Entscheidungsdatum
29.09.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W182 2194171-1/16E
W182 2194175-1/15E
W182 2194183-1/15E
W182 2194179-1/11E
W182 2194187-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA.: Mongolei, alle vertreten durch: Baasanjav BAYANYAV (MAS), gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2018, Zlen. ad 1.) 831468910-2381043, ad 2.) 831469101-2384492, ad 3.) 1128594708-161219027, ad 4.) 831710209-2390875 und ad 5.) 1052328102-150200037, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. I. Nr 33/2013 (VwGVG) idgF, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. – III. der bekämpften Bescheide werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, als unbegründet abgewiesen.
II. Im Übrigen werden die bekämpften Bescheide behoben und eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, auf Dauer für unzulässig erklärt. XXXX , XXXX , XXXX , und XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG 2005 idgF, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von 12 Monaten erteilt. XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 AsylG 2005 idgF, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von 12 Monaten erteilt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. I Nr. 1/1930 (B-VG) idgF, nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), ein verheiratetes Paar (im Folgenden: BF1 und BF2), deren Kinder im Alter von XXXX , XXXX und XXXX Jahren (im Folgenden: BF3 – BF5) sind Staatsangehörige der Mongolei und gehören der Volksgruppe Khalkh an.
Der BF1 und die BF2 reisten im Oktober 2013 illegal ins Bundesgebiet ein und stellten am 11.10.2013 unter den falschen Identitäten XXXX , geb. XXXX (BF1) und XXXX , geb. XXXX (BF2), die sie jedoch unter Vorlage von Personaldokumenten bereits in einer Einvernahme am 13.03.2014 richtig stellten, Anträge auf internationalen Schutz. Im XXXX 2013 wurde der BF4 und im XXXX 2014 der BF5 im Bundesgebiet geboren. Für beide wurden infolge Anträge auf internationalen Schutz gestellt.
Der BF1 begründete seine Antragstellung in einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.10.2013 sowie einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 13.03.2014 im Wesentlichen damit, dass er im Herkunftsstaat von einem einflussreichen Politiker bedroht werde. So sei er im Juli 2011 Zeuge davon geworden, dass der Politiker eine Person vergewaltigt habe. Anlässlich der Parlamentswahlen im Sommer 2012 habe der BF1 dann für diesen Politiker im Wahlkampf gearbeitet, jedoch einen politischen Konkurrenten belastende Informationen hinsichtlich der Vergewaltigung anvertraut. Im September 2013 habe der BF1 dann den Politiker im gleichen Zusammenhang bei der Polizei belastet. Etwa eine Woche später sei er von Männern entführt und misshandelt worden. Der Politiker habe ihn aufgefordert, seine Aussage bei der Polizei zurückzuziehen. Dabei sei der BF1 auch von ihm bedroht und geschlagen worden. Ende September 2013 habe der BF1 die Mongolei mit seiner Gattin verlassen. Bei einer Rückkehr ins Herkunftsland befürchte er, umgebracht oder bei der Polizei verleumdet zu werden.
Die BF2 machte in einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.10.2013 sowie einer Einvernahme beim Bundesamt am 13.03.2014 für sich und ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe geltend. Sie habe wegen ihres Gatten das Herkunftsland verlassen.
In weiterer Folge wurde seitens der BF u.a. ein Schreiben ihrer Rechtsvertretung vom 03.07.2017 nachgereicht. Dieses enthielt im Wesentlichen Hintergrundinformationen zur Laufbahn des vom BF1 genannten Politikers sowie einen diesen betreffenden, undatierten und ohne weitere Quellenangaben zitierten angeblichen Artikel von Grandnews mn.
Anfang September 2016 reiste der minderjährige BF3 im Alter von XXXX Jahren illegal ins Bundesgebiet ein und wurde für ihn hier am 05.09.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Für den BF3 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
2. Die BF2 wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2016, Zl. XXXX , wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB sowie des Vergehens des Diebstahles nach §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass die BF im XXXX 2016 versucht hat, in einem Baumarkt Waren im Wert von nicht ganz € 70 zu stehlen sowie XXXX 2016 als Mittäterin einer Person durch Schläge Abschürfungen und Schwellungen im Gesicht zugefügt hat sowie versucht hat, den Schlichtungsversuch, die Identitätsfeststellung sowie Festnahme durch Sicherheitsorgane durch Schläge mit ihrer Handtasche und Tritte gegen die Beine zu verhindern. Als erschwerend wurde eine einschlägige Vorstrafe sowie das Zusammentreffen von sechs Vergehen, als mildernd das reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, die Sicherstellung der Beute sowie die Alkoholisierung nahe am Vollrausch gewertet.
Zuvor wurde die BF mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX 2015 wegen eines im XXXX 2014 versuchten Ladendiebstahles nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagsätzen zu je € 4 rechtskräftig verurteilt.
3. Mit den im Spruch genannten bekämpften Bescheiden des Bundesamtes vom 18.04.2018 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idgF bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 idgF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG idgF wurden gegen die BF Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG idgF festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG idgF in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG idgF eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen festgelegt (Spruchpunkt VI.). Die Entscheidungen stützten sich auf die vom Bundesamt festgestellte Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des BF1. Dies wurde insbesondere mit näher dargelegten, erheblichen Unstimmigkeiten begründet.
Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes vom 18.04.2018 wurde den BF eine Organisation zur Rechtsberatung zugewiesen.
4. Gegen diese Bescheide des Bundesamtes wurden durch die Vertretung der BF binnen offener Frist Beschwerden in vollem Umfang erhoben, wobei Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wurde. In den Beschwerden wurden im Wesentlichen notorische Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Justiz- und Polizeiwillkür in der Mongolei thematisiert und die Beweiswürdigung des Bundesamtes als oberflächlich bemängelt. Darüber hinaus wurde auch auf die gute Integration der BF hingewiesen. Es wurde u.a. die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.
5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28.05.2021 beim Bundesverwaltungsgericht, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweise aufgenommen durch Befragung des BF1 – BF3 im Beisein ihrer Rechtsvertretung sowie in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Mongolisch, weiters durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundeamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, wobei das Bundesamt lediglich schriftlich die Abweisung der Beschwerden beantragte.
Der BF1 wiederholte im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen, wonach er im Herkunftsstaat von einem einflussreichen Politiker bedroht worden sei, und befürchte, bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat deswegen umgebracht oder verletzt zu werden bzw. zu Unrecht ins Gefängnis gehen zu müssen. Die BF2 machte für sich und ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe geltend. Im Übrigen wurden die BF1-BF3 zu ihren persönlichen Verhältnissen im Österreich und im Herkunftsstaat sowie zu ihrer Integration befragt. Den BF wurden zudem Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat zu Kenntnis gebracht und ihnen dazu die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.
Für die BF wurde in der Beschwerdeverhandlung u.a. vorgelegt: ein ÖIF Zertifikat über eine seitens der BF2 positiv absolvierte Deutschprüfung auf Niveau A2 samt Werte- und Orientierungskurs, eine handschriftliche Einstellungszusage für die BF2, eine Schulnachricht einer Höheren technischen Bundeslehr und Versuchsanstalt (HTBLVA) des BF3 vom 29.01.2021, Geburtsurkunden des BF4 und BF5, eine Schulnachricht einer Volksschule des BF4 sowie die Bestätigung über den Kindergartenbesuch des BF5.
6. Mit Schreiben der Rechtsvertretung der BF vom 09.06.2021 sowie 22.06.2021 wurden im Wesentlichen – wie bereits in einem Schriftsatz vom 12.05.2021 - der Amnesty Jahresbericht 2017/2018 zur Mongolei zitiert sowie die allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsland insbesondere im Hinblick auf Sicherheitskräfte sowie Haftbedingungen umrissen. Den Schreiben wurde u.a. ein mit 07.06.2021 datierter, bedingter Vollzeitarbeitsvorvertrag für den BF1 sowie ein Schulnachricht einer neuen Mittelschule über den positiven Abschluss der achten Schulstufe durch den BF3 beigelegt. Mit Schreiben vom 24.09.2021 wurde u.a. eine Bestätigung einer HTBLVA vom 21.09.2021 vorgelegt, wonach der BF3 den zweiten Jahrgang einer Höheren Lehranstalt für Informatik besucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), ein verheiratetes Paar und ihre drei minderjährigen Kinder im Alter von XXXX , XXXX und XXXX Jahren sind Staatsangehörige der Mongolei, gehören der Volksgruppe Khalkh an und sind konfessionslos. Ihre Identität steht fest.
Die BF sind gesund. Der BF1 und die BF2 sind arbeitsfähig. Beide haben in der Mongole die Schule sowie ein Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen. Der BF1 verfügt zudem über langjährige Berufserfahrung in einem qualifizierten technischen Beruf als Ingenieur.
Die BF leben im Bundesgebiet in einer Mietwohnung im gemeinsamen Haushalt zusammen. In Österreich halten sich sonst keine Familienangehörigen der BF auf. Im Herkunftsstaat leben zumindest Onkeln und Tanten des BF1 sowie die Mutter sowie drei Tanten der BF2.
Die BF2 konnte eine erfolgreich abgeschlossene Prüfung über Deutsch auf Niveau A2 samt Werte- und Orientierungskurs sowie zumindest entsprechende Deutschkenntnisse in der Verhandlung nachweisen. Der BF1 konnte Deutschkenntnisse in der Verhandlung nachweisen.
Die BF beziehen in Österreich Grundversorgung. Der BF1 konnte einen bedingten Vollzeitarbeitsvorvertrag, die BF2 eine schriftliche Einstellungszusage vorlegen.
Der BF3 hat in Österreich die achte Schulstufe im Rahmen einer Neuen Mittelschule positiv abgeschlossen und besucht aktuell den zweiten Jahrgang einer Höheren Lehranstalt für Informatik an einer HTBLVA, der BF4 die zweite Klasse einer Volksschule und der BF5 den Kindergarten. Der BF3 hat auch in der Mongolei die Schule besucht.
Die BF sind bis auf die BF2 unbescholten. Zu den Verurteilungen der BF2 wird auf Punkt I.2. verwiesen.
Das Vorbringen des BF1, wonach ihm in der Mongolei eine Verfolgung durch einen einflussreichen Politiker drohen würde, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen. Für die übrigen BF wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.
Den BF droht bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat kein reales Risiko einer Verletzung im Sinne der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 Nr. 13 zur Konvention.
Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundegelegt.
1.2. Zur Situation im Herkunftsland wird von den vom Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten Länderinformationen zur Mongolei im ausgegangen:
COVID-19
Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).
Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).
Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).
Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020
- BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020
- DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020
- GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020
Politische Lage
Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).
Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).
Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).
Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).
Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).
Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).
Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020
- CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020
- GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Sicherheitslage
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).
Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).
Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).
Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).
Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).
Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020
- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020
- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
- WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).
Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).
Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).
NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).
Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Sicherheitsbehörden
Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).
Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).
Quellen:
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Korruption
Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).
Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).
Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).
Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).
Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020
- TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020
- TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020
- USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.).
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz, harte Haftbedingungen, die Existenz strafrechtlicher Diffamierungsgesetze, amtliche Korruption, Gewalt oder die Androhung von Gewalt gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle oder intersexuelle Personen sowie Kinderzwangsarbeit dar (USDOS 11.3.2020).
Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokollen hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2019).
Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2019).
Quellen:
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in der Mongolei sind nach wie vor dürftig bis harsch, auch wenn es in den letzten Jahren Verbesserungen gab (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019) und liegen weit unter europäischen Standards (ÖB Peking 12.2019). Es sind 52 Haftanstalten im Land existent. Davon sind 24 als Gefängnisse ausgewiesen, 28 werden als Untersuchungshaftanstalten geführt [Stand 2016] (WPB 2018). Die Gefängnisse sind in der Regel nicht überfüllt (USDOS 11.3.2020) aber es gibt Mängel in Bezug auf medizinische Versorgung, Bekleidung, Betten, Nahrung, Trinkwasser, Heizung, Beleuchtung, Belüftung, Sanitäranlagen und bei der Unterbringung von Personen mit Behinderungen in älteren Anstalten und Untersuchungsgefängnissen. In Gefängnissen in ländlichen Regionen sind die Bedingungen oft schlechter als in neuen und renovierten Anlagen. In Entzugsanstalten der Polizei sind die Bedingungen oft dürftig. Unabhängigen Beobachtern wird der Zutritt zu den Haftanstalten in der Regel gewährt (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019, FH 4.3.2020).
Männer werden je nach der ihnen zugewiesenen Sicherheitsstufe ihrer Vergehen in entsprechenden Gefängnissen untergebracht. Für Frauen gibt es nur ein Gefängnis (USDOS 11.3.2020). Jugendliche werden oft nicht von erwachsenen Straftätern getrennt (ÖB Peking 12.2019).
Im Zeitraum Jänner bis September 2019 wurden sieben Todesfälle in Haftanstalten gemeldet. Jedoch werden Häftlinge mit Krankheiten im Endstadium regelmäßig aus der Haft entlassen, was die irreführend niedrige Mortalitätsrate in Gefängnissen erklärt. Gemäß Regierungsangaben waren Stand September 2019 31 Häftlinge mit TBC infiziert (USDOS 11.3.2020).
Das Gesetz verbietet, dass Personen willkürlich verhaftet, eingesperrt und der Freiheit beraubt werden. Die meisten Regierungsorganisationen halten sich an dieses Verbot jedoch wird dem Geheimdienst (General Intelligence Agency, GIA) vorgeworfen, manchmal gegen diese Regelung zu verstoßen (USDOS 11.3.2020). Auch der Polizei wird vorgeworfen, willkürliche Verhaftungen durchzuführen. Häftlinge werden illegal physischen Misshandlungen ausgesetzt, um Geständnisse zu erlangen (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Mit dem neuen Strafgesetz, das am 1.7.2017 in Kraft trat, muss nun jede Festnahme durch einen Staatsanwalt kontrolliert werden (USDOS 11.3.2020).
Die Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Das Instrument der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung besteht, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).
Quellen:
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
- WPB – World Prison Brief (2018): Mongolia, https://www.prisonstudies.org/country/mongolia, Zugriff 25.9.2020
Todesstrafe
Nach einem zweijährigen Moratorium ratifizierte im Jänner 2012 der Staatskhural das 2. Zusatzprotokoll des ICCPR (International Covenant on Civil and Political Rights). Mit einer im Dezember 2015 beschlossenen Änderung des Strafgesetzbuchs wurde mit 1. Juli 2017 die Todesstrafe als strafrechtliche Repressalie abgeschafft - jedoch nur strafrechtlich und nicht verfassungsrechtlich (ÖB Peking 12.2019; vgl. AI 30.1.2020).
Im November 2017 schlug der neu gewählte Präsident dem Justizministerium nach zwei Vergewaltigungs- und Mordfällen die Wiedereinführung der Todesstrafe vor (ÖB 12.2019; vgl. AI 30.1.2020, KAS 6.2020). Auch wenn sich Präsident Battulga weiterhin für die Wiedereinführung der Todesstrafe einsetzt (AI 30.1.2020), wird die Wiedereinführung von der Bevölkerung und auch von NGOs weitgehend abgelehnt (UB Post 9.7.2018).
Quellen:
- AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023874.html, Zugriff 24.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- UB Post (9.7.2018): A Year since ‚Mongolia won‘, https://www.pressreader.com/mongolia/the-ub-post/20180709/281526521814186, Zugriff 25.9.2020
Religionsfreiheit
Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 10.6.2020). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 9.4.2020).
Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 29.4.2020). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 29.4.2020).
Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 10.6.2020).
Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden (USDOS 10.6.2020). Dabei ist das Registrierungsverfahren je nach Region und Ort unterschiedlich (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Einige religiöse Gruppen melden daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern. Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen wenigen Wochen bis zu einigen Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 10.6.2020).
Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor „Gehirnwäsche“ die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 10.6.2020).
Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt (Bertelsmann 29.4.2020).
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031300.html, Zugriff 24.9.2020
Bewegungsfreiheit
Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes und auch ins Ausland gestattet (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Doch wurden zur Verhinderung einer Verbreitung von COVID-19 im Land der Überlandbus-, Flug- und Zugverkehr eingestellt, sowie der private Autoverkehr stark eingeschränkt (BMEIA 25.9.2020). Der Zuzug aus den Provinzen nach Ulaanbaatar ist seit Jänner 2017 untersagt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt ist nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich (u.A. medizinische Langzeitbehandlung oder Besitz von Wohneigentum) (GoGo 10.1.2017; vgl. Montsame 28.12.2017); diese Regelung bleibt auch 2020 in Kraft (AI 30.1.2020).
An den Grenzkontrollstellen findet eine genaue Überprüfung des Reisepasses statt, wobei bei mongolischen Staatsangehörigen auch der Personalausweis als weitere Überprüfungsgrundlage herangezogen werden kann (ÖB Peking 12.2019). Ausreiseverbote betreffen Personen, die in rechtliche Verfahren verwickelt sind (FH 4.3.2020).
Das Straßennetz in der Mongolei ist mangelhaft ausgebaut. Weil das Land äußerst dünn besiedelt ist, fehlen vielerorts Verkehrswege (LIP 7.2020; vgl. BMEIA 25.9.2020).
Quellen:
- AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023874.html, Zugriff 24.9.2020
- BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020c): Mongolei, Verkehrswege, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020
- GoGo Mongolia (10.1.2017): Migration to Ulaanbaatar city stops until 2018, http://mongolia.gogo.mn/r/156735, Zugriff 25.9.2020
- Montsame (21.12.2017): Migration from provinces to be halted until 2020, http://montsame.mn/en/read/12912, Zugriff 25.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Grundversorgung und Wirtschaft
Den Übergang zur Marktwirtschaft hat die Mongolei gut gemeistert. Heute werden rund 85% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von Privatunternehmen erwirtschaftet. Hinzu kommt, dass das Land einen grundlegenden strukturellen Wandel vollzieht – von einem Agrarland hin zu einer Volkswirtschaft, die hauptsächlich auf Rohstoffexporten basiert (BMZ o.D.).
2016 erlebte die Mongolei eine schwere Wirtschaftskrise und sah sich mit einem hohen Budgetdefizit und dem beinahem Staatsbankrott konfrontiert. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden. Zahlreiche Stellen im öffentlichen Dienst wurden sofort gestrichen. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum von 5,2% führte. 2018 entwickelte sich die mongolische Wirtschaft solide (+6,7%) (ÖB Peking 12.2019). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,5 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 10.9.2020).
Die Arbeitslosenrate lag 2018 bei 6,6% (WKO 5.2020), war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 17%). Experten gehen aber davon aus, dass sie tatsächlich wesentlich höher liegt (BMZ o.D.). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 107 Euro im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40-Stunden-Woche, jedoch arbeiten geschätzte 60% der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2019).
Laut ADB 2016 lebten 29,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze (2014: 21,6%). Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20% der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2019).
Viele Landbewohner ziehen auf der Suche nach Einkommensmöglichkeiten in die Hauptstadt Ulaanbaatar, in der heute bereits etwa 45% aller Einwohner der Mongolei leben. Der dortige Arbeitsmarkt kann die Zuwanderer jedoch kaum mehr aufnehmen. Ulaanbaatar ist zwar Verwaltungs-, Handels- und Dienstleistungszentrum, es gibt jedoch praktisch keine verarbeitende Industrie. Die Migranten finden – wenn überhaupt – nur eine Beschäftigung im informellen Sektor (BMZ o.D.). Rund 60 % der BewohnerInnen der Hauptstadt leben in Jurtenvierteln, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2019; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2019).
Wurde für