TE Vwgh Beschluss 1996/10/25 92/17/0233

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Veröffentlicht am 25.10.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/05 Verbrauchsteuern;

Norm

BAO §204;
BAO §303;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
MinStG 1981;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, in der Beschwerdesache der B-AG in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. August 1992, Zl. GA 9 - V-700/2/23/92, betreffend Mineralölsteuer, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid hat die nach § 201 BAO erfolgte Festsetzung der von der beschwerdeführenden Gesellschaft zu entrichtenden Mineralölsteuer für die Jahre 1988, 1989 und 1990 zum Inhalt, wobei ein gegenüber den (im Wege der Selbstbemessung) angemeldeten und entrichteten Beträgen geringerer Abgabenbetrag bescheidmäßig festgesetzt wurde. Weiters wurde ausgesprochen, daß sich gegenüber den für diese Zeiträume angemeldeten und einbezahlten Beträgen Gutschriften an Mineralölsteuer von insgesamt S 16,138.943,-- ergäben.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das zuständige Finanzamt habe für die Jahre 1988, 1989 und 1990 festgestellt, daß der Betrieb der Firma R in diesen Jahren als Erzeugungsbetrieb anzusehen sei. Mineralöle, die aus dem Erzeugungsbetrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft in K weggebracht und in der Folge ohne jede Lagerung, Veränderung und Vermischung in den Erzeugungsbetrieb der Firma R eingebracht worden seien, seien von der Mineralölsteuer befreit. Dies sei der beschwerdeführenden Gesellschaft zum Zeitpunkt der Erstellung der Mineralölsteueranmeldungen nicht bekannt gewesen und habe deshalb bei der Erstellung dieser Anmeldungen auch nicht berücksichtigt werden können. Die Mineralölsteuer für die Zeiträume Jänner bis Dezember der Jahre 1988, 1989 und 1990 sei daher bescheidmäßig festzusetzen gewesen, weil die Selbstberechnung der Mineralölsteuer in den Steueranmeldungen unrichtig gewesen sei. Aus der Berechnung der vorgeschriebenen Mineralölsteuer und den entsprechend den Steueranmeldungen verbuchten Beträgen habe sich eine Gutschrift von insgesamt S 16,138.943,-- ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerde ist nicht zulässig:

Die beschwerdeführende Gesellschaft führt zur Umschreibung der für den Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle maßgeblichen Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4 und § 41 Abs. 1 VwGG) folgendes aus:

"Durch die angefochtene Berufungsentscheidung wurde die Beschwerdeführerin in dem ihr

a)

durch §§ 7 Z. 1 iVm 16 MinStrG 1981 (in der für die Jahre 1988, 1989 und 1990 maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 685/1991) im Zusammenhang mit § 7 ABGB gesetzlich gewährleisteten Recht, nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von der Mineralölsteuer befreit zu sein und demgemäß die beschwerdegegenständlichen Gutschriften zu erhalten.

b)

durch §§ 115 (2), 161 (3) BAO gesetzlich gewährleisteten Recht auf rechtliches Gehör

verletzt."

In den Beschwerdegründen finden sich auch Ausführungen, die zur Darlegung einer Rechtsverletzungsmöglichkeit angesehen werden können: Obwohl die erstinstanzlichen Bescheide, auf die sich die angefochtene Berufungsentscheidung beziehe, eine Gutschrift zum Gegenstand hätten, sei die beschwerdeführende Gesellschaft durch die ungerechtfertigte Gewährung dieser Gutschrift beschwert. Im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Gutschriften begehre die Firma R von der beschwerdeführenden Gesellschaft die Vergütung der entsprechenden Beträge (insgesamt S 16,138.943,--). Sollte

a) die beschwerdeführende Gesellschaft an die Firma R Zahlung leisten, b) sich nachträglich herausstellen, daß (wie die beschwerdeführende Gesellschaft mit Nachdruck geltend mache) die Voraussetzungen für eine Mineralölsteuerbefreiung bei der Firma R nicht gegeben seien, und c) demgemäß das beschwerdegegenständliche Abgabenverfahren gemäß § 303 BAO wieder aufgenommen und die nunmehr gutgeschriebenen Beträge der beschwerdeführenden Gesellschaft wieder vorgeschrieben werden, dann stehe der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen die Firma

R ein Anspruch auf Rückzahlung der Beträge zu, die sie zunächst auf Grund der der beschwerdeführenden Gesellschaft (zu Unrecht) erteilten Gutschriften an die Firma R bezahlt habe. Dabei müsse die beschwerdeführende Gesellschaft aber das volle wirtschaftliche Risiko der Einbringlichkeit dieser (Rück-)Forderungen tragen. Es sei ungewiß, wann die Abgabenbehörden erkennen, daß die Voraussetzungen für eine Mineralölsteuerbefreiung bei R nicht gegeben seien, daher das Abgabenverfahren wieder aufnehmen und der Beschwerdeführerin die nunmehr gutgeschriebenen Mineralölsteuerbeträge wieder vorschreiben. Werde die Firma R in der Zwischenzeit zahlungsunfähig, liquidiert u.ä. (die Möglichkeiten, warum von einem Unternehmen nichts mehr hereingebracht werden könne, seien vielfältig), dann sei der Rückforderungsanspruch der beschwerdeführenden Gesellschaft eben uneinbringlich. Die Firma

R hätte die beschwerdegegenständlichen Gutschriften lukriert und die beschwerdeführende Gesellschaft hätte letztlich dafür aufzukommen (sofern nicht der Bund im Rahmen der Amtshaftung schadenersatzpflichtig sei, was aber vom Nachweis eines Verschuldens abhänge). Bei der gegebenen "wahren Sach- und Rechtslage" liege darin eine eminente Gefahr und damit auch eine Beschwer für die beschwerdeführende Gesellschaft.

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, "wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet". Aus der erforderlichen Verletzung des Beschwerdeführers in seinen Rechten ergibt sich, daß nicht schon die Behauptung der Rechtswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit) eines Bescheides an sich zur Beschwerdeerhebung berechtigt, sondern nur eine solche behauptete Rechtswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit), die den Beschwerdeführer in "seinen", d.h. in ihm in der angewendeten Verwaltungsvorschrift eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen kann (vgl. u.a. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1982, Zl. 82/14/0168).

Wie im vorzitierten Beschluß der Verwaltungsgerichtshof weiters ausgeführt hat, kann bei Bescheiden, die wie Abgabenbescheide bzw. deren Grundlagenbescheide unmittelbar oder mittelbar eine Belastung des Beschwerdeführers bewirken, die Verletzung in einem subjektiv-öffentlichen Recht grundsätzlich nur unterstellt werden, wenn ein Bescheid letztlich zu einer höheren als der gesetzlich zulässigen Belastung führt. Eine, wenn auch gesetzwidrig geringere Belastung bedeutet jedoch für sich allein grundsätzlich keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG (vgl. auch das in diesem Beschluß zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Mai 1962, Slg. N.F. Nr. 2642/F).

Die Beschwerdebehauptungen gehen allein in die Richtung, der angefochtene Bescheid hätte zu geringe Abgabenfestsetzungen zur Folge. Dahingehend, daß die gerügte Festsetzung etwa für die beschwerdeführende Gesellschaft in irgendeiner Weise (und sei es auch in einem Folgejahr) eine nach dem Gesetz überhöhte Abgabenbelastung auslöste bzw. auslösen könnte, wird nichts vorgebracht und ist derartiges auch im Hinblick auf die Aktenlage für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Eine Ausnahme vom erwähnten Grundsatz liegt nicht vor.

Daß das Regreßverhältnis der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Firma R auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abstelle und nicht auf die abgabenrechtliche Rechtslage, ist nicht ersichtlich, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit der Frage erübrigt, wie die Beschwerdeberechtigung in einem derartigen Fall zu beurteilen wäre.

Das im Hinblick auf eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den angefochtenen Bescheid gemachte Vorbringen zielt nur darauf ab, daß durch eine allfällige Wiederaufnahme des Verfahrens gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft, diese das wirtschaftliche Risiko der Einbringlichkeit einer privatrechtlichen (Rück-)Forderung trage.

Damit wird aber keine Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre der beschwerdeführenden Gesellschaft geltend gemacht, sondern bloß ein wirtschaftliches Interesse, das nicht zur Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof berechtigt (vgl. hiezu etwa den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1952, Slg. N.F. Nr. 554/F). Aus dem Umstand, daß ein (formell) rechtskräftiger Bescheid allenfalls im Wege des Rechtsinstitutes der Wiederaufnahme (hier: §§ 303 ff BAO) in seinem Rechtsbestand berührt werden könnte, läßt sich noch keine Möglichkeit der Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers ableiten. Ein (selbständiges) subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung besteht nicht (vgl. u.v. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1957, Slg. N.F. Nr. 4350/A). Anzumerken ist, daß schon im Hinblick auf den Entscheidungs- und Überprüfungsrahmen des Verwaltungsgerichtshofes nach §§ 41, 42 VwGG eine meritorische Erledigung der Beschwerde die behördliche Wiederaufnahme des Verfahrens (hier: im Grunde des § 303 Abs. 4 BAO) nicht auszuschließen vermöchte.

Bei einer systematischen Betrachtung zeigt im übrigen das VwGG - und zwar dessen § 33 Abs. 1 -, daß der Gesetzgeber auf eine insofern aktuelle Rechtsverletzungsmöglichkeit in Ansehung einer durch einen formell rechtskräftigen Bescheid getroffenen Regelung eines Rechtsverhältnisses abstellt, nicht aber (darüber hinaus) auch die allfällige Erfüllung eines Durchbrechungstatbestandes hinsichtlich der formellen Rechtskraft (wie die Wiederaufnahme des Verfahrens) für die Bejahung einer Rechtsverletzungsmöglichkeit anerkennt. Klaglos stellende Rechtsakte im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG haben nämlich (nach der Wertung des Gesetzgebers) den Entfall der Rechtsverletzungsmöglichkeit zur Folge und führen zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, und zwar unabhängig davon, ob dieser klaglos stellende Rechtsakt Bestand hat oder nicht. Nur für den Fall, daß das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde, sieht das Gesetz im Grunde des § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG einen Anspruch der Partei (aber eben erst dann) auf Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor.

Soweit aber die Verletzung des Parteiengehörs geltend gemacht wird, handelt es sich ebenso wie bei der in der Beschwerde weiters behaupteten Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsermittlung nicht um Beschwerdepunkte, sondern um Beschwerdegründe (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1955, Zlen. 2584, 2825/53).

Da der beschwerdeführenden Gesellschaft somit die Möglichkeit einer Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes fehlt, war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992170233.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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