TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/9 W212 2245718-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2021
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Entscheidungsdatum

09.09.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W212 2245718-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 25.07.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut EURODAC-Abfrage erfolgte zuvor eine erkennungsdienstliche Behandlung in Bulgarien am 01.04.2021.

2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.07.2021 gab der Beschwerdeführer zunächst an, er leide an keinen Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an der Einvernahme hindern würden. Er habe sein Herkunftsland vor etwa einem Jahr verlassen und sei zunächst über Pakistan, den Iran und die Türkei nach Griechenland gelangt, wo er sich zwei Tage aufgehalten habe. Danach gelangte er nach Bulgarien, wo er etwa einen Monat aufhältig gewesen sei. In der Folge gelangte er über Serbien, wo er sich etwa einen Monat aufgehalten habe und Ungarn nach Österreich. Über die Länder, durch die er gereist sei bzw. in denen er sich aufgehalten habe, könne er nicht viel sagen. Er habe dort einfach nicht bleiben wollen. In Bulgarien habe er einen Asylantrag stellen müssen, um nicht abgeschoben zu werden. Man bekomme dort automatisch einen negativen Asylbescheid, Unterlagen habe er keine mehr. Er sei vor zweieinhalb Monaten etwa 28 Tage in einem Flüchtlingsheim in Bulgarien gewesen. Dort würde es kein gutes Leben geben und wolle er seine Familie nach Österreich holen.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab er der Beschwerdeführer an, er sei von den Taliban mit dem Tod bedroht worden.

3. Mit Mandatsbescheid vom 26.07.2021 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete daraufhin am 28.07.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien. Mit Schreiben vom 30.07.2021 erklärte sich die bulgarische Dublinbehörde gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zur Übernahme des Beschwerdeführers bereit.

5. Am 12.08.2021 fand unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Er gab zunächst an, er leide an keinen Krankheiten und nehme keine Medikamente ein. Bei seiner Erstbefragung habe er die Wahrheit gesagt und habe er nichts zu ergänzen. In Österreich habe er keine Verwandten und auch sonst keine Personen, zu denen Abhängigkeiten oder ein besonders enges Verhältnis bestehen würde. In Bulgarien sei er etwa einen Monat lang gewesen. Befragt, ob es während seines Aufenthalts konkrete Vorfälle gegen ihn gegeben habe, antwortete der Beschwerdeführer mit „Nein“. Ihm seien jedoch die Fingerabdrücke mit Gewalt abgenommen worden und würde er von Bulgarien zurück nach Afghanistan geschickt werden, weswegen er dorthin nicht zurückkönne.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2021, zugestellt am 16.08.2021, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Bulgarien wurden folgende Feststellungen getroffen:

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 24.7.2020

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2020; vgl. CoE-SG 19.4.2018, EMN 6.6.2020, SAR o.D.a, SAR o.D.b, UNHCR 9.2019, USDOS 13.3.2020).

(AIDA 2.2020; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Die Zahl der Antragsteller ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. 2019 lag die Quote der Antragssteller, der ihr Verfahren nicht zu Ende führten, bei 72%. Davon wurde in 40% der Fälle das Asylverfahren eingestellt (discontinued) und bei 24% in Abwesenheit entschieden (AIDA 2.2020). 2020 gab es in Bulgarien bis 31.5.2020 289 Asylanträge (VB 15.7.2020).

Menschenrechtsorganisationen berichteten weiterhin von weit verbreiteten sogenannten Pushbacks (AIDA 2.2020; vgl. USDOS 13.3.2020), Gewalt, Diebstählen und erniedrigenden Praktiken gegenüber Migranten und Asylwerbern an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Im August 2019 behaupteten Medienveröffentlichungen, die angeblich interne Quellen der europäischen Grenzkontrollagentur Frontex zitierten, dass die Grenzpolizei Migranten mit Hunden gejagt, geschlagen und über die Grenze zurückgedrängt habe. Die Vorwürfe wurden vom Innenminister dementiert und er erklärte, dass die Grenzschutzbeamten nur dann Gewalt anwenden, wenn die Situation es erfordert (USDOS 13.3.2020).

Es gibt Vorwürfe, dass die bulgarischen Behörden Migranten, die es schaffen bulgarisches Territorium zu betreten, durch- und auch wieder ausreisen lassen, um sich der Verantwortung im Rahmen der Dublin-Verordnung oder der Rückübernahmeabkommen zu entziehen (AIDA 2.2020).

Der Zugang von Asylsuchenden zum bulgarischen Hoheitsgebiet bliebt auch 2019 stark eingeschränkt. Dem Innenministerium zufolge wurden insgesamt 2.495 Drittstaatsangehörige festgenommen, darunter 2.184 neu angekommene Asylwerber. Dies entspricht einem Rückgang von 23% im Vergleich zum 2018. Seit dem 1. Jänner 2017 gibt das Innenministerium die Zahl der verweigerten Einreisen ins Land in seinen öffentlich zugänglichen Statistiken nicht mehr bekannt. 2019 haben 309 Asylsuchende an den Grenzen internationalen Schutz beantragt aber nur 2% von ihnen (d.h. 12 Personen) hatten Zugang zum Asylverfahren. Die restlichen 98% kamen in die Schubhaftzentren des Innenministeriums (AIDA 2.2020).

Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        EMN – European Migration Network (6.6.2020): Annual Report on Migration and Asylum 2019, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_eu_arm2019_synthesis_report_final_en_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        SAR – State Agency for Refugees (o.D.a): Verfahrensschritte zur Gewährung internationalen Schutzes – Rechte und Pflichten (????? ?? ???????????? ?? ???????????? ?? ???????????? ??????? – ????? ? ??????????), https://aref.government.bg/index.php/en/node/42, Zugriff 20.7.2020

-        SAR – State Agency for Refugees (o.D.b): Dublin-Verfahren (???????????? ?? ??????), https://aref.government.bg/index.php/bg/node/43, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 24.7.2020

Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien. Nach Rücküberstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung wird das Asylverfahren regelmäßig eingeleitet bzw. wieder aufgenommen, dabei wird je nach Verfahrensstand unterschieden (UNHCR 17.12.2018):

?        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, hat die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen (UNHCR 17.12.2018).

?        Bei Dublin-Rückkehrern, die in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben, der ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren automatisch wieder eröffnet. Ein Verfahren wird nach bulgarischem Asyl- und Flüchtlingsgesetz (AuFG) ausgesetzt, wenn die asylsuchende Person innerhalb von 10 Werktagen nicht zu einem Termin mit den Behörden erscheint oder ihre Adresse ändert, ohne die Behörde davon in Kenntnis zu setzen. Nach weiteren drei Monaten wird das Asylverfahren beendet, wenn die asylsuchende Person sich nicht bei den Behörden meldet (UNHCR 17.12.2018; vgl. BAMF-BMI 5.2019).

?        Wurde das Asylgesuch auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen, besteht die Möglichkeit, erneut einen Asylantrag zu stellen. Dieser Antrag wird als Folgeantrag betrachtet und ist nur zulässig, wenn er neue Elemente enthält. Wird der Folgeantrag für zulässig erklärt, was in der Praxis selten der Fall ist, wird der Antrag im regulären Verfahren geprüft. Eine Prüfung im regulären Verfahren erfolgt auch dann, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht innerhalb von 14 Tagen ergeht (UNHCR 17.12.2018).

Die Aufnahmebedingungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung zurückkehren, sind abhängig vom Verfahrensstand (UNHCR 17.12.2018). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAR die Grenzpolizei über die voraussichtliche Ankunft und gibt an, ob der Rückkehrer in ein Asylaufnahmezentrum oder in ein Schubhaftzentrum zu überstellen ist (AIDA 2.2020):

?        Wer sich in einem laufenden Asylverfahren befindet, wird in ein Unterbringungszentrum der SAR gebracht (AIDA 2.2020).

?        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, kann bei der Ankunft in einem der von der Direktion für Einwanderung verwalteten Zentren für die vorübergehende Unterbringung vor der Abschiebung (Special Centre for the Temporary Accommodation of Foreigners, SCTAF) gebracht werden. Nach Stellen eines Asylantrags wird sie jedoch in ein Aufnahmezentrum der Flüchtlingsagentur SAR überstellt (UNHCR 17.12.2018).

?        Auch Personen, deren Verfahren wiedereröffnet wurde, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht. UNHCR hat in letzter Zeit keine Fälle beobachtet, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen war, der Zugang zu Aufnahmezentren verweigert wurde. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, wenn diese ihre volle Kapazität erreichen (UNHCR 17.12.2018).

?        Personen, deren Asylantrag bereits inhaltlich geprüft und abgewiesen wurde, werden in einem geschlossenen Zentrum untergebracht. Während des anschließenden Zulässigkeitsverfahrens kommt es darauf an, ob der asylsuchenden Person die negative Erstentscheidung vor deren Ausreise aus Bulgarien zugestellt wurde oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird sie einem Aufnahmezentrum zugewiesen. Wurde die Entscheidung der asylsuchenden Person allerdings vor deren Ausreise aus Bulgarien bereits zugestellt und nicht innerhalb der Frist angefochten, wird sie inhaftiert und in ein geschlossenes Zentrum (SCTAF) gebracht. Die Haft kann während des Zulässigkeitsverfahrens andauern. Auch wenn dies nicht der Fall ist, werden sie jedoch keinem regulären Aufnahmezentrum zugewiesen und haben auch keinen Anspruch auf Verpflegung, Unterkunft oder Sozialhilfe (UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2020, BAMF-BMI 5.2019).

In der Praxis werden in Sofia ankommende Personen nach der Überstellung unterrichtet, dass sie verpflichtet sind, sich bei der staatlichen Asylbehörde vorzustellen, meist schon am folgenden Tag. Wenn sie dort vorstellig werden, erhalten sie die Entscheidung, dass das Verfahren wiedereröffnet wird zusammen mit der „take-back" Entscheidung (UNHCR 26.3.2019).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird medizinisch bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum „Nadya“, IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BAMF-BMI – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Bundesministerium des Innern (Deutschland) (5.2019): Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylwerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/684878/684880/684924/20138868/21716440/Deutschland___Botschaft_%28Bulgarien%29%2C_Aktuelle_Entwicklungen_zur_Rechtslage_und_Situaton_von_Asylbewerbern_und_anerkannt_Schutzberechtigten_in_Bulgarien%2C_2019.pdf?nodeid=21726048&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (26.3.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/20122890/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland_%28Berlin%29%2C_26%2E03%2E2019%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20149532&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 24.7.2020

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2020).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte „Pushbacks“ an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (AIDA 2.2020; vgl. BM 2.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BM – Boardermonitoring Bulgaria (2.3.2020): Bulgaria ist not changing its push-back policy at its border to Turkey, https://bulgaria.bordermonitoring.eu/, Zugriff 20.7.2020

-        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html, Zugriff 20.7.2020

Versorgung

Grundversorgung

Letzte Änderung: 24.7.2020

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber eingestellt. Dies wird von den Behörden damit begründet, dass sie in den Aufnahmezentren mit Lebensmitteln versorgt werden (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018). Spezielle Bedürfnisse können daher nicht mehr angemessen berücksichtigt werden, was besonders für Familien mit kleinen Kindern, chronisch kranke und ältere Menschen problematisch ist (UNHCR 17.12.2018). Um außerhalb des Aufnahmezentrums zu wohnen, müssen Asylwerber schriftlich erklären, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, was sie automatisch vom Recht auf die monatliche finanzielle Unterstützung ausschließt (AIDA 2.2020).

Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden (AIDA 2.2020).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als drei Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt. 2019 wurden 101 Arbeitserlaubnisse für Asylwerber im laufenden Verfahren erteilt; 72 Personen haben danach eine Beschäftigung angenommen. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen jedoch schwierig (AIDA 2.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 24.7.2020

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Pastrogor sowie Harmanli, die von der Migrationsbehörde (SAR) verwaltet werden. Im Dezember 2018 wurde das Aufnahmezentrum Vrazhdebna in Sofia von der SAR geschlossen und im Mai 2019 wiedereröffnet. Vrazhdebna wurde mit EU-Mitteln vollständig renoviert (AIDA 2.2019). Die Kapazität der Unterbringungszentren betrug zwischen Ende Dezember 2019 5.330 Plätze (5.190 Plätze in Aufnahmezentren und 140 in Privatunterkünften) (AIDA 2.2020).

Die Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen, einschließlich der Verpflegung für Migranten und Asylwerber sind nach wie vor inadäquat, obwohl die Zahl der nach Bulgarien einreisenden Personen deutlich zurückgegangen ist (AI 16.4.2020). Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren bis auf in Vrazhdebna und in der Sicherheitszone für unbegleitete Minderjährige in Voenna Rampa sind trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor schlecht und liegen unter den Mindeststandards oder erfüllen diese knapp, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen (AIDA 2.2019; vgl. UNHCR 9.2019). Darüber hinaus beklagten sich die Bewohner aller Aufnahmezentren außer in Vrazhdebna über die insgesamt schlechten hygienischen Umstände, insbesondere aber über Bettwanzen, die regelmäßig zu Gesundheitsproblemen führen. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2020).

Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets (300 Plätze). Der Betrieb des geschlossenen Verteilerzentrums Elhovo wurde im Februar 2017 eingestellt. Das Aufnahmezentrum Pastrogor kann gegebenenfalls auch als geschlossenes Zentrum verwendet werden. Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten stehen ebenfalls unter Kritik (AIDA 2.2020), ebenso wie unter anderem unzureichende Verpflegung, zu kurzer Aufenthalt im Freien, fehlende spezielle Voraussetzungen für Familien, fehlender Zugang zu Toiletten in der Nacht und der Mangel an qualifizierten Dolmetschern (FRA 5.2019; vgl. CoE-CPT 11.7.2019).

Derzeit sind in Bulgarien 798 Personen untergebracht (Stand 12.7.2020): 276 in geschlossenen Zentren (Auslastung von 39,4%), 375 in offenen Zentren (Auslastung von 7,5%), 147 privat untergebracht (auf eigene Kosten) (VB 15.7.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bulgiaria [EUR 01/2098/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028188.html, Zugriff 20.7.2020

-        CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (11.7.2019): Report to the Bulgarian Government on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 17 December 2018 [CPT/Inf (2019) 24],
https://www.ecoi.net/en/file/local/2012591/2019-24-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        FRA – European Agency for Fundamental Rights (5.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-2_en.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 24.7.2020

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018), das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (UNHCR 17.12.2018). Asylwerber, die sich für eine Unterkunft außerhalb der Aufnahmezentren entscheiden oder denen keine Unterkunft gewährt wird, haben keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist ansonsten gewährleistet, unabhängig vom Wohnort der Asylwerber (AIDA 2.2020).

SAR ist verpflichtet Asylwerber kranken zu versichern. In der Praxis haben Asylwerber mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren (AIDA 2.2020), da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist (AIDA 2.2020; vgl. BTI 29.4.2020; OECD/EO 29.10.2019). In dieser Situation ist spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2020).

Fehlende Dolmetscher und die mangelnde Bereitschaft einiger Ärzte, Asylsuchende als Patienten zu registrieren, stellen jedoch praktische Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar. Zudem umfasst die Versicherung nicht alle medizinischen Behandlungen und Medikamente. Insbesondere bei schweren und chronischen Erkrankungen können einige Behandlungen nur teilweise erstattet werden. Ohne finanzielle Unterstützung stoßen Asylsuchende auf Schwierigkeiten, diese zusätzlichen Kosten zu decken. Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über einen kleinen Fonds, der hauptsächlich von UNHCR finanziert wird, um die Kosten für medizinische Versorgung und Medikamente für eine begrenzte Anzahl extrem vulnerabler Asylsuchender zu decken. In der Praxis wird psychologische Unterstützung in den Aufnahmezentren von NGOs geleistet, die auf Projektbasis finanziert wird, und nicht in allen Zentren auf dem gleichen Niveau und in gleicher Häufigkeit angeboten werden kann. Die Nachhaltigkeit dieser Dienstleistungen ist entsprechend nicht gewährleistet (UNHCR 17.12.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BTI – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bulgaria,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2029432/country_report_2020_BGR.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

-        OECD/EO – Organisation for Economic Co-operation and Development/European Observatory on Health Systems and Policies (29.10.2019): Bulgaria: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/34781ac1-en.pdf?expires=1594814329&id=id&accname=guest&checksum=975003598D2DE0B62B342C613516F30C, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        WHO – World Health Organisation (2018): Bulgaria – Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1, Zugriff 20.7.2020

Zur COVID-19 Pandemie

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Bulgarien wurden bisher 432.339 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 18.339 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (htttps://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 14.08.2021.

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt warden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig -gestellte-Fragen.html, abgerufen am 14.08.2021).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass ein vom Beschwerdeführer in besonderem Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. von Art. 3 EMRK, im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen würden, im Verfahren nicht hervorgekommen sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Es habe sich daher kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher zulässig sei.

Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurden auch Feststellungen hinsichtlich der COVID-19-Pandemie getroffen.

7. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 20.08.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Zusammengefasst wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde sich zu Unrecht nicht näher mit den Erlebnissen des Beschwerdeführers in Bulgarien auseinandergesetzt habe. Der Beschwerdeführer habe in seiner Einvernahme wahrheitsgemäß gesagt, dass ihm seine Fingerabdrücke mit Gewalt abgenommen worden seien. Hierzu habe ihn die belangte Behörde trotzdem nicht näher befragt. Die Länderberichte würden überdies vom 29.07.2020 stammen und neuere Berichte, wie der aktuelle AIDA-Bericht von ECRE aus dem Jahr 2021 seien nicht berücksichtigt worden. Aus diesem gehe hervor, dass Anträge von Schutzsuchenden aus Afghanistan als offensichtlich unbegründet qualifiziert werden und die ohnehin schon eklatant geringen Anerkennungsquoten in den letzten Jahren noch weiter zurückgegangen seien. Nachdem Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d der Dublin-VO zugestimmt habe, sei davon auszugehen, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers in einem Schnellverfahren negativ abgeschlossen worden sei. Dem Beschwerdeführer sei ein entsprechender Bescheid nicht zugestellt worden, weshalb davon auszugehen sei, dass sein Asylverfahren in seiner Abwesenheit beendet worden sei. In der Beschwerde wird ebenfalls auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30.08.2019 verwiesen, wo von mangelhafter Versorgung in Bezug auf Unterbringung, Lebensmittel und Integrationsleistungen und von weit verbreiteter Fremdenfeindlichkeit und Rassismus berichtet wird.

8. Die Beschwerde langte am 24.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Während der Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begleitend beobachtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 25.07.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut EURODAC-Abfrage erfolgte zuvor eine erkennungsdienstliche Behandlung in Bulgarien am 01.04.2021. Das Gebiet der „Dublin-Staaten“ wurde vom Beschwerdeführer zwischenzeitig nicht für mindestens drei Monate verlassen.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 26.07.2021 in Schubhaft.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 28.07.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien, dem die bulgarische Dublinbehörde mit Schreiben vom 30.07.2021 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat Bulgarien an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:

Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 01.09.2021 682.605 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.579 Todesfälle; in Bulgarien wurden zu diesem Zeitpunkt 453.689 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 18.840 Todesfälle bestätigt (WHO, 01.09.2021).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Da sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat, wurden – neben anderen Lockerungen der Corona-Maßnahmen – die Reisebeschränkungen, die eingeführt worden waren, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, wieder schrittweise aufgehoben.

Österreich gehört in Bulgarien zu den Ländern die der „Grünen Zone“ zugeordnet werden. Für diese Länder, so auch Österreich, besteht eine Einreiseerlaubnis. Voraussetzungen für die vom Einreiseverbot ausgenommenen Personen sind der Nachweis über eine abgeschlossene COVID-19-Impfung, eine Genesung von einer COVID-19-Infektion oder einen nicht mehr als 72 Stunden alten negativen PCR-Test bzw. einen nicht mehr als 48 Stunden alten negativen Antigen-Test. Seit 01.07.2021 besteht hinsichtlich Bulgarien die Sicherheitsstufe 2 (Sicherheitsrisiko) (BMEIA, 01.09.2021).

Der 25-jährige Beschwerdeführer leidet an keinen schweren oder lebensbedrohenden Erkrankungen, steht nicht in ärztlicher Behandlung und nimmt keine Medikamente. Er fällt somit auch nicht unter die oben angeführten Risikogruppen.

Der Beschwerdeführer hat im österreichischen Bundesgebiet keine Angehörigen, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis beziehungsweise eine besonders enge Beziehung besteht und hat er auch sonst keine sozialen Kontakte, die ihn im besonderen Maße an Österreich binden. Eine besondere Integrationsverfestigung besteht nicht.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zum Reiseweg, der Schubhaft und den Anträgen auf internationalen Schutz in Österreich und Bulgarien ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt und den Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.

Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Schriftwechsel zwischen der österreichischen und bulgarischen Dublinbehörde.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit seiner Asylantragsstellung in Bulgarien das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate verlassen hat, beruht auf seinen eigenen Angaben, wonach er sich nach dem Verlassen Bulgariens etwa einen Monat in Serbien aufgehalten habe. Ein zuständigkeitsbeendendes Element betreffend Bulgarien ist somit nicht ersichtlich.

Dass sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Schubhaft befindet, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

2.2. Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur allgemeinen und medizinischen Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Bulgarien nicht maßgeblich geändert hat.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das bulgarische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Bulgarien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende individuelle Bedrohungssituation in Bulgarien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt 3.1.2.1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

2.3. Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings – angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 – naturgemäß ein Bild der Versorgung von Asylwerbern in Bulgariens, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht.

Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind, weshalb auch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden beziehungsweise wurden (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), um die Ausbreitung von COVID-19 hintanzuhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen zu können. In diesem Sinne wurde in den Mitgliedstaaten der EU auch die Durchführung von Überstellungen beziehungsweise die Übernahme von Dublin-Rückkehrern temporär ausgesetzt.

Nachdem sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat und vor dem Hintergrund der sukzessiven Aufhebungen von Reisebeschränkungen, sind zahlreiche Mitgliedstaaten, die im regen Austausch miteinander stehen, mittlerweile aber dazu übergegangen, Überstellungen von Dublin-Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder durchzuführen.

Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die Pandemie noch nicht überstanden ist, es ist aber davon auszugehen, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzliche sechsmonatige Überstellungfrist) überwunden sein werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen glaubhaften Angaben im Verfahren und dem Verwaltungsakt. Diesbezüglich wurde auch kein konkretes Vorbringen erstattet, das geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich ergeben sich ebenfalls aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art. 3, 7, 13, 16, 17, 18, 23 und 25 Dublin III-VO relevant.

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):

3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Bulgariens zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat kommend die Landgrenze Bulgariens illegal überschritten hat und er dort erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Die Verpflichtung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers basiert weiters auf der ausdrücklichen Zustimmung der bulgarischen Dublinbehörde auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO, was daraufhin deutet, dass das dortige Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig abgeschlossen wurde. Mängel im Konsultationsverfahren sind im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen und wurden insbesondere alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten.

Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Bulgarien finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Bulgariens ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre:

3.1.2. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K 13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, zur Dublin II-VO aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums […] geltend machen kann.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG – unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation – in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist. (vgl dazu auch näher Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht – Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).

3.1.2.1. Kritik am bulgarischen Asylwesen/die Situation in Bulgarien

Der angefochtene Bescheid enthält für den gegenständlichen Fall hinreichende Feststellungen zum bulgarischen Asylwesen. Diese stammen von der Staatendokumentation, die zur Objektivität verpflichtet ist und der Beobachtung eines Beirates unterliegt. Sie stützen sich auf verlässliche und unzweifelhafte aktuelle Quellen von angesehenen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen, und wurden ausgewogen zusammengestellt. Im Übrigen ist hinsichtlich der Feststellungen älteren Datums anzumerken, dass sich in Bezug auf gegenständliches Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Bulgarien in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt. Hinsichtlich der derzeitigen Situation in Zusammenhang mit COVID-19 ist an dieser Stelle auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Vor dem Hintergrund der gegenständlich herangezogenen Länderberichte und der verwaltungsbehördlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Bulgarien überstellt werden, aufgrund der bulgarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Von einer wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Bulgarien nicht gesprochen werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).

Vor dem Hintergrund der Länderberichte und der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-VO nach Bulgarien überstellt werden, aktuell aufgrund der bulgarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde. Aus den Länderinformationen ergibt sich eindeutig, dass Asylwerbern ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten offensteht, in welchem die Voraussetzungen der Asylgewährung und des Refoulement-Schutzes im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen, insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, definiert sind.

Es ergeben sich dementsprechend keine Anhaltspunkte, wonach der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Bulgarien der Gefahr einer Kettenabschiebung in den Herkunftsstaat unterliegen würde. Es ist vielmehr von einer rechtsstaatlichen und ordnungsgemäßen Prüfung seitens der bulgarischen Behörden auszugehen, welche aber naturgemäß mit einer negativen Entscheidung und einer darauffolgenden Außerlandesbringung enden kann. Negative Entscheidungen in Asylverfahren ergehen zudem auch in Österreich.

Außerdem rechtfertigt auch der Umstand, dass es in einzelnen Mitgliedstaaten vergleichsweise zu geringeren Anerkennungsquoten kommen kann, keinesfalls die Annahme, dass kein ordentliches Verfahren geführt wird.

Aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass Asylwerber laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens haben. Mit Erhalt der Asylwerberkarte ist das Recht, sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie für bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber eingestellt, in den Aufnahmezentren werden sie allerdings mit Lebensmitteln versorgt.

Die für Asylwerber im selben Ausmaß wie für bulgarische Staatsbürger bestehende medizinische Versorgung umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung. In den Unterbringungszentren ist medizinische Grundversorgung vorhanden und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder durch Nutzung der Notaufnahmen lokaler Spitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume. Es wird nicht verkannt, dass das bulgarische Gesundheitssystem materielle und finanzielle Defizite aufweist, erreichen diese jedoch kein solches Ausmaß, dass Art. 3 EMRK tangiert wird.

Der Beschwerdeführer gab selbst an, während seines gesamten Aufenthalts in Bulgarien in einem Flüchtlingslager untergebracht gewesen zu sein. Von Missständen, oder dass er dort mangelhaft versorgt worden wäre, berichtete er zu keinem Zeitpunkt. Dementsprechend ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer während seines Asylverfah

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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