TE Vwgh Beschluss 2021/3/11 Ra 2021/09/0013

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.03.2021
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art133 Abs4
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §1
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 96/2020 §1
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 96/2020 §3
EpidemieG 1950 §18
EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §32 Abs1
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GmbH in B, vertreten durch Hawel - Eypeltauer - Gigleitner - Huber & Partner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lederergasse 18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. November 2020, LVwG-751019/2/MB/BD, betreffend Abweisung eines Antrags auf Vergütung von Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Antrag vom 17. Juni 2020 begehrte die Revisionswerberin gestützt auf § 32 Abs. 1 Z 5 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) Ersatz für den von ihr im Zeitraum von 16. März 2020 bis 17. Mai 2020 dadurch erlittenen Verdienstentgang, dass infolge der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, BGBl. II Nr. 96/2020, in dem von ihr betriebenen Bereich der mobilen Begleitung nur mehr eine stark eingeschränkte Leistungserbringung möglich gewesen sei.

2        Diesen Antrag wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde mit Bescheid vom 8. September 2020 ab.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

4        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision voraus, dass das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (siehe etwa VwGH 20.5.2020, Ra 2020/09/0018).

7        Die Revisionswerberin sieht die Zulässigkeit ihrer Revision zusammengefasst darin gelegen, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG zustehe, wenn aufgrund der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, BGBl. II Nr. 96/2020, Schulen geschlossen worden seien und es daher für das von der Revisionswerberin geführte Unternehmen der Schulbusbegleitung für die Dauer der Schließung der Schulen zu einem vollständigen Umsatzausfall gekommen sei.

8        Mit diesem Vorbringen wird schon aus folgenden Gründen keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt:

9        Mit der von der Revisionswerberin genannten, auf Grundlage von § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG) erlassenen Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II Nr. 96/2020, wurde zwar (mit näher genannten Ausnahmen) das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben (§ 1) sowie das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe untersagt (§ 3), eine Schließung von Schulen wurde mit dieser Verordnung jedoch nicht verfügt.

10       Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wiederum ordnete mit der auf §§ 6, 10, 21b, 23, 29, 39, 58 bis 63c und 68a bis 81 Schulorganisationsgesetz, §§ 18 bis 21, 23, 25, 43 bis 50 und 82m Schulunterrichtsgesetz, § 72b Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, §§ 5 Abs. 3, 17 und 42 Land- und forstwirtschaftliches Bundesschulgesetz, § 119 Forstgesetz 1975 sowie § 16e Schulzeitgesetz 1985 gestützten und im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus erlassenen Verordnung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für die Schuljahre 2019/20 und 2020/21 (C-SchVO), BGBl. II Nr. 208/2020, unter anderem (lediglich) einen ortsungebundenen Unterricht für Schülerinnen und Schüler der Vorschulstufe sowie der ersten bis achten Schulstufe ab 18. März 2020 (§ 2 Abs. 2 leg.cit.) sowie Ausnahmen hievon an.

11       Die in der Revision aufgeworfene Frage, ob § 4 Abs. 2 und 3 COVID-19-MG einen Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG für den Fall von Betriebsschließungen oder -beschränkungen zulasse (diese Frage verneinend VfGH 14.7.2020, G 202/2020, V 408/2020, u.a.; 26.11.2020, E 3412/2020; E 3417/2020), stellt sich im vorliegenden Fall daher gar nicht.

12       Im Übrigen sieht § 32 Abs. 1 EpiG selbst für den Fall einer - hier nicht vorliegenden - vollständigen oder teilweisen Schließung von Lehranstalten nach § 18 EpiG keinen Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang vor.

13       Die von der Revisionswerberin genannte Bestimmung des § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG wiederum stellt schon nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut auf einen nach § 20 EpiG eingeschränkten oder gesperrten Betrieb ab. Dies liegt auch nach dem Zulässigkeitsvorbringen im hier zu beurteilenden Fall nicht vor, erfolgten die Einschränkungen doch durch die auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes erlassene Verordnung.

14       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision jedoch auch dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (siehe etwa VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124, je mwN). Im Übrigen wurde die Rechtslage überdies durch das Erkenntnis des VwGH 24.2.2021, Ra 20217/03/0018, bereits klargestellt.

15       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen, von deren Lösung eine Entscheidung über die Revision abhinge, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Wien, am 11. März 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090013.L00

Im RIS seit

17.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten