TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/30 W129 2216181-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2021
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Entscheidungsdatum

30.09.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52

Spruch


W129 1314175-4/14E

W129 1314176-4/11E

W129 1314177-4/12E

W129 1401363-3/8E

W129 2216180-1/8E

W129 2216181-1/10E

W129 2216182-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerden von 1) XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX alias XXXX ; alias XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 4) XXXX , geb. XXXX , 5) XXXX , geb. XXXX , 6) XXXX , geb. XXXX , sowie 7) XXXX , geb. XXXX , alle StA Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 06.02.2019, 1) 7705255106-181201858, 2) 770255204-181201874, 3) 770255302-181201895, 4) 780412609-181201912, 5) 800348804-181201939, 6) 1051206203-181201947, und 7) 1169160509-181201963 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, stellte am 12.03.2007 einen Asylantrag. Am selben Tag stellte sie für ihre mitgebrachten Kinder, und zwar den Zweit- und Drittbeschwerdeführer, ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 09.05.2008 wurde für den Viertbeschwerdeführer ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

3. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 13.11.2009 wurden den Beschwerden gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und dem Zweitbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom selben Tag wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

5. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom selben Tag wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und dem Viertbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

6. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.11.2009 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

7. Am 22.04.2010 wurde für den Fünftbeschwerdeführer ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

8. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.05.2010 wurde dem Fünftbeschwerdeführer gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

9. Am 05.02.2015 wurde für die Sechstbeschwerdeführerin ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

10. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2015 wurde der Sechstbeschwerdeführerin gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

11. Am 26.09.2017 wurde ein Antrag auf internationalen Schutz für die Siebtbeschwerdeführerin gestellt.

12. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017 wurde der Siebtbeschwerdeführerin gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

13. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Erstbeschwerdeführerin in Spruchteil I. der ihr mit Erkenntnis vom 16.11.2009 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihr in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

14. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Zweitbeschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Erkenntnis vom 13.11.2009 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Zweitbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

15. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Drittbeschwerdeführerin in Spruchteil I. der ihr mit Erkenntnis vom 13.11.2009 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihr in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

16. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Viertbeschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Erkenntnis vom 13.11.2009 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Viertbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

17. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Fünftbeschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Bescheid vom 03.05.2010 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Fünftbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

18. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Sechstbeschwerdeführerin in Spruchteil I. der ihr mit Bescheid vom 05.03.2015 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde der Sechstbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihr in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. In Spruchteil IV. wurde ausgesprochen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist und wurde ihr gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AslyG erteilt.

19. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Siebtbeschwerdeführerin in Spruchteil I. der ihr mit Bescheid vom 31.10.2017 zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dieser die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde der Siebtbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihr in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. In Spruchteil IV. wurde ausgesprochen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist und wurde ihr gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AslyG erteilt.

20. Dagegen wurden rechtzeitig Beschwerden erhoben.

21. Mit Schreiben vom 12.03.2019 bzw. 15.03.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie die bezughabenden Akten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo das Konvolut am 19.03.2019 einlangte.

22. Mit Schreiben vom 18.03.2019 wurde mitgeteilt, dass die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt IV. betreffend die Sechst- und Siebtbeschwerdeführerinnen zurückgezogen werden.

23. Am 08.07.2021 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in der die Beschwerdesache ausführlich erörtert wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehören und sich zum moslemischen Glauben bekennen. Die Erstbeschwerdeführerin ist verheiratet. Die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer sind die gemeinsamen Kinder der Erstbeschwerdeführerin und des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin.

1.2. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 13.11.2009 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und dem Zweitbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 bezogen auf das Verfahren seines Vaters in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom selben Tag wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und der Drittbeschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 bezogen auf das Verfahren ihres Vaters in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom selben Tag wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und dem Viertbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 bezogen auf das Verfahren ihres Vaters in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. ^

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.11.2009 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.08.2008 stattgegeben und der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 bezogen auf das Verfahren ihres Ehegatten in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.05.2010 wurde dem Fünftbeschwerdeführer gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 bezogen auf das Verfahren seiner Mutter in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2015 wurde der Sechstbeschwerdeführerin gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG bezogen auf das Verfahren ihrer Mutter der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017 wurde der Siebtbeschwerdeführerin gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG bezogen auf das Verfahren ihrer Mutter der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10.11.2009, Zl. D3 314174-2/2008/9E, wurde der Beschwerde des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin bzw. des Vaters der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben und festgestellt, dass dem Genannten gemäß § 3 Abs. 5 AsylG kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

1.4. Der Status des Asylberechtigten wurde dem Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin bzw. dem Vater der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer mit (bereits) rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2019, 770255008-180946570, aberkannt. Unter einem wurde eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen.

Die Beschwerde des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin bzw. des Vaters der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag (zur Zl. W129 1313172-4) als verspätet zurückgewiesen; der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen (W129 1314174-5).

Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin (bzw. Vater der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer) wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Wil (Schweiz) vom 09.07.2018, Zl. St.2014.26711, wegen Art 126 Abs 1 (Tätlichkeiten) , 139 Z 1 bis 3 (gewerbs- und bandenmäßiger Diebstahl), 144 Abs 1 (Sachbeschädigung), Art 181 (Nötigung) sowie Art 186 (Hausfriedensbruch) des Schweizer StGB sowie wegen Vergehen gegen das Waffengesetz zu eine Freiheitsstrafe zu 18 Monaten (bedingt) und einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen zu je 30 CHF verurteilt und für 5 Jahre des Landes verwiesen.

1.5. Die Beschwerdeführer und der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer sind aufgrund der Verwandtschaft des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin bzw. des Vaters der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer zu einem Kommandanten im ersten Tschetschenienkrieg oder wegen der nichtmilitärischen Unterstützung tschetschenischer Rebellen durch den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin bzw. den Vater der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer keiner Verfolgung durch die Behörden in der Russischen Föderation ausgesetzt. Ein derartiges Risiko besteht weder in Tschetschenien noch in anderen Landesteilen der Russischen Föderation.

1.6. Auch darüber hinaus sind die Beschwerdeführer in der Russischen Föderation einer Verfolgung nicht ausgesetzt und droht eine solche nicht aktuell. Die Beschwerdeführer sind im Falle einer Rückkehr in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation nicht aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht.

Es besteht für die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation keine reale Bedrohungssituation für ihr Leben oder ihre körperliche bzw. psychische Unversehrtheit und wären sie auch nicht von der Todesstrafe bedroht. Im Herkunftsstaat leben Angehörige der Beschwerdeführer. Die Erstbeschwerdeführerin wurde in Grosny geboren. Der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin wurden im Herkunftsstaat geboren. Viert- bis Siebtbeschwerdeführer wurden in Österreich geboren. Die Erstbeschwerdeführerin besuchte im Herkunftsstaat die Schule. Die Beschwerdeführer sprechen die Landessprache. Die Beschwerdeführer sind grundsätzlich gesund und leiden an keinen schwerwiegenden bzw. lebensbedrohlichen Krankheiten. Die Erstbeschwerdeführerin ist arbeitsfähig.

1.7. zum Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Covid-19-Situation

Letzte Änderung: 18.05.2021

Russland ist von Covid-19 landesweit stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind Moskau und St. Petersburg (AA 15.2.2021). Aktuelle und detaillierte Zahlen bietet unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO (https://covid19.who.int/region/euro/country/ru). Die Regionalbehörden in der Russischen Föderation sind für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zuständig, beispielsweise betreffend Mobilitätseinschränkungen, medizinische Versorgung und soziale Maßnahmen (RAD 15.2.2021; vgl. CHRR 12.3.2021). Die Maßnahmen der Regionen sind unterschiedlich, richten sich nach der epidemiologischen Situation in der jeweiligen Region und ändern sich laufend (WKO 9.3.2021; vgl. AA 15.2.2021). Es herrscht eine soziale Distanzierungspflicht für öffentliche Plätze und öffentliche Verkehrsmittel. Der verpflichtende Mindestabstand zwischen Personen beträgt 1,5 Meter (WKO 9.3.2021).

Die regierungseigene Covid-19-Homepage gibt Auskunft über die vom russischen Gesundheitsministerium empfohlenen Covid-19-Medikamente, nämlich Favipiravir, Hydroxychloroquin, Mefloquin, Azithromycin, Lopinavir/Ritonavir, rekombinantes Interferon-beta-1b und Interferon-alpha, Umifenovir, Tocilizumab, Sarilumab, Olokizumab, Canakinumab, Baricitinib und Tofacitinib. Der in Moskau entwickelte Covid-19-Krankenhausbehandlungsstandard umfasst folgende vier Komponenten: Antivirale Therapie, Antithrombose-Medikation, Sauerstoffmangelbehebung und Prävention/Behandlung von Komplikationen. Auf Anordnung des Arztes wird Patienten ein Pulsoxymeter ausgehändigt (Gerät zur Messung des Blutsauerstoffsättigungsgrades). Die medizinische Covid-Versorgung erfolgt für die Bevölkerung kostenlos (CHRR o.D.a).

Folgende Impfstoffe wurden in der Russischen Föderation entwickelt: Gam-COVID-Vac ('Sputnik V'), EpiVacCorona, CoviVac und Ad5-nCoV (CHRR o.D.b). Mittlerweile sind in der Russischen Föderation drei heimische Impfstoffe zugelassen (Sputnik V, EpiVacCorona und CoviVac). Groß angelegte klinische Studien gibt es bisher nicht (DS 20.2.2021; vgl. RFE/RL 21.2.2021). Impfungen erfolgen kostenlos (Mos.ru o.D.). In Moskau wurden bisher mehr als 700.000 Personen geimpft (Mos.ru 8.3.2021). Obwohl Russland als weltweit erstes Land seinen Covid-Impfstoff Sputnik V registrierte, haben die Impfungen effizient gerade erst begonnen (DS 12.2.2021). Bisher wurden in der Russischen Föderation in etwa 2,2 Millionen Personen (ca. 1,5% der Bevölkerung) geimpft bzw. erhielten zumindest eine der zwei Teilimpfungen (RFE/RL 21.2.2021).

Für die Einreise nach Russland wird grundsätzlich ein COVID-19-Testergebnis (PCR) benötigt. Russische Staatsbürger müssen bei der Grenzkontrolle keinen COVID-Test vorlegen, dieser muss jedoch spätestens drei Tage nach der Einreise nachgeholt werden. Russische Staatsbürger, die nach der Einreise ein positives Testergebnis erhalten, müssen sich in Quarantäne begeben. Die Ausreise aus Russland ist bis auf unbestimmte Zeit eingeschränkt und nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Die internationalen Flugverbindungen wurden teilweise wieder aufgenommen. Direktflüge zwischen Österreich und Russland werden derzeit ein- bis zweimal wöchentlich von Austrian Airlines und Aeroflot angeboten. Russische Inlandsflüge wurden während der ganzen Pandemiezeit aufrecht erhalten (WKO 9.3.2021). Der internationale Zugverkehr – mit Ausnahme der Strecke zwischen Russland und Belarus - und der Fährverkehr sind eingestellt (AA 15.2.2021).

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen für die russische Wirtschaft sind unterschiedlich und an viele Bedingungen gebunden. Zu den ersten staatlichen Hilfsmaßnahmen zählten Kredit-, Miet- und Steuerstundungen (ausgenommen Mehrwertsteuer), Sozialabgabenreduktion sowie Kreditgarantien und zinslose Kredite. Später kamen Steuererleichterungen sowie direkte Zuschüsse dazu. Viele der Maßnahmen sind nur für kleine und mittlere Unternehmen oder bestimmte Branchen zugänglich und haben einen zweckgebundenen Charakter (beispielsweise gebunden an Gehaltszahlungen oder Arbeitsplatzerhalt) (WKO 9.3.2021). Die Regierung bietet Exporteuren Hilfe an, die Möglichkeit eines Konkursmoratoriums, zinslose Kredite für Gehaltsauszahlungen usw. (CHRR o.D.c). Jänner bis Oktober 2020 ist die Industrieproduktion pandemiebedingt um 3,1% zurückgegangen. Besonders die Rohstoffproduktion ist um 6,6% gefallen, während die verarbeitende Industrie mit 0,3% praktisch stagnierte. Die im Jahr 2020 sehr stark fallenden Ölpreise waren unter anderem eine Auswirkung der Covid-19-Pandemie und mit einem globalen Nachfragerückgang verbunden und führten zu einer Rubelabwertung von 25%. Nach leichter Erholung verlor der Rubel unter anderem wegen der anhaltenden geringen Rohstoffnachfrage Mitte 2020 erneut an Wert und lag Anfang Dezember bei ca. 90 Rubel je Euro (WKO 12.2020). Das Realwachstum des Bruttoinlandsprodukts betrug im Jahr 2020 -3,1%. Im Vergleich dazu betrug der entsprechende Wert im Jahr 2019 2%. Die öffentliche Verschuldung betrug im Jahr 2020 17,8% des Bruttoinlandsprodukts (2019: 12,4%) (WIIW o.D.).

Moskau:

In Moskau herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Das Tragen von Masken auf Straßen wird empfohlen. Kultur- und Bildungsveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 50% der Zuschauerplätze belegt sind. Bürgern über 65 Jahren und chronisch Kranken wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021; vgl. WKO 9.3.2021, AA 15.2.2021). Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Am Arbeitsplatz sind vorgeschriebene Hygienevorschriften (unter anderem Temperaturmessungen, Mund- und Handschutz, Desinfektionsmittel, Mindestabstand etc.) einzuhalten (WKO 9.3.2021). Gemäß dem Moskauer Bürgermeister verbessert sich die Pandemielage in Moskau. Ein Großteil der Einschränkungen wurde aufgehoben. Gastronomiebetriebe sind wieder geöffnet. Für Schüler höherer Klassen und Studierende findet nun wieder Präsenzunterricht statt (Mos.ru 7.3.2021; vgl. Mos.ru 8.3.2021, LM 8.2.2021, Russland Analysen 19.2.2021). In der Oblast [Gebiet] Moskau wurde die Mehrzahl der wegen Covid geltenden Einschränkungen zurückgenommen. Einzig Massenveranstaltungen bleiben fast ausnahmslos verboten (Russland Analysen 19.2.2021).

St. Petersburg:

Auch in St. Petersburg herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Die für gastronomische Betriebe geltenden Beschränkungen der Öffnungszeiten wurden aufgehoben. Kulturveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 75% der Zuschauerplätze belegt sind. Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke sind Selbstisolierung und Fernarbeit verpflichtend (CHRR 12.3.2021; vgl. Gov.spb 5.3.2021, WKO 9.3.2021, Russland Analysen 8.2.2021).

Tschetschenien:

An öffentlichen Orten wird das Tragen von Masken empfohlen. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke ist Selbstisolierung vorgesehen (CHRR 12.3.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, Ria.ru 10.2.2021, KMS 10.2.2021). Bisher wurden mehr als 19.000 Personen geimpft (Chechnya.gov 26.2.2021). Mitarbeitern staatlich finanzierter Organisationen in Tschetschenien wurde mit Entlassung gedroht, sollten sie die Covid-Impfung verweigern. Bewohner in Tschetschenien berichten, ihnen seien Sanktionen angedroht worden, sollten sie sich nicht impfen lassen (CK 23.1.2021). Reisebeschränkungen wurden aufgehoben (Ria.ru 10.2.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, KMS 10.2.2021).

Dagestan:

An öffentlichen Orten herrscht Maskenpflicht. Einstweilen dürfen keine Massenveranstaltungen stattfinden. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021). Es finden Massenimpfungen statt, und verwendet wird der Impfstoff Sputnik V (E-dag.ru 23.2.2021). Bisher wurden mehr als 18.000 Personen (2,4%) geimpft (E-dag.ru 12.3.2021).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.2.2021): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536, Zugriff 16.3.2021

?        Chechnya.gov – ????? ????????? ?????????? [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (10.2.2021): ? ???????: «?? ??????? ? ????????? ?????????? ???????????? ??????? ????? ? ???????????? ??????» [R Kadyrow: „Wir heben die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in der Tschetschenischen Republik auf“], http://chechnya.gov.ru/novosti/r-kadyrov-my-snimaem-v-chechenskoj-respublike-obyazatelnoe-noshenie-masok-v-obshhestvennyh-mestah/, Zugriff 12.3.2021

?        Chechnya.gov – ????? ????????? ?????????? [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (26.2.2021): ?????? ????????????? ????????? ?????? ? ????????? ?????????? ?? ?????????????? ????? ????? ?????????? [Aufhebung der Maskenpflicht in der Tschetschenischen Republik provozierte nicht steigende Krankheitszahlen], http://chechnya.gov.ru/novosti/otmena-obyazatelnogo-masochnogo-rezhima-v-chechenskoj-respublike-ne-sprovotsirovala-rosta-chisla-zabolevshih/, Zugriff 12.3.2021

?        CHRR – Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (12.3.2021): ????? ??????????? ??????????? ? ????? ? COVID-19 [Landkarte bzgl. geltender Einschränkungen in Verbindung mit Covid-19], https://???????????????.??/information/, Zugriff 12.3.2021

?        CHRR – Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.a): ????? ?????????? ??????? [FAQ], https://???????????????.??/faq/, Zugriff 12.3.2021

?        CHRR – Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.b): ??? ? ?????????? ?????? COVID-19 [Alles über die Covid-19-Impfung], https://???????.???????????????.??/, Zugriff 12.3.2021

?        CHRR – Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.c): ???? ????????? ??????? [Unternehmensunterstützungsmaßnahmen], https://???????????????.??/what-to-do/business/, Zugriff 24.3.2021

?        CK – Caucasian Knot (23.1.2021): Budget-funded Chechen employees complain about enforcement to vaccination, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/53468, Zugriff 12.3.2021

?        DS – Der Standard (12.2.2021): Russland könnte sich der Herdenimmunität nähern, https://www.derstandard.at/story/2000124129778/russland-waehnt-sich-nahe-an-der-herdenimmunitaet, Zugriff 12.3.2021

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?        E-dag.ru – Moj Dagestan [Mein Dagestan] / Offizielle Website Dagestans [Russische Föderation] (12.3.2021): ?????????? ? ?????????? ?????????? ????????? ?????????? ???????? ?????? COVID-19 [Information über COVID-19-Impfung der Bevölkerung der Republik Dagestan], https://mydagestan.e-dag.ru/vaccination-against-covid-19/, Zugriff 12.3.2021

?        Gov.spb – ????????????? ?????-?????????? [St. Petersburger Verwaltung] [Russische Föderation] (5.3.2021): ????????? ??????????? ???????????? ?? 28 ????? [Einzelne Einschränkungen bis 28.3. verlängert], https://www.gov.spb.ru/press/governor/208547/, Zugriff 12.3.2021

?        KMS – Kommersant (10.2.2021): ??????? ??????? ???????????? ???????? ????? ? ????? [Kadyrow hob die Maskenpflicht in Tschetschenien auf], https://www.kommersant.ru/doc/4683493, Zugriff 15.3.2021

?        LM – Le Monde (8.2.2021): En Russie, le Covid-19 a alimenté une hausse brutale de la mortalité en 2020 [In Russland hat Covid-19 für einen brutalen Anstieg der Sterberaten im Jahr 2020 gesorgt], https://www.lemonde.fr/international/article/2021/02/08/en-russie-le-covid-19-a-alimente-une-hausse-brutale-de-la-mortalite-en-2020_6069228_3210.html, Zugriff 12.3.2021

?        Mos.ru – Offizielle Webseite des Moskauer Bürgermeisters [Russische Föderation] (7.3.2021): ?????? ??????? ????????? ? ???????? ? ????????????? ? ?????? [Sergei Sobjanin sprach über die Coronavirussituation in Moskau], https://www.mos.ru/mayor/themes/18299/7190050/?onsite_molding=2, Zugriff 15.3.2021

?        Mos.ru – Offizielle Webseite des Moskauer Bürgermeisters [Russische Föderation] (8.3.2021): ????? 700 ????? ??????? ??? ??????? ???????? ?? ???????????? ? ?????? [Schon mehr als 700.000 Personen wurden in Moskau gegen Coronavirus geimpft], https://www.mos.ru/news/item/87519073/, Zugriff 12.3.2021

?        Mos.ru – Offizielle Webseite des Moskauer Bürgermeisters [Russische Föderation] (o.D.): ?????????? ?????????? [Gratis-Impfung], https://www.mos.ru/city/projects/covid-19/privivka/, Zugriff 12.3.2021

?        Russland Analysen (8.2.2021): Covid-19-Chronik (11.-31.1.2021), (Nr. 397), https://www.laender-analysen.de/russland-analysen/397/RusslandAnalysen397.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        Russland Analysen (19.2.2021): Covid-19-Chronik (1.-14.2.2021), (Nr. 398), https://www.laender-analysen.de/russland-analysen/398/RusslandAnalysen398.pdf, Zugriff 16.3.2021

?        RAD – Russian Analytical Digest / Anna Tarasenko (Nr. 263) (15.2.2021): Mitigating the Social Consequences of the COVID-19 Pandemic: Russia’s Social Policy Response, https://css.ethz.ch/content/dam/ethz/special-interest/gess/cis/center-for-securities-studies/pdfs/RAD263.pdf#page=12, Zugriff 16.3.2021

?        RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (21.2.2021): Russia Approves CoviVac, Its Third Coronavirus Vaccine, https://www.rferl.org/a/russia-coronavirus-vaccine-covivac/31113697.html, Zugriff 12.3.2021

?        Ria.ru – ??? ??????? [RIA Nowosti] (10.2.2021): ??????? ??????? ???????????? ??????? ????? ? ????? [Kadyrow hob die Maskenpflicht in Tschetschenien auf], https://ria.ru/20210210/maski-1596846521.html, Zugriff 12.3.2021

?        WIIW – Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (o.D.): Russia – Overview, https://wiiw.ac.at/russia-overview-ce-10.html, Zugriff 24.3.2021

?        WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (12.2020): Wirtschaftsbericht Russische Föderation, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/russische-foederation-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 24.3.2021

?        WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (9.3.2021): Coronavirus: Situation in Russland, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-russland.html, Zugriff 16.3.2021

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 26.05.2021

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen (AA 7.4.2021a; vgl. GIZ 1.2021d, EDA 7.4.2021). Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 7.4.2021a; vgl. EDA 7.4.2021). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 7.4.2021).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderte Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Die gewaltsamen Zwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem ägyptischen Sinai mit 224 Todesopfern (SWP 4.2017). Seitdem war der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken sollte (SWP 4.2017; vgl. Deutschlandfunk 29.9.2020). Der Einsatz in Syrien ist der größte und längste Auslandseinsatz des russischen Militärs seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Zunächst sollten nur die Luftstreitkräfte die syrische Armee unterstützen. Bodentruppen wurden erst später und in geringerem Maße mobilisiert - in Form von Spezialeinheiten und schließlich am Ende des Feldzugs als Militärpolizei. Es gab auch Berichte über den Einsatz privater paramilitärischer Strukturen (DW 29.9.2020). Hier ist vor allem die 'Gruppe Wagner' zu nennen. Es handelt sich hierbei um einen privaten russischen Sicherheitsdienstleister, der nicht nur in Syrien, sondern auch in der Ukraine und in Afrika im Einsatz ist. Mithilfe solcher privaten Sicherheitsdienstleister lässt sich die Zahl von Verlusten des regulären russischen Militärs gering halten (BPB 8.2.2021), und der teure Einsatz sorgt dadurch in der russischen Bevölkerung kaum für Unmut (DW 29.9.2020).

In den letzten Jahren rückte eine weitere Tätergruppe in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sog. IS kämpften, wurde auf einige Tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017). Erst im Oktober 2020 wurden bei Spezialoperationen zentralasiatische Dschihadisten in Südrussland getötet und weitere in Moskau und St. Petersburg festgenommen (SN 15.10.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.4.2021a): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536#content_0 , Zugriff 7.4.2021

?        BPB - Bundeszentrale für politische Bildung [Deutschland] (8.2.2021): Analyse: Söldner im Dienst autoritärer Staaten: Russland und China im Vergleich, https://www.bpb.de/internationales/europa/russland/analysen/327198/soeldner-im-dienst-autoritaerer-staaten, Zugriff 8.4.2021

?        Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden, https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russische-methoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 7.4.2021

?        Deutschlandfunk (29.9.2020): An Russland kommt im Nahen Osten niemand mehr vorbei, https://www.deutschlandfunk.de/fuenf-jahre-russischer-militaereinsatz-in-syrien-an.724.de.html?dram:article_id=484951, Zugriff 8.4.2021

?        DW - Deutsche Welle (29.9.2020): Russland im Syrien-Krieg: Gekommen, um zu bleiben, https://www.dw.com/de/russland-im-syrien-krieg-gekommen-um-zu-bleiben/a-55096554, Zugriff 8.4.2021

?        EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (7.4.2021): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html#par_textimage, Zugriff 7.4.2021

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (2.2020d): Russland, Alltag, https://www.liportal.de/russland/alltag/#c18170, Zugriff 7.4.2021

?        SN - Salzburger Nachrichten (15.10.2020): Terrorzelle in Russland ausgeschaltet, https://www.sn.at/politik/weltpolitik/terrorzelle-in-russland-ausgeschaltet-94250941, Zugriff 8.4.2021

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 7.4.2021

Nordkaukasus

Letzte Änderung: 26.05.2021

Die Sicherheitslage im Nordkaukasus hat sich verbessert, wenngleich das nicht mit einer nachhaltigen Stabilisierung gleichzusetzen ist (ÖB Moskau 6.2020; vgl. AA 2.2.2021). In internationalen sicherheitspolitischen Quellen wird die Lage im Nordkaukasus mit dem Begriff 'low level insurgency' umschrieben (SWP 4.2017).

Ein Risikomoment für die Stabilität in der Region ist die Verbreitung des radikalen Islamismus. Innerhalb der extremistischen Gruppierungen verschoben sich etwa ab 2014 die Sympathien zur regionalen Zweigstelle des sogenannten Islamischen Staates (IS), der mittlerweile das Kaukasus-Emirat praktisch vollständig verdrängt hat. Dabei sorgen nicht nur Propaganda und Rekrutierung des sogenannten IS im Nordkaukasus für Besorgnis der Sicherheitskräfte. So wurden Mitte Dezember 2017 im Nordkaukasus mehrere Kämpfer getötet, die laut Angaben des Anti-Terrorismuskomitees dem sogenannten IS zuzurechnen waren. Das rigide Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber auch die Abwanderung islamistischer Kämpfer in die Kampfgebiete in Syrien und in den Irak, haben dazu geführt, dass die Gewalt im Nordkaukasus in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. 2018 wurde laut dem Inlandsgeheimdienst FSB die Anzahl terroristisch motivierter Verbrechen mehr als halbiert. Auch 2019 nahm die Anzahl bewaffneter Vorfälle im Vergleich zum Vorjahr weiter ab. Jedoch stellt ein Sicherheitsrisiko für Russland die Rückkehr terroristischer Kämpfer nordkaukasischer Provenienz aus Syrien und dem Irak dar. Laut diversen staatlichen und nicht-staatlichen Quellen ist davon auszugehen, dass die Präsenz militanter Kämpfer aus Russland in den Krisengebieten Syrien und Irak mehrere Tausend Personen umfasste. Gegen IS-Kämpfer, die aus den Krisengebieten im Nahen Osten nach Russland zurückkehren, wird gerichtlich vorgegangen (ÖB Moskau 6.2020).

Als Epizentrum der Gewalt im Kaukasus galt lange Zeit Tschetschenien. Die Republik ist in der Topographie des bewaffneten Aufstands mittlerweile aber zurückgetreten; angeblich sind dort nur noch kleinere Kampfverbände aktiv. Dafür kämpften Tschetschenen in zunehmender Zahl an unterschiedlichen Fronten außerhalb ihrer Heimat – etwa in der Ostukraine sowohl aufseiten pro-russischer Separatisten als auch auf der ukrainischen Gegenseite sowie in Syrien und im Irak (SWP 4.2015). In Tschetschenien konnte der Kriegszustand überwunden und ein Wiederaufbau eingeleitet werden. In einem Prozess der 'Tschetschenisierung' wurde die Aufstandsbekämpfung im zweiten Tschetschenienkrieg an lokale Sicherheitskräfte delegiert, die sogenannten Kadyrowzy. Diese auf den ersten Blick erfolgreiche Strategie steht aber kaum für eine nachhaltige Befriedung (SWP 4.2017).

Die russische Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus gilt seit einigen Jahren als Brutstätte von Terrorismus. Mehr als 1.000 Kämpfer aus dem Land sollen sich dem sog. Islamischen Staat in Syrien und im Irak angeschlossen haben. Terroristen aus Dagestan sind auch in anderen Teilen Russlands und im Ausland aktiv. Viele Radikale aus Dagestan sind außerdem in den Nahen Osten ausgereist. In den Jahren 2013 und 2014 brachen ganze salafistische Familien dorthin auf. Die russischen Behörden halfen den Radikalen damals sogar bei der Ausreise. Vor den Olympischen Spielen in Sotschi wollte Russland möglichst viele Gefährder loswerden (Deutschlandfunk 28.6.2017). Den russischen Sicherheitskräften werden schwere Menschenrechtsverletzungen bei der Durchführung der Anti-Terror-Operationen in Dagestan vorgeworfen. Das teils brutale Vorgehen der Sicherheitsdienste, gekoppelt mit der noch immer instabilen sozialwirtschaftlichen Lage in Dagestan, schafft wiederum weiteren Nährboden für die Radikalisierung innerhalb der dortigen Bevölkerung (ÖB Moskau 6.2020). Laut dem Leiter des dagestanischen Innenministeriums gab es bei der Bekämpfung des Aufstands in Dagestan einen Durchbruch. Die Aktivitäten der Gruppen, die in der Republik aktiv waren, sind seinen Angaben zufolge praktisch komplett unterbunden worden. Nach acht Mitgliedern des Untergrunds, die sich Berichten zufolge im Ausland verstecken, wird gefahndet. Trotzdem besteht laut Analysten und Journalisten weiterhin die Möglichkeit von Anschlägen durch einzelne Täter (ACCORD 13.1.2020).

[Anmerkung Staatendokumentation:] Bitte vergleichen Sie hierzu auch alle Kapitel zur Allgemeinen Menschenrechtslage (einschließlich der Kapitel zu Tschetschenien, Dagestan und Dschihadistische Kämpfer und ihre Unterstützer, Kämpfer des ersten und zweiten Tschetschenien-Krieges, Kritiker allgemein).

Im Jahr 2020 liegt die Gesamtopferzahl des Konfliktes im gesamten Nordkaukasus [Anm.: durch Addieren aller verfügbaren Quartals- und Monatsberichte von Caucasian Knot] bei 56 Personen, davon wurden 45 getötet und 11 verwundet. 42 der Getöteten gehören bewaffneten Gruppierungen an, alle anderen Getöteten und Verwundeten sind den Exekutivkräften zuzurechnen. In Tschetschenien sind im Jahr 2020 insgesamt 18 Personen getötet und zwei verwundet worden. 15 der Getöteten gehören bewaffneten Gruppierungen an, alle anderen Getöteten und Verwundeten sind den Exekutivkräften zuzurechnen. In Dagestan sind im Jahr 2020 insgesamt neun Personen getötet und eine verwundet worden. Alle Getöteten gehören bewaffneten Gruppierungen an, die verwundete Person ist den Exekutivkräften zuzurechnen. Drei Getötete gab es in Kabardino-Balkarien und einen Getöteten in Inguschetien (Caucasian Knot 2.7.2020a, Caucasian Knot 2.7.2020b, Caucasian Knot 27.10.2020, Caucasian Knot 24.12.2020, Caucasian Knot 20.2.2021).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045865/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Russischen_F%C3%B6deration_%28Stand_Oktober_2020%29%2C_02.02.2021.pdf, Zugriff 8.4.2021

?        ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (19.6.2019): Themendossier Sicherheitslage in Dagestan, Zeitachse von Angriffen, https://www.ecoi.net/de/laender/russische-foederation/themendossiers/sicherheitslage-in-dagestan-zeitachse-von-angriffen/#Toc489358424, Zugriff 9.4.2021

?        Caucasian Knot (2.7.2020a): In January 2020, there were no victims of armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/51356/, Zugriff 8.4.2021

?        Caucasian Knot (2.7.2020b): In February and March 2020, four people fell victim to armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/51357/, Zugriff 8.4.2021

?        Caucasian Knot (27.10.2020): In Quarter 2 of 2020, 11 people suffered in armed conflict in Northern Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/52582/, Zugriff 8.4.2021

?        Caucasian Knot (24.12.2020): 15 people suffered in armed conflict in Northern Caucasus in Q3 2020, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/53177/, Zugriff 8.4.2021

?        Caucasian Knot (20.2.2021): In Quarter 4 of 2020, 26 persons fell victim to armed conflict in North Caucasus, https://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/53738/, Zugriff 8.4.2021

?        Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden, https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russische-methoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 9.4.2021

?        ÖB Moskau - Österreichische Botschaft Moskau [Österreich] (6.2020): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2046141/RUSS_%C3%96B_Bericht_2020_06.pdf, Zugriff 8.4.2021

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2015): Dagestan: Russlands schwierigste Teilrepublik, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S08_hlb_isaeva.pdf, Zugriff 9.4.2021

?        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 8.4.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 28.05.2021

Russland garantiert in der Verfassung von 1993 alle Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten. Präsident und Regierung bekennen sich zwar immer wieder zur Einhaltung von Menschenrechten, es mangelt aber an der praktischen Umsetzung. Trotz vermehrter Reformbemühungen, insbesondere im Strafvollzugsbereich, hat sich die Menschenrechtssituation im Land noch nicht wirklich verbessert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg kann die im fünfstelligen Bereich liegende Zahl der anhängigen Verfahren gegen Russland kaum bewältigen; Russland sperrt sich gegen eine Stärkung des Gerichtshofs (GIZ 1.2021a). Die Verfassung postuliert die Russische Föderation als Rechtsstaat. Im Grundrechtsteil der Verfassung ist die Gleichheit aller vor Gesetz und Gericht festgelegt. Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Nationalität, Sprache, Herkunft und Vermögenslage dürfen nicht zu diskriminierender Ungleichbehandlung führen (Art. 19 Abs. 2). Für die Russische Föderation gibt es, wie für jedes der Föderationssubjekte, einen Menschenrechtsbeauftragten. Die Amtsinhaberin Moskalkowa (seit 2016), ehemalige Generalmajorin der Polizei, geht nicht ausreichend gegen die wichtigsten Fälle der Verletzung von Menschenrechten, insbesondere den Missbrauch staatlicher Macht, vor. Die Einbindung des internationalen Rechts ist in Art. 15 Abs. 4 der russischen Verfassung aufgeführt: Danach sind die allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts und die internationalen Verträge der Russischen Föderation Bestandteil ihres Rechtssystems. Russland hat folgende UN-Übereinkommen ratifiziert (AA 2.2.2021):

?        Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1969)

?        Internationaler Pakt für bürgerliche und politische Rechte (1973) und erstes Zusatzprotokoll (1991)

?        Internationaler Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1973)

?        Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1981) und Zusatzprotokoll (2004)

?        Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (1987)

?        Kinderrechtskonvention (1990), deren erstes Zusatzprotokoll gezeichnet (2001)

?        Behindertenrechtskonvention (AA 2.2.2021).

Der letzte Universal Periodic Review (UPR) des UN-Menschenrechtsrates zu Russland fand im Rahmen des dritten Überprüfungszirkels 2018 statt. Dabei wurden insgesamt 309 Empfehlungen in allen Bereichen der Menschenrechtsarbeit ausgesprochen. Russland hat 94 dieser Empfehlugen nicht angenommen und weitere 34 lediglich teilweise angenommen. Die nächste Sitzung für Russland im UPR-Verfahren wird im Mai 2023 stattfinden. Russland ist zudem Mitglied des Europarates und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Russland setzt einige, aber nicht alle Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) um; insbesondere werden EGMR-Entscheidungen zu Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte im Nordkaukasus nur selektiv implementiert. Finanzielle Entschädigungen werden üblicherweise gewährt, dem vom EGMR monierten Umstand aber nicht abgeholfen [Anm.: Zur mangelhaften Umsetzung von EGMR-Urteilen durch Russland vgl. Kapitel Rechtsschutz/Justizwesen] (AA 2.2.2021). Besorgnis wurde u.a. auch hinsichtlich der Missachtung der Urteile von internationalen Menschenrechtseinrichtungen (v.a. des EGMR), des fehlenden Zugangs von Menschenrechtsmechanismen zur Krim, der Medienfreiheit und des Schutzes von Journalisten, der Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und der Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und ethnischer Herkunft geäußert (ÖB Moskau 6.2020).

Durch eine zunehmende Einschränkung der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Gesetzgebung und Praxis wurde die Menschenrechtsbilanz Russlands weiter verschlechtert. Wer versuchte, diese Rechte wahrzunehmen, musste mit Repressalien rechnen, die von Schikanierung bis hin zu Misshandlungen durch die Polizei, willkürlicher Festnahme, hohen Geldstrafen und in einigen Fällen auch Strafverfolgung und Inhaftierung reichten (AI 16.4.2020; vgl. ÖB Moskau 6.2020). Der Freiraum für die russische Zivilgesellschaft ist in den letzten Jahren schrittweise eingeschränkt worden, aber gleichzeitig steigt der öffentliche Aktivismus deutlich. Hinzu kommt, dass sich mehr und mehr Menschen für wohltätige Projekte engagieren und Freiwilligenarbeit leisten. Zivile Kammern wurden als Dialogplattform zwischen der Bevölkerung und dem Staat eingerichtet (ÖB Moskau 6.2020). Sowohl im Bereich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit als auch in Bezug auf die Pressefreiheit wurden restriktive Gesetze verabschiedet, die einen negativen Einfluss auf die Entwicklung einer freien und unabhängigen Zivilgesellschaft ausüben. Inländische wie ausländische NGOs werden zunehmend unter Druck gesetzt. Die Rechte von Minderheiten werden nach wie vor nicht in vollem Umfang garantiert. Journalisten und Menschenrechtsverteidiger werden durch administrative Hürden in ihrer Arbeit eingeschränkt (ÖB Moskau 6.2020) und sehen sich in manchen Fällen sogar Bedrohungen oder tätlichen Angriffen bzw. strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt (ÖB Moskau 6.2020; vgl. FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021). Der Einfluss des konsultativen 'Rats beim Präsidenten der Russischen Föderation für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte' unter dem Vorsitz von Waleri Fadejew ist begrenzt. Er befasst sich in der Regel nicht mit Einzelfällen, sondern mit grundsätzlichen Fragen wie Gesetzesentwürfen, und seine Stellungnahmen zu dem Verlauf von Demonstrationen im Sommer 2019 in Moskau blieben ohne Folge (AA 2.2.2021).

Die Annexion der Krim 2014 sowie das aus Moskauer Sicht erforderliche Eintreten für die Belange der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine führten vorübergehend zu einem starken Anstieg der patriotischen Gesinnung innerhalb der russischen Bevölkerung. In den vergangenen Jahren gingen die Behörden jedoch verstärkt gegen radikale Nationalisten vor. Dementsprechend sank die öffentliche Aktivität derartiger Gruppen seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine deutlich, wie die NGO Sova bestätigt. Gestiegen ist auch die Anzahl von Verurteilungen gegen nationalistische bzw. neofaschistische Gruppierungen. Vor diesem Hintergrund berichtete die NGO Sova in den vergangenen Jahren auch über sinkende Zahlen rassistischer Übergriffe. Die meisten Vorfälle gab es, wie in den Vorjahren, in den beiden Metropolen Moskau und Sankt Petersburg. Migranten aus Zentralasien, dem Nordkaukasus und dunkelhäutige Personen sind üblicherweise das Hauptziel dieser Übergriffe. Gleichzeitig ist aber im Vergleich zu den Jahren 2014-2017 ein gewisser Anstieg der fremdenfeindlichen Stimmung zu bemerken, der in Zusammenhang mit sozialen Problemen (Unzufriedenheit mit der Pensionsreform und sinkenden Reallöhnen) zu sehen ist. Wenngleich der Menschenrechtsdialog der EU mit Russland seit 2013 weiterhin ausgesetzt bleibt, unterstützt die EU-Delegation in Moskau den Dialog zwischen den EU-Botschaften, mit NGOs, der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidigern (ÖB Moskau 6.2020).

Menschenrechtsorganisationen sehen übereinstimmend bestimmte Teile des Nordkaukasus als den regionalen Schwerpunkt der Menschenrechtsverletzungen in Russland. Den Hintergrund bilden in ihrem Ausmaß weiter rückläufige bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und islamistischen Extremisten in der Republik Dagestan, daneben auch in Tschetschenien und Inguschetien (AA 2.2.2021). Der westliche Nordkaukasus ist hiervon praktisch nicht mehr betroffen. Die Opfer der Gewalt sind ganz überwiegend 'Aufständische' und Sicherheitskräfte (AA 13.2.2019). Die Menschenrechtslage im Nordkaukasus wird von internationalen Experten, soweit dies angesichts der bestehenden Einschränkungen möglich ist, aufmerksam beobachtet (ÖB Moskau 6.2020).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458482/4598_1551701623_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-russischen-foederation-stand-dezember-2018-13-02-2019.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045865/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Russischen_F%C3%B6deration_%28Stand_Oktober_2020%29%2C_02.02.2021.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        AI – Amnesty International (16.4.2020): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2019), https://www.ecoi.net/de/dokument/2028170.html, Zugriff 12.3.2021

?        FH – Freedom House (3.3.2020): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2020 - Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046536.html, Zugriff 12.3.2021

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (1.2021a): Russland Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 12.3.2021

?        HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): Jahresbericht zur Menschenrechtssituation im Jahr 2020 – Russland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043508.html, Zugriff 12.3.2021

?        ÖB Moskau - Österreichische Botschaft Moskau [Österreich] (6.2020): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2046141/RUSS_%C3%96B_Bericht_2020_06.pdf, Zugriff 12.3.2021

Tschetschenien

Letzte Änderung: 28.05.2021

NGOs beklagen regelmäßig schwere Menschenrechtsverletzungen durch tschetschenische Sicherheitsorgane, wie Folter, das Verschwindenlassen von Personen, Geiselnahmen, das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen und die Fälschung von Straftatbeständen. Entsprechende Vorwürfe werden kaum untersucht, die Verantwortlichen genießen mitunter Straflosigkeit. Besonders gefährdet sind Menschenrechtsaktivisten bzw. Journalisten, aber auch Einzelpersonen, die das Regime kritisieren (ÖB Moskau 6.2020). Die strafrechtliche Verfolgung der Menschenrechtsverletzungen ist unzureichend. Recherchen oder Befragungen von Opfern vor Ort durch NGOs sind nicht möglich; Regimeopfer müssen mitsamt ihren Familien aus Tschetschenien evakuiert werden. Das Republiksoberhaupt von Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, äußert regelmäßig Drohungen gegen Oppositionspolitiker, Menschenrechtsaktivisten und Minderheiten. Teilweise werden Bilder von Personen dieser Gruppen mit einem Fadenkreuz überzogen und auf Instagram veröffentlicht, teilweise droht er, sie mit Sanktionen zu belegen, da sie Feinde des tschetschenischen Volkes seien, oder er ruft ganz unverhohlen dazu auf, sie umzubringen. Nach einem kritischen Artikel über mangelnde Hygiene-Vorkehrungen gegen COVID-19 drohte Kadyrow der Journalistin Jelena Milaschina öffentlich (AA 2.2.2021).

Tendenzen zur verstärkten Verwendung von Scharia-Recht haben in den letzten Jahren zugenommen. Es herrscht ein Rechtspluralismus aus russischem Recht, traditionellem Gewohnheitsrecht (adat) einschließlich der Tradition der Blutrache und Scharia-Recht. Hinzu kommt ein Geflecht an Loyalitäten, das den Einzelnen bindet. Nach Ansicht von Kadyrow stehen Scharia und traditionelle Werte über den russischen Gesetzen. Nach wie vor gibt es Clans, welche Blutrache praktizieren (AA 2.2.2021). Anfang November 2018 wurde im Rahmen der OSZE der sog. Moskauer Mechanismus zur Überprüfung behaupteter Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aktiviert, der zu dem Schluss kam, dass in Tschetschenien das Recht de facto von den Machthabenden diktiert wird und die Rechtsstaatlichkeit nicht wirksam ist. Es scheint generell Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsorgane zu herrschen (ÖB Moskau 6.2020; vgl. BAMF 11.2019).

2017 und laut der NGO LGBTI Network in geringem Ausmaß bis 2019 kam es zur gezielten Verfolgung von Homosexuellen durch staatliche Sicherheitskräfte (AA 2.2.2021; vgl. ÖB Moskau 6.2020, HRW 17.1.2019). Es gibt Berichte über Personen, die nach Folterungen gestorben sind [vgl. Kapitel Homosexuelle] (FH 3.3.2021). Die unabhängige Zeitung Nowaja Gazeta berichtete im Sommer 2017 über die angeblichen außergerichtlichen Tötungen von 27 Personen zu Beginn des Jahres im Zuge von Massenfestnahmen nach dem Tod eines Polizisten (ÖB Moskau 6.2020), die nicht im Zusammenhang mit der Verfolgung von LGBTI-Personen stehen sollen (ÖB Moskau 12.2019; vgl. AI 22.2.2018). Seitens Amnesty International wurde eine umfassende Untersuchung der Vorwürfe durch die russischen Behörden gefordert. Die russische Menschenrechtsombudsperson wurde Berichten zufolge bei der Untersuchung dieser Vorgänge in Tschetschenien b

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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