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22/02 ZivilprozessordnungNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd, Art140 Abs1bLeitsatz
Ablehnung eines Parteiantrags auf Aufhebung des §594 Abs4 ZPO betreffend die Haftung eines Schiedsrichters wegen eines SchiedsverfahrensSpruch
Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.
Begründung
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Die antragstellende Partei behauptet die Verfassungswidrigkeit des §594 Abs4 ZPO: Die Bestimmung verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG, weil selbst unter Heranziehung aller Auslegungsmethoden nicht eindeutig sei, wie die Haftung von Schiedsrichtern geregelt sei. Darüber hinaus verstoße die Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art7 B-VG, weil insbesondere im Falle einer vorsätzlichen Fehlentscheidung eine Rechtsschutzlücke bestehe: Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne ein Schadenersatzanspruch gegen einen Schiedsrichter – abseits der in §594 Abs4 ZPO genannten Fälle – nur erfolgreich sein, wenn der Schiedsspruch zuvor nach §611 ZPO aufgehoben worden sei. Der Oberste Gerichtshof lege die Aufhebungsgründe äußerst eng aus, sodass es Fälle geben könne, in denen auch eine vorsätzliche Fehlentscheidung nicht zu einer Aufhebung des Schiedsspruches führe.
Das Vorbringen des Antrages lässt die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Der angefochtene §594 Abs4 ZPO regelt die Haftung des Schiedsrichters lediglich für den Fall, dass dieser seine durch die Annahme der Bestellung übernommene Verpflichtung gar nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen diese Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes geht hervor, dass es sich bei §594 Abs4 ZPO um keine abschließende Regelung der Haftung der Schiedsrichter handelt; in diesem Sinne haftet der Schiedsrichter – bei Vorliegen der allgemeinen Haftungsvoraussetzungen – insbesondere auch, wenn der Schiedsspruch vom Obersten Gerichtshof nach §611 ZPO aufgehoben wurde (vgl OGH 6.6.2005, 9 Ob 126/04a; 28.2.2008, 8 Ob 4/08h). Andere Bestimmungen, aus denen sich eine Haftung des Schiedsrichters ergeben könnte, wie insbesondere §611 ZPO, wurden von der antragstellenden Partei nicht angefochten.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf das Vorliegen sämtlicher Prozessvoraussetzungen geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
Schlagworte
Schiedsverfahren, VfGH / Parteiantrag, Haftung, Zivilprozess, VfGH / AblehnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:G178.2021Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021