03., 19:00, bis 09.03.2021, 07:00 Uhr, Sektorenstreifendienst im Bezirk N.N. Im LKH N.N. von C.C. befragt, gab er sinngemäß an, „von seiner Dienststelle gekommen zu sein“. Gegenüber seinem unmittelbaren Vorgesetzten D.D. der PI N.N. erklärte der Beamte fernmündlich, dass er nach Dienstende noch zu einem „Bekannten“ im Bezirk N.N. gefahren wäre und dort „ein paar Bier“ getrunken habe.
Ein allfälliger vorheriger Konsum von alkoholischen Getränken auf der PI N.N,. konnte nicht verifiziert werden.
Die Unfallbeteiligten A.A. und B.B. gaben an, dass „der andere Unfalllenker auf ihre Seite gekommen wäre“. In einer Rechtfertigung erklärt der Beamte, dass er nicht angeben könne, wie sich der Unfall ereignete, es sei aber offensichtlich, dass er die Alleinschuld trage.
Weitere Verfügungen
Der Beamte wurde von E.E. am 12.03. 2021 gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 vorläufig vom Dienst suspendiert.
Mit Bescheid vom 23.03.2021, GZ N.N., beschloss die Bundesdisziplinarbehörde keine Suspendierung des Beamten zu verfügen.
Sonstiges
Durch das FS-Entzugsverfahren verlor dieser auch die Lenkberechtigung für Dienstkraftfahrzeuge. Die Ersatzdienste auf der PI-N.N. wurden im März teilweise durch MDL ersetzt.
Mit Bescheid vom 29.06.20221, GZ N.N. wurde aufgrund des im Spruch bezeichneten Vorwurfs gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Am 17.11.2021 wurde dem Senat eine Kopie der verkürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichts N.N, AZ N.N. zugeleitet. Danach wurde der Beamte wegen §§ 88 Abs. 1, 3 und 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt sowie einer Geldstrafe in Höhe von € 5.000,- zuzüglich Verfahrenskosten verurteilt. Gegenständliches Urteil erwuchs laut Note des Landesgerichts N.N. in Rechtskraft.
In weiterer Folge wurde für den 16.12.2021 eine Verhandlung anberaumt und in Anwesenheit des Beamten durchgeführt.
Der Senat hat dazu erwogen:
Auf dieses Verfahren ist die Geschäftsordnung für das Jahr 2021 angewendet worden.
Rechtsvorschriften:
§ 43 Abs. 2 BDG zufolge hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Die Tatsache der Alkoholisierung ist mittels des im Krankenhaus N.N. durchgeführten Alkomattests verifiziert.
Der Beamte wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes N.N. wegen §§ 88 Abs. 1, 3 und 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt und einer Geldstrafe in Höhe von € 5.000,- zuzüglich Verfahrenskosten verurteilt. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft wurde dem Beamten für sechs Monate die Lenkberechtigung entzogen.
Das vom Beamten gesetzte Verhalten wurde unbestritten außerdienstlich begangen und ist daher nur dann zu ahnden, wenn entweder ein besonderer oder ein allgemeiner Funktionsbezug gegeben ist. Hiervon ist auszugehen.
Einem Exekutivbeamten wird aufgrund seiner exponierten Stellung, in der er im permanenten Fokus der Öffentlichkeit steht und damit auch ständig dem kritischen Auge der Bevölkerung ausgesetzt ist, ein besonders normenkonformes Verhalten vorgeschrieben. Im weiten Bereich des Straßenverkehrsrechtes spielt § 5 StVO eine Schlüsselrolle, sowohl was seine Bedeutung in der Judikatur anlangt als auch in der ständigen öffentlichen Diskussion um Möglichkeiten der Reduzierung der Unfallzahlen durch eine weitere Herabsetzung der Promillegrenze. Das Einschreiten der Exekutive wird gerade in diesem Bereich von der Bevölkerung einerseits stark gefordert und andererseits von den betroffenen Kfz-Lenkern als besonders restriktiv erlebt. Umso schädlicher ist es daher für das Ansehen der Exekutive, wenn ein Exekutivbeamter selbst in diesem Bereich straffällig wird und Vorschriften verletzt, die er beinahe täglich zu exekutieren hat. Im konkreten Fall hat der Beamte also in einem wichtigen Bereich seiner dienstlichen Aufgaben versagt.
Gerade in Zeiten, in denen der öffentliche Dienst kritischen Augen der Öffentlichkeit gegenübersteht, muss von den Bediensteten ein einwandfreies Verhalten erwartet werden. Dies gilt nicht nur für den dienstlichen, sondern auch für den außerdienstlichen Bereich.
Aufgrund des Entzuges der Lenkberechtigung war dem Beamten für einen Zeitraum von sechs Monaten untersagt gewesen, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Aufgrund dessen mussten Ersatzdienste auf der PI-N.N. teilweise durch Mehrdienstleistung ersetzt werden.
Sein Verhalten hat daher dazu geführt, dass er in seiner Dienstfähigkeit beeinträchtigt gewesen ist. Überdies war sein Dienstvorgesetzter aufgrund dessen in seiner Dispositionsmöglichkeit, den Beamten zu einem bestimmten Dienst einzuteilen, eingeschränkt.
Zwar wurde der Beamte gerichtlich verurteilt, jedoch wird dadurch -der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge- in jenen Fällen, in denen das strafbare Verhalten zugleich eine Verletzung des in § 43 Abs. 2 BDG festgelegten Tatbestandsmerkmales des Vertrauens der Allgemeinheit beinhaltet, der mit der Disziplinarstrafe verfolgte Zweck, den Beamten an die ihm aufgrund seiner Beamtenstellung obliegenden besonderen Pflichten zu mahnen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Verwaltung zu gewährleisten, nicht miterfüllt und vermag diese daher objektiv auch nicht die mit der Disziplinarstrafe beabsichtigte Wirkung auf den Betroffenen zu entfalten (VwGH, 24.11.1982, Zl. 82/09/0094, 8.10.1986, Zl. 85/09/0252, 15.12.1999, Zl. 98/09/0212), weshalb vom Vorliegen eines disziplinären Überhangs auszugehen ist.
Der Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ bedeutet nämlich nichts anderes, als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießen soll (VwGH 11.10.1993, Zl. 92/09/0318 und 93/09/0077 bzw. VwGH 16.12.1997, Zl. 94/09/0034).
Die Schuld- und Straffrage war daher aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens und nicht zuletzt auch aufgrund des vorhandenen rechtskräftigen Urteils des Strafgerichtes als erwiesen anzunehmen. Dem Beamten ist bedingt vorsätzliches Vorgehen vorzuwerfen.
§ 93 Abs. 1 BDG zufolge ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Mit dieser als Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG zu wertenden außerdienstlichen Vorgangsweise hat der Beamte vor allem im Hinblick auf seine dienstlichen Aufgaben als Exekutivbeamter ein Fehlverhalten von erheblichem disziplinarrechtlichen Unrechtsgehalt gesetzt, sodass von der Notwendigkeit der Verhängung einer Strafe im Sinne des § 95 Abs. 1 BDG auszugehen war, wobei hierbei nicht nur der Gesichtspunkt der Spezialprävention, sondern vor allem auch jener der Generalprävention zum Tragen kam (DOK: 119/8-DOK/01 vom 23.11.2001).
Wenn daher die Verteidigung die Ansicht vertritt, dass die Verhängung einer Strafe nicht mehr erforderlich ist, da dem Beamten aus dem Vorfall weitreichende Konsequenzen und Kosten entstanden sind, ist dem entgegen zu halten, dass dies letztlich eine Konsequenz aus dessen Verhalten ist.
Zudem erscheint die Verhängung einer Strafe schon aus generalpräventiven Gründen angezeigt. Damit wird nämlich verdeutlicht, dass es sich bei der abvotierten Dienstpflichtverletzung nicht um ein Kavaliersdelikt handelt.
Die Bevölkerung hätte auch kein Verständnis dafür, dass das Fehlverhalten eines Beamten, der in einem Bereich straffällig wird, in dem im Laufe der letzten Jahre die Strafsätze zunehmend angehoben und damit die Strafdrohungen zunehmend verschärft worden sind, das Vorgehen gegen alkoholisierte Lenker intensiviert wurde, dann nicht ebenfalls entsprechend geahndet wird noch dazu, wo es zu den Agenden dieses Beamten gehört, derartige Delikte zu verfolgen.
Es kann daher auch nicht dem Antrag der Verteidigung entsprochen werden, nur mit der Verhängung eines Verweises vorzugehen, da sich die Höhe der Strafe in erster Linie nach der Schwere der Dienstpflichtverletzung bemisst. Wie bereits erwähnt, ist die vorliegende Dienstpflichtverletzung eine schwere.
Dass der Unfall von einem Exekutivbeamten verursacht wurde und ob dieser Umstand für die Bevölkerung erkennbar war, ist in diesem Zusammenhang irrelevant und für das Verwirklichen einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG auch nicht erforderlich. Es genügt die Geeignetheit des Tatbestandes, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben durch den Beamten zu beeinträchtigen. Davon ist vorliegenden Falls auszugehen.
Mildernd waren das Geständnis, sein Auftreten im Disziplinarverfahren sowie die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Erschwerend wurde das Ausmaß der Alkoholisierung gewertet.
Zwar handelt es sich bei dem Verhalten des Beamten um eine schwere Dienstpflichtverletzung, dennoch erachtete der Senat aufgrund der ausgezeichneten Dienstbeschreibung und der Tatsache, dass die abvotierte Dienstpflichtverletzung offensichtlich die erste in seiner Dienstlaufbahn ist, die Verhängung einer Geldbuße im umseits erkannten Ausmaß für ausreichend, um den Beamten von einer neuerlichen Begehung dieses Deliktes abzuhalten.
Die Tatsache, dass dem Beamten aus dem Vorfall bislang schätzungsweise Kosten in Höhe von € 17.000,- erwachsen sind, vermag nicht mildernd zu wirken, da es sich hierbei um eine Folge seines Verhaltens handelt.
Die Geldbuße im umseits erkannten Ausmaß – und ist diesbezüglich dem Disziplinaranwalt beizupflichten – ist ohnedies für das vorliegende Vergehen gering bemessen.
Bei der Strafbemessung wurden die finanziellen Verhältnisse des Beamten mitberücksichtigt. Dem Beamten steht es frei, die Abstattung der Geldbuße in Raten zu begehren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021