TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/6 G314 2219314-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.2021
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Entscheidungsdatum

06.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7
FPG §55 Abs4

Spruch


G314 2219314-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des montenegrinischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, gegen Spruchpunkt II. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wie folgt abgeändert: „Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX.2019 in XXXX im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle bei Tätigkeiten als Arbeitnehmer auf einer Baustelle ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung betreten. Am selben Tag wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot vernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Montenegro zulässig sei (Spruchpunkt I.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG ein mit vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF mittellos und bei der Ausübung einer Arbeitstätigkeit betreten worden sei, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, was die Annahme rechtfertige, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Er habe keine entgegenstehenden privaten oder familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.

Am XXXX.2019 wurde der BF in seinen Heimatstaat abgeschoben.

Ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte II. und III. des Bescheids richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen auf ersatzlose Behebung dieser Spruchpunkte und auf die Feststellung, dass dem BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise hätte eingeräumt werden müssen. Hilfsweise wird die Reduktion der Dauer des Einreiseverbots begehrt. Der BF begründet die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. zusammengefasst damit, dass die Behörde keine individuelle Gefährdungsprognose durchgeführt und sich auf allgemeine Ausführungen beschränkt habe. Der BF sei nur ein Mal bei der Schwarzarbeit beteten worden. Er habe die sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer nicht überschritten. Sein Unterhalt während seines Aufenthalts sei gesichert gewesen. Er habe an den fremdenpolizeilichen Maßnahmen mitgewirkt und seine Identität nicht verschleiert. Die Behörde habe weder berücksichtigt, dass er sich durch die Ausübung einer Beschäftigung ohne Bewilligung selbst gar nicht strafbar gemacht habe, noch, dass er ein enges Verhältnis zu seinen in Luxemburg und Deutschland lebenden Verwandten habe. Ein vierjähriges Einreiseverbot sei nicht verhältnismäßig.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

Mit Beschluss vom 11.06.2019 wies das BVwG die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids als unzulässig zurück.

Feststellungen:

Der BF ist montenegrinischer Staatsangehöriger, am XXXX in XXXX geboren, und hat einen Wohnsitz in XXXX, wo er bis zu der Einreise in das Bundesgebiet 2019 lebte. Er spricht Serbisch, ist ledig und ohne Sorgepflichten. In seiner Heimat besuchte er acht Jahre eine Grundschule und im Anschluss daran vier Jahre eine bautechnische Mittelschule. Bis ungefähr XXXX 2019 war er in seiner Heimat als Bauarbeiter erwerbstätig. Seine Eltern und Geschwister leben in Montenegro. Er hat Verwandte (Tanten und Onkel), die in Deutschland und in Luxemburg leben.

Der BF verfügt über einen montenegrinischen Reisepass mit Gültigkeit von XXXX.2015 bis zum XXXX.2025, mit dem er zuletzt am XXXX.2019 in das Bundesgebiet einreiste.

Ab XXXX.2019 war der BF als Arbeiter für ein Unternehmen in XXXX tätig. Die Beschäftigung war zur Sozialversicherung gemeldet; es lag aber weder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung noch ein entsprechender Aufenthaltstitel vor. Der BF nahm für diese Beschäftigung in XXXX Unterkunft; eine Wohnsitzmeldung erfolgte nicht. Abgesehen davon hatte er sich (außer zur Durchreise) nie im Bundesgebiet aufgehalten.

Am XXXX.2019 wurde der BF im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle bei Bauarbeiten auf einer Großbaustelle in XXXX angetroffen und mangels arbeitsmarktrechtlicher Bewilligung und Aufenthaltsberechtigung festgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war er abgesehen von EUR 31 in bar mittellos. Mit seinem Arbeitgeber war ein monatlicher Verdienst von EUR 1.600 vereinbart worden, wobei er EUR 700 bereits als Anzahlung erhalten hatte.

Der BF ging in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Er wurde hier noch nie strafgerichtlich verurteilt. Er spricht nicht Deutsch. Abgesehen von seinen Verwandten in Deutschland und Luxemburg, zu denen er in keinem Abhängigkeitsverhältnis steht, bestehen keine familiären, beruflichen oder anderen sozialen Bindungen zu Österreich oder zu anderen Staaten, für die das Einreiseverbot gilt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten. Die Abschiebung des BF am XXXX.2019 ergibt sich aus dem entsprechenden Abschiebebericht.

Die Identität des BF wird durch die vorliegenden Kopien aus seinen Identitätsdokumenten (Reisepass und Personalausweis) bestätigt; aus ersterem geht auch sein Geburtsort hervor. Serbische Sprachkenntnisse sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend und können auch deshalb festgestellt werden, weil eine Verständigung mit dem vom BFA beigezogenen Dolmetsch für Serbisch problemlos möglich war.

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF beruhen auf seinen insoweit plausiblen und nachvollziehbaren Angaben bei der Einvernahme vor dem BFA.

Vor dem BFA hatte der BF angegeben, etwa vier Tage vor seinem Aufgriff nach Österreich eingereist zu sein, während aus der Anzeige vom XXXX.2019 ersichtlich ist, dass die letzte Einreise am XXXX.2019 erfolgte. Diese geringe Diskrepanz ist im Ergebnis nicht entscheidungsrelevant, zumal aus den Versicherungsdaten ablesbar ist, dass er zumindest ab XXXX.2019 in Österreich beschäftigt war.

Im Zentralen Melderegister (ZMR) scheint keine Wohnsitzmeldung des BF in Österreich auf, obwohl er sich bei seiner Festnahme bereits länger im Bundesgebiet befunden hatte. Vor dem BFA gestand er das Fehlen einer Wohnsitzmeldung zu.

Die Feststellung, dass der BF im Rahmen einer Kontrolle der Baustelle von Polizeibeamten bei einer unerlaubten Beschäftigung betreten wurde, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben und aus der Anzeige vom XXXX.2019. Die Meldung zur Sozialversicherung ist aus dem Auszug seiner Versicherungsdaten ersichtlich.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem BF ein Visum, ein Aufenthaltstitel oder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erteilt worden wäre. Dies wird weder von ihm selbst behauptet noch ergibt es sich aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Die Feststellungen zu den finanziellen Verhältnissen des BF basieren auf seiner Schilderung vor dem BFA und dem Anhalteprotokoll. Es gibt keine Hinweise darauf, dass er über weitere finanzielle Mittel (zusätzlich zu dem Bargeld, das er bei seiner Festnahme bei sich hatte) verfügte, zumal er bei der Einvernahme keine zusätzlichen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erwähnte und angab, er habe in Montenegro zuletzt nicht mehr gearbeitet.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF wird durch die Einsicht in das Strafregister, in dem keine Verurteilung aufscheint, belegt.

Es sind keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat zutage getreten, zumal sich sein Lebensmittelpunkt bislang in seinem Herkunftsstaat befand, wo seine nächsten Angehörigen nach wie vor leben. Es ist glaubhaft, dass er (wie vor dem BFA bzw. in der Beschwerde angegeben) Verwandte in Luxemburg und in Deutschland hat. Anhaltspunkte für ein Abhängigkeitsverhältnis liegen nicht vor; ein solchen ist angesichts seines Lebensmittelpunkts in Montenegro auch nicht anzunehmen.

Rechtliche Beurteilung:

Da mit der Beschwerde nur die Spruchpunkte II. und III. des Bescheids vom XXXX.2019 angefochten wurden, wobei die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. bereits als unzulässig zurückgewiesen wurde, ist nur noch über die Beschwerde gegen das Einreiseverbot laut Spruchpunkt II. zu entscheiden.

Der BF ist als Staatsangehöriger von Montenegro Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Montenegrinische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 4 Abs 1 iVm Anhang II der Visumpflichtverordnung (Verordnung [EU] 2018/1806) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e SDÜ frei bewegen.

Der BF reiste zwar mit einem gültigen Reisepass ein und hatte am XXXX.2019 (ausgehend von einem Arbeitsbeginn mit XXXX.2019 und der letzten Einreise in den Schengen-Raum am XXXX.2019) die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer jedenfalls noch nicht überschritten. Sein Aufenthalt war aber auf Grund der Beschäftigung als Bauarbeiter, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, nicht rechtmäßig iSd § 31 Abs 1a FPG, weil er dadurch während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Bedingungen des visumfreien Aufenthalts, der nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt, nicht einhielt. Die übrigen Fälle des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) kommen nicht in Betracht, weil keiner dieser Tatbestände erfüllt ist. Der BF verfügt weder über ein Visum gemäß § 24 FPG noch über eine Aufenthaltsberechtigung oder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung. Auch der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass bei ihm eine der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 FPG für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet vorlag. Die Anmeldung zur Sozialversicherung ist für sich genommen jedenfalls nicht ausreichend.

Gegen den BF wurde daher mit dem angefochtenen Bescheid (der insoweit unbekämpft blieb) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen. Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn dieser die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des AuslBG für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (§ 53 Abs 2 Z 7 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden. Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung und Bestrafung des Betroffenen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt. Es ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Für die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs 2 Z 7 FPG bedarf es der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung auf Grund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311). Eine vorsätzliche Vorgehensweise ist keine Voraussetzung. Auf die subjektive Sicht des Drittstaatsangehörigen kommt es nicht an. Von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Drittstaatsangehörigen muss verlangt werden, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers zu verlassen (siehe zuletzt VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402). Der Umstand, dass dem BF allenfalls (wie er dies vor dem BFA behauptete) zugesichert wurde, sein Aufenthalt und seine Beschäftigung seien legal, vermag ihn daher nicht zu exkulpieren oder die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit entscheidend zu mindern.

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402). Da der BF am XXXX.2019 im Zuge der Polizeikontrolle bei einer Beschäftigung als Arbeiter ohne die dafür erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG betreten wurde, ist das vom BFA ausgesprochene Einreiseverbot dem Grunde nach nicht zu beanstanden, zumal er keine ausreichenden Unterhaltsmittel aus legalen Quellen hatte und sich ohne Wohnsitzmeldung in Wien aufhielt. Seine privaten und familiären Verhältnisse stehen dem nicht entgegen, zumal er den Kontakt zu seinen in Deutschland und Luxemburg lebenden Verwandten außerhalb seiner Kernfamilie auch durch diverse Kommunikationsmittel (Telefon, Internet) und bei Besuchen in Montenegro oder in anderen Staaten, für die das Einreiseverbot nicht gilt, aufrecht halten kann.

Da sich der BF nach der Betretung kooperativ verhielt und es sich um seine erste und bisher einzige Verfehlung im Bundesgebiet handelt, ist die Dauer des Einreiseverbots auf drei Jahre zu reduzieren. Eine weitere Reduktion scheitert daran, dass er der unerlaubten Beschäftigung mehr als drei Wochen lang nachging und überdies mittellos war und gegen das MeldeG verstieß. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist in teilweiser Stattgebung der Beschwerde insoweit abzuändern.

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen von der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272).

Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt und der Sachverhalt anhand der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte, unterbleibt die (von keiner Seite beantragte) mündliche Beschwerdeverhandlung. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde vorgebrachten Tatsachen zu seinen privaten und familiären Verhältnissen ausgegangen wird.

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte. Die bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorzunehmende Interessenabwägung und die Erstellung einer Gefährdungsprognose können jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden (vgl. VwGH 10.07.2019, Ra 2019/19/0186).

Schlagworte

Einreiseverbot Herabsetzung individuelle Verhältnisse Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung Unbescholtenheit unverhältnismäßiger Nachteil Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G314.2219314.1.00

Im RIS seit

17.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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