Entscheidungsdatum
09.11.2021Norm
AsylG 2005 §35 Abs4Spruch
W185 2246651-1/5E
W185 2246648-1/2E
W185 2246649-1/2E
W185 2246650-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb XXXX und 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , die minderjährigen Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle StA. Irak, vertreten durch RA Dr. Peter Philipp, Graben 17, 1010 Wien, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Ankara vom 29.06.2021, GZ Ankara-ÖB/KONS/0794/2021, entschieden:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige des Irak, stellten am 15.01.2019 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Ankara (in Folge ÖB Ankara), unter Anschluss diverser Unterlagen (Reisepass, Ehevertrag, Arbeitsvertrag der Bezugsperson, etc.), Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 2 AsylG. Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer, XXXX StA. Irak, genannt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt) vom 31.08.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde zwischenzeitig bis zum 23.09.2022 verlängert.
Nachdem die Antragsunterlagen durch die ÖB Ankara am 18.01.2019 an das Bundesamt weitergeleitet wurden, teilte dieses am 24.09.2020 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten betreffend die Beschwerdeführer nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht nachgewiesen hätten und die Einreise zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.
In der bezughabenden Stellungnahme führte das Bundesamt u.a. aus, dass die Bezugsperson am 26.02.2019 aufgefordert worden sei, die Einkommensnachweise der letzten drei Monate sowie einen Mietvertrag vorzulegen. Der Aufforderung sei am 14.03.2019 entsprochen worden. Am 10.04.2019 sei die Bezugsperson vom Bundesamt aufgefordert worden, einen Steuerbescheid, einen Gewerbeschein und eine Sozialversicherungsbestätigung vorzulegen. Der Einkommenssteuerbescheid 2018 sowie die Gewerbeanmeldung seien vorgelegt worden. Aus dem Einkommenssteuerbescheid 2018 gehe hervor, dass die Bezugsperson aufgrund ihres geringen Einkommens (unter EUR 10.000,-) nicht steuerpflichtig gewesen sei. Am 11.11.2019 habe die rechtliche Vertretung der Beschwerdeführer dem Bundesamt mitgeteilt, dass der Einkommenssteuerbescheid 2019 frühestens im April 2020 vorgelegt werden könne. Zugleich sei eine Kontoübersicht der SVA vom 21.10.2019 übermittelt worden. Am 27.04.2020 habe die rechtliche Vertretung der Beschwerdeführer dem Bundesamt den Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahr 2019 sowie diverse Einkommensnachweise übermittelt. Die Bezugsperson gehe seit November 2018 einer selbstständigen Beschäftigung als Zusteller nach, wobei das Gewerbe erst am 23.04.2019 angemeldet worden sei. Die Bezugsperson habe im Jahr 2019 ein Jahreseinkommen iHv EUR 17.821,88 bezogen, wovon noch die Einkommenssteuer iHv EUR 1.705,-, der Sozialversicherungsbeitrag iHv EUR 1.033.,36 und die monatliche Miete iHv EUR 250,- abzuziehen seien. Aus dem vorgelegten Ehevertrag und den vorgelegten Geburtsurkunden sei ersichtlich, dass die Erstbeschwerdeführerin mit der Bezugsperson verheiratet sei und die mj. Beschwerdeführer mit der Bezugsperson in erster Linie verwandt seien. Die Registrierung der Ehe sei am 08.07.2001 beim Amtsgericht in XXXX erfolgt und sei somit bereits vor der Einreise des Fremden registriert worden. Aufgrund der vorgelegten Dokumente stehe fest, dass es sich bei der Bezugsperson um den Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer handle. Aber bereits die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen: Die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG seien von den Beschwerdeführern nicht erfüllt worden und eine Einreise erscheine iSd Art. 8 EMRK nicht geboten. Weiters führte die Behörde aus, dass der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte habe, die diesem eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und die der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen würden. Nach § 293 ASVG seien monatliche Einkünfte von mindestens EUR 1.830,88 (Ehepaar und drei mj. Kinder) erforderlich. Aus dem Versicherungsdatenauszug ergebe sich, dass die Bezugsperson seit 23.04.2019 ein gewerblich selbstständiger Erwerbstätiger sei. Laut Arbeitsvertrag und Einkommensnachweis gehe die Bezugsperson seit November 2018 einer selbstständigen Tätigkeit als Zusteller nach. Das Jahreseinkommen im Jahr 2019 komme auf EUR 17.821,88, wovon noch die Einkommenssteuer iHv EUR 1.705,-, der Sozialversicherungsbeitrag iHv EUR 1.033,36 und die monatliche Miete iHv EUR 250,- abzuziehen seien. Abzüglich der freien Station würde der Bezugsperson ein monatliches Durchschnitteinkommen von EUR 1.525,45 zur Verfügung stehen. Der Richtsatz nach § 293 ASVG sei somit nicht erreicht. Die Beschwerdeführer hätten somit einen Nachweis ihrer finanziellen Gebarung nicht erbringen können. Gemäß Art. 8 EMRK habe jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Auch wenn im gegenständlichen Fall das Vorliegen eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK zu bejahen sei, könne der Antrag im Lichte des § 11 Abs. 5 NAG nicht positiv entschieden werden, da infolge der deutlichen Unterschreitung der in § 293 ASVG vorgesehenen Richtsätze der Aufenthalt der Beschwerdeführer zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibe keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr werde im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem NAG würden in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstellen, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so könne etwa Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gewährt werden und könne danach eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH (Rs C-558/14 vom 21.04.2016) komme dem wirtschaftlichen Wohl eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug ein hoher Stellenwert zu. Für die Beschwerdeführer könnte sich die Möglichkeit einer Familienzusammenführung nach dem NAG eröffnen und bestehe daher auch über das NAG grundsätzlich die Möglichkeit eines Familienlebens nach Art. 8 EMRK.
Mit Schreiben der ÖB Ankara vom 01.10.2020, wurde den Beschwerdeführern eine Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör) übermittelt. Es wurde darüber informiert, dass das Bundesamt nach Prüfung der Anträge mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es würden schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes. Es werde Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Mit Mail vom 11.11.2020 brachte die rechtliche Vertretung der Beschwerdeführer beim Bundesamt eine Stellungnahme ein und legte einen Auszug aus dem Sparkonto der Bezugsperson vor. Darin wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson EUR 20.000,- angespart habe. Die Familie leide sehr unter der langen Trennung und der Ungewissheit und sei der psychische Gesundheitszustand aller Familienangehöriger sehr schlecht. Die Bezugsperson habe angekündigt, sich vor dem Generalsekretariat des Österreichischen Roten Kreuzes verbrennen zu wollen. Es werde ersucht, über die Einreiseanträge möglichst bald zu entscheiden. Die Beschwerdeführer hätten in der Türkei einen sehr schwierigen Alltag. Die Familie habe bis zur Ausreise der Bezugsperson in einem Haushalt gelebt. Die Familie habe durch ihr Verhalten auch zum Ausdruck gebracht, dass eine möglichst rasche Familienzusammenführung erwünscht sei. Sie hätten bereits erstmals am 25.10.2016 Anträge auf Familienzusammenführung gestellt. Diese seien jedoch wegen der noch nicht abgelaufenen dreijährigen Wartefrist abgewiesen worden. Die Bezugsperson habe für die Türkei kein Visum bekommen, daher hätte sich die Familie nicht persönlich sehen können. Die Stellungnahme wurde vom Bundesamt erst am 01.07.2021 (!) an die ÖB Ankara weitergeleitet.
In der Stellungnahme vom 26.11.2020, verfasst vom Österreichischen Roten Kreuz, brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sie unbestritten die Ehefrau bzw. Kinder der Bezugsperson seien. Auf die Ausführungen in ihrer Stellungnahme vom 11.11.2020 wurde verwiesen. Der einzige Grund für die Ablehnung der Anträge sei, dass nach Ansicht des Bundesamtes das Einkommen der Bezugsperson unzureichend sei. Das Bundesamt beziehe sich ausschließlich auf das Einkommen aus dem Jahr 2019. Eine Betrachtung des Jahres 2020 lasse die Situation jedoch deutlich besser erscheinen. Die bloße Betrachtung des Einkommens aus dem Jahr 2019 greife zu kurz. Aus den Einkommensnachweisen für das Jahr 2020 ergebe sich für den Zeitraum Jänner bis Oktober ein durchschnittliches Nettoeinkommen iHv EUR 1.729,54. Hierbei seien bereits die Kosten für die Sozialversicherung und die Steuern abgezogen worden. Aufgrund der geringen Höhe der Miete, die den Wert der freien Station unterschreite, hätten diesbezüglich keine Abzüge zu erfolgen. Auf den Richtsatz iSd § 293 ASVG iHv EUR 1.830,88 würden somit lediglich monatlich EUR 101,34 fehlen. Hier seien die Ersparnisse der Bezugsperson iHv EUR 20.000,- zu berücksichtigen. Durch diesen Geldbetrag könne der Fehlbetrag für rund 200 Monate beglichen werden. Eine Gefährdung des wirtschaftlichen Wohls durch die Einreise der Beschwerdeführer liege somit nicht vor. Überdies habe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine geringfügige Unterschreitung des erforderlichen Richtsatzes nicht zur Folge, dass der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Als „geringfügig“ sei durch den Verwaltungsgerichtshof beispielsweise ein Fehlbetrag von rund EUR 133,- gewertet worden. Betreffend die Güterabwägung iSd Art. 8 EMRK wurde auf die Stellungnahme vom 27.04.2020 verwiesen. Aufgrund des tatsächlich bestehenden Familienlebens und der Berücksichtigungswürdigkeit durch dessen Begründung im Herkunftsstaat, zu einem Zeitpunkt als die Beteiligten von einer Fortsetzung des Familienlebens ausgehen hätten können, sei grundsätzlich von einem erheblichen und maßgeblichen Interesse der Familie an der Fortsetzung des Familienlebens auszugehen. Das Familienleben könne auch nicht in einem anderen Staat fortgesetzt werden. Der Verweis des Bundesamtes auf eine Familienzusammenführung nach dem NAG sei bereits durch das Bundesverwaltungsgericht als unzulässig erkannt worden, und zwar in jenen Fällen, in denen ein Anwendungsfall des § 34 AsylG vorliege. Der Stellungnahme waren Einkommensnachweise der Bezugsperson aus dem Jahr 2020 angeschlossen.
Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt, teilte dieses mit Schreiben vom 02.12.2020 mit, dass die in der Stellungnahme vom 26.11.2020 angeführten Gründe nicht ausreichen würden, um eine andere Entscheidung zu bewirken. Betreffend das Sparguthaben iHv EUR 20.000,- wurde ausgeführt, dass in der Stellungnahme keine Äußerungen darüber getroffen worden seien, wie die Bezugsperson zu dieser enormen Summe gekommen sei. Für die Unterhaltsberechnung im NAG sei bei Spareinlagen maßgeblich, dass die Herkunft des Geldbetrages belegt werde, um sicherzustellen, dass die Mittel nicht aus einer illegalen Quelle stammen würden und der Antragsteller einen Rechtsanspruch darauf habe. Aufgrund des monatlichen Durchschnittseinkommens der Bezugsperson iHv EUR 1.525,45 sei nicht nachvollziehbar, dass die Bezugsperson in manchen Monaten eine derart hohe Summe – insbesondere im Dezember 2019 einen Gesamtbetrag iHv EUR 5.000,-, in den Monaten April bis Juli 2020 einen Gesamtbetrag von EUR 5.000,- und im Oktober 2020 erneut einen Betrag von EUR 5.000,- ansparen habe können, da die Bezugsperson auch für die Lebenserhaltungskosten Geldmittel benötige. Auch sei kein Beleg vorgewiesen worden, woher die Geldmittel stammen würden bzw. wie die Bezugsperson zu diesen gekommen sei. Es könne somit nicht sichergestellt werden, dass die Barmittel, welche die Bezugsperson im Laufe eines Jahres (Oktober 2019 bis Oktober 2020) auf dem Sparbuch eingezahlt habe, aus einer legalen Quelle stammen würden. Die Entscheidung des Bundesamtes vom 24.09.2020 bleibe daher aufrecht.
Mit Schreiben vom 16.03.2021 gaben die Beschwerdeführer einen Vollmachtswechsel bekannt und ersuchte die rechtliche Vertretung um Bekanntgabe des aktuellen Verfahrensstandes.
Mit Mail vom 09.04.2021 brachten die Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde bei der ÖB Ankara ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer am 15.01.2019 Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln eingebracht hätten. Trotz mehrmaliger Urgenz und Vorlage sämtlicher Unterlagen habe die ÖB Ankara bis dato nicht entschieden. Da die Beschwerdeführer durch die Untätigkeit der ÖB Ankara in ihren Rechten auf Entscheidung verletzt seien, würden sie nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Frist von sechs Monaten gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG und den §§ 7ff VwGVG Beschwerde erheben.
Mit Bescheiden der ÖB Ankara vom 29.06.2021, zugestellt am 01.07.2021, wurden die Einreiseanträge der Beschwerdeführer gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass, wie bereits in der Stellungnahme des Bundesamtes vom 24.09.2020 ausgeführt worden sei, schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, da die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 bis 3 AsylG nicht erfüllt worden seien und eine Einreise iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 26.11.2021 sei dem Bundesamt zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung zugeleitet worden. Nach deren Prüfung habe die Behörde mitgeteilt, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde.
Gegen die Bescheide der ÖB Ankara wurden am 15.07.2021, eingelangt bei der ÖB Ankara am selben Tag, fristgerecht Beschwerden erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Mitteilung des Bundesamtes die Einkommensverhältnisse aus dem Jahr 2019 zugrunde liegen würden und die Einkommensverhältnisse der Jahre 2020 und 2021 nicht berücksichtigt worden seien. Auch sei der Mitteilung des Bundesamtes nicht zu entnehmen, weshalb die Ersparnisse bei der Einkommensberechnung nicht berücksichtigt worden seien. Das erstinstanzliche Verfahren sei daher mangelhaft. Auch habe die ÖB Ankara und das Bundesamt keine Abwägung hinsichtlich die Gründe, die zur Trennung der Familie geführt hätten und den Umstand, dass eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs nicht möglich sei, getroffen. Auch bei Unterschreiten des notwendigen ASVG Richtsatzes sei der Einreiseantrag nicht per se abzuweisen. Die Behörde habe auch das Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu prüfen. Überdies seien die Interessen der Bezugsperson an einem Verbleib in Österreich zu berücksichtigen. Der Bescheid sei daher auch in rechtlicher Hinsicht verfehlt, da diesem keine Prüfung iSd Art. 8 EMRK zugrundeliege.
Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 13.09.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.09.2021, wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakten übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson, beide Staatsangehörige des Irak, haben im Irak die Ehe geschlossen und diese am 08.07.2001 dort bei einem Amtsgericht auch registrieren lassen. Die minderjährigen Beschwerdeführer – die gemeinsamen ehelichen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson – kamen in den Jahren 2005, 2007 und 2012 zur Welt.
Im Irak lebten die Beschwerdeführer und die Bezugsperson – bis zur Ausreise der Bezugsperson nach Österreich im Jahre 2015 – somit etwa 14 Jahre (Anm.: Bezogen auf die Erstbeschwerdeführerin) bzw. ab ihrer Geburt (Anm.: Bezogen auf die minderjährigen Beschwerdeführer) im Familienverband zusammen. Die Auflösung des Familienverbandes war lediglich Folge der Flucht der Bezugsperson nach Österreich.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.08.2015, rechtskräftig seit 17.09.2015, wurde der Bezugsperson der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Zuletzt wurde der Bezugsperson die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 23.09.2022 erteilt.
Am 15.01.2019, sohin mehr als drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson, stellten die Beschwerdeführer bei der ÖB Ankara persönlich die gegenständlichen Anträge auf Einreise nach § 35 AsylG. Die Beschwerdeführer leben mittlerweile in der Türkei.
Die von der Bezugsperson erzielten Einkünfte erreichen die für das Jahr 2019 bzw. 2020 geltenden Richtsätze des maßgeblichen § 293 ASVG nicht, was auch im Verfahren nicht bestritten wurde. Die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG (Nachweis der finanziellen Mittel) ist gegenständlich nicht erfüllt. Die (legale) Herkunft der Ersparnisse der Bezugsperson in Höhe von Euro 20.000,-- wurde nicht nachgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus den Verwaltungsakten und dem Gerichtsakt.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer und der Bezugsperson ergeben sich aus den übereinstimmenden, nicht anzuzweifelnden Angaben der Bezugsperson in dessen Asylverfahren in Österreich (Erstbefragung LPD NÖ 14.04.2015 bzw Einvernahme vor dem Bundesamt am 03.08.2015) und der Erstbeschwerdeführerin vor der ÖB Ankara. Die Erstbeschwerdeführerin und die Bezugsperson haben demnach seit der Eheschließung im Jahr 2001 rund 14 Jahre lang in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt. Die gemeinsamen drei leiblichen Kinder wurden während aufrechter Ehe in den Jahren 2005, 2007 und 2012 geboren und lebten im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern als Familie zusammen. Deckung finden diese Angaben auch in den im Verfahren vorgelegten unbedenklichen Urkunden, deren Echtheit und Richtigkeit auch von der Behörde nicht in Zweifel gezogen wurden.
Die Beschwerdeführer und die Bezugsperson stehen seit der Flucht der Bezugsperson in regelmäßigem Kontakt. Es ist nicht von einer Auflösung des familiären Bandes auszugehen; die Trennung der Beschwerdeführer von ihrem Ehemann bzw. Vater ist ausschließlich fluchtbedingt erfolgt.
Die Feststellung, wonach die von der Bezugsperson erzielten Einkünfte die für das Jahr 2019 bzw. 2020 geltenden Richtsätze des maßgeblichen § 293 ASVG nicht erreichen, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und wurde auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Die Bezugsperson bezog im Jahr 2019 ein Jahreseinkommen iHv EUR 17.821,88, wovon noch die Einkommenssteuer iHv EUR 1.343,09 und die Sozialversicherungsbeiträge iHv EUR 1.033,36 abzuziehen sind; daraus ergibt sich ein monatliches Einkommen iHv EUR 1.287,12. Die von der Bezugsperson zu entrichtende monatliche Miete (Anm.: EUR 250,-) unterschreitet den Wert der „freien Station“ iHv EUR 294,65 für das Jahr 2019 und war daher davon nicht in Abzug zu bringen (vgl. § 292 Abs. 3 ASVG; sog „freie Station“; siehe hiezu auch unten). Der Richtsatz für eine fünfköpfige Familie lag im Jahr 2019 bei EUR 1.830,88 (EUR 1.398,97 für ein Ehepaar und EUR 143,97 pro Kind). Die Bezugsperson bezog im Zeitraum Jänner bis Oktober 2020 ein Einkommen iHv EUR 17.295,37, woraus sich ein durchschnittliches monatliches Einkommen iHv EUR 1.729,54 für diesen Zeitraum ergibt. Die von der Bezugsperson zu entrichtende monatliche Miete (Anm.: EUR 250,-) unterschreitet den Wert der „freien Station“ iHv EUR 299,95 für das Jahr 2020 und war daher davon nicht in Abzug zu bringen. Der Richtsatz für eine fünfköpfige Familie lag im Jahr 2020 bei EUR 1.919,45 (EUR 1.472,- für ein Ehepaar und EUR 149,15 pro mj. Kind). Für das Jahr 2021 wurden keine Einkommensnachweise vorgelegt.
Betreffend die Ersparnisse der Bezugsperson iHv Euro 20.000,- kann dem Bundesamt nicht entgegengetreten werden, wenn dieses seine negative Wahrscheinlichkeitsprognose vom 02.12.2020 insbesondere auch darauf stützt, dass die Herkunft der Ersparnisse der Bezugsperson nicht belegt worden sei und nicht sichergestellt sei, dass diese Mittel aus einer legalen Quelle stammen würden. Wie vom Bundesamt zutreffend ausgeführt, ist es nicht nachvollziehbar, wie es der Bezugsperson – in Hinblick auf ihr Einkommen in Österreich – möglich gewesen sei, einen solchen Betrag im Zeitraum von eineinhalb Jahren (März 2019 bis Oktober 2020) anzusparen. Die angeführten Ersparnisse sind somit nicht geeignet, den Nachweis über die erforderlichen Mittel iSd § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG zu erbringen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBL I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBL I Nr. 22/2013 idgF geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Zu A) Stattgebung der Beschwerden:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
„§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Beschwerdevorentscheidung
§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 5 Z 11, BGBl. I Nr. 138/2017
Vorlageantrag
§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Erkenntnisse
§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[…]
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art 9 Abs. 1 erster Satz und Art 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für die Entscheidungenüber die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§2 Abs. 4 Z13a) ist Art 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG) idgF lauten:
„Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
§ 60 (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn
1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder
2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.“
Die maßgebliche Bestimmung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) idgF lautet:
„Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§11 …
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) idgF lauten:
„§ 292 …
(3) Nettoeinkommen im Sinne der Abs. 1 und 2 ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht Abs. 8 anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, daß als Wert der vollen freien Station der Betrag von 216,78 € (Anm. 1) heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 1994, der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachte Betrag. Im Falle des Bezuges einer Hinterbliebenenpension (§ 257) vermindert sich dieser Betrag, wenn für die Ermittlung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Ehegatten/der verstorbenen Ehegattin oder des verstorbenen eingetragenen Partners/der verstorbenen eingetragenen Partnerin (Elternteiles) Abs. 8 anzuwenden war oder anzuwenden gewesen wäre und der (die) Hinterbliebene nicht Eigentümer (Miteigentümer) des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes war, für Einheitswerte unter 4 400 € im Verhältnis des maßgeblichen Einheitswertes zu dem genannten Einheitswert, gerundet auf Cent; Entsprechendes gilt auch bei der Bewertung von sonstigen Sachbezügen.
…
(Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 294,65 €; gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 299,95 €; gemäß BGBl. II Nr. 576/2020 für 2021: 304,45 €)
Richtsätze
§ 293 (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 120,00 € (Anm. 1, 1a),
bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen 882,78 € (Anm. 2),
(Anm.: sublit. cc aufgehoben durch Art. 1 Z 2, BGBl. I Nr 84/2019)
b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 747,00 € (Anm. 2),
c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 274,76 € (Anm. 3),
falls beide Elternteile verstorben sind 412,54 € (Anm. 4),
bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres 488,24 € (Anm. 5),
falls beide Elternteile verstorben sind 747,00 € (Anm. 2).
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 6) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.
(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.
(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.
(Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für 2017: 1 334,17 €; gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 1 363,52 €: gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 1 398,97 €; gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 1 472,00 €; gemäß BGBl. II Nr. 576/2020 für 2021: 1 578,36 €
Anm. 1a: Art. 1 Z 2 der Novelle BGBl. I Nr. 98/2019 lautet: „In § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa wird der Ausdruck „1 398,97 €“ durch den Ausdruck „1 472,00 €“ ersetzt.“. Da die Beträge jährlich durch Kundmachung angepasst wurden, konnte die Anweisung nicht durchgeführt werden.
Anm. 1b: § 727 Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 21/2020 lautet: „Der Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2019 ist abweichend von § 293 Abs. 2 für das Kalenderjahr 2020 (rückwirkend) mit dem Faktor 1,036 zu vervielfachen.“
Anm. 2: für 2017: 889,84 €; für 2018: 909,42 €; für 2019: 933,06 €; für 2020: 966,65 €; für 2021: 1 000,48 €
Anm. 3: für 2017: 327,29 €; für 2018: 334,49 €; für 2019: 343,19 €; für 2020: 355,54 €; für 2021: 367,98 €
Anm. 4: für 2017: 491,43 €; für 2018: 502,24 €; für 2019: 515,30 €; für 2020: 533,85 €; für 2021: 552,53 €
Anm. 5: für 2017: 581,60 €; für 2018: 594,40 €; für 2019: 609,85 €; für 2020: 631,80 €; für 2021: 653,91 €
Anm. 6: für 2017: 137,30 €; für 2018: 140,32 €; für 2019: 143,97 €; für 2020: 149,15 €; für 2021: 154,37 €)“
Mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch zu machen ist. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel: „Verwaltungsverfahren Band I2“, E 84 zu § 39 AVG).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamt für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des Bundesamtes um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des Bundesamtes in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das Bundesamt die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:
In den bekämpften Bescheiden wurden die Einreiseanträge der Beschwerdeführer mit der Begründung abgewiesen, dass die Voraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG (Nachweis der finanziellen Mittel) nicht erfüllt sei und eine Einreise zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.
Hiezu ist Folgendes festzuhalten:
Die Behörde ging in den angefochtenen Entscheidungen offenkundig davon aus, dass die mj. Beschwerdeführer die leiblichen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson und somit Familienangehörige der Bezugsperson iSd § 35 Abs. 5 AsylG sind.
Nicht angezweifelt wurde offenkundig auch, dass die Bezugsperson und die Erstbeschwerdeführerin im Irak geheiratet haben, die Ehe dort im Juli 2001 auch registriert wurde und die Eheleute zumindest seit diesem Datum bis zur Flucht der Bezugsperson etwa 14 Jahre lang ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK geführt haben. Die Behörde ging somit davon aus, dass die Erstbeschwerdeführerin mit der Bezugsperson verheiratet und somit Familienangehörige iSd § 35 Abs. 5 AsylG ist.
Das Bundesamt hielt diesbezüglich in seiner Stellungnahme vom 24.09.2020 ausdrücklich Folgendes fest: