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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
KFG 1967 §79 Abs3 idF 1994/654;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/11/0067 E 16. Mai 1997Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Februar 1996, Zl. VerkR-392.107/1-1995/Vie, betreffend Bestätigung nach § 79 Abs. 3 KFG 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. Juli 1995 auf Ausstellung einer Bestätigung über das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes im Sinne des § 79 Abs. 3 KFG 1967 in Wels und in Negotin ("Restjugoslawien") abgewiesen.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; sie beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 79 Abs. 3 KFG 1967 (in der Fassung der 17. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 654/1994) können Personen, die im Bundesgebiet den Hauptwohnsitz und in einem anderen Staat einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben, von einem von diesem Staat ausgestellten Führerschein im Bundesgebiet Gebrauch machen, wenn sie eine Bestätigung der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Hauptwohnsitz liegt, vorweisen, in der das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes festgestellt wird. Solche Bestätigungen sind auf Antrag jeweils nur für die Dauer eines Jahres auszustellen.
Die Beschwerdeführerin hat unbestrittenermaßen in Wels, wo sie mit ihrem Mann und ihrem Schwiegervater, die beide dort berufstätig sind, sowie mit den zwei minderjährigen Kindern wohnt, ihren Hauptwohnsitz. Sie brachte in ihren Eingaben vom 11. Juli 1995 und vom 11. Oktober 1995 vor, daß sie auch in Negotin einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen habe. Dort besäßen die Eltern ihres Mannes ein Haus und zwei kleinere Landwirtschaften; ihre Schwiegermutter lebe dort. Ihr Schwiegervater habe bereits um die Pension angesucht und werde nach deren Erlangung endgültig nach Negotin zurückkehren. Ihr Mann sei als Erbe vorgesehen und werde dereinst die Liegenschaften übernehmen. Sooft es die Arbeitsverhältnisse zuließen, fahre sie mit ihrem Mann, den Kindern und dem Schwiegervater nach Negotin. Dort verbrächten sie auch den Urlaub und die Feiertage. In der Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie fahre in der Regel gemeinsam mit ihrem Mann nach Negotin. Es komme aber auch vor, daß ihr Mann allein fahre, weil die beiden Kinder klein seien und ihnen daher eine so lange Reise nicht so häufig zugemutet werden könne.
Die belangte Behörde wies den Antrag wegen Fehlens eines Mittelpunktes der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin in Negotin ab. Bei den nach der Aktenlage in Abständen von 2 bis 3 Monaten stattfindenden Aufenthalten in Negotin handle es sich bloß um besuchsweise Aufenthalte. Auch in Anbetracht der bei ihrem Mann bestehenden Aussicht, seine Eltern zu beerben, könne bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht von einem Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin in Negotin die Rede sein.
Die Beschwerdeführerin hält, wie sich aus dem Beschwerdevorbringen insgesamt ergibt, diese rechtliche Beurteilung für verfehlt. Sie ist damit nicht im Recht.
§ 79 Abs. 3 KFG 1967 erhielt seine nunmehrige Fassung durch die 17. KFG-Novelle. Der Zweck dieser Änderung war die Anpassung dieser Bestimmung an die durch das Hauptwohnsitzgesetz geänderte Rechtslage (siehe den Bericht des Verkehrsausschusses, 1807 BlgNR 18. GP, 3).
Nach § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat. Die Definition des Hauptwohnsitzes im ersten Satz dieser Bestimmung entspricht jener des ordentlichen Wohnsitzes (siehe das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 95/11/0256). Als ordentlicher Wohnsitz ist jener Ort anzusehen, an dem sich die betreffende Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen (siehe das soeben genannte Erkenntnis, mwN). Auch § 79 Abs. 3 KFG 1967 in der neuen Fassung stellt auf das Vorliegen eines ausländischen Wohnsitzes im besagten Sinn ab; die 17. KFG-Novelle hat daran nichts geändert. Damit kann weiterhin von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 79 Abs. 3 KFG 1967 ausgegangen werden. Danach ist bei der Frage des Bestehens eines Wohnsitzes (im Sinne der österreichischen Rechtsordnung) im Ausland insbesondere auf die - aus den äußeren Umständen hervorgehende - Absicht einer Person abzustellen, in dem betreffenden Ort im Ausland einen (zweiten) Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen zu haben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1993, Zl. 93/11/0049). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof in bezug auf regelmäßige Besuche eines türkischen Staatsangehörigen in der Türkei, die in der Sorge um sein dort befindliches Haus und seine darin wohnende betreuungsbedürftige Mutter erfolgten, ausgesprochen, darin sei keine Absicht zu erblicken, dort einen Mittelpunkt der Lebensinteressen zu unterhalten. Die Pflege von Kontakten zu nahen Angehörigen und die Verwaltung von Vermögenswerten in einem anderen Staat sei für sich allein nicht geeignet, einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen oder aufrecht zu erhalten. Diese Anknüpfungselemente seien im Verhältnis zum Wohnsitz des (damaligen) Beschwerdeführers in Österreich, wo er zusammen mit Ehefrau und Kindern lebe und offenbar auch einem Beruf nachgehe, von einer derart untergeordneten Bedeutung, daß von einem zweiten ordentlichen Wohnsitz nicht gesprochen werden könne.
Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die belangte Behörde zu Recht angenommen hat, die Aufenthalte der Beschwerdeführerin in Negotin begründeten keinen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen an diesem Ort. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Anknüpfungselemente sind im Verhältnis zu ihrem Wohnsitz in Österreich, wo sie zusammen mit ihrem Mann, den beiden Kindern und dem Schwiegervater lebt, von untergeordneter Bedeutung. Sie erreichen nicht eine solche Intensität, daß derzeit von einem Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen auch in Negotin die Rede sein könnte. Daran vermögen die Beschwerdeauführungen, die auf eine gegenteilige Wertung hinauslaufen, nichts zu ändern.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996110070.X00Im RIS seit
19.03.2001