TE Vwgh Beschluss 2021/11/24 Ra 2021/14/0315

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Veröffentlicht am 24.11.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des A B, in X, vertreten durch Mag. Matthias Strohmayer, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 1/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. August 2021, L512 2195292-1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 24. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, zu dessen Begründung er vorbrachte, von seiner Familie aufgrund der Verehelichung mit einer Kurdin mit dem Tod bedroht worden zu sein. Er sei in Österreich zudem zum Christentum konvertiert.

2        Mit Bescheid vom 11. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend kam es unter anderem zum Ergebnis, dass der Revisionswerber weder seine Fluchtgründe glaubhaft darlegen habe können noch ein überzeugter Christ geworden sei. Es bestehe daher nicht die aktuelle Gefahr einer Verfolgung des Revisionswerbers aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe. Auch unter Berücksichtigung näher festgestellter Erkrankungen des Revisionswerbers lägen weiters die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz nicht vor.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts und bringt zusammengefasst vor, es sei nicht festgestellt worden, dass der Revisionswerber aufgrund einer innerlichen Überzeugung Christ geworden sei, obwohl sämtliche Beweisergebnisse in diese Richtung deuten würden, sodass die Beweiswürdigung denkunmöglich erfolgt sei.

9        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zu Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 26.4.2021, Ra 2021/14/0004, mwN).

10       Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einer sehr eingehenden Beweiswürdigung unter Auseinandersetzung u.a. mit den Angaben des Revisionswerbers zu seiner Hinwendung zum Christentum, seinen diesbezüglichen Kenntnissen und seiner aktuellen Religionsausübung in nachvollziehbarer Weise mit sämtlichen Beweisergebnissen auseinandergesetzt. Es gelingt der Revision, die diesbezüglich nur einzelne Argumente des Bundesverwaltungsgerichtes herausgreift, nicht, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit dieser Beurteilung darzulegen.

11       Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit weiters geltend, dass trotz eines entsprechenden Antrags ein als Zeuge beantragter Pastor nicht einvernommen worden sei. Stattdessen habe sich das Bundesverwaltungsgericht unter Verletzung des Unmittelbarkeitsprinzips mit der Verwertung einer schriftlichen Stellungnahme begnügt. Dieser Pastor verfüge über Wahrnehmungen bezüglich des Glaubenslebens und der tiefen inneren christlichen Überzeugung des Revisionswerbers. Aufgrund dessen glaubhafter Angaben hätte das Bundesverwaltungsgericht zur Feststellung gelangen können, dass der Revisionswerber eine innere Wandlung durchgemacht habe und seinen neuen Glauben aus tiefer innerer Überzeugung lebe, was wiederum zu einer für diesen günstigeren Entscheidung führen hätte können.

12       Wenn eine Revision Verfahrensmängel - wie hier die unterbliebene Vernehmung eines beantragten Zeugen - als Zulässigkeitsgrund moniert, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist - um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen - in der Revision konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 26.4.2021, Ra 2021/14/0004, mwN, ebenso zur unterbliebenen Vernehmung eines Pastors). Dem kommt der Revisionswerber mit seinen insoweit pauschal gehaltenen Ausführungen, aus denen sich nicht ergibt, welche „Wahrnehmungen bezüglich des Glaubenslebens und der tiefen inneren christlichen Überzeugung“ der Pastor im Falle seiner Vernehmung hätte darlegen können, nicht nach. Insofern fehlt es an einer Darlegung der Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels.

13       Schließlich bringt der Revisionswerber vor, das Bundesverwaltungsgericht habe es verabsäumt, Ermittlungen betreffend die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Iran vorzunehmen - insbesondere vor dem Hintergrund der festgestellten Diabetes-Erkrankung des Revisionswerbers und der damit einhergehenden Vulnerabilität - und Feststellungen zum Impfstatus des Revisionswerbers, seinem erhöhten Risiko sowie den Behandlungsmöglichkeiten zu treffen.

14       Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Erkrankung des Revisionswerbers, deren Behandelbarkeit sowie mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Iran sowohl auf Feststellungsebene als auch in der rechtlichen Beurteilung auseinandergesetzt. Die Revision zeigt nicht auf, welche darüber hinausgehenden Feststellungen auf Grund der von ihr vermissten - nicht weiter spezifizierten - Ermittlungsschritte zu treffen gewesen wären. Dem diesbezüglichen Vorbringen fehlt es somit ebenso an einer entsprechenden Relevanzdarstellung.

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021140315.L00

Im RIS seit

20.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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