TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/9 W212 2244460-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2021
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Entscheidungsdatum

09.09.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W212 2244460-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , staatenlos, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2021, ZI. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine staatenlose Palästinenserin, stellte am 18.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut EURODAC-Abfrage erfolgte zuvor am 15.05.2021 eine erkennungsdienstliche Behandlung in Rumänien.

2. Am 19.05.2021 fand die Erstbefragung der Beschwerdeführerin vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, im Zuge derer die Beschwerdeführerin zunächst angab, sie leide an keinen Beschwerden oder Krankheiten die sie an der Einvernahme hindern würden. Sie habe ihr Herkunftsland Syrien am 13.09.2020 verlassen und sich zunächst zehn Tage in der Türkei aufgehalten. Danach sei sie sechs Monate in Griechenland gewesen, habe dort aber einen Landesverweis erhalten. Nach Durchreise durch Albanien und den Kosovo, habe sie Serbien erreicht und dort zwei Wochen in einem Lager verbracht, bevor sie nach Rumänien gekommen sei, wo sie vier Tage lang gewesen sei. Schließlich sei sie nach Durchreise durch Ungarn am 18.05.2021 in Österreich eingereist. In Rumänien sei die allgemeine Hygiene katastrophal gewesen und wolle man dort keine Ausländer haben. Einen Asylantrag habe sie nicht stellen wollen. Sie sei auch niemals befragt worden und habe einen Landesverweis erhalten. Nach Rumänien wolle sie keinesfalls zurück, sondern in Österreich bleiben, um auch ihre Familie hierher zu holen. Zwei ihrer Brüder und eine Schwester würden in Österreich leben und habe sie auch einen weiteren Bruder in Schweden und eine Schwester in Deutschland.

Zu ihrem Fluchtgrund befragt, gab die Beschwerdeführerin an, ihr Bruder sei vor sieben Jahren von den Behörden entführt worden. Sie habe sich in Sicherheit bringen wollen.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 26.05.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien. Mit Schreiben vom 08.06.2021 erklärte sich Rumänien aufgrund von Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO zur Aufnahme der Beschwerdeführerin ausdrücklich bereit. Im Antwortschreiben führte die rumänische Dublinbehörde aus, über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 16.05.2021 sei noch nicht entschieden worden. Es wurden auch Aliasdaten der Beschwerdeführerin übermittelt.

4. Am 24.06.2021 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Die Beschwerdeführerin gab zunächst an, es gehe ihr sehr gut, sie leide an keinen Krankheiten und nehme keine Medikamente ein. Sie wolle zusätzlich anführen, dass sie Palästinenserin sei. Eine ihrer Schwestern, XXXX , und zwei ihrer Brüder, XXXX und XXXX , würden in Österreich mit ihren Familien leben und hätten Asylstatus. Ihren Bruder, XXXX , habe sie zuletzt vor etwa zehn Tagen gesehen, er sei sie in der Betreuungsstelle besuchen gekommen. Den anderen Bruder habe sie vor etwa zwei Wochen bei ihm zu Hause besucht, die Adresse kenne sie nicht. Auf den Vorhalt, dass sie einer Gebietsbeschränkung für den Bezirk XXXX unterliege, bemerkte die Beschwerdeführerin, sie habe gedacht Wien würde auch zu dieser Region gehören. Sie stehe in telefonischem Kontakt mit ihren Geschwistern und würden ihre Neffen und Nichten sie in XXXX besuchen kommen. Seit sie sich in Österreich aufhalte, habe sie von ihrer Schwester einmal EUR 50,00 und von einem ihrer Brüder EUR 40,00 und einige Kleidungsstücke erhalten. Ein gemeinsamer Haushalt zwischen ihr und einer ihrer Geschwister bestehe nicht. Sie wisse, dass sie in Rumänien ihre Fingerabdrücke abgegeben habe, aber es sei kein Dolmetscher dabei gewesen und habe sie deswegen eigentlich nicht gewusst was passiere. Den Stand ihres rumänischen Asylverfahrens kenne sie nicht. Sie sei für eine Nacht in Polizeigewahrsam gewesen und danach freigelassen worden, die Behandlung dort sei aber schlecht gewesen, da sie sich mit männlichen Personen in einem Raum habe aufhalten müssen. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die allgemeine Behandlung für Menschen in Rumänien nicht gerecht sei. Rumänien sei für sie nur ein Durchzugsland gewesen und sei es ein schlechtes Land. Ihren eigentlichen Asylantrag habe sie in Österreich gestellt und binde sie ihre Familie an Österreich. Sie sei seelisch müde und würde bleibende Schäden haben, wenn ihr Asylantrag abgelehnt werden würde. Dies wäre eine große Ungerechtigkeit und wolle sie anführen, dass sie Österreich nicht verlassen werde.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2021, zugestellt am 30.06.2021, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO Rumänien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Rumänien wurden folgende Feststellungen getroffen:

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d, für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 27.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können.

?        Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.

?        Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.

?        Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).

Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin-III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).

Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).

Quellen:

- EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query zu Dublin-Rückkehrer, per E-Mail

- VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

Non-Refoulement

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).

Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Versorgung

Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).

Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagsätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbedingt: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).

Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).

Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017, vgl. AIDA 27.3.2019).

Im Jahr 2018 gab es 2.118 Asylanträge. In rumänischen Unterbringungseinrichtungen stehen 900 Plätze zur Verfügung, von diesen sind aktuell 294 belegt. Für den Fall, dass die Zentren irgendwann einmal überfüllt wären und Personen daher Privatunterkünfte nehmen müssten, würden diese mit 450,- Lei (ca. 95,- € ) für die Miete sowie mit 120,- Lei (ca. 25,- €) im Sommer bzw. 155,- Lei (ca. 33,- €) im Winter für Betriebskosten unterstützt werden. Das Relocation-Programm wurde mit Ende 2017/Anfang 2018 eingestellt (VB 4.6.2019).

Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 13.6.2019

- IRIN News (16.10.2017): Old route, new dangers: Migrant smugglers revive Black Sea route to Europe, http://www.irinnews.org/feature/2017/10/16/old-route-new-dangers-migrant-smugglers-revive-black-sea-route-europe, Zugriff 19.12.2017
- JRS - Jesuit Refugee Service (12.3.2018): Policy Blog: quantifying the Romanian asylum system, https://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180312050052&L=EN, Zugriff 5.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

- VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).

Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In R?d?u?i wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timi?oara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).

Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 4.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass aus den Angaben der Beschwerdeführerin keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass sie tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Rumänien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihr eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführerin an einer schweren körperlichen Krankheit oder einer schweren psychischen Störung leide. Mit ihren Geschwistern lebe die Beschwerdeführerin nicht in einem gemeinsamen Haushalt und bestünden auch keine Abhängigkeiten oder eine besondere Beziehungsintensität. Die Außerlandesbringung stelle daher insgesamt keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar.

Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurden auch Feststellungen in Zusammenhang mit der aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus getroffen.

6. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob die Beschwerdeführerin am 13.07.2021 das Rechtsmittel der Beschwerde, zu deren Begründung ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin in Rumänien gezwungenermaßen ihre Fingerabdrücke abgegeben habe und in der Einvernahme von groben Misshandlungen gesprochen habe. Die eingeholten Länderfeststellungen zu Rumänien seien nicht mehr hinlänglich aktuell und würden deswegen in der Beschwerde eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, ein Artikel des Nachrichtenmagazins Spiegel zum rumänischen Gesundheitssystem vom 11.02.2020, der Country Report on Human Rights Practices 2019 des US Department of State vom 1.03.2020, eine ACCORD-Anfragebeantwortung zur Lage von Flüchtlingen und Asylsuchenden: Polizeigewalt, Unterbringungssituation, Zustände in Quartieren, Zugang zu Rechtsberatung vom 16.03.2020, ein Artikel von IRIN vom 16.10.2017 und der aktuelle Bericht des Jesuit Refugee Service Europe über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Unterbringungssituation in Rumänien von Februar 2021 zitiert. Die aktuelle Lage für Asylwerber*innen in Rumänien zeichne sich insgesamt durch systemische Mängel im Bereich der Daseins-Vorsorge aus, welche so ausgeprägt seien, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Abschiebung in den Zustand existentieller Not, Obdachlosigkeit und Grundversorgungslosigkeit wegen Vorenthaltung der notwendigen Grundversorgung geraten würde. Daraus folge, dass eine Abschiebung nach Rumänien die Beschwerdeführerin der konkreten Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aussetzen würde und daher gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde. Zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Geschwistern bestehe eine enge, tatsächliche Beziehung und lebten sie vor der Flucht gemeinsam auf einem großen Grundstück und werde deswegen in jedem Fall die für Art. 8 EMRK geforderte Intensität erreicht. In Abwägung der öffentlichen Interessen gegen das Interesse der Beschwerdeführerin, ihr lang bestehendes Familienleben nicht zu trennen, werde das Interesse der Beschwerdeführerin überwiegen, sodass der Eingriff nicht verhältnismäßig sein werde und daher eine Zuständigkeit Österreichs die Folge wäre.

7. Die Beschwerdevorlage langte am 16.07.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Am 26.07.2021 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass die Beschwerdeführerin seit 02.07.2021 unbekannten Aufenthalts sei.

9. Mit Schreiben vom 26.07.2021 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die rumänische Dublinbehörde über die Erstreckung der Überstellungsfrist auf 18 Monate gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO, da die Beschwerdeführerin unbekannten Aufenthalts sei.

10. Während der Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begleitend beobachtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine volljährige staatenlose Palästinenserin, stellte am 18.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Laut EURODAC-Abfrage erfolgte zuvor am 15.05.2021 eine Antragstellung in Rumänien. Das Gebiet der „Dublinstaaten“ wurde von der Beschwerdeführerin zwischenzeitig nicht wieder verlassen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 26.05.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien, dem die rumänische Dublinbehörde mit Schreiben vom 08.06.2021 auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte. Im Antwortschreiben wurde festgehalten, dass über den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin noch nicht entschieden wurde.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Rumäniens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Rumänien an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung nach Rumänien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 17.08.2021, 664.283 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.558 Todesfälle; in Rumänien wurden zu diesem Zeitpunkt 1.087.509 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 34.353 Todesfälle bestätigt (WHO, 17.08.2021).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Da sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat, wurden – neben anderen Lockerungen der Corona-Maßnahmen – die Reisebeschränkungen, die eingeführt worden waren, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, wieder schrittweise aufgehoben.

Seit 15.05.2021 ist in Rumänien eine neue Einreiseverordnung in Kraft, wonach bei Einreisenden aus Ländern zwischen drei Kategorien unterschieden wird, nämlich der Grünen Zone, der Gelben Zone und der Roten Zone. Österreich ist seit 27.05.2021 als Grüne Zone eingestuft, wo die Inzidenz unter 1,5/1000 Einwohnern liegen muss und ist die Einreise nach Rumänien uneingeschränkt möglich. Für das ganze Land gilt die Sicherheitsstufe 2 (Sicherheitsrisiko) (BMEIA, 17.08.2021).

Die 42-jährige Beschwerdeführerin leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen oder psychischen Problemen. Sie steht nicht in ärztlicher Behandlung und nimmt keine Medikamente ein. Sie fällt auch nicht unter die oben angeführten Risikogruppen.

Die Beschwerdeführerin gab an, in Österreich zwei Brüder und eine Schwester zu haben, die hier asylberechtigt seien. Ein finanzielles oder anderweitiges Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Geschwistern konnte nicht festgestellt werden. Es besteht auch kein gemeinsamer Haushalt. Sonstige verwandtschaftliche, private oder berufliche Anknüpfungspunkte, die die Beschwerdeführerin im besonderen Maße an Österreich binden, bestehen nicht.

Die Beschwerdeführerin ist seit 02.07.2021 unbekannten Aufenthalts, nachdem sie sich für mehr als 48 Stunden aus der Betreuungseinrichtung entfernt und keine neue Abgabestelle bekannt gegeben hat.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zum Verfahrensgang, zum Reiseweg und den Anträgen auf internationalen Schutz in Österreich und Rumänien ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt und den Angaben der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.

Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren ergeben sich aus dem, im Verwaltungsakt befindlichen, Schriftwechsel zwischen der österreichischen und rumänischen Dublinbehörde.

2.2. Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur allgemeinen und medizinischen Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Rumänien nicht maßgeblich geändert hat.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das rumänische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Rumänien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.

Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende individuelle Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt 3.1.2.1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

2.3. Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings – angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 – naturgemäß ein Bild der Versorgung von Asylwerbern in Rumänien, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht.

Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind, weshalb auch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden beziehungsweise wurden (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), um die Ausbreitung von COVID-19 hintanzuhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen zu können. In diesem Sinne wurde in den Mitgliedstaaten der EU auch die Durchführung von Überstellungen beziehungsweise die Übernahme von Dublin-Rückkehrern temporär ausgesetzt.

Nachdem sich die epidemiologische Lage innerhalb der EU weitgehend stabilisiert hat und vor dem Hintergrund der sukzessiven Aufhebungen von Reisebeschränkungen, sind zahlreiche Mitgliedstaaten, die im regen Austausch miteinander stehen, mittlerweile aber dazu übergegangen, Überstellungen von Dublin-Rückkehrern (sowohl „in“ als auch „out“) wieder durchzuführen.

Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die Pandemie noch nicht überstanden ist, es ist aber davon auszugehen, dass etwaig daraus resultierende erneute Überstellungshindernisse jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzliche sechsmonatige Überstellungfrist) überwunden sein werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin basieren im Wesentlichen auf ihren eigenen Angaben im Verfahren, in Zusammenschau mit dem Akteninhalt. Sie erstattete kein Vorbringen, das geeignet wäre, den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage und den Angaben der Beschwerdeführerin.

Dass sich die Beschwerdeführerin mit 02.07.2021 dem Verfahren entzogen hat, ergibt sich zweifelsfrei aus der diesbezüglichen Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art. 3, 7, 13, 16, 17, 18, 23 und 25 Dublin III-VO relevant.

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):

3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Rumäniens zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da die Beschwerdeführerin aus einem Drittstaat kommend die Landgrenze Rumäniens illegal überschritten hat und sie dort erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin basiert weiters auf der ausdrücklichen Zustimmung der rumänischen Dublinbehörde auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO, da über ihren Antrag auf internationalen Schutz noch nicht entschieden wurde. Mängel im Konsultationsverfahren sind im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen; insbesondere wurden alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten.

Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Rumänien finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Rumäniens ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der Beschwerdeführerin.

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre:

3.1.2. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K 13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, zur Dublin II-VO aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums […] geltend machen kann.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG – unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation – in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist. (vgl dazu auch näher Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht – Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).

3.1.2.1. Kritik am rumänischen Asylwesen/die Situation in Rumänien

Der angefochtene Bescheid enthält für den gegenständlichen Fall hinreichende Feststellungen zum rumänischen Asylwesen. Diese stammen von der Staatendokumentation, die zur Objektivität verpflichtet ist und der Beobachtung eines Beirates unterliegt. Sie stützen sich auf verlässliche und unzweifelhafte aktuelle Quellen von angesehenen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen, und wurden ausgewogen zusammengestellt. Im Übrigen ist hinsichtlich der Feststellungen älteren Datums anzumerken, dass sich in Bezug auf gegenständliches Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Rumänien in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt. Hinsichtlich der derzeitigen Situation in Zusammenhang mit COVID-19 ist an dieser Stelle auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Vor dem Hintergrund der gegenständlich herangezogenen Länderberichte und der verwaltungsbehördlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Rumänien überstellt werden, aufgrund der rumänischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Von einer wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Rumänien nicht gesprochen werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).

Den in der Beschwerde geäußerten Befürchtungen, die Beschwerdeführerin würde in Rumänien mangelhaft versorgt und untergebracht werden, sind die Länderfeststellungen entgegenzuhalten. Aus denen geht zweifelsfrei hervor, dass die staatlichen Unterstützungsleistungen für Asylwerber Unterkunft und finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung beinhalten. Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Plätze, wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR (vgl. VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g). Asylwerber, die in einem Unterbringungszentrum aufhältig sind, erhalten zudem Taschengeld in der Höhe von 16 Lei/Tag (ca. EUR 110,00 im Monat).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach Rumänien ein schlechtes Land und die allgemeine Hygiene katastrophal sei, sind nicht dazu geeignet, systemische Mängel im rumänischen Asylsystem aufzuzeigen und ist hierzu auch festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin nur insgesamt vier Tage in Rumänien aufhielt. Schon alleine deswegen sind ihre unmittelbaren Eindrücke und Erfahrungen zum rumänischen Asylsystem sehr begrenzt. In diesem Zusammenhang sind auch die in der Beschwerde zitierten Berichte zu erwähnen, wonach es im Lager Timi?oara Bettwanzen und andere Insekten gebe und der Zustand von Toiletten und Bädern beklagt werde. Hierzu ist zu bemerken, dass die hygienischen Bedingungen des Lagers stets auch von den dort aufhältigen Personen mitverursacht sind und es diesen auch obliegt, das Lager sauber zu halten. Dass der Standard der rumänischen Unterbringungseinrichtungen möglicherweise nicht immer dem österreichischen entspricht, ist unerheblich, solange grundlegende Versorgungsgarantien und menschenwürdige Bedingungen gewährleistet sind.

Da das Asylverfahren der Beschwerdeführerin laut dem Antwortschreiben der rumänischen Dublinbehörde vom 08.06.2021 noch nicht entschieden ist, wird dieses nach ihrer Rückkehr fortgesetzt und sie noch am Flughafen über den aktuellen Stand ihres Verfahrens informiert werden. Sollte das Verfahren der Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit beendet worden sein, kann sie einen Folgeantrag stellen, welcher aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung hat. Den Länderberichten lässt sich überdies entnehmen, dass in Rumänien ein rechtsstaatliches Asylverfahren etabliert und Refoulementschutz gewährleistet ist. Es gibt keine Informationen dahingehend, dass ein Asylwerber, der im Rahmen der Dublin III-VO von Österreich nach Rumänien überstellt worden ist, ohne Prüfung seines Asylantrages in einen Staat weiter abgeschoben worden wäre, wo ihm die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK gedroht hätte.

Hinsichtlich des Zugangs zur Unterbringung und medizinischen Versorgung gibt es keinen Unterschied zwischen Dublin-Rückkehrern und anderen Asylwerbern. Das erkennende Gericht geht demnach nicht davon aus, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Rumänien mangelnder Versorgung ausgesetzt wäre.

Insofern in der Beschwerde angegeben wurde, die Beschwerdeführerin sei in Rumänien Opfer grober Misshandlungen geworden, weil sie während ihres Polizeigewahrsams zusammen mit Männern in einem Raum gewesen wäre, bleibt dahingestellt, welche Misshandlung ihr widerfahren wäre. Sie brachte jedenfalls zu keinem Zeitpunkt vor Opfer von Beschimpfungen, Diskriminierungen oder Übergriffen sexueller oder sonstiger Art geworden zu sein. Sie erwähnte auch nicht, den Umstand, dass sie mit Männern in einem Raum sein hätte müssen, bei den anwesenden Polizisten beanstandet zu haben. Zudem verbrachte sie auch nur eine Nacht auf der Polizeistation.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach sich aus einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 16.03.2020 und einem Bericht des US Department of State aus dem Jahr 2019 ergebe, dass es in Rumänien zu Schikane, Diskriminierung und Straftaten gegenüber Flüchtlingen und Migranten komme und die öffentliche Einstellungen gegenüber AsylwerberInnen in den letzten Jahren von Empathie zu Feindseligkeit umgeschwenkt sei, ist zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt vorbrachte, rassistisch beleidigt oder anderweitig diskriminiert worden zu sein, sondern nur allgemein erwähnte, in Rumänien wolle man keine Ausländer haben. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin kann jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass ihr in Rumänien Unterstützungs- oder Versorgungsleistungen rechtswidrig verweigert worden wären. Genauso wenig ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass die rumänischen Behörden oder die rumänischen Sicherheitsorgane diskriminierende, menschenrechtsverletzende oder rechtswidrige Sonderpositionen gegenüber Asylwerbern vertreten würden.

Weiters wurde in der Beschwerde ein Bericht der Zeitschrift Spiegel über das rumänische Gesundheitssystem vom 11.02.2020 angeführt, welchem zu entnehmen ist, dass das rumänische Gesundheitssystem laut Angaben einer rumänischen Ärztin und Leiterin des Gesundheitsamtes einer als benachteiligt bezeichneten Region Rumäniens, eines der schlechtesten in der EU sei. In diesem Bericht wird auch festgehalten, dass es bei der Versorgung landesweit große Unterschiede gebe. So sei die Versorgung in einigen Großstädten mit universitären Kliniken vergleichsweise gut. Was die Anzahl von Ärzten pro Einwohner betreffe, liege Rumänien an drittletzter Stelle, vor Polen und Großbritannien. Ansonsten beschäftigt sich der Artikel mit den Zuständen im Landkreis der Ärztin. Im Jahr 2018 seien die Gehälter im öffentlichen Gesundheitswesen überdies massiv erhöht worden, wodurch mehr Ärzte im Land blieben. Systemische gravierende Mängel im rumänischen Gesundheitssystem, die den Verdacht aufkommen ließen, dass die Schwelle des Art. 3 EMRK erreicht sein könnte, lassen sich dem Artikel nicht entnehmen.

Zum Bericht des JRS Europe: From Bad to Worse: COVID-19 aggravates existing gaps in the reception of asylum seekers vom Februar 2021, wonach Personen deren Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wurden, entweder in Schubhaft genommen oder keine weitere Unterstützung erhalten, ist zu bemerken, dass sich auch daraus keine Verletzung des Art. 3 EMRK ergibt, da diese Personen verpflichtet sind das Land zu verlassen und das an ihren Asylantrag geknüpfte Aufenthaltsrecht verlieren.

Der Verweis in der Beschwerde auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, GZ W161 2239820-1, geht ins Leere, da darin das gänzliche Fehlen von Länderfeststellungen bemängelt wurde, was hinsichtlich des angefochtenen Bescheides nicht der Fall ist.

Auch wenn die Beschwerdeführerin erklärt hat, dass Rumänien für sie nur ein Durchzugsland gewesen sei und sie dort überhaupt keinen Asylantrag habe stellen wollen und dorthin auch nicht zurückgehen werde, ist festzuhalten, dass es nicht dem Fremden obliegt, ein Asylverfahren in einem Land seiner Wahl durchzuführen und dadurch ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Es gelten hierfür die Bestimmungen der Dublin III-VO, die im vorliegenden Fall unzweifelhaft die Zuständigkeit Rumäniens ergeben haben. Es ist auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen, wonach eine im Allgemeinen von individuellen Wu?nschen der Asylwerber/innen losgelo?ste Zusta?ndigkeitsregelung zu treffen ist. Vor dem Hintergrund ist auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke „gezwungen“ worden als rechtskonform zu beurteilen.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Gewährung internationalen Schutzes in Rumänien aufgrund der dortigen Lebensumstände, die sie als international Schutzberechtigte erwarten würde, einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren, weil sie sich im Fall der Überstellung unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände (vgl. EuGH 19.03.2019, C-163/17, Jawo).

Es konnten keine substantiierten Erwägungen vorgebracht werden, die aufzuzeigen vermochten, dass durch die Abschiebung nach Rumänien die Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC bestünde, durch welche die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 entkräftet würde (vgl. VwGH 10.02.2021, Ra 2021/19/0031-6, RZ 10). Die Sicherheitsvermutung bezüglich Rumänien ist demensprechend unverändert aufrecht.

Jedenfalls hat die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden und Gerichten in Rumänien und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.

3.1.2.2. Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Rumänien

Nach der Rechtsprechung von EGMR, VfGH und VwGH zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken hat im Allgemeinen kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche würden etwa vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt werden würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Mitgliedstaat zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet ist. Nach Art. 15 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung, welche zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst, erhalten beziehungsweise dass Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauerhaft eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (grundlegend: EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili/Belgien; vgl. ferner EGMR 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia/Schweden; 27.05.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich; 03.05.2007, 31246/06, Goncharova und Alekseytsev/Schweden; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh/Schweden; 04.07.2006, 24171/05, Karim/Schweden; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy/Niederlande; siehe auch VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0082; 10.08.2017, Ra 2016/20/0105).

Wie festgestellt, sind bei der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer Erkrankung hervorgekommen und gab sie selbst an, gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen.

Es liegt daher jedenfalls keine Krankheit von jener Schwere vor, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Rumänien als eine unmenschliche Behandlung erscheinen lässt.

Nachdem keine aktuelle dringende Behandlung der Beschwerdeführerin notwendig ist und - vor dem Hintergrund der verwaltungsbehördlichen Länderfeststellungen - davon ausgegangen werden kann, dass allfällige gesundheitliche Probleme im Bedarfsfall auch in Rumänien zu behandeln sind, ist für das erkennende Gericht kein Überstellungshindernis nach Rumänien erkennbar.

Nur der Vollständigkeit halber ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin aktuell 42 Jahre alt ist und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit sie nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Rumänien vorliegendes individuelles „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit hierzu nicht erkennbar.

Zudem ist – losgelöst von der individuellen Situation des Beschwerdeführers darauf hinzuweisen, dass die aktuelle Corona-Pandemie – unter Beachtung der maximalen Überstellungsfrist von 6 Monaten aus der Dublin-III-VO als Schranke – zur Zeit kein generelles Überstellungshindernis auszulösen vermag, selbst wenn derzeit eine Reisewarnung für Rumänien gilt. Gegenständlich besteht daher im Kontext eines Eilverfahrens zur Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat unmittelbare Entscheidungspflicht für das erkennende Gericht und widerspräche etwa eine Zurückverweisung hier offenkundig dem Unionsrecht.

3.1.3. Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ein Recht auf Familienleben gem. Art. 8 EMRK kann sich nicht nur in Bezug auf die Kernfamilie ergeben, sondern auch auf andere verwandtschaftliche Verhältnisse (wie bspw. zwischen erwachsenen Geschwistern), insofern bestimmte Voraussetzungen einer hinreichend stark ausgeprägten Nahebeziehung erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind u.a. gegenseitige finanzielle Abhängigkeit, ein gemeinsamer Wohnsitz sowie sonstige Abhängigkeit wie beispielsweise gegenseitige Pflege.

Im gegenständlichen Fall leben zwei Brüder und eine Schwester der Beschwerdeführerin in Österreich und sind hier asylberechtigt. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin von ihrer Schwester und einem ihrer Brüder einmal Geldbeträge von EUR 50,00 bzw. EUR 40,00 erhalten hat, vermag kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu den jeweiligen Geschwistern zu begründen, insbesondere, weil ihre Bedürfnisse ohnehin durch die staatliche Grundversorgung gedeckt sind. Gleiches gilt für den Erhalt von einzelnen Bekleidungsstücken. Ebenfalls lebt die Beschwerdeführerin mit keinem ihrer Geschwister in einem gemeinsamen Haushalt. Zum Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Beschwerdeführerin und ihre Geschwister in Syrien zusammen auf einem Grundstück lebten, ist zu bemerken, dass dies mindestens fünf Jahre zurückliegt, da die Beschwerdeführerin selbst angab, ihre Schwester und einer ihrer Brüder seien seit fünf Jahren in Österreich, der andere Bruder sogar seit sieben Jahren. Abschließend kann nur eine übliche emotionale Bindung zwischen den Geschwistern erkannt werden, die jedoch alleine nicht ausreicht um ein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu begründen.

Den Geschwistern der Beschwerdeführerin steht es natürlich frei sie nach ihrer Rückkehr nach Rumänien weiterhin zu unterstützen und kann der Kontakt weiterhin telefonisch oder über soziale Medien aufrechterhalten werden. Genauso ist es ihren Geschwistern, als Asylberechtige, möglich, die Beschwerdeführerin in Rumänien zu besuchen.

Auch hinsichtlich des Privatlebens der Beschwerdeführerin kommt es gegenständlich zu keinem unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleistete Recht. Die Beschwerdeführerin hielt sich nur knapp eineinhalb Monate in Österreich auf, bis sie die Grundversorgungseinrichtung am 02.07.2021 ohne Angaben von Gründen verließ und seitdem unbekannten Aufenthalts ist. Während dieses kurzen Aufenthalts in Österreich kam der Beschwerdeführerin nicht einmal eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, sondern bestand – da das Verfahren nicht zugelassen war – lediglich faktischer Abschiebeschutz. Zudem war der kurze Zeitraum, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

Eine ins Gewicht fallende Integration der Beschwerdeführerin in die österreichische Gesellschaft insbesondere durch eine ausreichende Erwerbstätigkeit oder durch ausreichende Sprachkenntnisse ist nicht erkennbar. Abgesehen von ihren Geschwistern brachte die Beschwerdeführerin keine sozialen oder privaten Anknüpfungspunkte in Österreich vor zu denen sie eine besonders enge Beziehung hätte.

Die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Der durch die Ausweisung der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls gedeckt.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestim

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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