TE Bvwg Beschluss 2021/6/22 W168 1415591-3

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Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

AsylG-DV 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W168 1415591-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. am XXXX , StA. Mongolei, vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.03.2021, Zl. 373353003/200914749, beschlossen:

A)       Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine mongolische Staatsbürgerin, stellte am 22.09.2020 durch ihren Rechtsvertreter einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK. Dem Antrag wurden eine Geburtsurkunde der mongolischen Volksrepublik, eine Bestätigung der Meldung, ein ÖSD Zertifikat auf dem Niveau A2 vom 20.10.2017, ein handschriftliches Empfehlungsschreiben, mehrere Unterstützungserklärungen und ein weiteres handschriftliches Empfehlungsschreiben angeschlossen.

2. Mit Antragsbegründung/Antrag auf Heilung des Mangels der Vorlage eines Reisepasses vom 23.09.2020 führte die BF aus, dass sie mongolische Staatsbürgerin sei und sich seit 2013 durchgehend in Österreich aufhalte. Sie habe in Österreich einen großen Freundes-und Bekanntenkreis und nach Erteilung eines Aufenthaltstitels könne sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die BF habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihren Familienangehörigen in der Mongolei und könnte im Falle einer Rückkehr auf kein bestehendes Versorgungsnetz zurückgreifen. Überdies stelle die BF weiters den Antrag auf Heilung des Mangels der Vorlage eines Reisepasses gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG-DV, da sie keinen Reisepass besitze und auch die mongolische Botschaft keinen ausstellen könne. Sie werde demnächst eine Bestätigung nachreichen.

3. In einem Erhebungsersuchen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 13.01.2021 wurde ausgeführt, dass um Überprüfung des Wohnortes und des rechtmäßigen-bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltes ersucht werde. Das vorangegangene Asylverfahren der BF sei am 22.05.2020 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Es bestehe eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

4. Mit Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 13.01.2021 wurde ausgeführt, dass die BF im gegenständlichen Fall ihren Antrag nicht persönlich, sondern vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebracht habe. Des Weiteren sei bei einer ordnungsgemäßen Antragstellung das aufliegende bzw. vorgelegte Formular vor Ort persönlich zu unterschreiben. Weiters seien zum Zeitpunkt der Antragstellung die erforderlichen Urkunden und Dokumente gemäß § 8 AsylG-DV im Original vorzulegen (gültiges Reisedokument, Geburtsurkunde mit Übersetzung, aktuelles Lichtbild des Antragstellers und erforderlichenfalls weitere persönliche Urkunden), was im gegenständlichen Fall nicht erfüllt sei. Es wurde der BF eine Frist von vier Wochen ab Zustellung dieser Verfahrensanordnung gewährt, um entsprechende Dokumente nachzureichen bzw. Antragsmängel zu beheben, widrigenfalls der Antrag der BF zurückzuweisen wäre.

5. Am 17.02.2021 stellte die BF persönlich einen erneuten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. In einer beiliegenden Antragsbegründung vom 10.02.2021 wurde von der BF ausgeführt, dass sie bereits seit 2013 rechtmäßig in Österreich aufhältig sei und in Österreich eine Schwester habe, die im Bundesgebiet auch aufenthaltsberechtigt sei. Überdies habe sie einen großen Freundeskreis und erhalte Zuwendungen von ihrer Schwester, bei der sie auch wohnhaft sei. Sie spreche Deutsch auf dem Niveau A2 und könnte im Falle einer Erteilung eines Aufenthaltstitels bei einer Firma eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen. Sie stelle den Antrag auf Heilung des Mangels der Vorlage eines Reisepasses gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG-DV und lege beiliegend die Geburtsurkunde vor. Dem Antrag wurde zudem eine Bestätigung der Prüfungsanmeldung für ÖSD B1 am 13.11.2020 und 14.11.2020 vom 22.09.2020, ein Arbeitsvorvertrag als Haushaltshilfe vom 16.02.2021, ein Empfehlungsschreiben vom 16.02.2021, Unterstützungserklärungen, Gehaltsbestätigungen einer namentlich bezeichneten Person von Juli, Juni sowie August 2020, eine E-Card, eine mongolische Geburtsurkunde im Original sowie in deutscher Übersetzung, eine mongolische Scheidungsurkunde im Original und in deutscher Übersetzung angeschlossen.

6. Mit Bescheid des BFA vom 03.03.2021 wurde der Antrag der BF vom 24.09.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag der BF auf Mängelheilung vom 24.09.2020 wurde gemäß § 4 Abs. 1 Z 2, 3 iVm § 8 AsylG-DV 2005 abgewiesen. (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde ausgeführt, dass das Anbringen der BF Mängel aufgewiesen habe, sodass eine Bearbeitung nicht möglich gewesen sei. Die BF habe dem BFA kein gültiges Reisedokument vorgelegt. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass es nicht Aufgabe der Behörde sei, sich verfahrensrelevante Unterlagen selbstständig bzw. nachträglich über Dritte zu organisieren, sondern die BF im Zuge ihrer Mitwirkungspflicht jegliche Formerfordernisse und Unterlagen selbstständig vorzulegen habe. Die Initiative, Dokumente und Unterlagen vollständig vorzulegen oder nachzureichen, müsse auch nach höchstgerichtlichen Entscheidungen von der Partei ausgehen, sollte tatsächlich ein merkliches Interesse am positiven Verfahrensabschluss und an einem Verbleib im Bundesgebiet bestehen. Derartiges habe die BF bzw. ihre rechtsfreundliche Vertretung jedoch nicht dargetan. Das Bundesamt sei nicht verpflichtet, bei unvollständigen oder unrichtigen Urkundenvorlagen einen nochmaligen Verbesserungsauftrag zu erteilen, deshalb würden nach Ablauf der gesetzlichen Frist die angekündigten Folgen eintreten. Die BF habe die gesetzliche Frist verstreichen lassen, ohne die Mängel vollständig zu beheben. Zum Antrag auf Heilung hätten sich aus der Aktenlage keine Hinweise ergeben, dass sich das Privat-bzw. Familienleben der BF seit ihrer negativen Entscheidung in ihrem Verfahren auf internationalen Schutz verfahrensrelevant geändert habe. Selbst nach außerordentlichen Rechtsmitteln beim Verfassungs-und Verwaltungsgerichthof sei die damalige negative Entscheidung des Bundesamtes auch in Bezug zu ihrem Privat-und Familienleben bestätigt. Es sei notorisches Amtswissen, dass mongolischen Staatsbürgern an der Botschaft in Wien Reisedokumente ausgestellt werden können. Die BF habe den Versuch, sich einen Reisepass ausstellen zu lassen, nicht nachgewiesen. Sie habe auch keinerlei Nachweis vorgelegt, dass eine Beantragung oder eine Beschaffung eines Reisedokumentes für sie nicht möglich oder unzumutbar wäre. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass es der BF dennoch möglich gewesen sei, sich über die mongolische Botschaft eine Geburtsurkunde und eine Scheidungsurkunde im Jahr 2020 zu organisieren. Es sei weder nachgewiesen noch begründet worden, weshalb es der BF nicht möglich gewesen sei, dem BFA ein gültiges Reisedokument vorzulegen. Daher sei der Mangelheilungsantrag abzuweisen gewesen.

7. Gegen den Bescheid vom 03.03.2021 erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die belangte Behörde eine notwendige Interessensabwägung nicht vornehme und zu Unrecht feststelle, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus den Gründen des Artikels 8 EMRK zurückzuweisen gewesen sei, da sich seit der rechtskräftig ergangenen Rückkehrentscheidung im Privatleben der BF vieles geändert habe. Die BF habe ihren Ehegatten geehelicht, welcher in Österreich erwerbstätig sei und wohne mit diesem im gemeinsamen Haushalt. Zudem sei der Behörde auch bekannt, dass die BF seit dem 16.02.2021 auch über einen Arbeitsvorvertrag verfüge und sie sich permanent fortbilde, sowohl indem sie Deutschkurse als auch Integrationskurse besuche und Prüfungen belege. Dieses sei im Rahmen der Gesamtabwägung, welche die Behörde im Fall der BF nicht vorgenommen habe, zu berücksichtigen gewesen. Insofern sei der Bescheid der Behörde mit Rechtswidrigkeit belastet. Zur Abweisung des Antrages auf Mängelbehebung sei zu entgegnen, dass es entgegen der Auffassung der Behörde nicht notorisches Amtswissen sei, dass mongolischen Staatsbürgern an der Botschaft in Wien Reisepässe bzw. Reisedokumente ausgestellt werden würden. Im Regelfall würden Dokumente nicht ausgestellt bzw. nur an aufenthaltsberechtigte Personen ausgestellt werden. Der Beschwerde wurde eine Prüfungsantrittsbestätigung vom 26.03.2021 über den Antritt zu einer Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 angeschlossen.

8. Mit Parteiengehör vom 19.05.2021 wurde der BF mitgeteilt, dass nach Durchsicht des erstinstanzlichen Verwaltungsakts allfällige Angaben der BF in Bezug auf eine Eheschließung im erstinstanzlichen Verfahren insgesamt nicht ersichtlich seien, eine solche in der Beschwerdeschrift nicht nachgewiesen worden sei und sich aus sämtlichen Informationen im erstinstanzlichen Verwaltungsakt keine Hinweise auf eine erfolgte Eheschließung ergeben würden. Der BF wurde daher binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens die Möglichkeit eingeräumt, darzulegen, wann und wie diese ein sich auf die Eheschließung erstattetes Vorbringen erstattet habe bzw. werden dem BVwG entsprechende Bescheinigungsmittel in Vorlage zu bringen sein.

9. Mit Eingabe vom 02.06.2021 wurde ausgeführt, dass die Eheschließung am 17.03.2021 erfolgt sei und der Bescheid mit „03.03.2021“ datiert sei, weshalb die Beschwerde vom 01.04.2021 zurückgezogen werde. Der Eingabe wurde eine Heiratsurkunde im Original und in deutscher Übersetzung mit Eheschließungsdatum „17.03.2021“ angeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird festgestellt, dass die BF mit Eingabe vom 02.06.2021 ihre Beschwerde vom 01.04.2021 gegen den Bescheid des BFA vom 03.03.2021, betreffend Abweisung des Antrages vom 24.09.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens“ zurückgezogen hat.

2. Beweiswürdigung:

Mit dem im Akt aufliegenden Schreiben vom 02.06.2021 hat die BF zweifelsfrei ihren Willen geäußert, die gegenständliche Beschwerde 01.04.2021 zurückziehen zu wollen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A): Einstellung des Verfahrens:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Eine Einstellung eines Verfahrens ist dann vorzunehmen, wenn ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren gegangen ist. Dies liegt unter anderem dann vor, wenn eine Beschwerde zurückgezogen wird (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² (2018), Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG; s. auch BVwG vom 25.11.2014, W107 2008534-1).

Bei der Zurückziehung der Beschwerde handelt es sich um eine von der Partei vorzunehmende Prozesshandlung, die bewirkt, dass diese einer meritorischen Erledigung nicht mehr zugeführt werden darf. Die Rechtsmittelinstanz verliert - sofern die Zurücknahme noch vor Erlassung ihrer Entscheidung erfolgt - die funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Manz Kommentar, Rz 74 zu §63 mwN).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zB VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, uvm. zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Die Einstellung hat durch Beschluss zu erfolgen (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen, für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Die Zurückziehung der Beschwerde ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 7 Abs. 2 VwGVG, § 17 VwGVG iVm. § 13 Abs. 7 AVG.

Mit der mit Schreiben vom 02.06.2021 erfolgten ausdrücklichen Zurückziehung der Beschwerde vom 01.04.2021 gegen den Bescheid des BFA vom 03.03.2021, betreffend Abweisung des Antrages vom 24.09.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens“ ist der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die Grundlage entzogen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anmerkung 5 zu § 28 VwGVG, mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb AVG III § 66 Rz 56f), weshalb das Beschwerdeverfahren mit Beschluss einzustellen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Der gegenständliche Einzelfall wirft keine Rechtsfrage von Bedeutung auf und ist auch für sich gesehen nicht reversibel. Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf nicht als uneinheitlich zu beurteilende Judikate des Verwaltungsgerichtshofes, die sämtliche hier zu beurteilenden Rechtsfragen abdecken, weshalb keine Rechtsfrage von Bedeutung hervorgekommen ist.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W168.1415591.3.00

Im RIS seit

20.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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