TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/28 G308 2230063-3

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Veröffentlicht am 28.10.2021
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Entscheidungsdatum

28.10.2021

Norm

AlVG §24
AlVG §25
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch


G308 2230030-3/6E
G308 2230063-3/5E
G308 2230064-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter KommR Peter MÜHLBACHER und Norbert SCHUNKO als Beisitzer über die Beschwerden der XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franz SERAJNIK in Klagenfurt, gegen drei Bescheide der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice, jeweils vom 15.06.2020 und jeweils mit GZ: XXXX , zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass deren Sprüche jeweils zu lauten haben:

„Ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 24.03.2020 wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG bewilligt.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit drei Bescheiden der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (in der Folge: belangte Behörde) vom 18.09.2019 bzw. vom 09.10.2019 wurde von XXXX (in der Folge: Beschwerdeführerin oder kurz BF) Arbeitslosengeld- und Notstandshilfe für den Zeitraum von 01.03.2018 bis 24.05.2019 zurückgefordert bzw. der Leistungsbezug ab 02.10.2019 mangels Zuständigkeit der belangten Behörde infolge Fehlens eines Wohnsitzes bzw. eines gewöhnlichen Aufenthaltsortes in Österreich eingestellt.

2. Die dagegen von der BF erhobenen Beschwerden wurden mit zwei Beschwerdevorentscheidungen vom 03.12.2019 (jeweils zu den GZ: XXXX ) sowie einer dritten Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2019 (ebenfalls GZ: XXXX ) jeweils als unbegründet abgewiesen.

Diese drei Beschwerdevorentscheidungen wurden durch öffentliche Bekanntmachungen gemäß § 25 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) zugestellt. Der Aushang an der Amtstafel erfolgte hinsichtlich der beiden Beschwerdevorentscheidungen vom 03.12.2019 jeweils am 04.12.2019 und hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2019 am 13.12.2019.

3. Am 09.03.2020 wandte sich die BF im Wege ihres bevollmächtigten Rechtsvertreters an die belangte Behörde. Sie brachte vor, dass zu ihren Beschwerden noch immer keine Entscheidung ergangen sei und dass sie nun in Slowenien wohnhaft sei und dort einer Beschäftigung nachgehe.

4. Dem Rechtsvertreter der BF wurden daraufhin von der belangten Behörde am 11.03.2020 Duplikate der Beschwerdevorentscheidungen übermittelt.

5. Am 24.03.2020 langten drei Anträge der BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und unter einem jeweils auch drei Vorlageanträge in Bezug auf die Beschwerdevorentscheidungen vom 03.12.2019 bzw. 12.12.2019 bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde legte die Vorlageanträge sowie die unerledigten Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt den maßgeblichen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.

6. Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen G302 2230030-2/2E, G302 2230063-2/2E und G302 2230064-2/2E jeweils vom 03.04.2020 wurden die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes an die belangte Behörde weitergeleitet.

7. Mit den drei nunmehr angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom 15.06.2020 wurden die Anträge der BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 24.03.2020 gemäß § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidungen vom 03.12.2019 und 12.12.2019 durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Abs. 1 ZustG zugestellt worden seien, da die BF in Österreich laut Zentralem Melderegister keinen Wohnsitz mehr gehabt habe, Postsendungen des AMS nicht nachgesendet würden und die von der BF am 05.11.2019 zwecks einmaliger Zusendung der Beschäftigungs- und Versicherungszeitenbestätigung (EU-Formular U1) bekanntgegebene Adresse in Slowenien der belangten Behörde nicht als Hauptwohnsitz bekannt gewesen sei. Der belangten Behörde sei daher im Dezember 2019 keine Abgabestelle bekannt gewesen, sodass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 25 Abs. 1 ZustG durch öffentliche Bekanntmachung rechtmäßig erfolgt sei. Es liege somit kein Zustellmangel und folglich kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG vor.

Die Bescheide wurden dem Rechtsvertreter am 17.06.2020 zugestellt.

8. Gegen diese Bescheide erhob die BF mit Schriftsätzen ihres Rechtsvertreters vom 13.07.2020 jeweils fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Begründend wurde jeweils gleichlautend und zusammengefasst ausgeführt, dass die BF unverschuldet weder von den Beschwerdevorentscheidungen vom 03.12.2019 bzw. 12.12.2019 noch vom Aushang an der Amtstafel vom 04.12.2019 bzw. 13.12.2019 Kenntnis erlangt habe. Nachdem die belangte Behörde offensichtlich bereits am nächsten Tag nach Bescheiderstellung den Aushang an der Amtstafel veranlasst habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese überhaupt versucht habe, eine Abgabestelle der BF zu eruieren. Die BF habe am 05.11.2019 im Zuge einer persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde die neue Adresse in Slowenien bekanntgegeben und um Zustellung an diese Adresse ersucht. Der zuständige Sachbearbeiter habe der BF mitgeteilt, dass die Adresse in Slowenien für die belangte Behörde nicht maßgeblich sei und sie einen Nachsendeauftrag einrichten solle. Dies habe die BF dann auch gemacht. Der belangten Behörde wären somit sogar zwei Zustelladressen zur Verfügung gestanden und hätte damit die Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen sowohl an ihrer Wohnadresse in Slowenien als auch über den Postnachsendeauftrag erreichen können. Die Voraussetzungen für eine Zustellung durch Veröffentlichung an der Amtstafel seien daher nicht vorgelegen und wären damit auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen gewesen.

9. Die gegenständlichen Beschwerden samt den maßgeblichen Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 16.07.2020 vorgelegt.

10. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 19.08.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G302 abgenommen und der Gerichtsabteilung G308 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdevorentscheidungen vom 03.12.2019 bzw. vom 12.12.2019 wurden durch Veröffentlichung an der Amtstafel gemäß § 25 Abs. 1 Zustellgesetz am 04.12.2019 bzw. 12.12.2019 zugestellt.

Die BF hatte zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich. Die Abmeldung ihrer letzten Wohnadresse erfolgte mit 05.11.2019.

Ein Zustellversuch an die abgemeldete letzte Adresse der BF wurde nicht unternommen.

Am 05.11.2019 hat die BF der belangten Behörde eine Andresse in Slowenien zwecks Zusendung des EU-Formulars U1 bekanntgegeben.

Dem Rechtsvertreter der BF wurden die Kopien der Beschwerdevorentscheidungen am 11.03.2020 zugesendet. Die Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand endete grundsätzlich (ohne Berücksichtigung des 1. COVID-19-Justizbegleitgesetzes) mit Ablauf des 25.03.2020. Am 24.03.2020 brachte die BF über ihren Rechtsvertreter Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie unter einem entsprechende Vorlageanträge ein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde.

Die Veröffentlichungen an der Amtstafel ergibt sich aus den entsprechenden Vermerken im Beschwerdeakt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz in Österreich bzw. zur Abmeldung desselben ergibt sich aus einer im Akt befindlichen Abfrage aus dem Zentralen Melderegister.

Dass die BF der belangten Behörde am 05.11.2019 eine Andresse in Slowenien als Zustelladresse für das Formular EU U1 bekanntgeben hat, ergibt sich ebenfalls aus einem Vermerk im Akt der belangten Behörde.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der, dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seinem Erkenntnis vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0065 (mwN), zur Frage der Einzelrichterzuständigkeit in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 56 Abs. 2 AlVG ausgeführt, dass der Tatbestand, aus dem sich die Senatszuständigkeit ableite, nur auf die bescheiderlassende Behörde und nicht darauf ab, worüber sie zu entscheiden habe. Die Regelung trage dem Legalitätsprinzip iSd Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach der Gesetzgeber, insbesondere in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelungen verpflichtet sei und eine Zuständigkeit klar und unmissverständlich sein müsse. § 9 Abs. 1 BVwGG betreffe hingegen nur die der Entscheidung in der Hauptsache vorangehenden Beschlüsse. Der Umstand, dass durch die Zurückverweisung die Rechtssache „nicht materiell“ erledigt wird bzw. es sich „um eine prozessuale Entscheidung“ handle, vermag daran nichts zu ändern, zumal es sich auch hier um keinen der Entscheidung in der Hauptsache vorangehenden Beschluss im Sinne des § 9 Abs. 1 BVwGG handelt (vgl. VwGH vom 25.04.2019, Ro 2018/09/0010, mwN).

Im gegenständlichen Fall liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Der mit „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ betitelte § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in der seit 01.07.2021 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 119/2020 lautet:

„§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1.         nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2.         nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1.         nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2.         nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.“

Bei Versäumen der Beschwerdefrist bzw. der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. etwa VwGH vom 05.12.2018, Ra 2018/20/0441; VwGH vom 28.09.2016, Ro 2016/16/0013; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (Wien 2019) Rz 898). Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. betreffend § 33 Abs. 1 VwGVG VwGH 25.11.2015, Ra 2015/06/0113; 08.06.2015, Ra 2015/08/0005, VwGH 17.03.2015, Ra 2014/01/0134).

Der mit „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ betitelte § 71 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet:

„§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1.         die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2.         die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.“

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist als Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen (VwGH 26.06.1985, 83/03/0134).

Um die Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, muss das Ereignis für den Wiedereinsetzungswerber entweder unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ("oder") genügt das Vorliegen eines der beiden Momente, um den Wiedereinsetzungsanspruch zu begründen (Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht3 Rz 605 FN 1188). Die Partei (der Antragsteller) muss an der zeitgerechten Vornahme einer befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert gewesen sein, das sie (er) nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt sie (er) nicht abwenden konnte (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 37 [Stand 01.01.2020, rdb.at]).

Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht (von dieser Partei) nicht erwartet werden konnte (VwSlg 9024 A/1976 verst Sen; vgl auch VwGH 29.11.1994, 94/05/0318; 03.04.2001, 2000/08/0214). Ob ein Ereignis als „unvorhergesehen“ einzustufen ist, richtet sich nach den subjektiven Verhältnissen der Partei, nach den tatsächlichen Umständen und dem konkreten Ablauf der Ereignisse und nicht nach dem „objektiven Durchschnittsablauf“ (VwSlg 9024 A/1976 verst Sen; VwGH 24. 11. 1986, 86/10/0169; 15. 9. 2005, 2004/07/0135). Das im Begriff der „Unvorhergesehenheit“ gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahingehend zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn die Partei an der Versäumung der Prozesshandlung kein Verschulden (nur ein minderer Grad des Versehens [Rz 40 ff]; vgl auch VwSlg 18.708 A/2013) trifft (VwGH 28.04.1994, 94/16/0066; 02.09.1998, 98/12/0173; 11.06.2003, 2003/10/0114). Wurde zB ein Schriftstück nicht eingeschrieben aufgegeben, hat die Partei den Umstand, dass es bei der Behörde, an die es adressiert war, nicht eingelangt ist, offensichtlich nicht einberechnet. Er konnte im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht von ihr nicht erwartet werden, weshalb es sich iSd Judikatur des VwGH um ein unvorhergesehenes Ereignis handelt (VwGH 26.05.1999, 99/03/0078; 29.09.2000, 99/02/0356; VwSlg 18.619 A/2013; vgl auch VwGH 13.07.2015, Ra 2015/02/0050). Gleiches muss gelten, wenn der Beschwerdeführer unmittelbar vor Ablauf der Frist per E-Mail an die Behörde herantritt und dies fehlschlägt (VwSlg 18.619 A/2013; vgl auch Vogl, ZVG 2019, 225 f). Andere Beispiele für ein unvorhergesehenes Ereignis wären etwa eine Erkrankung oder eine Naturkatastrophe (Hengstschläger/Leeb6 Rz 605; Herrnritt 143), ein Eisenbahnunglück oder eine Autopanne (Herrnritt 143) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 38 [Stand 01.01.2020, rdb.at]).

Ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann (VwGH 28.02.1974, 1700/73; 24.01.1996, 94/12/0179; 31.03.2005, 2005/07/0020). Mit dem Begriff „unabwendbar“ stellt das Gesetz objektiv auf die Möglichkeiten des Durchschnittsmenschen (VwGH 24. 11. 1986, 86/10/0169; vgl auch VwSlg 9024 A/1976 verst Sen unter Berufung auf Fasching, Kommentar II 727; VwGH 23. 5. 1996, 96/15/0052) ab, dh es kommt darauf an, dass der Eintritt des Ereignisses objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht abgewendet werden kann (VwSlg 9024 A/1976 verst Sen; VwGH 10. 10. 1991, 91/06/0162; 3. 4. 2001, 2000/08/0214), auch wenn er diesen voraussah (vgl zu § 308 BAO VwGH 31. 10. 1991, 90/16/0148; 25. 1. 1995, 94/13/0236; 23. 5. 1996, 96/15/0052) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 39 [Stand 01.01.2020, rdb.at]).

Nach § 71 Abs. 1 Z 1 AVG und § 33 Abs. 1 VwGVG setzt die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass die Partei an der Versäumung der Frist oder der mündlichen Verhandlung kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Ein Verschulden der Partei (auch ein Mitverschulden [Hellbling 473 f]) steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand demnach nur dann entgegen, wenn es den „minderen Grad des Versehens“ übersteigt. Unter einem minderen Grad des Versehens ist nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB zu verstehen (VwGH 17. 5. 1990, 90/06/0062; 19. 5. 1994, 94/18/0226; 13. 12. 2011, 2011/22/0301), die dann vorliegt, wenn dem Wiedereinsetzungswerber ein Fehler unterlaufen ist, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (VwGH 22. 11. 1996, 95/17/0112; 23. 5. 2001, 99/06/0039; 1. 6. 2006, 2005/07/0044; vgl auch VfGH 8. 6. 2017, E 532/2017; 11. 10. 2017, E 2959/2017; Hengstschläger/Leeb6 Rz 606; Schulev-Steindl6 Rz 357). Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, dh er darf die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (VwGH 8. 10. 1990, 90/15/0134; 27. 6. 2008, 2008/11/0099; 8. 10. 2014, 2012/10/0100). Da es auf die persönlichen Fähigkeiten des Antragstellers ankommt, fällt seine Rechtskundigkeit und seine Erfahrung im Umgang mit Behörden besonders ins Gewicht. Bei der Beurteilung, ob auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist daher insbesondere an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige, bisher noch nie an behördlichen (gerichtlichen) Verfahren beteiligte Personen (vgl Rz 44, 49; VwGH 20. 10. 1998, 98/21/0149; 11. 6. 2003, 2003/10/0114; 26. 6. 2008, 2008/05/0122) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 40 [Stand 01.01.2020, rdb.at]).

3.3. Fallbezogen ist daher zu klären, inwieweit die Voraussetzungen für eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung vorgelegen sind und ob die Versäumung der Frist für den Vorlageantrag in die Sphäre der BF fällt:

Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung darf nur verfügt werden, wenn

a) keine andere Art der Zustellung möglich ist. Dies ist der Fall, wenn das Dokument für eine der Behörde unbekannte Personenmehrheit oder für eine Person bestimmt ist, deren (gegenwärtige; VwSlg 812 A/1949; VwGH 29.11.1989, 89/01/0388) Abgabestelle unbekannt ist, keine Zustellung nach § 23 in Betracht kommt (VwGH 2.5.2001, 99/12/0258; 14.2.2002, 99/18/0406; 14.5.2003, 2002/08/0206; 30.5.2007, 2006/19/0322) und kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt wurde (erfasst sind - lege non distinguente - auch Zustellungen an andere als natürliche Personen). Anzunehmen sein wird darüber hinaus, dass auch eine Zustellung an einen Post- oder Gemeindebevollmächtigten (§ 13 Abs 2) nicht möglich ist; hier gleichwohl durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen, würde den Ermessensspielraum der Behörde überschreiten. Gleiches wird schließlich anzunehmen sein, soweit der Behörde eine elektronische Zustelladresse bekannt ist und die Zustellung auf diese Art bewerkstelligt werden kann (Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahren5 375 f).

Eine Abgabestelle ist unbekannt, wenn sie die Behörde tatsächlich nicht kennt und sie von der Behörde unter Verwendung aller ihr zu Gebote stehenden Mitteln und Ausschöpfung aller ihr nach den Umständen zumutbaren Ermittlungen auch nicht erhoben werden kann (VwGH 9.10.2001, 2001/05/0295; 28.1.2003, 2003/11/0056; alleine entsprechende Vermutungen der Behörde, das Dokument werde an einer bekannten Abgabestelle nicht zugestellt werden können, genügen nicht - VwSlg 10.993 A/1983).

In diesem Sinne hat die Behörde Meldeauskünfte einzuholen (VwGH 28.1.2003, 2003/11/0056), wobei diesen - gleich ob positiv oder negativ - zwar Indizwirkung zukommt, sie aber für sich die Annahme, es bestehe eine bzw. keine Abgabestelle, nicht zu tragen vermögen (VwSlg 7600 A/1969; VwGH 30.10.1991, 91/03/0170; 25.3.2010, 2010/21/0007; vgl auch VwGH 10.9.2004, 2001/02/0191; Walter/Mayer, Zustellecht 126) bzw. Personen zu befragen, von denen anzunehmen ist, dass sie eine Abgabestelle des Empfängers kennen (VwGH 22.10.1991, 91/14/0156; 21.5.1996, 95/04/0201; 9.10.2001, 2001/05/0295; 28.1.2003, 2003/11/0056) oder die österreichischen Vertretungsbehörden des Wohnsitzstaates um Auskunft zu ersuchen (VwGH 22.10.1991, 91/14/0156); dass in diesem Staat keine zentrale Meldeeinrichtung besteht bzw. die Behörden dieses Staates keinerlei Auskünfte erteilen, ist insoweit irrelevant (VwGH 22.10.1991, 91/14/0156).

Für die Erfüllung der Verpflichtung der Behörde iSd § 25 Abs. 1 ZustG, die Abgabestelle einer Person festzustellen, kommen für die Behörde einerseits eine Anfrage an die Meldebehörden, andererseits aber auch Auskünfte von Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie die Abgabestelle des Empfängers kennen - etwa Angehörige, Nachbarn, etc. -, in Betracht. (VwGH 28.10.2003, 2003/11/0056)

Ist der Empfänger oder seine Vertreter iSd § 13 Abs. 3 ZustG verzogen, müssen, bevor nach
§ 25 ZustG vorgegangen werden kann, zumutbare Erhebungen gepflogen werden; die Einholung der Auskunft einer Meldebehörde, der Empfänger sei verzogen, reicht nicht aus, wenn sich aus dieser Auskunft ergibt, dass dieser an einen namentlich bekannten Ort - wenn auch ohne Angabe einer näheren Adresse - verzogen ist, mag dieser auch im Ausland liegen. Es ist zumutbar, auch dort bei der Meldebehörde nach der genauen Anschrift anzufragen. (OGH 8.6.1998, 8 ObA 132/98i).

Behebt der Empfänger das Dokument nicht schon zuvor bei der Behörde, gilt das Dokument – die Zulässigkeit der Zustellung nach § 25 Abs. 1 vorausgesetzt (siehe Rz 3 ff) - grundsätzlich zwei Wochen nach dem Anschlag der Mitteilung an der Amtstafel - konkreter: mit Beginn des der zweiwöchigen Frist folgenden Tages - als bewirkt (sog fiktive Zustellung; VwGH 10.5.1949, 41/49; 13.11.1970, 1918, 1964/70).

Da mit der Zustellung für die Partei in der Regel weitreichende Rechtsfolgen, insbesondere der Beginn von Fristen, verbunden sind, ist die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung als ein Ausnahmefall zu betrachten. Es ist bei dieser Zustellungsform als „ultima ratio“ ein eher strenger Maßstab anzulegen. (VwGH 28.10.2003, 2003/11/0056).

Auf Grund der Subsidiarität des § 25 ZustG gegenüber § 8 ZustG ist, wenn eine Partei der Behörde die Änderung ihrer bisherigen Abgabestelle entgegen dem § 8 Abs. 1 ZustG nicht mitgeteilt hat, nicht durch öffentliche Bekanntmachung, sondern durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zuzustellen (VwGH 30.5.2007, 2006/19/0322; 24.11.2000, 2000/19/0115).

Die Zustellung durch Anschlag an der Amtstafel (§ 25 ZustG) ist nur dann rechtmäßig, wenn die Feststellung des Adressaten ergebnislos versucht worden ist (OGH 25.2.1999, 8 ObA 230/98a).

Wurde in der Zustellverfügung eine Zustellung gemäß § 25 ZustG angeordnet, die aber unzulässig war, ist eine rechtswirksame Zustellung des Bescheides im Wege der Kundmachung nicht erfolgt (VwGH 11.7.2001, 2000/03/0259)

Die belangte Behörde hat die Entscheidung, diese Zustellvariante auszuwählen, primär darauf gestützt, dass eine ZMR-Anfrage eine Abmeldung von letzten bekannten Wohnsitz mit 05.11.2019 ergeben hat.

Andererseits hat die BF der belangten Behörde unstrittig bei der persönlichen Vorsprache bei ihrem Sachbearbeiter am 05.11.2019 infolge ihrer Arbeitsaufnahme in Slowenien ihre slowenische Wohnadresse bekanntgegeben und wurde in diesem Zusammenhang auch die Einrichtung eines Nachsendeauftrages zur Sprache gebracht.

Im Lichte der oben angeführten Judikatur ist erkennbar, dass der Maßstab für eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung sehr eng gefasst ist und die Behörde unter Verwendung aller ihr zu Gebote stehenden Mittel und Ausschöpfung aller ihr nach den Umständen zumutbaren Ermittlungen zum Ergebnis kommen muss, dass eine andere Art der Zustellung nicht möglich ist.

Wie in der Judikatur angeführt, kommt dem Umstand, dass die BF laut ZMR über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet mehr verfügt, zwar eine Indizwirkung zu, jedoch vermag alleine dieser Umstand die Annahme, es bestehe keine Abgabestelle, nicht zu tragen.

Es ist nicht hervorgekommen, dass die belangte Behörde dennoch einen Zustellversuch an die letzte bekannte Adresse unternommen hat. Die belangte Behörde hat auch nicht alle Mittel ausgeschöpft, um einen möglichen Aufenthaltsort der BF zu ermitteln. So ist aktenkundig, dass der belangten Behörde auch die Telefonnummern der letzten Unterkunftgeber bekannt waren, entsprechende Erhebungen im Wege dieser Personen sind jedoch nicht evident.

Hinzu kommt, dass die BF bereits vor der Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen bekanntgegeben hat, dass sie ab dem 01.11.2019 wieder in Slowenien arbeiten werde. Weiters hat sie am 05.11.2019 eine Zustelladresse in Slowenien für den Empfang des Formulars EU U1 bekanntgegeben.

Erhebungen zur Wohnsitzqualität der in Slowenien bekannt gegebenen Adresse wurden von Seiten der belangten Behörde nicht geführt. Die belangte Behörde hat diesbezüglich keinen Kontakt mit den österreichischen Vertretungsbehörden in Slowenien hergestellt, obwohl aufgrund der Angaben der BF sich die Hinweise darauf verdichtet haben, dass sie nun einen Wohnsitz in Slowenien haben dürfte.

In der Gesamtbetrachtung zeichnet sich daher das Bild, dass die belangte Behörde nicht alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um eine Zustelladresse der BF zu eruieren.

Es waren die Voraussetzungen für eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung an der Amtstafel nicht im erforderlichen Umfang gegeben, sodass sich diese als unzulässig erweist. Die BF hat daher von der Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen iSd § 33 Abs. 1 VwGVG ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt und deswegen die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages versäumt.

Es war daher den Beschwerden mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG bewilligt werden.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorlageanträgen zu den Beschwerdevorentscheidungen wird in gesonderten Verfahren des BVwG erfolgen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich bereits aus der Aktenlage, dass den gegenständlichen Beschwerden stattzugeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen war. Eine mündliche Verhandlung konnte daher unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Abgabestelle Ermittlungsmangel öffentliche Bekanntmachung Wiedereinsetzungsantrag Wohnsitz Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G308.2230063.3.00

Im RIS seit

20.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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