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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litdLeitsatz
Zurückweisung eines – nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebrachten – Parteiantrages mangels LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Anlassverfahren
1. Der am 31. Mai 1955 geborene Einschreiter beantragte am 9. Jänner 2017 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer zum Stichtag 1. Juni 2017. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (in der Folge: PVA) vom 7. Juni 2017 wurde die beantragte Pension – unter Berücksichtigung von Abschlägen von 12,6 % – iHv € 3.162,93 ab dem genannten Stichtag anerkannt.
2. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 ersuchte der Antragsteller die PVA um die Auszahlung seiner Pension ab 1. Jänner 2020 ohne Abschlag; für den Fall der Ablehnung ersuchte er um schriftliche Bescheidausfertigung. Die PVA teilte ihm mit Schreiben vom 9. Jänner 2020 mit, dass bescheidmäßig zuerkannte Pensionsleistungen mit Stichtagen einschließlich 1. Dezember 2019 nicht neu zu berechnen seien. Der Bescheid der PVA vom 7. Juni 2017 über die Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer sei bereits in Rechtskraft erwachsen; von der PVA werde kein neuer Bescheid bezüglich der Regelung über die Abschlagsfreiheit erstellt.
3. Mit "Urteil" vom 23. September 2020 wies das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht die vom Einschreiter erhobene Säumnisklage auf abschlagsfreie Auszahlung seiner Alterspension ab 1. Jänner 2020 ab; mit am 12. Oktober 2020 per ERV zugestelltem Beschluss vom 9. Oktober 2020 des genannten Gerichtes wurde dieses "Urteil" dahingehend berichtigt, dass es in seinem Spruch eine Zurückweisung der Klage aussprach.
4. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2020 erhob der Antragsteller gegen das genannte "Urteil" einerseits "Berufung" an das Oberlandesgericht Innsbruck, andererseits brachte er an diesem Tag auch den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag ein, der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge "und in welchem Ausmaß eine Leistung" in §223 Abs2 ASVG als verfassungswidrig aufheben.
5. Das Oberlandesgericht Innsbruck in Arbeits- und Sozialrechtssachen wies mit Beschluss vom 5. November 2020 diese als Rekurs aufzufassende "Berufung" gegen das als Beschluss aufzufassende "Urteil" als verspätet zurück.
6. Daraufhin stellte der Einschreiter (ausschließlich) beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht einen – erfolgreichen – Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist und holte die versäumte Prozesshandlung (den Rekurs) nach.
II. Zulässigkeit
1. Der Antrag ist unzulässig.
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
1.2. Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist – entsprechend der Formulierung des Art140 Abs1 Z1 litd B-VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", somit eines Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden. Für den Rechtsmittelwerber ist dabei die Frist zur Einbringung des Rechtsmittels maßgebend (vgl VfSlg 20.152/2017 mwN).
1.3. Nach der Aufhebung bestimmter Teile des §62a VfGG durch den Verfassungsgerichtshof ist das zeitliche Verhältnis zwischen der Erhebung eines Rechtsmittels und dem Parteiantrag vor dem Verfassungsgerichtshof unmittelbar vor dem Hintergrund des Art140 Abs1 Z1 litd B-VG zu beurteilen. Demnach ist ein Antrag durch den Rechtsmittelwerber dann rechtzeitig, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wird. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit ist die Einbringung des Antrages beim Verfassungsgerichtshof (vgl VfGH 12.10.2016, G215/2016, mwN).
2. Da der vorliegende Antrag nicht innerhalb der gemäß §521 ZPO mit 14 Tagen bestimmten Rekursfrist gegen das als Beschluss zu wertende "Urteil" des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht beim Verfassungsgerichtshof eingebracht (und – trotz des zitierten Beschlusses des Oberlandesgerichtes Innsbruck in Arbeits- und Sozialrechtssachen – auch kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Verfassungsgerichtshof gestellt) wurde, mangelt es dem Antragsteller an der Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG.
3. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Parteiantrag, VfGH / Legitimation, Rechtsmittel, VfGH / FristenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:G360.2020Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021