Entscheidungsdatum
06.10.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W268 2244418-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2021, Zl. 740008808-210526835, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.11.2004, rechtskräftig mit 04.12.2004, der Asylstatus gemäß § 3 AsylG zuerkannt.
2. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX , vom 04.10.2018, rechtskräftig mit 09.10.2018, wurde die Beschwerdeführerin nach § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt.
3. Am 28.01.2020 wurde ein Aberkennungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin eingeleitet.
4. Am 21.04.2021 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.
5. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2021 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG abgewiesen.
Begründend wurde auf die mehrfachen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (die bislang noch nicht in eine Verurteilung mündeten) verwiesen.
6. Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesamt per E-Mail vom 11.06.2021 fristgerecht den Willen mitgeteilt, Beschwerde gegen genannten Bescheid zu erheben.
7. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes vom 15.07.2021 langte am 22.07.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde in Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin trägt die im Spruch ersichtlichen Personalien. Sie ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und verfügt über den Status der Asylberechtigten.
Die Beschwerdeführerin wurde mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX , vom 04.10.2018, rechtskräftig mit 09.10.2018, nach § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt, wobei das Datum der (letzten) Tat der 20.12.2016 ist.
Darüber hinaus weist die Beschwerdeführerin sechs Eintragungen wegen des Verdachts begangener Vergehen nach dem Suchmittelgesetz auf, die in keine gerichtliche Verurteilung mündeten. Die Eintragungen erfolgten im Zeitraum März 2016 bis April 2020, fünf der Eintragungen betreffen Vergehen nach § 27 SMG, eine ein Vergehen nach §§ 28, 28a SMG.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes und einer Einsichtnahme in das Zentrale Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses:
3.1.1. Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status eines Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen. Gemäß § 94 Abs. 5 gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.
Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG 2005 sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG (Statusrichtlinie) zu verstehen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einer solchen Ausstellung entgegenstehen. Diese Bedingung ist auf jeden Fall bei Verwirklichung des Versagungsgrundes nach der Z3 des § 92 Abs. 1 FPG bei grenzüberschreitendem Suchtgifthandel erfüllt (vgl. VwGH vom 16.05.2013, Zl. 2013/21/0003).
3.1.2. Bei der Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses stützte sich das Bundesamt im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 92 Abs. 1 Z 3 FPG.
Gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 FPG ist die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.
3.1.3. Im gegenständlichen Fall rechtfertigt die Tatsache alleine, dass die Beschwerdeführerin Eintragungen im Kriminalpolizeilichen Aktenindex (KPA) wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz aufweist nicht die Annahme, dass diese den Konventionsreisepass benützen wolle, um gegen das Suchtmittelgesetz zu verstoßen.
Hierbei ist zu betonen, dass die insgesamt sechs Eintragungen betreffend Suchtmittelvergehen im KPA, die im Zeitraum Februar 2016 bis April 2020 erfolgt sind, in keine gerichtliche Verurteilung mündeten und aufgrund der Eintragungen allein nicht bereits auf eine hohe kriminelle Energie der Beschwerdeführerin zu schließen ist. Auch ist hinsichtlich der Taten kein Auslandsbezug ersichtlich und ist die Beschwerdeführerin seit der letzten Eintragung seit nunmehr über einem Jahr weder gegenüber der Polizei noch den Gerichten in irgendeiner Art und Weise mehr auffällig geworden.
Auch betreffend die am 04.10.2018 erfolgte Verurteilung wegen eines Diebstahldelikts zu einer Geldstrafe liegt die zugrundeliegende Tat bereits knapp fünf Jahre zurück und fehlt es an der entsprechenden Schwere und Einschlägigkeit für die Annahme der Erfüllung eines Versagungsgrundes nach § 92 Abs. 1 FPG.
3.1.4. Aufgrund der getroffenen Ausführungen kann in der gegenständlichen Fallkonstellation nicht hinreichend begründet angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin nach einer einmaligen Verurteilung wegen eines Diebstahldelikts und sechs Eintragungen wegen eher als geringfügig zu wertenden Suchtmittelvergehen, wobei die letzte Eintragung länger als ein Jahr zurückliegt, nunmehr – erstmals – unter Verwendung eines Reisedokumentes einschlägig straffällig werden sollte. Eine vorzunehmende Zukunftsprognose fällt unter diesen Umständen zu Gunsten der Beschwerdeführerin aus.
3.1.5. Da auch keiner der sonst im Gesetz angeführten Versagungsgründe vorliegt, hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Rechtskraft der gegenständlichen Entscheidung einen Konventionsreisepass auszustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
3.2.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.2.2. Im vorliegenden Verfahren wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Beschwerdeführerin nicht beantragt. Da der angefochtene Bescheid auf Grund der Aktenlage zu beheben war, konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Konventionsreisepass mangelnder Anknüpfungspunkt VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W268.2244418.1.00Im RIS seit
17.12.2021Zuletzt aktualisiert am
17.12.2021