TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/26 LVwG-2021/22/2102-11

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Veröffentlicht am 26.11.2021
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Entscheidungsdatum

26.11.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §367a
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerden des Herrn AA, geb. XX.XX.XXXX, v.d. Rechtsanwalt BB, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.7.2021, Zl *** wegen Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) nach Durchführung öffentlicher, mündlicher Verhandlungen

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

1.   Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Betriebes „CC“ in **** X, Adresse 1 am 03.06.2021 in der Zeit von 17:30 - 21:30 Uhr durch eine in Ihrem Betrieb beschäftigte Person an DD geb. am: XX.XX.XXXX alkoholische Getränke, in Form von Schnaps sowie KK mit LL, ausschenken lassen, obwohl dem/der angeführten Jugendlichen der Genuss von Alkohol nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen verboten ist.

2.   Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Betriebes „CC“ in **** X, Adresse 1 am 03.06.2021 in der Zeit von 17:30 - 21:30 Uhr durch eine in Ihrem Betrieb beschäftigte Person an EE geb. am: XX.XX.XXXX alkoholische Getränke in Form von Schnaps sowie MM ausschenken lassen, obwohl dem/der angeführten Jugendlichen der Genuss von Alkohol nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.       § 367a GewO 1994 iVm § 114 GewO 1994; BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 65/2020

2.       § 367a GewO 1994 IVm § 114 GewO 1994; BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl, l Nr. 65/2020

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

1 € 365,00

2. € 365,00

Gemäß

§ 367a GewO 1994 iVm § 114 GewO 1994; StF: BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 112/2018

§ 367a GewO 1994 iVm § 114 GewO 1994; StF: BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 112/2018

Ersatzfreiheitsstrafe:

34 Stunden

34 Stunden

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 73,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, wobei jedoch mindestens

€ 10,00 zu bemessen sind.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 803.00“

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten wurde der Tatvorwurf bestritten.

II.      Sachverhalt

DD, geb. XX.XX.XXXX und EE, geb. XX.XX.XXXX, waren am 3.6.2021 in der Zeit von 17:30 Uhr bis ca 21:30 Uhr Gäste im Lokal „CC“ in **** X, Adresse 1. Dieses Lokal ist Teil der Betriebsanlage „FF“ (FF KG). Hiefür besteht eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart „Bar“ (GISA-Zahl ***). Der Beschuldigte ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der FF KG. Sowohl an DD als auch an EE wurde Alkohol in Form von Bier und Wein ausgeschenkt. Ob tatsächlich auch Alkohol nach § 18 Abs 2 Tiroler Jugendgesetz (gebrannte alkoholische Getränke und näher bestimmte Mischungen) an sie ausgeschenkt wurden, kann nicht mehr festgestellt werden.

III.     Beweiswürdigung

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes ein umfassendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, in dessen Rahmen der Beschuldigte als auch insgesamt sieben (!) Zeugen einvernommen wurden. Dabei zeigte sich insgesamt ein sehr widersprüchliches und inhomogenes Bild des Geschehens. Der Beschuldigte widersprach dem Tatvorwurf mit der Verantwortung, dass seine Mitarbeiter im Lokal gut auf die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen achten würden. Er schloss aus, dass „harter“ Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt würde und verwies u.a. darauf, dass bestimmte, von den Zeugen DD und EE angeführt Getränke, in seinem Lokal gar nicht erhältlich wären. Die Zeugen DD und EE brachten vor, es sei an sie auch Alkohol nach § 18 Abs 2 Tiroler Jugendschutzgesetz ausgeschenkt worden, wobei sich auch in deren Aussagen eklatante Widersprüche finden (siehe dazu unten). Die weiter eingeholten Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 8.11.2021 widersprechen den Aussagen der Zeugen DD und EE in maßgeblichen Punkten und ergeben z.T. ein völlig anderes Bild des Geschehens wider.

Im Einzelnen ist dazu auszuführen:

Die Aussagen der beiden Zeugen DD und EE widersprechen sich schon bei grundlegenden Feststellungen. So erklärt etwa DD, es wären bei der Eingangskontrolle Bändchen (zur Unterscheidung des Alters) angelegt worden, EE widerspricht dem. DD spricht davon, den Abend ohne ihren Freund im Lokal verbracht zu haben, EE erklärt, DD sei immer bei ihm gewesen (dies bestätigen auch die anderen Zeugen).

Vor der Polizei brachten die Zeugen DD und EE (siehe die polizeiliche Anzeige vom 7.6.2021) vor, DD sei Alkohol in Form von Schnaps sowie KK mit LL (sog. „Toter Hirsch“) und EE Schnaps und MM ausgeschenkt worden.

DD erklärt zunächst in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol, lediglich „Schnaps“ (welchen, kann sie nicht nennen) und KK mit LL bestellt zu haben. Im weiteren Verlauf der Verhandlung gibt sie dann an, auch zwei „Hugos“ getrunken zu haben. Auch EE ist, was die genaue Art und Menge, sowie den Bestellvorgang des Alkohols betrifft, sehr unsicher und widersprüchlich. Er nennt als Art des Alkohols MM und NN. Zur Konsumation von NN wird er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich vom Rechtsvertreter des Beschuldigten „nochmals“ gefragt und er antwortet „dass ich noch weiß, dass ich 3 NN getrunken habe“. Erst im weiteren Verlauf relativiert er diese Aussage dahingehend, dass er sich jetzt da nicht mehr so sicher sei.

Auch was den Bestellvorgang angeht, widerspricht sich EE dahingehend, dass Teile des von ihm konsumierten Alkohols nun doch nicht er selbst (wie er zuerst angeführt hat), sondern sein Kollege „GG“ geholt hätte. Dies kann GG jedoch vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol nicht bestätigen.

EE bleibt weiter widersprüchlich, wenn er angibt, mit seiner Cousine JJ ins „CC“ gegangen zu sein, zumal diese klar und unmissverständlich vorbringt, allein mit GG (jeweils mit dem Moped) gekommen zu sein und DD und EE dort getroffen zu haben (dies bestätigt auch der Zeuge GG). Auch bestätigen alle vier in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol einvernommenen Zeugen, dass DD und EE zusammen waren. Keiner dieser Zeugen konnte bestätigen, dass diese etwa Schnäpse oder sonstige Mischungen konsumiert hätten. Vielmehr ist stets nur von „Bier und Wein“ die Rede. Auch sei nicht allgemein bekannt, dass man in dieser Lokalität als Jugendlicher verbotenen Alkohol bestellen könne. Alle vier Zeugen (aber auch die Mutter des EE) bestätigen zudem, dass weder DD noch EE einen besonders alkoholisierten Eindruck hinterließen. Dies bestätigt auch der nachfolgende Alkovortest bei der W, der bei EE „lediglich“ einen AAG von 04mg/l erbrachte. Dieser Wert ist leicht auch durch mehrere Biere bzw. Gläser Wein zu erreichen.

IV.      Erwägungen:

Zusammenfassend erweisen sich beide Aussagen der Belastungszeugen DD und EE als äußerst unsicher und vage. Keinesfalls liefern sie ein klares Bild des Geschehens. Keiner der von ihnen namhaft gemachten Zeugen kann einen unerlaubten Alkoholausschank an Jugendliche in diesem Lokal bestätigen. Der seitens der belangten Behörde erhobene Tatvorwurf kann daher nach Durchführung der oben skizzierten umfangreichen ergänzenden Ermittlungen nicht mit jener Gewissheit bestätigt werden, der rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht und war daher getreu dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugunsten des Beschuldigten zu entscheiden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kritisch in Richtung des Beschuldigten bleibt anzumerken, dass das zusammenfassend geschilderte Kontrollsystem unzureichend ist. Er führt zwar Einlasskontrollen (zur Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen bzw. den Corona-Bestimmungen) durch, offenbar jedoch erst ab einer gewissen Tageszeit. Überdies hätte er auch im Lokal Vorsorge zu treffen gehabt, dass kein Missbrauch durch Jugendliche dahingehend erfolgt, dass andere, ältere Personen für sie unerlaubt Alkohol bestellen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist sowohl im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im gegenständlichen führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Alkoholausschank Jugendliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.22.2102.11

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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