TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/13 LVwG-AV-1094/001-2021

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Veröffentlicht am 13.10.2021
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Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

WRG 1959 §138 Abs1
WRG 1959 §138 Abs6
BauO NÖ 2014 §10 Abs1
BauO NÖ 2014 §10 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch B Rechtsanwalts GmbH in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 27.05.2021, ***, betreffend Abweisung eines Antrages auf Rückabwicklung der grundbücherlichen Zusammenlegung zweier Grundstücke zu Recht:

1.   Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 27.05.2021, ***, wird ersatzlos gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben.

2.   Der Antrag von A vom 07.05.2021 (Rückabwicklung der grundbücherlichen Zusammenlegung der Grundstücke Nr. *** und ***, beide KG ***) wird wegen Unzuständigkeit gemäß § 31 VwGVG mit Beschluss zurückgewiesen.

3.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Der Landeshauptmann von Niederösterreich erteilte mit Bescheid vom 15.02.1982, ***, C und Mitbesitzern die wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung einer Nassbaggerung auf diversen Grundstücken in der KG *** und die Folgenutzung der beiden Baggerteiche mit einer Grundwasserfläche von ca. 12 ha (Teich I) und 8,2 ha (Teich II) als Bade- und Sportfischteiche. In diesem Bescheid wurde folgende Auflage 45 vorgeschrieben:

„In jeder Ecke der beiden Teiche sowie an der Spitze jeder Halbeinsel, das heißt sowohl bei Teich I als auch Teich II an je fünf Stellen, ist ein zumindest 10 m breiter Streifen für die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen sowie zur Ermöglichung späterhin erforderlich werdender Sanierungsmaßnahmen von jeglicher Verbauung freizuhalten. Über diese Parzellen muss der Zugang zu dem Teich jederzeit möglich sein (jedoch kein allgemeiner Badestrand).“

Bei einer Überprüfung durch die Behörde am 27.03.2019 wurde festgestellt, dass die Parzellen, über welche der Zugang zu den Teichen möglich sein muss, (Rettungsparzellen) an beiden Seen vorhanden und funktionsfähig sind. Eine dieser Rettungsparzellen war das Grundstück Nr. ***, welches mit Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 04.12.2020, ***, durch Vereinigung der Grundstücke Nr. *** und *** gemäß § 10 der NÖ Bauordnung 2014 zum Grundstück *** wurde. Die Vereinigung ist im Grundbuch durchgeführt worden.

Mit E-Mail vom 07.05.2021 beantragte der Beschwerdeführer, dass diese Grundstücksvereinigung durch die Wasserrechtsbehörde rückabgewickelt werden möge. Die Begründung des Antrages hat auszugsweise – soweit relevant – folgenden Wortlaut:

„Mit der erfolgten Grundstücksvereinigung liegt daher ein Verstoß gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 15.02.1982 vor, weil eine untergegangene Parzelle gar nicht freigehalten werden kann. Außerdem wurde die Verpflichtung nicht in den Kaufvertrag aufgenommen. Wie sollten zukünftige gutgläubige Käufer überhaupt noch wissen, dass ein Teil des Grundstücks bzw. welcher Teil des Grundstücks freizuhalten ist?“

Daraufhin erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 27.05.2021, ***, mit dem dieser Antrag gemäß § 138 Abs. 1 iVm § 98 WRG 1959 abgewiesen wurde. Begründend führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer wäre Miteigentümer des Grundstückes *** (***) und somit Wasserberechtigter und daher Betroffener iSd § 138 Abs. 1 WRG 1959, weshalb er als antragslegitimiert anzusehen wäre. Eigentümerin des Grundstückes Nr. *** und damit Antragsgegnerin wäre die D GmbH. Mit „Parzelle“ in Auflage 45 wäre ein in der Natur ausgemessenes Flächenstück, nämlich ein 10 m breiter Streifen, zu verstehen. Weiters führte die Behörde begründend aus, dass dem Vorbringen, aus dem Bewilligungsbescheid vom 15.02.1982 ergäbe sich die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung dieser Fläche als eigenes Grundstück, nicht gefolgt werden könne. Die aktuelle Eigentümerin des gegenständlichen Grundstückes (Anmerkung: Nr. ***, KG ***) wäre von der sich aus dem genannten Bescheid ergebenden Verpflichtung in Kenntnis. Darüber hinaus wären aus diesem Grund die freizuhaltenden Flächen im Teilbebauungsplan der Marktgemeinde *** entsprechend ausgewiesen. Daran würde sich auch durch die Änderung der Grundstücksnummer nichts ändern. Es könne nicht erkannt werden, weshalb die Zusammenlegung der Auflage 45 widersprechen würde oder dadurch sonst eine wasserrechtliche Bestimmung übertreten werden würde.

Dagegen erhob der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, dass durch die Grundstücksvereinigung mit Bescheid der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 04.12.2020 die „Rettungsparzelle“ nicht mehr als solche genutzt werden könne. Es läge ein Verstoß gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 15.02.1982 vor. Sowohl die belangte Behörde als auch die Marktgemeinde hätten im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides Kenntnis vom Bescheid vom 15.02.1982 gehabt. Die Zusammenlegung würde eine weitaus größere Bebauung des Grundstückes und damit massivere Auswirkungen auf die Umwelt und die Nachbarn ermöglichen. Die Grundstücksvereinigung wäre daher rechtswidrig, da sie dem Bescheid vom 15.02.1982 widerspreche. Der Zweck des Bescheides von 1982 wäre, dass ein 10 m breiter Streifen an beiden Teichen für die Zufahrt von Rettungsfahrzeugen sowie zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen freizuhalten wäre. Der neue Eigentümer hätte jede rechtliche Möglichkeit, die gesamte Fläche einem Baubewilligungsverfahren zu Grunde zu legen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt sowie, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Zusammenlegung rückgängig gemacht werde.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:

„Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.
§ 138.

(1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a)

eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b)

Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,

c)

die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,

d)

für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

(2) ...

...

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.“

Folgende Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 werden auszugsweise zitiert:

„§ 10Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland

(1) Änderungen von Grundstücksgrenzen im Bauland bedürfen vor ihrer Durchführung im Grundbuch einer Bewilligung der Baubehörde.

...

(2) Die Änderung von Grundstücksgrenzen muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.

Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans bzw. in Bereichen ohne Bebauungsplan mit den abgeleiteten Bebauungsweisen und -höhen (§ 54); es darf – auch im Hinblick auf eine künftige Bebauung – kein Widerspruch zum Zweck einer Bausperre entstehen;

2.

die Bebauung der neugeformten unbebauten Grundstücke im Bauland darf entsprechend den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans und der §§ 49 bis 54 (Anordnung von Bauwerken) nicht erschwert oder verhindert werden;

3.

        …

(5) Die Baubehörde erster Instanz hat über einen Antrag nach Abs. 1 binnen 8 Wochen nach Einlangen des vollständigen Antrages zu entscheiden.

...“

Der Antrag vom 07.05.2021 wird darauf gerichtet, dass die Grundstücksvereinigung rückabgewickelt und der ursprüngliche Antrag des Eigentümers abgewiesen werde. Die belangte Behörde vermeint, dass die Voraussetzungen des § 138 Abs. 6 WRG 1959 gegeben wären.

Zuzustimmen ist der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer als Miteigentümer des Grundstückes Nr. *** (Teich I) Wasserberechtigter iSd WRG 1959 ist. Jedoch wird der gestellte Antrag vom 07.05.2021 klar darauf gerichtet, dass die Grundstückszusammenlegung rückabgewickelt werden möge.

Die relevante Passage im genannten Antrag lautet auszugsweise:

„Dementsprechend lautet mein konkreter Antrag, dass die Bezirkshauptmannschaft im Sinne des Wasserrechtsbescheids die Grundstückszusammenlegung rückabwickeln lässt und der ursprüngliche Antrag des Eigentümers abgewiesen wird.“

Aus dieser Formulierung ergibt sich zweifelsfrei, dass der Antragsteller und nunmehrige Beschwerdeführer eine Abänderung des Bescheides der Bürgermeisterin der Marktgemeinde *** vom 04.12.2020, ***, betreffend eine Grundstücksvereinigung begehrt. Die mit dem genannten Bescheid erfolgte Vereinigung der Grundstücke Nr. *** und *** in ein Grundstück unter der Grundstücksnummer ***, KG ***, möge rückgängig gemacht und der dazu gestellte Antrag des Grundeigentümers vom 27.11.2020 an die Baubehörde abgewiesen werden. Damit steht aber fest, dass zur Behandlung des gestellten Antrages nicht die Wasserrechtsbehörde, sondern die Baubehörde zuständig ist, geht es doch um die Abänderung eines nach § 10 NÖ Bauordnung erlassenen Bescheides.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages vom 07.05.2021 eine Verletzung des Wasserrechtsbescheides vom 15.02.1982 argumentiert. Er stützt sich dabei auf die Auflage Nr. 45 des Wasserrechtsbescheides, welche dadurch verletzt werden würde, dass der darin geregelte Streifen von 10 m entgegen dieser Auflage nicht freigehalten werden würde.

Eine Verpflichtung zur Freihaltung des 10 m Streifens besteht aufgrund der zitierten Auflage für den jeweiligen Wasserberechtigten, unabhängig davon, welche Bezeichnung das Grundstück hat, auf welchem sich der Streifen befindet.

Außerdem ist durch den Bescheid der Bürgermeisterin noch kein dem WRG widersprechender Zustand (eigenmächtige Neuerung) hergestellt. Dazu wäre ein aktives Tun oder Unterlassen (etwa bei Instandhaltungspflichten eines Wasserberechtigten) erforderlich, welches dem WRG entgegen gerichtet ist.

Zur Zuständigkeit der Baubehörde ist auf § 10 Abs. 1 und Abs. 5 NÖ Bauordnung 2014 zu verweisen. Die bei der Antragstellung zu beachtenden Punkte sind in

§ 10 Abs. 3 NÖ Bauordnung 2014 enthalten.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer nicht Betroffener iSd § 138 Abs. 6 WRG 1959.

Die Rechtsstellung als Betroffener und die Parteistellung in Verfahren über die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages setzt ein Verlangen im Sinne einer Antragstellung auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages voraus (vgl. VwGH vom 26.06.2008, 2007/07/0044 u.a.). Ein derartiges Begehren wurde vom Beschwerdeführer nicht gestellt.

Überdies ist anzumerken, dass durch eine Grundstücksvereinigung iSd § 10 NÖ Bauordnung 2014 alleine nicht in das Wasserbenutzungsrecht des Beschwerdeführers eingegriffen werden kann, da eine solche gegenständlich nur eine Änderung in der Bezeichnung des Grundstückes herbeigeführt hat, eine Beeinträchtigung in qualitativer oder quantitativer Hinsicht iSd WRG 1959 aber dadurch nicht bewirkt wird. Ein Eingriff in die Substanz des Grundeigentums des Beschwerdeführers ist damit auch keinesfalls gegeben.

Als „Betroffener“ iSd § 138 Abs. 1 WRG 1959 kann nur derjenige angesehen werden, in dessen Rechte eingegriffen wird (vgl. dazu VwGH vom 16.12.2010, 2008/07/0203).

Nochmals sei erwähnt, dass die Pflicht des Wasserberechtigten des Teiches I, einen Grundstücksstreifen von 10 m im Sinne der Auflage 45 des Bescheides vom 15.02.1982 freihalten zu müssen, aufgrund der genannten Auflage besteht. Durch die Grundstücksvereinigung ändert sich faktisch nichts am Zustand vor Ort im Hinblick auf das Schutzgut Wasser oder ein anderes subjektiv-öffentliches Recht nach dem WRG 1959.

Der Antrag vom 07.05.2021 war mangels Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zurückzuweisen. Die Form der Entscheidung ist bei derartigem Ausspruch ein Beschluss nach § 31 VwGVG.

Nach § 24 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 VwGVG konnte eine Verhandlung entfallen, da der Antrag, welcher zur angefochtenen Entscheidung geführt hat, zurückzuweisen war und aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war. Eine mündliche Erörterung hätte eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen und steht ein Absehen von der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen, sodass trotz gestellten Antrages von der Verhandlung abgesehen werden konnte.

Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Änderung von Grundstücksgrenzen; Vereinigung; Zuständigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1094.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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