TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/12 W240 2247168-1

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Veröffentlicht am 12.10.2021
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Entscheidungsdatum

12.10.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W240 2247168-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2021,
Zl. 1283589908/211230373, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der BF, ein afghanischer Staatsangehöriger (in der Folge auch BF), wurde am 28.08.2021 im Zuge eines Großaufgriffes im österreichischen Bundesgebiet aufgegriffen. Er stellte am selben Tag gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Im Rahmen der Erstbefragung am 30.08.2021 gab er an, in Österreich seien keine Familienangehörige mit Aufenthaltsstatus aufhältig. Er habe nach Österreich gelangen wollen, weil viele afghanische Flüchtlinge in Österreich seien und er nur Positives über Österreich gehört habe. Er sei vor rund drei Monaten ausgereist aus Afghanistan und er sei über die Türkei nach Bulgarien gelangt, dort sei er rund zwanzig Tage gewesen. Danach sei er in Serbien und Ungarn gewesen, bis er am 28.08.2021 nach Österreich gelangt sei.

Der BF verneinte die Frage, ob er in einem der durchreisten Länder einen Asylantrag gestellt hatte.

Der Abgleich der Fingerabdrücke ergab, dass der BF in Bulgarien am 29.07.2021 aufgrund seiner Asylantragstellung erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Am 01.09.2021 wurde seitens des BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gem.
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Bulgarien gestellt mit Verweis auf die angegebene Reiseroute des BF und seine angegebene Asylantragstellung in Bulgarien.

Mit Schreiben vom 15.09.2021 wurde von Seiten der bulgarischen Asyl- und Fremdenbehörde mitgeteilt, dass diese der Wiederaufnahme des BF ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d
Dublin III-VO zustimmen. Weiters teilte die bulgarische Dublinbehörde mit, dass der BF in Bulgarien unter einem anderen Geburtsdatum und einem anderen Nachnamen einen Asylantrag gestellt habe.

In seiner Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2021 im Stande der Schubhaft tätigte der BF insbesondere folgende Angaben:

„(…)

F: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja.

F: Haben Sie irgendwelche Krankheiten oder nehmen Sie Medikamente ein?

A: Nein, mir geht es derzeit gut. Medikamente nehme ich auch keine ein.

F: Sie werden aufgefordert, selbstständig und unverzüglich medizinische Unterlagen, Befunde, Gutachten, usw. unaufgefordert dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzulegen. (AW wird über die Möglichkeiten der Befundvorlage aufgeklärt.)

A: Gut, das werde ich machen.

F: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.

A: Ja.

F: Gem. § 14 Abs. 2 AsylG 2005 werden Sie darüber belehrt, dass Sie sich für Zustellungen im Asylverfahren eines Zustellbevollmächtigten bedienen können.

A: Ich habe verstanden.

F: Welche Staatsbürgerschaft besitzen Sie?

A: Afghanischer Staatsbürger.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Paschtune.

F: Welche Religionsbekenntnis haben Sie?

A: Sunnitischer Moslem.

F: Wie lautet Ihr Familienstand?

A: Ledig.

F: Haben Sie Kinder und wenn ja, wie heißen diese und wo leben diese?

A: Keine.

F: Haben Sie Geschwister, und wenn ja, wie heißen diese und wo leben diese?

A: Zwei Schwestern und zwei Brüder, so wie auch in der Erstbefragung angeführt.

F: Sind Ihre Angaben die Sie bei der Erstbefragung am 30.08.2021 bei der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung, Polizeiinspektion Salzburg Fremdenpolizei, gemacht haben richtig und halten Sie diese aufrecht?

A: Ja.

F: Wollen Sie zu der durchgeführten Erstbefragung Ergänzungen oder Berichtigungen angeben?

A: Nein.

F: Welches Land war Ihr Reiseziel als Sie den Herkunftsstaat verlassen haben?

A: Ich hatte kein bestimmtes Zielland, wollte nur nach Europa.

F: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

F: Haben Sie Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte in Österreich?

A: Nein.

F: Haben Sie jemals ein Visum für ein EU-Land beantragt oder beantragen lassen?

A: Nein.

F: Stellten Sie je in Österreich oder einem anderen Land einen Asylantrag?

A: In der Polizeiinspektion habe ich einen Asylantrag gestellt. Dort wurde mir auch gesagt, dass ich Fingerabdrücke in Bulgarien habe. Sobald meine Fingerabdrücke dort gelöscht sind, wir mein Verfahren hier fortgesetzt.

F: Von wann bis wann waren Sie in Bulgarien?

A: Ich kann nur sagen, dort verbrachte ich lediglich 20 Tage.

F: Wo waren Sie in dieser Zeit in Bulgarien aufhältig?

A: In einem Flüchtlingscamp.

F: Wie konnten Sie sich den Lebensunterhalt in Bulgarien finanzieren?

A: Es wurde alles im Camp zur Verfügung gestellt.

F: Warum haben Sie jetzt Bulgarien verlassen?

A: Bulgarien habe ich verlassen aus dem Grund, weil der Dolmetscher gesagt hat, dass wir Bulgarien innerhalb von 3 Monate verlassen müssen. Außerdem waren wir 50 Leute in einem Raum. Die Polizisten haben sich uns gegenüber schlecht benommen.

F: Waren Sie in Bulgarien jemals in medizinischer Behandlung?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Bulgarien jemals verfolgt, bedroht oder ähnliches?

A: Der Schlepper hat mich betrogen, deswegen habe ich ihn nicht bezahlt. Deswegen habe ich auch Bulgarien verlassen.

F: Machten Sie jemals eine Anzeige bei der Polizei in Bulgarien?

A: Nein.

F: Haben Sie jemals um Hilfe und Unterstützung bei Menschenrechtsorganisationen in Bulgarien angesucht?

A: Nein.

F: Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Bulgarien ausgefolgt. Haben Sie eine schriftliche Stellungnahme vorbereitet oder wollen Sie nun mündlich eine Stellungnahme abgeben?

A: Nein.

F: Wollen Sie freiwillig nach Bulgarien oder in den Herkunftsstaat zurück?

A: Auf keinem Fall möchte ich zurück, nein.

F: Haben Sie gegenüber den bulgarischen Behörden jemals einen amtlichen Lichtbildausweis aus Ihrem Herkunftsstaat vorgelegt?

A: Nein, habe ich nicht.

F: Wie lange dauerte die Reise von Bulgarien nach Österreich?

A: Ca. 1 Monat hat es gedauert.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas angeben möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Ich möchte nur sagen, wir müssen freigelassen werden. Denn hier bin ich irgendwie eingeengt, das belastet mich sehr.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben Bulgarien zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ja.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt Ihre Probleme in Bulgarien vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu schildern?

A: Ja.

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her und konnten Sie auch alles angeben was Sie wollten?

A: Ja.

V: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gelangt vorläufig zur Ansicht, dass für die Prüfung Ihres in Österreich gestellten Asylantrages gemäß der Dublin III Verordnung der Europäischen Union Bulgarien zuständig ist. Zu Einzelheiten der Dublin III Verordnung sind Sie bereits in dem Ihnen anlässlich der Fingerabdrucknahme ausgefolgten Merkblatt informiert worden. Auf Grund der Zustimmung des Staates Bulgarien wird beabsichtigt Ihren Asylantrag in Österreich als unzulässig zurückgewiesen und Ihre Außerlandesbringung in diesen Staat veranlasst.

F: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Nein, ich möchte hier bleiben.

(…)“

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid, wie folgt, wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 29.7.2020

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2.2020; vgl. CoE-SG 19.4.2018, EMN 6.6.2020, SAR o.D.a, SAR o.D.b, UNHCR 9.2019, USDOS 13.3.2020).

(AIDA 2.2020; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

Die Zahl der Antragsteller ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. 2019 lag die Quote der Antragssteller, der ihr Verfahren nicht zu Ende führten, bei 72%. Davon wurde in 40% der Fälle das Asylverfahren eingestellt (discontinued) und bei 24% in Abwesenheit entschieden (AIDA 2.2020). 2020 gab es in Bulgarien bis 31.5.2020 289 Asylanträge (VB 15.7.2020).

Menschenrechtsorganisationen berichteten weiterhin von weit verbreiteten sogenannten Pushbacks (AIDA 2.2020; vgl. USDOS 13.3.2020), Gewalt, Diebstählen und erniedrigenden Praktiken gegenüber Migranten und Asylwerbern an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Im August 2019 behaupteten Medienveröffentlichungen, die angeblich interne Quellen der europäischen Grenzkontrollagentur Frontex zitierten, dass die Grenzpolizei Migranten mit Hunden gejagt, geschlagen und über die Grenze zurückgedrängt habe. Die Vorwürfe wurden vom Innenminister dementiert und er erklärte, dass die Grenzschutzbeamten nur dann Gewalt anwenden, wenn die Situation es erfordert (USDOS 13.3.2020).

Es gibt Vorwürfe, dass die bulgarischen Behörden Migranten, die es schaffen bulgarisches Territorium zu betreten, durch- und auch wieder ausreisen lassen, um sich der Verantwortung im Rahmen der Dublin-Verordnung oder der Rückübernahmeabkommen zu entziehen (AIDA 2.2020).

Der Zugang von Asylsuchenden zum bulgarischen Hoheitsgebiet bliebt auch 2019 stark eingeschränkt. Dem Innenministerium zufolge wurden insgesamt 2.495 Drittstaatsangehörige festgenommen, darunter 2.184 neu angekommene Asylwerber. Dies entspricht einem Rückgang von 23% im Vergleich zum 2018. Seit dem 1. Jänner 2017 gibt das Innenministerium die Zahl der verweigerten Einreisen ins Land in seinen öffentlich zugänglichen Statistiken nicht mehr bekannt. 2019 haben 309 Asylsuchende an den Grenzen internationalen Schutz beantragt aber nur 2% von ihnen (d.h. 12 Personen) hatten Zugang zum Asylverfahren. Die restlichen 98% kamen in die Schubhaftzentren des Innenministeriums (AIDA 2.2020).

Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        EMN – European Migration Network (6.6.2020): Annual Report on Migration and Asylum 2019, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/00_eu_arm2019_synthesis_report_final_en_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        SAR – State Agency for Refugees (o.D.a): Verfahrensschritte zur Gewährung internationalen Schutzes – Rechte und Pflichten (????? ?? ???????????? ?? ???????????? ?? ???????????? ??????? – ????? ? ??????????), https://aref.government.bg/index.php/en/node/42, Zugriff 20.7.2020

-        SAR – State Agency for Refugees (o.D.b): Dublin-Verfahren (???????????? ?? ??????), https://aref.government.bg/index.php/bg/node/43, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

-        VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 29.7.2020

Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren in Bulgarien. Nach Rücküberstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung wird das Asylverfahren regelmäßig eingeleitet bzw. wieder aufgenommen, dabei wird je nach Verfahrensstand unterschieden (UNHCR 17.12.2018):

?        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, hat die Möglichkeit einen Erstantrag zu stellen (UNHCR 17.12.2018).

?        Bei Dublin-Rückkehrern, die in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt haben, der ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren automatisch wieder eröffnet. Ein Verfahren wird nach bulgarischem Asyl- und Flüchtlingsgesetz (AuFG) ausgesetzt, wenn die asylsuchende Person innerhalb von 10 Werktagen nicht zu einem Termin mit den Behörden erscheint oder ihre Adresse ändert, ohne die Behörde davon in Kenntnis zu setzen. Nach weiteren drei Monaten wird das Asylverfahren beendet, wenn die asylsuchende Person sich nicht bei den Behörden meldet (UNHCR 17.12.2018; vgl. BAMF-BMI 5.2019).

?        Wurde das Asylgesuch auf der Grundlage einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen, besteht die Möglichkeit, erneut einen Asylantrag zu stellen. Dieser Antrag wird als Folgeantrag betrachtet und ist nur zulässig, wenn er neue Elemente enthält. Wird der Folgeantrag für zulässig erklärt, was in der Praxis selten der Fall ist, wird der Antrag im regulären Verfahren geprüft. Eine Prüfung im regulären Verfahren erfolgt auch dann, wenn die Entscheidung über die Zulässigkeit nicht innerhalb von 14 Tagen ergeht (UNHCR 17.12.2018).

Die Aufnahmebedingungen von Personen, die unter der Dublin-Verordnung zurückkehren, sind abhängig vom Verfahrensstand (UNHCR 17.12.2018). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAR die Grenzpolizei über die voraussichtliche Ankunft und gibt an, ob der Rückkehrer in ein Asylaufnahmezentrum oder in ein Schubhaftzentrum zu überstellen ist (AIDA 2.2020):

?        Wer sich in einem laufenden Asylverfahren befindet, wird in ein Unterbringungszentrum der SAR gebracht (AIDA 2.2020).

?        Eine Person, die noch keinen Asylantrag in Bulgarien gestellt hat, kann bei der Ankunft in einem der von der Direktion für Einwanderung verwalteten Zentren für die vorübergehende Unterbringung vor der Abschiebung (Special Centre for the Temporary Accommodation of Foreigners, SCTAF) gebracht werden. Nach Stellen eines Asylantrags wird sie jedoch in ein Aufnahmezentrum der Flüchtlingsagentur SAR überstellt (UNHCR 17.12.2018).

?        Auch Personen, deren Verfahren wiedereröffnet wurde, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht. UNHCR hat in letzter Zeit keine Fälle beobachtet, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen war, der Zugang zu Aufnahmezentren verweigert wurde. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, wenn diese ihre volle Kapazität erreichen (UNHCR 17.12.2018).

?        Personen, deren Asylantrag bereits inhaltlich geprüft und abgewiesen wurde, werden in einem geschlossenen Zentrum untergebracht. Während des anschließenden Zulässigkeitsverfahrens kommt es darauf an, ob der asylsuchenden Person die negative Erstentscheidung vor deren Ausreise aus Bulgarien zugestellt wurde oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird sie einem Aufnahmezentrum zugewiesen. Wurde die Entscheidung der asylsuchenden Person allerdings vor deren Ausreise aus Bulgarien bereits zugestellt und nicht innerhalb der Frist angefochten, wird sie inhaftiert und in ein geschlossenes Zentrum (SCTAF) gebracht. Die Haft kann während des Zulässigkeitsverfahrens andauern. Auch wenn dies nicht der Fall ist, werden sie jedoch keinem regulären Aufnahmezentrum zugewiesen und haben auch keinen Anspruch auf Verpflegung, Unterkunft oder Sozialhilfe (UNHCR 17.12.2018; vgl. AIDA 2.2020, BAMF-BMI 5.2019).

In der Praxis werden in Sofia ankommende Personen nach der Überstellung unterrichtet, dass sie verpflichtet sind, sich bei der staatlichen Asylbehörde vorzustellen, meist schon am folgenden Tag. Wenn sie dort vorstellig werden, erhalten sie die Entscheidung, dass das Verfahren wiedereröffnet wird zusammen mit der „take-back" Entscheidung (UNHCR 26.3.2019).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und –Gesetzgebung. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird medizinisch bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum „Nadya“, IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BAMF-BMI – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Bundesministerium des Innern (Deutschland) (5.2019): Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylwerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/684878/684880/684924/20138868/21716440/Deutschland___Botschaft_%28Bulgarien%29%2C_Aktuelle_Entwicklungen_zur_Rechtslage_und_Situaton_von_Asylbewerbern_und_anerkannt_Schutzberechtigten_in_Bulgarien%2C_2019.pdf?nodeid=21726048&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (26.3.2019): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/20122890/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland_%28Berlin%29%2C_26%2E03%2E2019%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20149532&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 29.7.2020

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2020).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte „Pushbacks“ an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (AIDA 2.2020; vgl. BM 2.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BM – Boardermonitoring Bulgaria (2.3.2020): Bulgaria ist not changing its push-back policy at its border to Turkey, https://bulgaria.bordermonitoring.eu/, Zugriff 20.7.2020

-        USDOS – US Department of State (13.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Bulgaria, https://www.ecoi.net/en/document/2027508.html, Zugriff 20.7.2020

Versorgung

Grundversorgung

Letzte Änderung: 29.7.2020

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie auf Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und auf Krankenversicherung, medizinische Versorgung, psychologische Versorgung und Bildung gegeben. 2015 wurde die Auszahlung der Sozialhilfe für Asylwerber eingestellt. Dies wird von den Behörden damit begründet, dass sie in den Aufnahmezentren mit Lebensmitteln versorgt werden (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018). Spezielle Bedürfnisse können daher nicht mehr angemessen berücksichtigt werden, was besonders für Familien mit kleinen Kindern, chronisch kranke und ältere Menschen problematisch ist (UNHCR 17.12.2018). Um außerhalb des Aufnahmezentrums zu wohnen, müssen Asylwerber schriftlich erklären, dass sie über ausreichende Ressourcen verfügen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, was sie automatisch vom Recht auf die monatliche finanzielle Unterstützung ausschließt (AIDA 2.2020).

Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden (AIDA 2.2020).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als drei Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt. 2019 wurden 101 Arbeitserlaubnisse für Asylwerber im laufenden Verfahren erteilt; 72 Personen haben danach eine Beschäftigung angenommen. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen jedoch schwierig (AIDA 2.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 29.7.2020

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Pastrogor sowie Harmanli, die von der Migrationsbehörde (SAR) verwaltet werden. Im Dezember 2018 wurde das Aufnahmezentrum Vrazhdebna in Sofia von der SAR geschlossen und im Mai 2019 wiedereröffnet. Vrazhdebna wurde mit EU-Mitteln vollständig renoviert (AIDA 2.2019). Die Kapazität der Unterbringungszentren betrug zwischen Ende Dezember 2019 5.330 Plätze (5.190 Plätze in Aufnahmezentren und 140 in Privatunterkünften) (AIDA 2.2020).

Die Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen, einschließlich der Verpflegung für Migranten und Asylwerber sind nach wie vor inadäquat, obwohl die Zahl der nach Bulgarien einreisenden Personen deutlich zurückgegangen ist (AI 16.4.2020). Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren bis auf in Vrazhdebna und in der Sicherheitszone für unbegleitete Minderjährige in Voenna Rampa sind trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor schlecht und liegen unter den Mindeststandards oder erfüllen diese knapp, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen (AIDA 2.2019; vgl. UNHCR 9.2019). Darüber hinaus beklagten sich die Bewohner aller Aufnahmezentren außer in Vrazhdebna über die insgesamt schlechten hygienischen Umstände, insbesondere aber über Bettwanzen, die regelmäßig zu Gesundheitsproblemen führen. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2020).

Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze) und Lyubimets (300 Plätze). Der Betrieb des geschlossenen Verteilerzentrums Elhovo wurde im Februar 2017 eingestellt. Das Aufnahmezentrum Pastrogor kann gegebenenfalls auch als geschlossenes Zentrum verwendet werden. Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten stehen ebenfalls unter Kritik (AIDA 2.2020), ebenso wie unter anderem unzureichende Verpflegung, zu kurzer Aufenthalt im Freien, fehlende spezielle Voraussetzungen für Familien, fehlender Zugang zu Toiletten in der Nacht und der Mangel an qualifizierten Dolmetschern (FRA 5.2019; vgl. CoE-CPT 11.7.2019).

Derzeit sind in Bulgarien 798 Personen untergebracht (Stand 12.7.2020): 276 in geschlossenen Zentren (Auslastung von 39,4%), 375 in offenen Zentren (Auslastung von 7,5%), 147 privat untergebracht (auf eigene Kosten) (VB 15.7.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2019): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2018update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Europe - Review of 2019 - Bulgaria [EUR 01/2098/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028188.html, Zugriff 20.7.2020

-        CoE-CPT – Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (11.7.2019): Report to the Bulgarian Government on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 17 December 2018 [CPT/Inf (2019) 24],
https://www.ecoi.net/en/file/local/2012591/2019-24-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        FRA – European Agency for Fundamental Rights (5.2019): Migration: key fundamental rights concerns, https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-2_en.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (9.2019): Bulgaria Factsheet, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/73117_0.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        VB des BM.I Bulgarien (15.7.2020): Bericht des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 29.7.2020

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger (AIDA 2.2020; vgl. UNHCR 17.12.2018), das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (UNHCR 17.12.2018). Asylwerber, die sich für eine Unterkunft außerhalb der Aufnahmezentren entscheiden oder denen keine Unterkunft gewährt wird, haben keinen Zugang zu psychologischer Unterstützung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist ansonsten gewährleistet, unabhängig vom Wohnort der Asylwerber (AIDA 2.2020).

SAR ist verpflichtet Asylwerber kranken zu versichern. In der Praxis haben Asylwerber mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren (AIDA 2.2020), da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist (AIDA 2.2020; vgl. BTI 29.4.2020; OECD/EO 29.10.2019). In dieser Situation ist spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2020).

Fehlende Dolmetscher und die mangelnde Bereitschaft einiger Ärzte, Asylsuchende als Patienten zu registrieren, stellen jedoch praktische Hindernisse beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar. Zudem umfasst die Versicherung nicht alle medizinischen Behandlungen und Medikamente. Insbesondere bei schweren und chronischen Erkrankungen können einige Behandlungen nur teilweise erstattet werden. Ohne finanzielle Unterstützung stoßen Asylsuchende auf Schwierigkeiten, diese zusätzlichen Kosten zu decken. Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über einen kleinen Fonds, der hauptsächlich von UNHCR finanziert wird, um die Kosten für medizinische Versorgung und Medikamente für eine begrenzte Anzahl extrem vulnerabler Asylsuchender zu decken. In der Praxis wird psychologische Unterstützung in den Aufnahmezentren von NGOs geleistet, die auf Projektbasis finanziert wird, und nicht in allen Zentren auf dem gleichen Niveau und in gleicher Häufigkeit angeboten werden kann. Die Nachhaltigkeit dieser Dienstleistungen ist entsprechend nicht gewährleistet (UNHCR 17.12.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        BTI – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bulgaria,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2029432/country_report_2020_BGR.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

-        OECD/EO – Organisation for Economic Co-operation and Development/European Observatory on Health Systems and Policies (29.10.2019): Bulgaria: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/34781ac1-en.pdf?expires=1594814329&id=id&accname=guest&checksum=975003598D2DE0B62B342C613516F30C, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Representation in Germany – Die Vertretung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland (17.12.2018): Auskunft des UNHCR, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/687377/687464/687466/687288/19129797/United_Nations___High_Commissioner_for_Refugees___Amt_des_Vertreters_in_der_Bundesrepublik_Deutschland__Berlin_%2C_17%2E12%2E2018%2C_ohne_Az.pdf?nodeid=20024439&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        WHO – World Health Organisation (2018): Bulgaria – Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1, Zugriff 20.7.2020

Schutzberechtigte

Letzte Änderung: 29.7.2020

Anerkannte Flüchtlinge erhalten ein Identitätsdokument mit fünf Jahren Gültigkeit; subsidiär (oder humanitär) Schutzberechtigte ein solches mit drei Jahren Gültigkeit. Damit sind verschiedene Rechte verbunden. Anerkannte Flüchtlinge haben mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte wie bulgarische Staatsbürger, subsidiär Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie Inhaber eines permanenten Aufenthaltstitels (AIDA 2.2020).

Die bulgarische Integrationsverordnung vom 19.7.2017, die den Abschluss individueller Integrationsvereinbarungen zwischen den Schutzberechtigten und dem Bürgermeister einer Gemeinde vorsieht, wird weiterhin nicht umgesetzt, weil keine der 265 Gemeinden um Mittel für Integrationsmaßnahmen ansucht (IV 19.7.2017; vgl. AA 16.1.2019, AIDA 2.2020, Caritas 5.2019). Die einzigen Integrationsmaßnahmen bislang betrafen 13 Relocation-Fälle und wurden von der EU finanziert (AIDA 2.2020). Die Verordnung enthält keine Maßnahmen, um das anhaltende Problem sich weigernder Kommunen anzugehen oder günstigere Bedingungen für die Integration in den lokalen Gemeinden zu schaffen. Die Verordnung sieht auch keine Lösung für das Problem des mangelnden Zugangs der Flüchtlinge zu Sozialwohnungen, Familienzulagen für Kinder oder Sprachunterricht vor, wodurch die geflüchteten Menschen ihre sozialen und wirtschaftlichen Rechte nur eingeschränkt wahrnehmen konnten (AI 23.5.2018; vgl. UNHCR 24.7.2017; Caritas 5.2019). Die Tatsache, dass Betroffene seit 2014 ohne jegliche Integrationsunterstützung bleiben, führt zu einem äußerst eingeschränkten Zugang zu grundlegenden Sozial-, Arbeits- und Gesundheitsrechten und zu Minimierung der Bereitschaft der Betroffenen, sich dauerhaft in Bulgarien niederzulassen (AIDA 2.2020).

Der bulgarische Staat gewährt anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten die gleichen Unterstützungsleistungen, wie sie auch bulgarische Staatsangehörige in Anspruch nehmen können. Für den Zugang zu staatlicher sozialer Unterstützung ist für Schutzberechtigte die Wohnsitzregistrierung und Meldeadresse unerlässlich. Diese wird vom Bürgermeister der Wohnsitzgemeinde vorgenommen (AIDA 2.2020; vgl. Caritas o.D.a). Betreffend Zugang zu staatlicher sozialer Unterstützung haben Schutzberechtigte die Möglichkeit sich an das zuständige Social Assistance Directorate (SAD) der Social Assistance Agency (SAA) am Ort ihrer Wohnsitzmeldung zu wenden. Es gibt dort verschiedene Formen der Unterstützung. Zum einen die monatliche bzw. einmalige oder zielgerichtete Sozialzulage (Monthly, one-off or target social allowance). Diese muss im SAD beantragt werden und ein Sozialarbeiter bewertet die Situation des Betreffenden unter seiner momentanen Adresse. Dabei werden Einkommen, Alter, Familienstand, Besitz, Gesundheitszustand usw. miteinkalkuliert. Die andere Möglichkeit sind kommunale Sozialleistungen für Anwohner (Resident-type community social services). Das umfasst auch Zugang zu temporären (Übergangs-)wohnstrukturen und Notfallzentren. Dazu muss man ebenfalls in der Wohnsitzgemeinde einen Antrag stellen. Auch hier wird die individuelle Situation bewertet und anhand dieser Bewertung vom SAD ein sogenanntes „order for accommodation“ erlassen. Eine weitere Möglichkeit sind finanzielle Leistungen für Familien (Family allowances), die unter einem bestimmten Pro-Kopf-Einkommen liegen. Auch diese müssen beantragt werden. Da die Schutzberechtigten im Gesetz über Kinderzulagen nicht explizit als Empfangsberechtigte aufgeführt sind, kann es passieren, dass ihnen diese Sozialleistungen verweigert werden. Deshalb empfiehlt die Caritas Bulgarien bei diesem Anliegen, sich an einen Sozialarbeiter bzw. das Bulgarian Helsinki Committee zu wenden (Caritas o.D.b). Zuletzt besteht rein theoretisch die Möglichkeit einen Integrationsvertrag mit der Wohnsitzgemeinde abzuschließen (siehe dazu oben, Anm.) (Caritas o.D.b; vgl. AA 16.1.2019).

Beim Zugang zu staatlichen Unterstützungsleistungen sind die Betroffenen in der Praxis jedoch mit diversen Sonderregelungen (z.B. Dolmetscher, soziale Vermittlung) konfrontiert. Weiters bedeuten die umfangreiche Bürokratie und weitere Formalitäten bei Einreichung des Antrags um Sozialhilfe, die selbst für Staatsangehörige schwer zu überwinden sind, weitere Probleme. Maßgeschneiderte Vermittlung und Hilfestellung kann durch NGOs von zivilgesellschaftlichen Organisationen geleistet werden, die aber nicht immer verfügbar ist (AIDA 2.2020). Die monatliche Sozialhilfe für eine Person beläuft sich auf umgerechnet 33 € pro Monat (Stand 2018). Die Bedingungen für den Bezug von Sozialhilfe sind schwer zu erfüllen (AA 18.7.2018). Laut staatlichen bulgarischen Angaben wurde 2017 lediglich in 20 Fällen Sozialhilfe an Flüchtlinge gezahlt (AA 26.4.2018).

Es ist den Schutzberechtigten erlaubt für sechs Monate ab Statuszuerkennung in der Asylwerberunterkunft zu bleiben, solange die Platzverhältnisse dies zulassen (AIDA 2.2020) oder für sechs Monate eine staatliche finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft zu erhalten (AA 16.1.2019). Ende 2019 waren 461 Schutzberechtigte in Asylwerberunterkünften untergebracht (AIDA 2.2020).

Betreffend der Zugänglichkeit von Sozialwohnungen gehen die Quellen auseinander. Der Caritas zufolge besteht Zugang zu Gemeindewohnungen nur, wenn mindestens ein Familienmitglied bulgarischer Staatsbürger ist und daher haben Schutzberechtigte üblicherweise keinen Zugang zu diesen Wohnungen (Caritas o.D.a). Laut dem deutschen Auswärtigen Amt dürfen sich anerkannte Flüchtlinge ebenso wie bulgarische Staatsangehörige auf die wenigen vorhandenen Sozialwohnungen bewerben. Soweit anerkannte Schutzberechtigte keine Unterbringungsmöglichkeit in einer staatlichen Unterkunft mehr haben, müssen sie sich selbständig um Wohnraum bemühen. Dabei erhalten sie Hilfe von Nichtregierungsorganisationen. Die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Stellen, gepaart mit einer niedrigen Anzahl von in Bulgarien verweilenden Flüchtlingen, sorgt im Ergebnis dafür, dass es kaum obdachlose Flüchtlinge gibt (AA 16.1.2019).

Wohnen die Schutzberechtigten zur Miete ist das schriftliche Einverständnis der Vermieters vorzulegen. Adressänderungen sind binnen 30 Tagen zu melden (Caritas o.D.a). In der Praxis stoßen Schutzberechtigte jedoch auf Schwierigkeiten, weil für den Abschluss eines Mietvertrages ein gültiges Ausweisdokument erforderlich ist, das aber ohne Angabe der Adresse nicht ausgestellt werden kann. Die Angabe der Adresse des Unterbringungszentrums als Wohnsitz zu diesem Zweck wurde von der SAR untersagt und führte zu Korruptionspraktiken von fiktiven Mietverträgen und Wohnsitzen, damit Schutzberechtigte Ausweispapiere erhalten können (AIDA 2.2020).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Schutzberechtigte automatisch und bedingungslos gegeben. Die Sprachbarriere und ein Mangel an adäquater staatlicher Unterstützung für Berufsausbildung sind übliche Probleme. Der Zugang zu Bildung ist für Schutzberechtigte genauso geregelt wie für Asylwerber (AIDA 2.2020; vgl. Caritas 5.2019).

Ab Statuszuerkennung müssen Schutzberechtigte die Krankenversicherungsbeiträge, die bis dahin von SAR entrichtet worden sind, selbst bezahlen. Das sind mindestens BGN 44,80 (ca. EUR 22,90) monatlich für arbeitslos gemeldete Personen (AIDA 2.2020). Bei Hausärzten, Spezialisten und in Krankenhäusern ist in Bulgarien regelmäßig mit sogenannten „out of Pocket“-Zahlungen (alles was beim Arztbesuch offiziell und inoffiziell aus eigener Tasche zu bezahlen ist) zu rechnen (WHO 2018). Die Out-of-pocket-Zahlungen, 46,6% der gesamten Gesundheitsausgaben in Bulgarien im Jahr 2017, sind die höchsten in der Europäischen Union. Diese bestehen hauptsächlich aus Zuzahlungen für Medikamente und ambulante Versorgung (OECD/EO 29.10.2019). Schätzungen zufolge gibt es in Bulgarien mindestens 900.000 Menschen ohne Krankenversicherung, obwohl das System grundsätzlich alle in Bulgarien ansässigen Bürger abdecken soll. Bei diesen Personengruppen handelt es sich hauptsächlich um arme Menschen, die sich die Krankenkassenbeiträge nicht leisten können und die von dem bestehenden sozialen Sicherheitsnetz auch nicht unterstützt werden (BTI 29.4.2020). Zusammen mit den hohen „out-of-pocket“-Zahlungen gibt die hohe Anzahl der nicht versicherten Personen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung (OECD/EO 29.10.2019).

Mehrere NGOs leisten in Bulgarien für Asylwerber aber auch für Schutzberechtigte Unterstützung. Das Bulgarian Red Cross (BRC) betreibt den sogenannten Refugee-Migrant Service (RMS), welcher seit 1997 in der Flüchtlingsintegration tätig ist. Die Organisation verfügt über Zweigstellen in mehreren bulgarischen Städten und bietet Asylwerbern, humanitär Aufenthaltsberechtigten, anerkannten Flüchtlingen und abgelehnten Asylwerbern Geld- und Sachleistungen (BRC o.D.). Darüber hinaus führt das BRC in Zusammenarbeit u. a. mit dem UNHCR und dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union Integrationsmaßnahmen durch, welche Bulgarisch-Sprachkurse, Anmeldung zur Berufsausbildung und Kostenübernahme dieser Ausbildung, Sozialberatung, Empfehlungen für den Zugang zu einer Arbeitsstelle, Unterkunft, medizinische Versorgung und Bildung, die Weitergabe von Informationen sowie rechtliche, soziale und psychologische Beratungen umfassen. Zusätzlich stellt das BRC Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel, sozial-kulturelle Orientierungskurse, Übersetzungen von Dokumenten und Zeugnissen sowie Übersetzertätigkeiten bei Behördengängen zur Verfügung (AA 18.7.2018; vgl. BRC o.D.).

Die Caritas Bulgarien betreibt in Sofia ein Integrationszentrum für Flüchtlinge und Migranten, das psychologische Hilfe, Bildungsservices, soziale Beratung, humanitäre Hilfe und Unterstützung bezüglich Wohnen und Arbeit bietet (Caritas o.D.c). Für anerkannte Flüchtlinge oder humanitär Schutzberechtigte betreibt die Caritas Bulgarien das sogenannte „Refugee and Migrant Integration Center Sveta Anna” in Sofia, wo soziale Beratung, psychologische Hilfe, Sprachtraining, Hilfe bei Meldeangelegenheiten, Registrierung beim praktischen Arzt, Unterstützung bezüglich Wohnen und Arbeit, ein Mentoringprogramm und weitere Integrationsmaßnahmen angeboten werden. 2018 wurden im Integrationszentrum in Sofia 229 Flüchtlinge und Asylwerber betreut (Caritas o.D.d; vgl. VN 26.4.2019; OSV 25.4.2019).

Daneben leisten das Bulgarian Helsinki Committee, Foundation for Access to Rights und das Centre for Legal Aid „Voice in Bulgaria“ rechtliche Hilfe (RBG o.D.).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (26.4.2018): Bericht des AA an das Verwaltungsgericht Trier, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/18914234/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_26%2E04%2E2018%2C_508%2D516.80_50410.pdf?nodeid=19243017&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        AA – Auswärtiges Amt (16.1.2019): Bericht des AA an das Verwaltungsgericht Potsdam, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684461/684543/20046516/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_16%2E01%2E2019%2C_508%2D516.80_51873.pdf?nodeid=20060626&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2020): Country Report: Bulgaria, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2019update.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        AI – Amnesty International (23.5.2018): Bulgarien 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bulgarien, Zugriff 20.7.2020

-        BRC – Bulgarian Red Cross (o.D.): Work with refugees and asylum seekers, http://en.redcross.bg/activities/activities8/rms1, Zugriff 20.7.2020

-        BTI – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bulgaria,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2029432/country_report_2020_BGR.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        Caritas Bulgaria (5.2019): The Bulgarian Migration Paradox – Mitgration and Development in Bulgaria, https://www.caritas.eu/wordpress/wp-content/uploads/2019/06/CommonHomeBulgariaEN.pdf, Zugriff 20.7.2020

-        Caritas (o.D.a): Accommodation, http://caritas.bg/en/useful-information/accommodation/, Zugriff 20.7.2020

-        Caritas (o.D.b): Social Assistance and Social Services, https://caritas.bg/en/useful-information/useful-information-refugees/social-assistance-and-social-services/, Zugriff 20.7.2020

-        Caritas (o.D.c): Bulgaria, https://www.caritas.org/where-caritas-work/europe/bulgaria/, Zugriff 20.7.2020

-        Caritas (o.D.d): Activities Refugees, https://caritas.bg/en/causes/refugees/activities-refugees/, Zugriff 20.7.2020

-        IV – Integrationsverordnung (19.7.2017): ERLASS Nr.144 vom 19. Juli 2017 über die Verabschiedung einer Verordnung über die Bedingungen und das Verfahren zum Abschluss, zur Umsetzung und Aufhebung der Vereinbarung zur Integration von Ausländern, denen Asyl oder internationaler Schutz gewährt ist (Übersetzung aus dem Bulgarischen), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/684878/684880/684924/18971283/18970840/Integrationsverordnung%2C_Erlass_Nr%2E_144%2C_19%2E07.2017.pdf?nodeid=18971397&vernum=-2, Zugriff 20.7.2020

-        OECD/EO – Organisation for Economic Co-operation and Development/European Observatory on Health Systems and Policies (29.10.2019): Bulgaria: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/34781ac1-en.pdf?expires=1594814329&id=id&accname=guest&checksum=975003598D2DE0B62B342C613516F30C, Zugriff 20.7.2020

-        OSV – Our Sunday Visitor Neewsweekly (25.4.2019): Balkans visit: Pope to touch sensitive issues of ecumenism, migration, https://osvnews.com/2019/04/25/balkans-visit-pope-to-touch-sensitive-issues-of-ecumenism-migration/, Zugriff 20.7.2020

-        RBG – Refugee Bulgaria (o.D.): Non-governmental Organizations, https://refugee.bg/en/non-governmental-organizations/, Zugriff 20.7.2020

-        UNHCR Bulgaria (24.7.2017): ?????? ????????? ?????? ??????? ?? ?????????? ?? ???????, http://www.unhcr.org/bg/3272-%D0%B0%D0%B3%D0%B5%D0%BD%D1%86%D0%B8%D1%8F%D1%82%D0%B0-%D0%BD%D0%B0-%D0%BE%D0%BE%D0%BD-%D0%B7%D0%B0-%D0%B1%D0%B5%D0%B6%D0%B0%D0%BD%D1%86%D0%B8%D1%82%D0%B5-%D0%BF%D1%80%D0%B8%D0%B2%D0%B5%D1%82%D1%81.html, Zugriff 20.7.2020

-        VN – Vatican News (26.4.2019): Caritas Bulgaria: „may the Pope‘s visit open our hearts“, https://www.vaticannews.va/en/church/news/2019-04/pope-visit-bulgaria-caritas-migrants-poverty-solidarity.html, Zugriff 20.7.2020

-        WHO – World Health Organisation (2018): Bulgaria – Health system review, http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/383054/HiT-Bulgaria-2018-web.pdf?ua=1, Zugriff 20.7.2020

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass die Identität mangels unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments nicht feststehe. Die Feststellung der Staatsangehörigkeit ergebe sich aus den glaubhaften, nachvollziehbaren Angaben sowie den Sprachkenntnissen. Dass der BF an schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leide oder von einer Immunschwäche betroffen sei, habe der BF weder behauptet noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Es seien laut BFA im gesamten Verfahren keine Hinweise auf eine schwere, lebensbedrohende Erkrankung, die einer Überstellung nach Bulgarien entgegenstehen würde, hervorgekommen. In Österreich würden keine Familienangehörigen oder Verwandten leben.

3. Gegen den vorzitierten Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte gleichzeitig den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF sei in Bulgarien im Rahmen seiner Anhaltung im Asylverfahren geschlagen und unzureichend mit Nahrungsmitteln sowie medizinisch versorgt worden. Der BF habe befürchtet, in Bulgarien aufgrund der systemischen Mängel im Asylsystem kein faires Verfahren zu erhalten und ohne rechtsstaatliche Kontrolle nach Afghanistan abgeschoben zu werden, wo dem BF eine Art. 3 EMRK Verletzung drohe. Darüber hinaus sei die Versorgungs- und Unterbringungssituation in Bulgarien unzureichend. Das BFA habe sich zu Unrecht nicht näher mit den Erlebnissen des BF in Bulgarien auseinandergesetzt, sondern habe darauf verwiesen, der BF habe keine Verfolgungs- und Bedrohungssituation angegeben sowie auch keine Anzeige bei der Polizei in Bulgarien erstattet. Auf die Versorgungszustände in Bulgarien gehe das BFA ebenso wenig ein wie auf die vom BF geschilderten Haftbedingungen. Auszugsweise wurden in der Beschwerde Berichte über Bulgarien aus dem Jahr 2017, 2018 und 2019 wiedergegeben und behauptete, es sei eine Einzelfallprüfung im gegenständlichen Fall nicht erfolgt. Die Anwendung der humanitären Klausel hätte die Zuständigkeit Österreichs ergeben, wäre ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang.

Der Abgleich der Fingerabdrücke ergab, dass der BF in Bulgarien am 29.07.2021 aufgrund seiner Asylantragstellung erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Am 01.09.2021 wurde seitens des BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gem.
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Bulgarien gestellt mit Verweis auf die angegebene Reiseroute des BF und seine angegebene Asylantragstellung in Bulgarien.

Mit Schreiben vom 15.09.2021 wurde von Seiten der bulgarischen Asyl- und Fremdenbehörde mitgeteilt, dass diese der Wiederaufnahme des BF ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 lit. d
Dublin III-VO zustimmen. Weiters teilte die bulgarische Dublinbehörde mit, dass der BF in Bulgarien unter einem anderen Geburtsdatum und einem anderen Nachnamen einen Asylantrag gestellt habe.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Bulgarien an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens beendet hätte, liegt nicht vor. Der BF hat nach Asylantragstellung in Bulgarien das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate verlassen.

Der BF leidet an keinen akut lebensbedrohenden Krankheiten, benötigt keine Medikamente und ist nicht immungeschwächt. In Österreich war der BF nicht in ärztlicher Behandlung. Der BF gehört keiner COVID-19-Risikogruppe an.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF nach Bulgarien. Die sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Der BF lebt in keiner Familiengemeinschaft und keiner familienähnlichen Lebensgemeinschaft in Österreich, es leben auch keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Sonstige private oder berufliche Bindungen zu Österreich sind nicht vorhanden. Eine besondere Integrationsverfestigung des BF in Österreich besteht nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des BF und der in Bulgarien erfolgten Asylantragstellung ergeben sich aus der Aktenlage im Zusammenhalt mit den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie „1“ zu Bulgarien.

Die Feststellung hinsichtlich der Zustimmung Bulgariens zur Wiederaufnahme des BF nach
Art 18 Abs 1 lit d Dublin III-VO beruhen auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren, welches im Verwaltungsakt dokumentiert ist.

Die Feststellung, dass der BF seit seiner Asylantragstellung in Bulgarien das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate verlassen hat, beruht auf dessen eigenen Angaben zum Reiseweg. Ein zuständigkeitsbeendendes Element betreffend Bulgarien ist somit nicht ersichtlich.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist festzuhalten, dass sich hier keine ma

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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