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E000 EU- Recht allgemein;Norm
11992E048 EGV Art48;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des S in Athen, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. August 1996, Zl. 697.294/19-2.5/96, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 (WG) abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem durch Art. 48 des EG-Vertrages garantierten Recht der Arbeitnehmerfreizügigkeit als verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er führt begründend aus, er sei nicht nur österreichischer, sondern auch griechischer Staatsangehöriger und reklamiere aufgrund des Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht die Behandlung seiner Militärdienstfrage "nach den Grundsätzen, die auf Bürger von Mitgliedstaaten der EU" anzuwenden seien. Die Auffassung, daß er als Doppelstaatsbürger nach der Ableistung seines Militärdienstes in Griechenland seine Militärdienstpflicht auch in Österreich erfüllen müsse, widerspreche den in Art. 48 ff EG-Vertrag normierten Regeln über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Es sei ihm unzumutbar, zwei Militärdienste in zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu leisten, sodaß er gehindert sei, seine berufliche Tätigkeit bei einem näher bezeichneten österreichischen Kreditinstitut wieder aufzunehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die Unterwerfung unter die Wehrpflicht ist beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts eine unmittelbar mit der Staatsangehörigkeit verbundene Angelegenheit und fällt somit nicht in dessen Anwendungsbereich (vgl. Punkt 41 der Schlußanträge des Generalanwaltes vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C-315/94, Peter de Vos gegen Stadt Bielefeld). Die Frage, ob und wie lange die Staatsbürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum Militärdienst herangezogen werden dürfen, wird demnach im Gemeinschaftsrecht nicht geregelt, insbesondere auch nicht in dem im Beschwerdepunkt genannten Art. 48 EG-Vertrag. Kernstück des im Art. 48 statuierten Rechtes auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist das im Art. 48 Abs. 2 enthaltene Diskriminierungsverbot, somit das Recht aller Arbeitnehmer, die Staatsbürger eines Mitgliedstaates sind, in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen wie Inländer behandelt zu werden. Dies berührt aber nicht das Recht eines Staates, seine wehrpflichtigen Staatsbürger zum Militärdienst heranzuziehen, sodaß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt.
Das Gemeinschaftsrecht enthält auch keine Regelung über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit. In Ermangelung eines bilateralen Abkommens zwischen Österreich und Griechenland über diese Frage, aufgrund des Umstandes, daß Griechenland dem Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit BGBl. Nr. 471/1975 nicht beigetreten ist, und infolge Fehlens einer die Militärdienstpflicht beseitigenden inländischen gesetzlichen Bestimmung ist der Beschwerdeführer präsenzdienstpflichtig. Die Ableistung des Militärdienstes in Griechenland hat daran nichts geändert.
Da nach dem Gesagten ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug der hier zu entscheidenden Rechtsfrage fehlt, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu dem vom Beschwerdeführer angeregten Ersuchen an den Europäischen Gerichtshof um Vorabentscheidung gemäß Art. 177 EG-Vertrag nicht veranlaßt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996110270.X00Im RIS seit
17.01.2001