TE Lvwg Beschluss 2021/11/9 LVwG-M-50/001-2021

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Veröffentlicht am 09.11.2021
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Entscheidungsdatum

09.11.2021

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
VwGVG 2014 §9
AVG 1991 §13 Abs3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Tanzl als Einzelrichterin über die Beschwerde der A, in ***, ***, im Zusammenhang mit behaupteten unzulässigen Amtshandlungen u.a. durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach den

BESCHLUSS

1.  Die Beschwerde wird gemäße § 28 Abs. 6 iVm

§ 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Begründung:

1.   Zum Beschwerdevorbringen:

Mit E-Mail vom 27. September 2021 erhob die Beschwerdeführerin eine (angenommene) Maßnahmenbeschwerde und brachte vor:

„(…) Aufgrund mehrerer Körperverletzungen, Freiheitsberaubungen und Falschaussagen gegenüber den Behörden, möchte ich hiermit Anzeige erstatten gegen B, Amtsaerztin Fr. C und Frau D. Im Rahmen mehrfacher Zwangsbehandlungen, wurde mir auch noch der Führerschein bzw. meine Fahrerlaubnis genommen.

Von Frau B wurde behauptet ' ich habe im Jahre 2010 Suizid begangen' auf das hin mir der Führerschein entzogen wurde!

Ich bitte Sie höflichst einen Termin bezgl einer Gerichtsverhandlung einzuleiten und

verbleibe mit freundlichen Grüssen (…)“

2.   Zum Verfahrensverlauf und den Feststellungen:

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2021 führt das Landesverwaltungsgericht NÖ der Beschwerdeführerin aus, dass es aufgrund der oben zitierten Eingabe davon ausging, dass sie Maßnahmenbeschwerde erheben wolle.

Das Landesverwaltungsgericht NÖ forderte sie dazu auf, ihre Angaben zu konkretisieren, insbesondere die konkrete Amtshandlung (inklusive deren Zeitpunkt), (soweit bekannt) das handelnde Organ sowie die Gründe, warum die Amtshandlung rechtwidrig war, bekannt zu geben. Sie wurde darauf hingewiesen, dass im Falle einer nicht (rechtzeitigen) Konkretisierung die Maßnahmenbeschwerde gemäß

§ 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit

§17 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen wird.

Das Schreiben wurde der Beschwerdeführerin am 06.10.2021 (Beginn der Abholfrist) durch Hinterlegung zugestellt. Sie hat dieses Schreiben nicht behoben.

3.   Rechtslage:

§ 9 Abs. 1 und 4 VwGVG lautet:

(1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

(4) Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

§ 17 Abs. 1 bis 3 Zustellgesetz lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

4.   Erwägungen:

Nach dem Inhaltserfordernis des § 9 Abs. 1 Z 1 VwGVG hat die Bezeichnung der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch kurze Beschreibung jener Handlung zu erfolgen, die als Maßnahme in Beschwerde gezogen wird. Mit der von § 9 Abs. 1 Z 1 VwGVG geforderten Bezeichnung der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt legt der Beschwerdeführer den Prozessgegenstand fest. Diese Bezeichnung kann "nur durch die Angabe der handelnden Organe, der Handlung, durch die die Gewalt ausgeübt wurde, sowie des Ortes und der Zeit oder des Zeitraumes, an dem die Handlung stattgefunden hat, erfolgen". Zur Individualisierung des angefochtenen Verwaltungsaktes, mit dessen Bezeichnung der Verfahrensgegenstand und damit auch der Prüfungsumfang iSd § 27 VwGVG festgelegt werden, bedarf es im Rahmen der sachverhaltsmäßigen Beschreibung der maßgeblichen Umstände der bekämpften Maßnahme auch deren zeitlicher Einordnung durch datumsmäßige Angaben. (siehe dazu VwGH am 20.10.2016, zu Zl. Ra 2016/21/0287 mwN).

Aufgrund der generellen Ausführungen, wonach „aufgrund mehrerer Körperverletzungen, Freiheitsberaubungen und Falschaussagen“ sowie „mehrfacher Zwangsbehandlungen“ in welchen der Beschwerdeführerin „auch noch der Führerschein bzw. meine Fahrerlaubnis genommen“ worden sei, ist nicht erkennbar, gegen welche konkreten Handlungen, welcher Person(en) sich die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde konkret richtet. Es kann auch nicht beurteilt werden, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde.
Die Beschwerdeführerin wurde unter Vorhalt der Folgen der Nichtverbesserung ihrer Eingabe aufgefordert diese binnen zweiwöchiger Frist zu konkretisiert. Diese Frist ist am 20.10.2021 verstrichen, ohne dass die Beschwerdeführerin eine weitere Eingabe erstattete.

Da nicht erkennbar ist, ob bzw. gegen welche konkrete Maßnahme (rechtzeitig) Beschwerde erhoben wurde, wurden die inhaltlichen Anforderungen an eine Maßnahmenbeschwerde im Sinne des § 9 VwGVG nicht erfüllt. Nachdem die Beschwerdeführerin dem vom erkennenden Gericht aufgetragenen Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen ist, war die Maßnahmenbeschwerde gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückzuweisen (vgl. u.a. VwGH am 29.05.2018 zu Zl. Ra 2018/20/0059 mwN).

Hinsichtlich der Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Umstand, dass der Adressat ein Zustellstück nicht behoben hat, keine Pflicht des Verwaltungsgerichtes auslöst, amtswegig Ermittlungen zur Widerlegung der vom Gesetz aufgestellten Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung anzustellen (vgl. VwGH am 25.05.2011, zu Zl. 2010/08/0232).

5.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die oben zitierten Judikaturangaben belegen das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer ordentlichen Revision.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Verfahrensrecht; Beschwerde; Verbesserungsauftrag; Zustellfiktion;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.50.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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