TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/14 LVwG-AV-1328/001-2021

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Veröffentlicht am 14.10.2021
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Entscheidungsdatum

14.10.2021

Norm

WRG 1959 §27 Abs1 litg
WRG 1959 §29 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 05. Juli 2021, ***, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I.  Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm dem Beschwerdeführer gegenüber das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes PZ *** unter Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen festgestellt worden ist, ersatzlos behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959 BGBl. Nr. 215/1959 idgF)

§§ 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. I Nr. 33/2013 idgF)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBI. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBI. Nr. 1/1930 idgF)

Entscheidungsgründe

1.   Sachverhalt

1.1. Im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Wiener Neustadt ist unter Postzahl (PZ) *** ein Wasserbenutzungsrecht zur Entnahme von Wasser zu Bewässerungszwecken aus dem Gemeindegraben für die Grundparzelle Nr. ***, KG ***, eingetragen, wobei die Wasserentnahmestelle mit „30 m abwärts der ***, ***“ beschrieben wird.

Eigentümer des genannten Grundstückes ist gegenwärtig – seit 2014 - A, geboren ***, der nunmehrige Beschwerdeführer.

1.2. Unter Postzahl *** ist zu Gunsten des Vorgenannten ein weiteres Wasserrecht eingetragen. Dieses beinhaltet das Wasserbenutzungsrecht hinsichtlich des Gemeindegrabens zur Bewässerung der Grundstücke Nr. *** und ***, KG ***. Die Wasserentnahmestelle ist im Wasserbuch angegeben mit „am linken Ufer, ca. 40 m abwärts der ***, ***“.

1.3. Die Wasserbucheintragungen beruhen einer entsprechenden Anmerkung zufolge auf einer Bestandsaufnahme aus dem Jahre 1936. Im zugrundeliegenden Erkenntnis der k. k. Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 30. März 1896, mit dem eine Reihe von bestehenden Wasserbenutzungsrechten für Bewässerungszwecke anerkannt wurden, findet sich keine nähere Beschreibung der Stau- und Entnahmevorrichtungen für die angeführten Wasserbenutzungsrechte. Spätere wasserrechtliche Bewilligungen sind in diesem Zusammenhang aus den dem Gericht vorgelegten Akten nicht ersichtlich und auch nicht behauptet worden.

1.4. Gegenwärtig (Verhandlung und Lokalaugenschein des Gerichts am 11. Oktober 2021) stellt sich die Situation wie folgt dar:

Die Grundstücke *** und *** wurden zwischenzeitlich vereinigt. Im Bereich des Grundstücks Nr. *** (in seinen Grenzen vor der Vereinigung mit der Parzelle ***) existiert eine Wasserentnahmemöglichkeit aus dem – nur temporär wasserführenden - Gemeindegraben im Bereich einer vor etwa 20 Jahren errichteten Brücke (welche als Zufahrt von der Landesstraße über das Gewässer auf das Grundstück dient). Bachaufwärts sind an den Brückenwiderlagern beidseitig Führungsschienen angebracht, wo bei Wasserführung im Graben durch Einlegen von Staubrettern ein Aufstau erzeugt werden kann. Eine Ausleitung zum Grundstück Nr. *** ist über ein (außerhalb der Bewässerungszeiten verschlossenes) Rohr möglich, welches – unterbrochen durch zwei Schächte – auf dem Grundstück *** verläuft. Die Verrohrung ist weiterhin funktionsfähig, das heißt, bei Einleitung von Wasser vom Bach her gelangt dieses in die beiden Schächte auf dem Grundstück und kann dann weiter in ein Rohr fließen, dessen Ende gegenwärtig nicht sichtbar ist. Jedenfalls gelangt Wasser, sofern eine ausreichende Wasserführung im Gewässer vorhanden ist, bis auf das Grundstück *** und kann dort für Bewässerungszwecke verwendet werden. Der derzeitige Anlagenzustand besteht zumindest seit 2003 (Errichtung der neuen Brücke im Bereich der damals dort vorhandenen Ausleitungsmöglichkeit).

Eine weitere Entnahmemöglichkeit befindet sich auf Höhe des ehemaligen Grundstücks Nr. ***, KG ***. Hier sind im Gewässer Reste einer Betonschwelle vorhanden. Eine funktionsfähige Vorrichtung zur Stauhaltung besteht dort nicht. Ein Aufstau wird nach den Angaben des Beschwerdeführers herbeigeführt, indem mittels Sandsäcken und einer zur Abdichtung eingelegten Plane ein Wasserrückhalt erfolgt. Ein Ausleitungsbauwerk ist vorhanden (Betonkonstruktion mit Führungsschienen und eingelegtem Staubrett). Vor der Ausleitungsvorrichtung befindet sich gegenwärtig eine Aufhöhung (natürliche Anlandung oder Ablagerungen von einer Bachbetträumung). Ein Ableitungsgraben ist in diesem Bereich auf dem ehemaligem Grundstück Nr. *** nicht vorhanden, jedoch kann bei Aufstau des Gewässers (und Entfernung der Anlandung) Wasser über das Ausleitungsbauwerk auf das Grundstück Nr. *** gelangen.

Offensichtlich entspricht die erstgenannte Ausleitung über ein Rohr in Lage und Funktionsweise der unter PZ *** beschriebenen Wasserentnahmevorrichtung, wogegen die zweite Ausleitungsstelle (auf Höhe des ehemaligen Grundstücks Nr. ***) nur der PZ *** zuordenbar ist.

1.5. Im Jahre 2011 hat, nachdem schon im Jahre 2003 anlässlich der Neuerrichtung einer Brücke Feststellungen getroffen worden waren, die belangte Behörde eine Überprüfung der Wasseranlagen zur PZ *** veranlasst. Dabei wurde die Situation im Wesentlichen wie oben hinsichtlich der ersteren Ausleitungsmöglichkeit (bei der Brücke) beschrieben festgestellt, wobei der Amtssachverständige damals die Funktionsfähigkeit der Verrohrung jedoch nicht überprüft hat.

Eine weitere Überprüfung der Anlage wurde im Frühjahr 2021 veranlasst, wobei das Gewässeraufsichtsorgan, nämlich der vom Gericht als Zeuge vernommene B – offensichtlich aufgrund eines Versehens – die im Bereich des ehemaligen Grundstücks Nr. *** vorhandenen Anlagenteile für die maßgebliche Wasserbenutzungsanlage gehalten hat. Mit anderen Worten, die Überprüfung im Jahr 2011 bezog sich auf die der PZ *** zuzuordnende Anlage, jene im Jahr 2021 auf die zur PZ *** gehörige.

1.6. Mit Bescheid vom 05. Juli 2021, ***, stellte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (in der Folge: die belangte Behörde) fest, dass das „mit Erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt vom 30.3.1869, Zl,. ***, anerkannte Wasserbenutzungsrecht, eingetragen im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes Wr. Neustadt unter der Postzahl ***“ erloschen ist. Gleichzeitig wurden die Bescheidadressaten, nämlich C und A zur Durchführung letztmaliger Vorkehrungen, nämlich die Entfernung des auf Höhe des Grundstücks Nr. ***, KG *** im Gemeindegraben vorhandenen Querbauwerks verpflichtet.

Begründend gibt die belangte Behörde die Wasserbucheintragung zur PZ *** wieder, hält fest, dass bei einer Verhandlung betreffend einen Brückenbau im Jahre 2003 festgestellt worden sei, dass der weiterführende Bewässerungsgraben zur PZ *** nicht mehr vorhanden sei, eine Überprüfung im April 2011 keine Änderung der 2003 vorgefundenen Situation ergeben hätte und nun eine erneute Überprüfung durch die technische Gewässeraufsicht durchgeführt worden sei. Die Feststellungen des Zeugen B werden in der Folge wörtlich wiedergegeben. Es handelt sich dabei um jene betreffend die Anlage zur PZ ***.

Nach Wiedergabe der Stellungnahme des A, des nunmehrigen Beschwerdeführers, zitiert die belangte Behörde die angewendeten Rechtsvorschriften und kommt zum Ergebnis, dass „das gegenständliche Wasserbenutzungsrecht aufgrund des Wegfalls der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen und die Wasserbenutzung über drei Jahre unterbrochen“ gewesen sei und daher das Wasserbenutzungsrecht erloschen wäre.

1.7. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des A (geb. ***), in der er das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes und das Vorliegen des von der belangten Behörde genannten Grundes bestreitet. Die Anlage sei weiter funktionsfähig, was auch durch Zeugen bestätigt werden könne.

C hat kein Rechtsmittel ergriffen, weil sie sich wegen der Übereignung ihrer Liegenschaft an ihren Enkelsohn (den Beschwerdeführer) im Jahre 2014 nicht als betroffen erachtete.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde sowie die Verwaltungsakten dem Landesverwaltungsgericht NÖ vor.

1.8. Dieses führte, nachdem der Beschwerdeführer in einer auf Aufforderung des Gerichts abgegebenen Stellungnahme erneut das Erlöschen des in Rede stehenden Wasserbenutzungsrechtes bestritten hatte und zum Beleg seines Vorbringens mehrere Zeugen namhaft gemacht hatte, am 11. Oktober 2021 eine mündliche Verhandlung durch.

Dabei wurden der Beschwerdeführer und die zweite Bescheidadressatin C gehört, die Zeugen B (Gewässeraufsichtsorgan), der Vater und Großvater des Beschwerdeführers, die beide denselben Vornamen wie der Beschwerdeführer tragen aber an anderen Adressen wohnhaft sind, sowie die Nachbarn D (Vater und Sohn) als Zeugen vernommen, ein Lokalaugenschein durchgeführt, sowie in den Akt der belangten Behörde betreffend die Wasserbuch-PZ *** sowie den während der Verhandlung beigeschafften Akt betreffend die PZ *** Einsicht genommen.

2.   Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Verfahrensablauf und Inhalt aktenmäßig erfasster Schriftstücke ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde sowie des Gerichts.

Die Feststellungen zur gegenwärtigen Situation beruhen auf dem Lokalaugenschein des Gerichts in Verbindung mit den glaubwürdigen Angaben der im Zuge der Verhandlung befragten Personen. Dabei wurde festgestellt, dass dem Zeugen B bei seiner Erhebung offensichtlich ein Irrtum unterlaufen ist, indem er das nach der Sachlage zweifellos nur der Postzahl *** zuzuordenbare Bauwerk für jenes der Postzahl *** gehalten hat. Hinsichtlich letzterer steht nach den Wahrnehmungen des Gerichts, bestätigt durch das Vorbringen des Beschwerdeführers und der vernommenen Zeugen, fest, dass eine Ausleitung im Bereich der Zufahrtsbrücke zum Grundstück Nr. *** (dieses sowohl in den ursprünglichen als auch den neuen Grenzen seit der Vereinigung mit dem Grundstück ***) möglich ist. Durch die Einbringung von Wasser mittels eines Gartenschlauches konnte zweifelsfrei bewiesen werden, dass die Rohrverbindung funktionsfähig ist und Wasser auch auf das Grundstück *** gelangt. Auf den unstrittigen Umstand, dass die Wasserentnahmemöglichkeit im Zuge des Neubaus einer Brücke vor etwa 20 Jahren umgestaltet wurde und auch die Rohrleitung erst in den letzten Jahrzehnten hergestellt worden ist sowie auf die Relevanz der Verteilung des Wassers auf dem Grundstück *** wird im Rahmen der rechtlichen Beurteilung einzugehen sein. Dass die vom Zeugen B besichtigte Entnahmevorrichtung jene des Wasserrechts zur Postzahl *** ist, kann aufgrund der Lage (etliche Meter abwärts von der vorgenannten Entnahmemöglichkeit und auf Höhe des ehemaligen Grundstücks ***, dem es diente) nicht zweifelhaft sein. Weiterer Feststellungen in Bezug auf die vom Zeugen überprüfte Anlage bedurfte es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, nicht. Die Eigentumsverhältnisse sind unstrittig und aus dem Grundbuch wie festgestellt ersichtlich.

3.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

3.1.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:

a)

durch den der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachten Verzicht des Berechtigten;

b)

durch Nichteinwendung des Rechtes in einem wasserrechtlichen Verfahren, insoweit eine mit diesem Rechte offensichtlich in Widerspruch stehende Anlage bewilligt und ausgeführt wird, jedoch unbeschadet eines allfälligen Schadenersatzanspruches nach § 26 Abs. 3;

c)

durch Ablauf der Zeit bei befristeten und durch den Tod des Berechtigten bei höchstpersönlichen Rechten sowie durch dauernde Einschränkung oder Untersagung nach § 21a;

d)

durch Zurücknahme nach Abs. 3 oder Entziehung nach Abs. 4;

e)

durch Enteignung (§ 64 Abs. 4);

f)

durch Unterlassung der Inangriffnahme des Baues oder der Fertigstellung der bewilligten Anlagen binnen der im Bewilligungsbescheide hiezu bestimmten oder nachträglich verlängerten Frist;

g)

durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist;

h)

durch Wegfall oder eigenmächtige Veränderung des Zweckes der Anlage, wenn das Wasserbenutzungsrecht im Sinne der Bestimmungen des § 21 Abs. 4 an einen bestimmten Zweck gebunden wurde.

(…)

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

(…)

VwGVG

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

3.2.     Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Erlöschen eines Wasser-benutzungsrechtes festgestellt und ist dabei vom Vorliegen des Erlöschensgrundes des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 ausgegangen. Aufgrund der eindeutigen Formulierung des Spruches, welcher sich explizit auf die Postzahl *** bezieht, ist Gegenstand des Erlöschensverfahrens und damit auch des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens die Frage des Erlöschens des unter der genannten Postzahl eingetragenen Wasserrechts. Auch die in der Begründung enthaltene Beschreibung der Wasserbucheintragung bezieht sich auf diese Postzahl. Dass die Behörde offenkundig irrtümlich Feststellungen eines Gewässeraufsichtsorgans zu einer anderen Anlage herangezogen hat, ändert am Gegenstand des Verfahrens nichts. Insbesondere ergibt sich aus der Übernahme der Wasserbucheintragung in die Begründung zweifelsfrei, dass im Spruch hinsichtlich der Postzahl kein Schreibfehler vorliegt.

Das bedeutet, dass im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage des Erlöschens des Wasserrechts gemäß Postzahl *** zu prüfen ist. Auf das Wasserrecht *** ist daher nicht weiter einzugehen, weshalb sich weitere Feststellungen dazu ebenfalls erübrigten.

3.2.2. Soweit der Bescheid der C gegenüber erlassen wurde und sie daraus verpflichtet worden ist, ist der Bescheid mangels Erhebung einer Beschwerde durch die Genannte in Rechtskraft erwachsen.

Im Hinblick auf die Beziehung des Beschwerdeführers im Erlöschensverfahren und die Zustellung des Bescheides an diesen (nicht etwa an seinen gleichnamigen, an anderer Adresse wohnhaften Großvater) ergibt sich, dass er Bescheidadressat ist, mag der belangten Behörde womöglich auch hier ein Irrtum unterlaufen sein, zumal Adressat einer Erlöschensfeststellung in Verbindung mit der Verpflichtung zur Erfüllung letztmaliger Vorkehrungen richtigerweise nur der letzte Wasserberechtigte sein kann (vgl. VwGH 27.06.1995, 94/07/0088; 22.11.2018, Ra 217/07/0079). Unter der Annahme, dass die seit 2003 herrschenden Verhältnisse den herangezogenen Erlöschenstatbestand begründet hätten, wäre das Wasserrecht bereits im Jahre 2006 erloschen, sodass der Beschwerdeführer durch Eigentumserwerb im Jahre 2014 nicht mehr Wasserberechtigter werden hätte können.

3.2.3. Das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechts nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 setzt voraus, dass die zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen ganz oder teilweise weggefallen oder zerstört worden sind und sich daraus eine Unterbrechung der Wasserbenutzung ergeben hat (VwGH 27.04.1961, 168/60). Maßgeblich ist daher, ob sich die zur Wasserbenutzung erforderlichen Anlagen schon über drei Jahre in einem betriebsunfähigen Zustand befunden haben (zB VwGH 21.06.2007, 2005/07/0021). Die bloße Reparaturbedürftigkeit noch vorhandener wesentlicher Anlangenteile bewirkt noch kein Erlöschen (VwGH 11.11.1980, 978/80).

Nach den Feststellungen des Gerichts ist die vom Gesetz geforderte Betriebs-unfähigkeit im vorliegenden Fall nicht gegeben, da weiterhin die Wasserentnahme möglich ist und das Wasser zu Bewässerungszwecken auf das zu versorgende Grundstück gelangen kann. Dass die Verteilung des Wassers auf dem Grundstück möglichweise beeinträchtigt bzw. nur für einen Teil der Liegenschaft erfolgen kann, schadet demgegenüber nicht. Darüber hinaus haben der Beschwerdeführer und die vom Gericht vernommenen Zeugen glaubwürdig ausgesagt, dass in den letzten Jahren auch eine Benutzung der in Rede stehenden Wasserausleitung und eine Bewässerung des Grundstücks stattgefunden hat.

Der Umstand, dass es in den letzten Jahrzehnten offensichtlich zu Veränderungen bei der Entnahmevorrichtung, bedingt durch einen Brückenneubau sowie der Wasserführung durch Verrohrung eines davor vermutlich offenen Grabens gekommen ist, tut nach Ansicht des Gerichtes nach der konkreten Lage des Falles deshalb keinen Abbruch, da damit weder die Lage der Wasserentnahme noch die Art der Wasserbenutzung wesentlich verändert worden sind, sodass von einem Untergang der ursprünglichen Wasserbenutzung und der Herstellung einer konsenslosen anderen Wasserbenutzungsanlage keine Rede sein kann. Diese Fallkonstellation ist daher mit der in Judikatur behandelten Variante einer Wasserentnahme mittels einer Pumpe anstelle der bewilligten Stauvorrichtung (VwGH 25.03.2004, 2003/07/0131) nicht vergleichbar. Dazu kommt, dass das für den bewilligungskonformen Zustand maßgebliche Erkenntnis vom 30. März 1896 keine nähere Beschreibung der Stau- und Entnahmevorrichtungen enthält.

Vielmehr handelt es sich konkret um eine – bewilligungspflichtige – Abänderung, die das Wesen der Anlage jedoch nicht verändert hat, sodass im Verhältnis zum ursprünglichen Recht (bzw. dessen „Anerkennung“ Ende des 19. Jahrhunderts) hinsichtlich der gegenwärtigen Wasserbenutzung kein „aliud“ vorliegt. Dass eine bloße den Konsens nicht berührende Anlagenänderung schon (nach dreijährigem Bestand) zu einem Erlöschen im Sinne des in Rede stehenden Tatbestandes führen würde, ist dem Gesetz auch im Lichte seines Zweckes, nämlich die Verhinderung der Hortung nicht benötigter Wasserrechte und der Eröffnung der Möglichkeit für andere Interessenten, das durch qualifizierte Nichtnutzung frei werdende Wasserdargebot selber in Anspruch nehmen zu können, nicht zu unterstellen.

3.2.4. Zusammenfassend ergibt sich also, dass die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen des Erlöschenstatbestandes nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 angenommen hat. Da auch andere Erlöschensgründe im Zuge des gerichtlichen Verfahrens nicht hervorgekommen sind, erweist sich die Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechte Postzahl *** und die Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen dem Beschwerdeführer gegenüber als nicht gerechtfertigt.

Selbst wenn man annehmen wollte, dass in den unstrittig bis spätestens 2003 vorgenommenen Änderungen und dem dadurch herbeigeführte Zustand (Benutzung der neuen Brückenwiderlager zur Anbringung der Stauvorrichtung, Verrohrung der Zuleitung) eine Wegfall der bewilligten Anlage und die konsenslose Neuerrichtung einer anderen zu sehen wäre, änderte sich am Ergebnis nichts: diesfalls wäre, wie bereits oben angemerkt, der Beschwerdeführer nicht der letzte Wasserberechtigte und käme daher als tauglicher Adressat des Bescheides, insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung zur Vornahme letztmaliger Vorkehrungen, nicht in Betracht.

3.2.5. Der angefochtene Bescheid war daher dem Beschwerdeführer gegenüber in Stattgabe seiner Beschwerde ersatzlos zu beheben.

3.2.6. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, da gegenständlich einerseits nur nicht revisible Fragen der Beweiswürdigung zu lösen waren, sowie andererseits eine klare bzw. durch die Rechtsprechung (vgl. die angeführten Zitate) hinreichend geklärte Rechtslage auf den Einzelfall anzuwenden war. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Wasserbenutzungsrecht; Erlöschen; letztmalige Vorkehrungen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1328.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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