Index
L0010 LandtagsgeschäftsordnungNorm
B-VG Art30, Art57, Art96, Art130 Abs1 Z1Leitsatz
Abweisung einer Beschwerde betreffend ein Antwortschreiben der Präsidentin des Burgenländischen Landtags auf das Ersuchen um Aufhebung der Immunität eines bestimmten Abgeordneten; Schreiben der Gesetzgebung zuzurechnen und nicht vor dem Landesverwaltungsgericht anfechtbar; Kosten zu Beginn eines allfälligen Privatanklageverfahrens nicht unverhältnismäßigRechtssatz
Keine Verletzung in verfassungsgesetzlichen gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung einer rechtwidrigen generellen Norm
Nach dem Konzept des Art30 B-VG, das auch den landes(verfassungs)rechtlichen Bestimmungen zu den Landtagen zugrunde liegt, sind Handlungen des Präsidenten des Nationalrates, die im Zusammenhang mit "parlamentarischen Aufgaben" stehen, dem Bereich der Gesetzgebung zuzurechnen. Die Handhabung der Regelungen zur außerberuflichen Immunität der Abgeordneten sind vom Begriff der "parlamentarischen Aufgaben" schon insofern erfasst, als die Aufhebung der Immunität nach den genannten Bestimmungen vom Gesetzgebungsorgan zu beschließen ist. Dementsprechend ist ein Beschluss über die Aufhebung der Immunität ebenso vom Bereich der Gesetzgebung erfasst wie die Zuweisung eines Aufhebungsersuchens an den Immunitätsausschuss, etwa nach §51 Bgld LTGO.
Die im Zusammenhang mit diesen "parlamentarischen Aufgaben" erfolgte Mitteilung der Präsidentin des Landtages an den Beschwerdeführer, dass seinem Ersuchen um Aufhebung der Immunität eines bestimmten Abgeordneten nicht entsprochen werde, ist somit ebenfalls dem Bereich der Gesetzgebung zuzurechnen. Diese Mitteilung stellt entgegen dem Beschwerdevorbringen keinen nach Art130 Abs1 Z1 B-VG anfechtbaren Bescheid und auch sonst keine nach Art130 B-VG beim Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) anfechtbare Handlungsform dar. Die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Zurückweisung war daher rechtmäßig.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass im Ergebnis kein Rechtsschutz gegen die Untätigkeit der Präsidentin des Landtages bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass sich dies bereits aus dem zuvor dargelegten verfassungsrechtlichen Konzept ergibt.
Im Übrigen ist der Privatankläger entgegen dem Beschwerdevorbringen - unabhängig davon, dass er gemäß §71 Abs6 StPO im Hauptverfahren grundsätzlich die gleichen Rechte wie die Staatsanwaltschaft hat - keine "Behörde", die nach Art57 Abs3 B-VG bzw Art24 Bgld L-VG berechtigt bzw verpflichtet ist, die Zustimmung des Gesetzgebungsorgans zur Verfolgung einzuholen. Ungeachtet dessen kann der Beschwerdeführer jedenfalls eine Privatanklage erheben, auf Grund derer das zuständige Gericht den Angeklagten nach den Vorgaben des Art57 B-VG verfolgen kann und gegebenenfalls den Burgenländischen Landtag um Zustimmung zur Verfolgung zu ersuchen hat. Im zuletzt genannten Fall wäre die Präsidentin des Burgenländischen Landtages gemäß §51 Bgld LTGO dazu verpflichtet, das Ersuchen dem Immunitätsausschuss zuzuweisen. Dem Beschwerdeführer ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass für ihn als Privatankläger gemäß §390 Abs1 StPO ein Kostenrisiko verbunden ist, weil die Entscheidung, ob die Immunität aufgehoben wird, letztlich im Ermessen des Burgenländischen Landtages liegt. Es bestehen jedoch keine Bedenken gegen die Sachlichkeit dieser Regelung, insbesondere weil zu Beginn des Privatanklageverfahrens, wenn das Gericht um Zustimmung zur weiteren Verfolgung des Angeklagten zu ersuchen hat, in der Regel noch keine unverhältnismäßigen Kosten entstanden sein können.
Schlagworte
Landtag, Mandatare, Anklage, Kosten, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, KostenrisikoEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E842.2021Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021