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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der M in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Dezember 1993, Zl. WA - 201010/22-1993/Hz/Wim, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 29. November und 14. Dezember 1990 führte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (BH) über ein Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Vornahme von Änderungen und Sanierungen hinsichtlich ihrer Wasserkraftanlage am St.-Bach die wasserrechtliche Verhandlung durch. Der Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) erklärte in dieser Verhandlung, gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Vornahme der vorgesehenen Änderungen an der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerin bei projekts- bzw. befundgemäßer Ausführung und Einhaltung nachstehender Bedingungen keinen Einwand zu erheben:
1.
Die Geschiebeanlandungen im Bereiche der o.a. Grundschwelle und dem Sportplatz sind fortlaufend unter Beobachtung zu halten und bei bachaufwärtigem Fortschreiten derselben geeignete Maßnahmen für deren Entfernung zu treffen.
2.
Im Siedlungsbereich befindliche Prallufer sind gegen weitere Angriffe bzw. Auskolkungen in geeigneter Weise zu sichern.
3.
Der WLV dürfen durch den Bestand bzw. Betrieb der gegenständlichen Wasserkraftanlage keine wie immer gearteten Kosten erwachsen.
Mit Bescheid vom 3. April 1991 erteilte die BH der Beschwerdeführerin die beantragte wasserrechtliche Bewilligung unter einer Reihe von Nebenbestimmungen, deren Punkt 4. folgenden Wortlaut hat:
"4.
Dem Verlangen des Vertreters der WLV, wie dieses in den Punkten 1. u. 2. seiner Stellungnahme unter B 1. vom 29.11.1990 formuliert ist, ist zu entsprechen.
Der vollkommene Überfall des angezogenen Absturzes, der unmittelbar oberhalb des linksufrig situierten Sportplatzes liegt, darf in keiner Weise beeinträchtigt werden, desgl. dürfen durch Geschiebeanlandungen im Unterwasser dieses Absturzes und in seinem Ablaufbereich die Energievernichtung nicht beeinträchtigt und zusätzliche Walzenbildungen mit Uferangriffen nicht ermöglicht werden. Für die genaue Festlegung von Koten von Räumungserfordernissen ist diesbezügl. im Einvernehmen mit der WLV ein Beweissicherungsoperat zu erstellen, welches anläßlich der Beantragung der wr. Überprüfung der WR-Behörde in 3-facher Ausfertigung vorzulegen ist."
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtkraft.
Mit Bescheid vom 12. November 1992 erteilte die BH der Beschwerdeführerin über deren Antrag die wasserrechtliche Bewilligung für die Absenkung der Mauerkrone durch Ausführung einer 10 m breiten und 3 m hohen Überfallssektion an der Krone der bestehenden Staumauer ihrer Wasserkraftanlage unter einer Reihe von Nebenbestimmungen, deren Punkt 1. folgenden Wortlaut hat:
"1.
Die im Bewilligungsbescheid vom 3.4.1991, ..., auferlegten Befristungen, Bedingungen und Auflagen sind, soweit sich aus den nachfolgenden Punkten nichts anderes ergibt, vollinhaltlich einzuhalten; dies gilt insbesondere auch für die im zitierten Bescheid angeführte Verpflichtung zur Räumung des St.-Flusses flußaufwärts der Wasserkraftanlage."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung mit dem Antrag auf Abänderung des Vorschreibungspunktes 1.
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Aufrechterhaltung des St.-Flusses flußaufwärts der Wasserkraftanlage - und brachte dazu vor, es sei nachgewiesen, daß die Staumauer auf die Schotterablagerungen im oberen Teil des betrachteten Abschnittes keinen Einfluß habe. Die Lage des Wasserspiegels bleibe in diesem Bereich unverändert von der Höhe der Staumauer. Die Schotterablagerungen in diesem Bereich seien vielmehr Auswirkungen der Regulierungsmaßnahme der St., die in Verbindung mit einer natürlichen Engstelle im Tal der St. verursacht würden. Da ein Einfluß der Sperre der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerin auf die Geschiebeablagerungen in der St. im Anschluß an die bestehende Regulierungsstrecke nicht feststellbar sei, werde um Abänderung des Vorschreibungspunktes 1. des bekämpften wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides dahin ersucht, daß die Beschwerdeführerin von der Verpflichtung der Schotterräumung enthoben werde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde im hier interessierenden Umfang die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung ihres Bescheides verwies die belangte Behörde zu diesem Punkt auf den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der BH vom 3. April 1991, in welchem die bekämpfte Räumverpflichtung der Beschwerdeführerin bereits vorgeschrieben worden sei. Im nunmehr bekämpften Bescheid sei lediglich festgestellt worden, daß diese Räumverpflichtung neben den anderen Befristungen, Bedingungen und Auflagen weiterhin vollinhaltlich einzuhalten sei. Die Beschwerdeführerin fordere mit ihrer Berufung im Ergebnis die Abänderung einer rechtskräftig vorgeschriebenen Bescheidauflage, welche aber nur dann möglich sei, wenn es durch die Anlagenänderung zu einer geänderten Sachlage im betroffenen Bereich komme. Einer neuen Sachentscheidung stehe die Rechtskraft des früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides nämlich nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten sei. Eine Aufhebung der Räumverpflichtung wäre nur dann möglich gewesen, wenn durch die im erstbehördlichen Bescheid bewilligte Änderung der Wasserkraftanlage es auch zu einer Änderung der Verhältnisse im Räumungsbereich komme, die den Entfall der Räumverpflichtung rechtfertigen würde. Derlei habe die Beschwerdeführerin aber nie behauptet, sondern im Gegenteil immer den Standpunkt eingenommen, daß der gesamte Betrieb ihrer Wasserkraftanlage auf die Schotteranlandungen überhaupt keinen Einfluß habe. Tatsächlich habe sich im Rahmen des Berufungsverfahrens gezeigt, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Schotteranlandungen im Räumbereich und dem Betrieb der Wasserkraftanlage gegeben sei und sich auch bei Ausführung der Wehrkronenabsenkung als alleinige Maßnahme hinsichtlich der Geschiebeanlandung keine derart geänderten Verhältnisse ergeben würden, die den bedingungslosen Entfall der Räumverpflichtung zulassen würden. Es ergäbe sich die Räumungsverpflichtung der Beschwerdeführerin überdies auch aus der Bestimmung des § 50 Abs. 2 WRG 1959. Würde ihr nicht entsprochen, könnte sie auch von der Wasserrechtsbehörde nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in Form eines wasserpolizeilichen Auftrages wegen unterlassener Arbeiten vorgeschrieben werden.
Gegen die Aufrechterhaltung des Nebenbestimmungspunktes 1. des Bescheides der BH vom 12. November 1992 im nunmehr angefochtenen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt zu sein, die beantragte wasserrechtliche Bewilligung für die Absenkung der Mauerkrone bei ihrer Wasserkraftanlage ohne die Auflage zu erlangen, daß der St.-Fluß flußaufwärts ihrer Wasserkraftanlage unbegrenzt von Geschiebeanlandungen zu räumen sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben weitere Schriftsätze erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei der in der bekämpften Auflage aufrechterhaltene Vorschreibungspunkt des Bescheides der BH vom 3. April 1991 inhaltlich erweitert und im Zuge des nunmehrigen Verfahrens noch weiter ausgedehnt worden. Dies ist nicht der Fall. Wie sich aus dem Wortlaut der von der Beschwerdeführerin bekämpften Auflage zweifelsfrei ergibt, wurden mit ihr der Beschwerdeführerin keine über den normativen Inhalt der Vorschreibungen des Bescheides der BH vom 3. April 1991 hinausgehende Verpflichtungen auferlegt. Wie sich dem Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entnehmen läßt, bestehen über die Auslegung des übernommenen Vorschreibungspunktes des Bescheides der BH vom 3. April 1991 zur Frage von Inhalt und Umfang der die Beschwerdeführerin treffenden Pflichten Meinungsunterschiede zwischen der Beschwerdeführerin und der Wasserrechtsbehörde. Der Streit über Inhalt und Umfang der sich für die Beschwerdeführerin aus den Absprüchen des Bescheides der BH vom 3. April 1991 ergebenden Pflichten kann im vorliegenden Beschwerdefall aber nicht entschieden werden, weil der nunmehr angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin im Instanzenzug neue Pflichten nicht auferlegt, sondern nur auf die bereits rechtskräftig vorgeschriebenen Verpflichtungen verwiesen hat. Aus dem zweiten Halbsatz der bekämpften Auflage ("dies gilt insbesondere auch für die im zitierten Bescheid angeführte Verpflichtung zur Räumung des St.-Flusses flußaufwärts der Wasserkraftanlage") ergibt sich entgegen der von der Beschwerdeführerin geäußerten Befürchtung nichts anderes. Enthielt nämlich der Bescheid der BH vom 3. April 1991 entsprechend der in der Formulierung der nunmehr bekämpften Auflage vertretenen Auffassung die umstrittene Verpflichtung, dann war sie mit diesem Bescheid bereits rechtskräftig vorgeschrieben worden und galt auch ohne einen solchen ausdrücklichen Hinweis im nunmehrigen Bescheid. Wurde mit dem Bescheid der BH vom 3. April 1991 die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Räumungsverpflichtung aber nicht normativ wirksam begründet, dann wurde ein solcher Akt auch mit der nunmehr bekämpften Auflage nicht gesetzt. Befände sich die Behörde in ihrer Einschätzung der sich aus dem Bescheid der BH vom 3. April 1991 für die Beschwerdeführerin ergebenden Pflichten in einem rechtlichen Irrtum, dann hätte sie in der nunmehr bekämpften Auflage nur eine diesfalls unrichtige Rechtsansicht geäußert, aus welcher der Beschwerdeführerin neue Pflichten nicht erwachsen sind. Da die BH es in ihrem von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid aufrechterhaltenen Bescheid vom 12. November 1992 vermieden hat, der Beschwerdeführerin über den Bescheid vom 3. April 1991 hinausgehende Pflichten aufzuerlegen, erweist sich der oben wiedergegebene zweite Halbsatz der bekämpften Auflage als Äußerung ohne jede normative Bedeutung. Das Ausmaß der die Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang treffenden Pflichten entscheidet sich allein am normativen Gehalt der Absprüche des Bescheides der BH vom 3. April 1991. Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof im nunmehrigen Beschwerdefall aber nicht zu befinden, weshalb sich zum Ausmaß dieser sich aus dem Bescheid der BH vom 3. April 1991 ergebenden Pflichten und erst recht zur Frage der Gesetzmäßigkeit der die Beschwerdeführerin daraus treffenden Obliegenheiten jegliches Eingehen auf die Beschwerdeausführungen erübrigt. Von einer weiteren Ausdehnung der der Beschwerdeführerin rechtskräftig vorgeschriebenen Verpflichtungen im Zuge des vorliegenden Verfahrens kann in keiner Weise die Rede sein, weil die belangte Behörde im Spruch ihres Bescheides die bekämpfte Auflage unverändert aufrechterhalten hat. Die Erwägungen der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Ausmaß und Erforderlichkeit einer die Beschwerdeführerin treffenden Räumungsverpflichtung sind bedeutsam nur nach Maßgabe der im Beschwerdefall nicht zu beurteilenden normativen Kraft des rechtskräftigen Bescheides der BH vom 3. April 1991.
Die Beschwerdeführerin bringt schließlich auch vor, daß die im angefochtenen Bescheid bewilligte Änderung ihrer Wasserkraftanlage durch Absenkung der Krone der Staumauer eine Änderung der für die Entscheidung maßgebenden Umstände bewirkt habe, welche die Rechtskraft des Bescheides der BH vom 3. April 1991 durchbreche, weil nunmehr eine "in der Höhe andere Wasserkraftanlage" vorliege, die von der ursprünglichen Anlage vollkommen getrennt zu betrachten sei, was es rechtfertige, auch von einer weiteren Vorschreibung der Auflage im Bescheid vom 3. April 1991 Abstand zu nehmen. Die Behörde habe von den Umständen auszugehen, die auf Grund der Absenkung der Mauerkrone und der damit verbundenen Umbauten der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerin entstünden, was auch für die möglichen Schotteranlandungen im Oberwasserbereich zu gelten habe. Es sei zwar sachlich richtig, daß die Absenkung der Mauerkrone auf die Schotteranlandungen im Bereich des Endes der Wildbachverbauung samt dem Sportplatzbereich keine Auswirkungen habe, jedoch sei dies so zu verstehen, daß dort von der Wasserkraftanlage der Beschwerdeführerin noch nie Auswirkungen hinsichtlich der Schotterablage möglich gewesen seien. Den Bescheid der BH vom 3. April 1991 habe die Beschwerdeführerin deswegen nicht bekämpft, weil in den Jahren 1978 bis 1990 keine nennenswerten Hochwässer aufgetreten seien und der in Frage stehende Uferbereich erst 1990 besiedelt worden sei. Als "geeignete Maßnahme" sei eine Räumung des Bachbettes jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig gewesen.
Auch dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Die Gründe für das Unterlassen einer Bekämpfung des Bescheides der BH vom 3. April 1991 ändern nichts an der Rechtskraft dieses Bescheides im Umfang seines in diesem Beschwerdeverfahren nicht beurteilbaren normativen Gehaltes. Der Behauptung einer die Rechtskraft dieses Bescheides verdrängenden wesentlichen Änderung der für die seinerzeitige Entscheidung maßgebenden Umstände aber entzieht die Beschwerdeführerin mit ihrem eigenen Sachvorbringen den Boden, indem sie ausdrücklich erklärt, daß sich durch die im nunmehr angefochtenen Bescheid bewilligte Änderung ihrer Wasserkraftanlage für das Schutzobjekt der bekämpften Auflage gar nichts geändert habe. Darüber hinaus zeigt eine Betrachtung der Formulierungen des in der bekämpften Auflage übernommenen Vorschreibungspunktes aus dem Bescheid der BH vom 3. April 1991 einschließlich der darin zur Befolgung aufgetragenen Forderungen des Vertreters der WLV, daß diesen als dauernde Vermeidungspflichten und fortwirkende Handlungspflichten formulierten Vorschreibungen die sachliche Basis ihrer Erforderlichkeit - im hier nicht zu beurteilenden Ausmaß - durch den Umstand der Verringerung der Höhe der Staumauer in keiner Weise entzogen worden sein konnte.
Die Beschwerdeführerin wurde durch den angefochtenen Bescheid in ihren geltend gemachten Rechten demnach nicht verletzt. Ihre Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich in Bindung an den von der belangten Behörde gestellten Antrag auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994070013.X00Im RIS seit
12.11.2001