Entscheidungsdatum
06.10.2021Norm
AVG §34 Abs2Spruch
L517 2243611-2/2E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Einzelrichter aus Anlass der Entscheidung über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.07.2021, GZ L517 2243611-1/6E beschlossen:
A)
Über XXXX wird gem. §§ 17 VwGVG und 34 Abs. 2 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) eine Ordnungsstrafe von € 600,-- verhängt. Die Ordnungsstrafe ist binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses zu begleichen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wird gem. §§ 36 AVG und 16 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit einer als „eingeschriebene Mail“ bezeichneten E-Mail erhob XXXX (in der Folge „bP“) am 23.08.2021 Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesver-waltungsgerichtes vom 09.07.2021, GZ L517 2243611-1/6E, mit welchem die Beschwerde der bP vom 14.06.2021 abgewiesen worden war.
Diese Eingabe der bP vom 23.08.2021 weist folgenden Inhalt auf:
„EINGESCHRIEBENE MAIL - 23. August 2021
An das heitere Bundesverwaltungsgericht, Gerichtsabteilung L517
Z. Hd. Herrn Mag. Dr. XXXX
Derflingerstraße 1
4020 Linz
… zur Information und Kenntnisnahme an AMS, Hr. XXXX , Fr. Mag. XXXX , Frau Mag. XXXX , Hr. XXXX
Beschwerde gegen ihr verschwurbeltes und sinnentleertes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts der Republik Österreich vom 9.7.2021, mir zugestellt per RSa am 15.7.2021, (GZ L517 2243611-1/6E Erkenntnis), vertreten durch den ehrenwerten Richter Mag. Dr. XXXX
Bezugnehmend auf meine Beschwerde GZ: LGSOÖ/Abt.2/2021-0566-4-007070-GK
Werter Herr Mag. Dr. XXXX !
Punkt 1) Ich kann ihren verschwurbelten sowie phantasiebegabten formal-juristischen Ausführungen auch beim besten Willen nicht folgen! Sie müssen sich irren! ????????
Punkt 2) Ich bin nicht bereit, das Erkenntnis vom 9.7..2021 anzuerkennen! ????????????
Punkt 3)
? Ihnen ist urfad in ihrer sinn- und geistesentleerten Beamtenburg, mir scheint! Das Sommerloch, ich verstehe! ????
? Sie haben in den vergangenen Monaten unter Umständen über einen zu langen Zeitraum einen Sklavenfetzen getragen! Das andauernde Tragen eines solchen Sklavenfetzens führt bei so manchen Menschen aufgrund der vermehrten Rückatmung von CO2 und verminderter O2-Zufuhr unweigerlich dazu, dass sie deppert werden! Dieser Umstand könnte ein Grund für ihre verschwurbelte und sinnentleerte „Erkenntnis" sein! Wir wissen es nicht genau, es könnte aber sein! Schauen sie gut auf sich und gehen sie zum Ausgleich viel an die frische Luft! Glauben sie mir, das wird schon noch!
? Zudem könnten es auch die Folgen der wiederholten Corona-Gehirnwäsche durch Vater Staat mit nachfolgender selbstgewählter funktioneller Enthirnung sein! ???????
? Selbstständiges Denken, Entscheiden und die Übernahme von Verantwortung für ihr Tun und Handeln scheint ihnen als ein Sklave der Zeugen Coronas abhanden gekommen zu sein!
Punkt 4) Ich begehre die sofortig Rücknahme ihres sinnentleerten Erkenntnis!
Punkt 5) Ich wünsche ihnen einen schönen und gedeihlichen Sommertag, genießen sie die frische Luft und die strahlende Sonne und lassen sie ihr Hirnkastl von eben dieser frischen Luft durchfließen!
Zu guter Letzt: Ich lebe masken-, zwangs- und abstandsbefreit! Im (Er-)Leben meiner zahlreichen zwischenmenschlichen und körpernahen sozialen Kontakte! Ungestestet und nicht Corona-geimpft! Ich bin kerngesund!
Auf das sie ihr beamtetes, von Langeweile geprägtes, Seelenheil finden mögen!
XXXX
Schließen sie, Herr Mag. Dr. XXXX , sich der Widerstandsbewegung gegen diese Corona-Diktatur und deren 3G-Regime an, damit ihr Beamten-Gehorsam nicht zum Verbrechen wird!“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen:
Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang und Sachverhalt werden festgestellt.
2.0 Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei und unbestritten aus dem vorliegenden Gerichtsakt sowie aus der Einsichtnahme in die beiden hg. Vorverfahren, in denen Beschwerde gegen vom AMS verhängte Ordnungsstrafen erhoben worden war.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen im Allgemeinen:
- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) BGBl. Nr. 51/1991
- Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF
3.2. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen im Speziellen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gem. § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchteil A):
3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lauten:
§ 34.
(1) Das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
(2) Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.
(3) Die gleichen Ordnungsstrafen können von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
(4) Gegen öffentliche Organe und gegen Bevollmächtigte, die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sind, ist, wenn sie einem Disziplinarrecht unterstehen, keine Ordnungsstrafe zu verhängen, sondern lediglich die Anzeige an die Disziplinarbehörde zu erstatten.
(5) Die Verhängung einer Ordnungsstrafe schließt die strafgerichtliche Verfolgung wegen derselben Handlung nicht aus.
Widmung und Vollzug der Ordnungs- und Mutwillensstrafen
§ 36. Die Ordnungs- und Mutwillensstrafen fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat. Die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über den Strafvollzug sind sinngemäß anzuwenden.
Das Verwaltungsstrafgesetz lautet in seiner für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmung:
Ersatzfreiheitsstrafe
§ 16. (1) Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.
(2) Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
§ 12. (1) Die Mindestdauer der Freiheitsstrafe beträgt zwölf Stunden. Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen darf nur verhängt werden, wenn dies wegen besonderer Erschwerungsgründe geboten ist. Eine längere als eine sechswöchige Freiheitsstrafe darf nicht verhängt werden.
(2) […]
3.4. Unter einer Eingabe iSd § 34 Abs 3 AVG ist ein schriftliches Anbringen iSd § 13 AVG zu verstehen, wobei Voraussetzung für die Strafbefugnis der Behörde ist, dass das AVG auf die betreffende Eingabe Anwendung findet und sich auf eine mit Bescheid zu erledigende Angelegenheit bezieht. Dabei ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtet (VwGH 25.9.2019, Ra 2018/09/0129).
Die der verhängten Ordnungsstrafe zugrundeliegenden Eingabe der bP an das BVwG vom 23.08.2021 erfüllt diese Voraussetzung.
Auch wenn das Beschwerdeverfahren vor dem BVwG bereits durch Erkenntnis vom 09.07.2021 abgeschlossen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass Ordnungsstrafen nach § 34 AVG einen speziellen Beleidigungsschutz gegenüber schriftlichen Eingaben bezwecken. Sie sind nicht notwendigerweise auf ein bestimmtes Verfahren bezogen, weil der Hinweis auf eine bestimmte Amtshandlung iSd ?§ 34 Abs 1 und ?2 AVG fehlt. [Grabenwarter/Geppert, Die Bedeutung des Art 6 MRK für die Verhängung von Ordnungs- und Mutwillensstrafen, JBL 1996, 227 (233)]
Als „Person“ iSd § 34 Abs 3 AVG und damit als „Täter“ ist nach der Rsp des VwGH anzusehen, wer dadurch mit der Behörde in Verkehr tritt, dass er eine schriftliche Eingabe mit beleidigendem Inhalt an diese richtet.
Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik ist dann gerechtfertigt und schließt die Anwendung des § 34 Absatz 3 AVG aus, wenn sich die Kritik auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, wird der Tatbestand des § 34 Abs 3 AVG erfüllt und es kann auch ein gelungener Beweis der Kritik den Schreiber nicht mehr rechtfertigen (vgl etwa VwGH 2. Juli 1990, Zl 90/19/0299, und die dort zitierte Vorjudikatur). Niemand ist daran gehindert, einen Missstand, der nach seiner Meinung besteht, der Oberbehörde zur Kenntnis zu bringen, damit sie Abhilfe schaffen kann. Er muss sich dabei jedoch an die Grenzen der Sachlichkeit halten.
Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Eine beleidigende Schreibweise kann auch durch die Überzeugung des Verfassers von der Berechtigung seiner Vorwürfe nicht gerechtfertigt oder entschuldigt werden (VwGH 25.9.2019, Ra 2018/09/0129).
Für die Strafbarkeit nach § 34 Abs 3 AVG reicht es hin, dass die in der schriftlichen Eingabe verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstandes nicht gerecht wird und damit objektiv beleidigenden Charakter hat. Auszugehen ist dabei nicht vom Wortsinn einer einzigen Stelle einer Eingabe, vielmehr muss das Gesamtbild der Eingabe beurteilt werden. Dies schließt jedoch nicht aus, dass gewisse Worte für sich als Verletzung der Anstandspflicht gegenüber der Behörde gewertet werden können. Das Tatbild des § 34 Abs 3 AVG erfordert keine Beleidigungsabsicht („animus iniurandi“; vgl VwGH 16.11.1993, 91/07/0084); eine beleidigende Schreibweise kann daher auch nicht durch die Überzeugung des Verfassers von der Berechtigung seiner Vorwürfe gerechtfertigt oder entschuldigt werden.
Einer unangemessenen und die Regeln des Anstandes und der Sachlichkeit missachtenden Ausdrucksweise hat sich die bP in der schriftlichen Eingabe vom 23.08.2021 dadurch bedient, dass er das Erkenntnis des BVwG als „sinnentleert“ bezeichnete und den erkennenden Richter Dr. Niederwimmer als Dr. „ XXXX “ bezeichnete. Das Bundesverwaltungsgericht beschreibt die bP als sinn- und geistesentleerte Beamtenburg. Die bP stellt weiters die Vermutung auf, der erkennende Richter habe in den vergangenen Monaten über einen zu langen Zeitraum einen „Sklavenfetzen“ getragen, was wiederum bedeutet, dass die bP im erkennenden Richter einen Sklaven sieht. Auch der Hinweis darauf, dass manche Menschen bei andauerndem Tragen eines solchen „Sklavenfetzens“ „deppert“ werden, bezieht sich eindeutig auf den erkennenden Richter und entbehrt jeglicher Form von Respekt gegenüber Organen der Rechtsprechung. Wenn sich die bP in vorangegangenen Beschwerdeverfahren damit zu entschuldigen versucht hat, dass sich ja bei ihren Formulierungen des Konjunktivs bedient habe, so stellt dies keinen Rechtfertigungsgrund dar. Auch in dieser Eingabe agiert die bP wieder in der Weise, wenn sie beispielsweise schreibt: „Zudem könnten es auch die Folgen der wiederholten Corona-Gehirnwäsche durch Vater Staat mit nachfolgender funktioneller Enthirnung sein!“
Es handelt sich bei der Eingabe vom 23.08.2021 wieder um eine schriftliche Entgleisung der bP in Form einer abfälligen, abwertenden und persönlich beleidigenden Äußerung, diesmal gegenüber einem Richter des Bundesverwaltungsgerichts. Die von der bP verwendeten Formulierungen bringen eine deutliche Geringschätzung und Diffamierung des Adressaten zum Ausdruck.
Im verfahrensgegenständlichen Fall lässt die Wortwahl der bP keinen Zweifel daran, dass sie mit ihren Äußerungen den oben beschriebenen Rahmen einer sachlichen und gerechtfertigten Kritik sprengt. Das Gericht kommt bei Beurteilung des Gesamtbildes zum Ergebnis, dass sich in der verfahrensgegenständlichen Eingabe der bP Beleidigungen finden, die den Tatbestand des § 34 Abs 3 AVG verwirklichen, da die bP mit ihrer herabsetzenden und verunglimpfenden Wortwahl und Ausdrucksweise dem erkennenden Gericht die Fähigkeit absprechen will, seine ihm im Rahmen der Gerichtsbarkeit zukommenden Aufgaben ordnungsgemäß und dem Gesetz entsprechend zu erfüllen.
Es entspricht der gesellschaftlichen und traditionellen Konvention, dass im Kontakt mit den die Gesetze vollziehenden Gerichten ein angemessener Umgang zu pflegen ist. Bereits aufgrund der Sitte und Moral ist es dem Bürger zumutbar sich einer Behörde bzw. dem Gericht gegenüber einer entsprechenden Ausdrucksweise zu bedienen. Um dieses Bewusstsein zu stärken sieht auch das Gesetz Ordnungsstrafen vor, wenn die Mindestanforderungen des Anstandes im Kontakt mit der Behörde bzw. dem Gericht nicht eingehalten werden.
Es kann daher einem Rechtsunterworfenen auch zugemutet werden, dass ihm beim Verfassen von Eingaben an staatliche Einrichtungen bewusst ist, dass er sich im Umgang mit einer Behörde nicht jeder möglichen Ausdrucksweise bedienen darf. Gerade von einem Menschen mit akademischer Bildung, wie es bei der bP der Fall ist, würde man diesen angemessenen Umgang mit Vertretern der staatlichen Behörden in schriftlichen Eingaben erwarten. Bedauerlicherweise ist dies jedoch bei der bP nicht der Fall, vielmehr setzt sie auch nach der bescheidmäßigen Verhängung von zwei Ordnungsstrafen durch das AMS ihr rechtswidriges Verhalten fort. Auch wenn einzelne Textpassagen der bP als höfliche Formulierungen getarnt zu sein scheinen, entpuppen sie sich letztlich im Rahmen einer Gesamtschau als beleidigend, herabwürdigend und unsachlich. Die bP lässt sich bislang durch die Verhängung von Ordnungsstrafen nicht davon abhalten, ihr Verhalten fortzusetzen, anstatt sich einer respektvollen und die Würde des Menschen achtenden Schreibweise zu bedienen.
3.6. Die bP hat demnach durch die von ihr in der Eingabe an das BVwG vom 23.08.2021 gewählten Ausdrucksweisen neuerlich den Tatbestand des § 34 Abs. 3 AVG erfüllt. Unter Bedachtnahme auf die vorliegenden Umstände und unter Berücksichtigung des Erschwerungsgrundes der wiederholten Tatbegehung ist die mit 600 angesetzte Ordnungsstrafe keineswegs als zu hoch anzusehen, um der bP den Unrechtsgehalt ihres Verhaltens vor Augen zu führen und sie von ähnlich gelagerten Ordnungswidrigkeiten in Zukunft abzuhalten.
Gem. § 36 AVG sind beim Vollzug von Ordnungsstrafen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes über den Strafvollzug sinngemäß anzuwenden. § 16 Abs. 1 VStG ordnet an, dass bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Gem. § 12 Abs. 1 VStG beträgt die Mindestdauer der Freiheitsstrafe zwölf Stunden. Aus spezialpräventiven Gründen war im gegenständlichen Falle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen zu verhängen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Das BVwG stützt sich im Anlassfall auf die ständige und einheitliche Rechtsprechung des VwGH zu § 34 Abs. 3 AVG wonach eine beleidigende Schreibweise in einer schriftlichen Eingabe vorliegt, wenn sie ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt und die Mindestanforderungen des Anstandes missachtet.
Aus den genannten Gründen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig und wie oben detailliert ausgeführt wurde, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 34 Abs. 3 AVG ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung diesbezüglich; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beleidigung E - Mail Ordnungsstrafe schriftliche ÄußerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2243611.2.00Im RIS seit
17.12.2021Zuletzt aktualisiert am
17.12.2021