Entscheidungsdatum
25.11.2021Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
EpidemieG 1950 §40Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Adresse 2, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X (= belangte Behörde) vom 11.05.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz (richtig: Epidemiegesetz 1950), nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben, Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2021, Zl ***, aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt, im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2021, Zl ***,
bei den Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden sind (§ 44a Z 2 VStG):
„1) § 40 Abs 1 lit c Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 136/2020, iVm § 13 Abs 3 Z 2 und Abs 4 Z 1 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (4. COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 58/2021 idF BGBl II Nr 76/2021.“
und bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG):
„1) § 40 Abs 1 lit c EpiG, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 136/2020“
zu lauten hat.
2. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens wird mit Euro 20,00 neu bestimmt.
3. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 40,00 zu leisten.
4. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis vom 11.05.2021, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft AA, Adresse 1, **** Z, zur Last gelegt, am 27.02.2021 gegen 18:50 Uhr am CC-Platz in **** X als Teilnehmer der Veranstaltung „FF“ 1. keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen und 2. den Abstand von mindestens 2 m gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, nicht eingehalten zu haben. Dadurch habe er zu 1. und 2. die Rechtsvorschriften des § 8 Abs 2 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG) iVm § 13 Abs 3 und Abs 4 der 4. COVID-19-SchuMaV verletzt, weswegen über ihn zu 1. und 2. gemäß § 8 Abs 2 Z 2 COVID-19-MG jeweils eine Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 67 Stunden) verhängt wurde. Betreffend die Verwaltungsübertretung 1. hat die Bezirkshauptmannschaft X die erlittene Vorhaft in der Dauer von drei Minuten angerechnet, sodass zu dieser Verwaltungsübertretung noch ein Betrag von Euro 199,85 zu bezahlen sei. Darüber hinaus verringere sich die Ersatzfreiheitsstrafe zu Punkt 1. des Straferkenntnisses auf 66 Stunden und 57 Minuten.
Mit Schriftsatz vom 07.06.2021 hat AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Adresse 2, **** Y, Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2021, Zl ***, erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Mit Schriftsatz vom 24.06.2021, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannshaft X den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde des AA gegen den Bescheid vom 11.05.2021, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.
Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichts Tirol hat die Bezirkshauptmannschaft X mit Schriftsatz vom 02.07.2021 mehrere Unterlagen zur angezeigten Versammlung „FF“ am 27.02.2021 in **** X, CC-Platz, vorgelegt.
Am 20.10.2021 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Beschwerdeführer hat dabei im Wesentlichen auf das bisherige schriftliche Vorbringen, insbesondere im Einspruch vom 18.03.2021, in der Stellungnahme vom 26.04.2021 und in der Beschwerde vom 07.06.2021 verwiesen.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei, durch die Einvernahme der Zeugin DD (= Ehefrau des Beschwerdeführers) und des Zeugen Kontrollinspektor (KI) EE sowie durch Einsichtnahme und Verlesung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft X und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.
Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebracht, er verfüge über eine Filmaufnahme, anhand derer ersichtlich sei, wo er zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt gestanden habe. Es sei ihm möglich, anhand dieser Filmaufnahme ein entsprechendes Foto anzufertigen und dem Landesverwaltungsgericht Tirol zuzusenden. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat in weiterer Folge dem Beschwerdeführer die Verhandlungsschrift übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von 14 Tagen das entsprechende Lichtbild zuzusenden und eine abschließende Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 11.11.2021 eine abschließende Stellungnahme erstattet und zwei Lichtbilder – Auszüge aus einem Video, das ein Passant mit seinem Handy gefilmt hat, – vorgelegt.
II. Beschwerdevorbringen:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, am 27.02.2021 aus beruflichen Gründen X besucht und mit seiner Gattin gemeinsam um etwa 18:40 Uhr den CC-Platz in X betreten zu haben. Am CC-Platz seien keine Hinweise ersichtlich gewesen, dass eine Versammlung, Demonstration, Veranstaltung oder Ähnliches stattfinden würde. Der Beschwerdeführer habe eine Menschenansammlung sowie einen Redner wahrgenommen, der über Lautsprecher zu den Menschen gesprochen habe. Er [= der Beschwerdeführer] habe herausfinden wollen, worum es sich hier handle und sei abseits mit seiner Gattin stehengeblieben, um sich ein Bild von der Situation zu verschaffen.
Der Beschwerdeführer hält fest, am 27.02.2020 nicht wissentlich an einer Veranstaltung im Sinne des § 13 Abs 2 Z 2 der 4. COVID-19-SchuMaV teilgenommen zu haben. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wieso ihm [= dem Beschwerdeführer] angelastet werde, ohne Tragen einer FFP2-Maske an einer Veranstaltung teilgenommen zu haben.
Der Beschwerdeführer weist daraufhin, dass er mit dem Rücken nahe an einer Hauswand gestanden sei. Er betont, dabei keine Unterschreitung des Abstandes von zwei Metern zu haushaltsfremden Personen herbeigeführt zu haben. Es sei ihm aber aufgrund seines Standortes nicht möglich gewesen, im Fall des Nähertretens Dritter nach hinten auszuweichen.
Ein Polizeibeamter habe sich ihm [= dem Beschwerdeführer] genähert und ihn darauf hingewiesen, dass er sich auf einer Veranstaltung befinde und daher eine FFP2-Maske zu tragen habe. Er [= der Beschwerdeführer] habe erklärt, nicht Teilnehmer der Veranstaltung zu sein, und habe sich erkundigt, in welche Richtung und wieweit er sich von seinem aktuellen Standort wegbewegen müsse, um nicht mehr als Teilnehmer der Veranstaltung angesehen zu werden. Der Polizeibeamte habe diese Auskunft nicht erteilt, sondern ihn angewiesen, sofort eine FFP2-Maske aufzusetzen und sich auszuweisen. Er [= der Beschwerdeführer] habe daraufhin seinen Ausweis übergeben und mehrmals gefragt, ohne darauf eine Antwort zu erhalten, wohin er sich begeben müsse, um außerhalb des Veranstaltungsbereiches zu sein. Der Polizeibeamte habe diese Fragen weiterhin nicht beantwortet, sondern den Ausweis fotografiert und seine Daten aufgenommen. Schließlich habe der Polizeibeamte festgestellt, er [= der Beschwerdeführer] wäre nicht gewillt, eine Maske aufzusetzen, deswegen werde er nun verhaftet. Er habe mit Handzeichen acht weitere Beamte zu sich beordert, die in weiterer Folge ihn [= den Beschwerdeführer] auf die Dienststelle begleitet hätten.
In der abschließenden Stellungnahme vom 11.11.2021 bringt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die vorgelegten Lichtbilder vor, dass er sich mit seiner Ehefrau in unmittelbarer Nähe zu einem Gebäude befunden habe und das „Zentrum der damaligen Veranstaltung“ ca 30 m entfernt gewesen sei. Zudem betont der Beschwerdeführer nochmals, der Aufforderung des Tragens einer FFP2-Maske nicht nachgekommen zu sein, weil er sich darauf berufen habe, an keiner Veranstaltung teilzunehmen. Die einschreitenden Exekutivbeamten hätten ihm [= dem Beschwerdeführer] nicht bekanntgegeben, wohin er sich räumlich begeben sollte, um nicht mehr als Teilnehmer dieser Veranstaltung qualifiziert zu werden.
III. Sachverhalt:
1. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers:
AA, geb am **.**.****, wohnhaft Adresse 1, **** Z, ist selbstständig und betreibt ein Handelsunternehmen. Derzeit bezieht er aus seinem Unternehmen keine Einkünfte.
Der Beschwerdeführer ist gegenüber anderen Personen nicht sorgepflichtig. Er lebt an der angeführten Adresse gemeinsam mit seiner Ehefrau.
Der Beschwerdeführer ist unbescholten.
2. Feststellungen zur Versammlung/Kundgebung „FF“:
Mit Schriftsatz vom 24.02.2021 hat GG, Adresse 3, **** X, die Versammlung/Kundgebung „FF“ für Samstag, 27.02.2021, 18:30 Uhr bis ca 20:00 Uhr, am CC-Platz X angemeldet. In dieser Anzeige war der Ablauf der Versammlung/Kundgebung geschildert. Die Bezirkshauptmannschaft X hat diese angezeigte Versammlung mit Schriftsatz vom 26.02.2021, Zl ***, nach dem Versammlungsgesetz bescheinigt und die Polizeiinspektion (PI) X um eine Kontrolle und Berichterstattung ersucht.
Am 27.02.2021 fand die nicht untersagte Versammlung „FF“ ab ca 18.25 Uhr in **** X, nördlich des Rathauses JJ, am dortigen CC-Platz statt. Unter anderem war KI EE damit beauftragt, die Einhaltung der Bestimmungen der 4. COVID-19-SchuMaV im Rahmen dieser Veranstaltung zu kontrollieren.
3. Feststellungen zum Tatvorwurf:
Der Beschwerdeführer fuhr gemeinsam mit seiner Ehegattin und einem befreundeten Ehepaar am 27.02.2021 nach X. Um etwa 18.40 Uhr haben der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und die weiteren Begleiter – aus einer Seitengasse kommend – den CC-Platz in X betreten. Der Beschwerdeführer nahm eine Menschenansammlung sowie eine Rednerin, die für ihre Ansprache einen Lautsprecher verwendete, wahr. Der Beschwerdeführer blieb im Nahbereich des Rathauses („JJ“) stehen, um sich ein Bild von der Situation zu verschaffen. Neben ihm stand seine Ehefrau DD. Dass sich sonstige, nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer lebende Personen in einem Abstand von weniger als 2 m zum Beschwerdeführer aufhielten, lässt sich nicht feststellen.
Dem Beschwerdeführer wurde innerhalb kurzer Zeit klar, warum am CC-Platz in X Menschen versammelt waren. Dem Beschwerdeführer war auch bewusst, dass Gegenstand der Ansprache der Rednerin das Thema „KK“ war.
Während der Beschwerdeführer am CC-Platz stand, trug er keine Maske.
Um ca 18.48 Uhr kam KI EE zum Beschwerdeführer und forderte ihn auf, als Teilnehmer der Kundgebung „FF“ eine Maske aufzusetzen. Der Beschwerdeführer antwortete, er und seine Ehefrau würden an keiner Versammlung teilnehmen. KI EE hat in weiterer Folge festgehalten, der Beschwerdeführer und seine Ehefrau seien am CC-Platz und würden somit an einer Versammlung teilnehmen. Daher sei eine Maske aufzusetzen. Der Beschwerdeführer hat daraufhin gemeint, man möge ihm mitteilen, wohin er sich begeben müsse, damit er nicht mehr als Teilnehmer der Versammlung gelte. Daraufhin forderte KI EE den Beschwerdeführer auf, sich auszuweisen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nach. Aufgrund der damals herrschenden Lichtverhältnisse war es dem einschreitenden Polizeibeamten nicht möglich, ein Foto des Lichtbildausweises anzufertigen. Da andere Personen die Amtshandlung störten, war es auch nicht möglich, die Daten aus dem Lichtbildausweis handschriftlich zu dokumentieren. KI EE wies den Beschwerdeführer nochmals an, eine FFP2-Maske aufzusetzen. Wiederum hielt der Beschwerdeführer fest, es solle ihm gesagt werden, wohin er sich begeben solle, damit er nicht mehr Teilnehmer der Veranstaltung sei. Daraufhin fordertet KI EE den Beschwerdeführer auf, zur Identitätsfeststellung auf die Dienststelle der PI X zu folgen. Dabei hat der einschreitende Polizeibeamte um 18.50 Uhr die Festnahme ausgesprochen. Der Beschwerdeführer ging in weiterer Folge freiwillig mit den Beamten zur Polizeidienststelle X. Nach der Feststellung der Identität wurde er um 18.53 Uhr entlassen.
IV. Beweiswürdigung:
Die Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20.10.2021. Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers hat bereits die belangte Behörde festgestellt.
Dementsprechend lauten die Feststellungen in Kapitel 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.
Die Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses sind im Wesentlichen unstrittig und stützen sich auf die von der Bezirkshauptmannschaft X mit Schriftsatz vom 02.07.2021 vorgelegten Unterlagen sowie die Angaben in der Anzeige vom 03.03.2021, Zl ***.
Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel angeführt, gemeinsam mit seiner Ehegattin um etwa 18.40 Uhr den CC-Platz in X betreten zu haben. Die Beschreibung des weiteren Ablaufes bis zur Festnahme des Beschwerdeführers stützt das Landesverwaltungsgericht Tirol im Wesentlichen auf die Aussagen des Beschwerdeführers und dessen als Zeugin einvernommenen Ehegattin DD. Der auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbildern ersichtliche Hintergrund lässt den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer im Nahbereich der JJ – Rathaus der Stadtgemeinde X – gestanden hat. Der Beschwerdeführer selbst, aber auch seine Ehegattin, haben übereinstimmend angegeben, dass sich am CC-Platz zahlreiche weitere Personen befunden hätten und zudem eine Rednerin, die für ihre Ansprache ein(en) Lautsprecher/Mikrofon verwendete, wahrgenommen habe werden können. Der Beschwerdeführer hat auch ausgesagt, ihm sei innerhalb kurzer Zeit (5 min) klargeworden, warum sich die Menschen am CC-Platz in X versammelt hätten. Auf einem der vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbilder sind neben der neben ihm stehenden Ehefrau zwei weitere Personen erkennbar, anhand des Lichtbildes lässt sich allerdings nicht feststellen, ob der Abstand zwischen dem Beschwerdeführer und diesen beiden weiteren Personen weniger als 2 m betragen hat. Auf beiden vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbildern ist klar erkennbar, dass der Beschwerdeführer keine Maske getragen hat. Dies hat auch dessen Ehefrau DD anlässlich ihrer Einvernahme ausgesagt.
Der Beschwerdeführer hat sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung zur Amtshandlung mit KI EE wie folgt geäußert:
„Nach der ersten Aufforderung durch den Polizeibeamten, eine Maske aufzusetzen, habe ich dem Polizeibeamten mitgeteilt, nicht Teilnehmer einer Versammlung zu sein. Der Polizeibeamte hat daraufhin gemeint, da ich hier am CC-Platz stehe, sei ich sehr wohl Teilnehmer dieser Veranstaltung und müsse eine Maske aufsetzen. Ich habe daraufhin festgehalten, man möge mir mitteilen, wohin ich mich begeben müsse, damit ich nicht mehr als Teilnehmer der Versammlung gelte. Zu diesem Zeitpunkt hat mich der Polizeibeamte aufgefordert, einen Ausweis zu zeigen. Dem bin ich auch nachgekommen. Den Ausweis hat der Polizeibeamte fotografiert. Er hat danach nochmals gemeint, ob ich nun endlich eine Maske aufsetzen würde. Ich habe wiederum dem Polizeibeamten mitgeteilt, er solle angeben, wohin ich gehen solle, damit ich nicht mehr Teilnehmer dieser Veranstaltung bin. Daraufhin hat der Polizist gemeint, er sehe schon, ich würde mich seinen Anordnungen widersetzen, und mit einem Handzeichen acht LL-Beamte herbeigerufen. Einer dieser LL-Beamte wollte mich anfassen. Ich habe dann gesagt, man müsste mich nicht angreifen. Ich würde den Anordnungen auch so folgen.“
Die eben wiedergegebenen Angaben stimmen im Wesentlichen mit den Ausführungen in der Anzeige vom 04.03.2021 und den Aussagen des als Zeugen einvernommenen KI EE überein.
Dementsprechend lauten die Feststellungen in Kapitel 3. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.
V. Rechtslage:
1. Epidemiegesetz 1950:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950 in den Fassungen BGBl I Nr 136/2020 (§ 40) und BGBl I Nr 23/2021 (§ 15), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen.
§ 15. (1) Sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, sind Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen,
1. einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen,
2. an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen zu binden oder
3. auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen einzuschränken.
Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 3 nebeneinander zu ergreifen. Reichen die in Z 1 bis 3 genannten Maßnahmen nicht aus, sind Veranstaltungen zu untersagen. […]“
(2) Voraussetzungen oder Auflagen gemäß Abs. 1 können je nach epidemiologischen Erfordernissen insbesondere sein:
1. Vorgaben zu Abstandsregeln,
2. Verpflichtungen zum Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-Schutzvorrichtung,
[…]
(5) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann die Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen ? auch durch Überprüfung vor Ort ? kontrollieren. Dazu sind die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und die von ihnen herangezogenen Sachverständigen berechtigt, Veranstaltungsorte zu betreten und zu besichtigen, sowie in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern. Der Veranstalter hat den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und den von diesen herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Veranstaltungsortes zu ermöglichen, diesen die notwendigen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
[…]“
„Sonstige Übertretungen.
§ 40. (1) Wer durch Handlungen oder Unterlassungen
[…]
b) den auf Grund der in den §§ 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 17, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 angeführten Bestimmungen erlassenen behördlichen Geboten oder Verboten oder
c) den Geboten oder Verboten, die in den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen enthalten sind, zuwiderhandelt oder
[…]
macht sich, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.
(2) Wer einen Veranstaltungsort gemäß § 15 entgegen den festgelegten Voraussetzungen oder Auflagen betritt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.“
2. 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II Nr 58/2021 idF BGBl II Nr 76/2021, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„§ 13
Veranstaltungen
(1) Veranstaltungen sind untersagt.
(2) Als Veranstaltung gelten insbesondere geplante Zusammenkünfte und Unternehmungen zur Unterhaltung, Belustigung, körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Erbauung. Dazu zählen jedenfalls kulturelle Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Hochzeitsfeiern, Geburtstagsfeiern, Jubiläumsfeiern, Filmvorführungen, Fahrten mit Reisebussen oder Ausflugsschiffen zu touristischen Zwecken, Kongresse, Fach- und Publikumsmessen und Gelegenheitsmärkte.
(3) Abs. 1 gilt nicht für
[…]
2. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953,
[…]
(4) Beim Betreten von Orten zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs. 3
Z 1, 2, 4 bis 7, 9 und 10 ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Zusätzlich ist
1. bei Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7 und 9 sowie
[…]
eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.
[…]“
[Die 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021, zuletzt geändert durch BGBl II Nr 221/2021, ist mit Ablauf des 18.05.2021, § 2 dieser Verordnung mit Ablauf des 15.05.2021, außer Kraft getreten.]
3. Verwaltungsstrafgesetz 1991:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) in der Stammfassung BGBl Nr 52/1991 (§ 44a) sowie in den Fassungen BGBl I Nr 33/2013 (§§ 19 und 45) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 5), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Schuld
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs-vorschrift kein Verschulden trifft.
(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.“
„Strafbemessung
§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
[…]“
„§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.“
„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“
4. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 57/2018, lauten samt Überschriften auszugweise wie folgt:
„Schluss der Verhandlung
§ 47. (1) Das Verfahren ist möglichst in einer Verhandlung abzuschließen. Wenn sich die Vernehmung des der Verhandlung fern gebliebenen Beschuldigten oder die Aufnahme weiterer Beweise als notwendig erweist, dann ist die Verhandlung zu vertagen.
[…]
(4) Hierauf ist die Verhandlung zu schließen. Im Verfahren vor dem Senat zieht sich dieser zur Beratung und Abstimmung zurück. Der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung sind nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden.“
„Erkenntnisse
§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
[…]“
„Kosten
§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
[…]“
VI. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem zum damaligen Zeitpunkt nicht vertretenen Beschwerdeführer am 18.05.2021 zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 07.06.2021 ist an diesem Tag und somit innerhalb der Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft X eingebracht worden. Die Beschwerde wurde daher fristgerecht erhoben.
2. In der Sache:
2.1. Zum „Günstigkeitsprinzip“:
§ 1 Abs 2 VStG sieht vor, dass sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Dieses in der zitierten Bestimmung normierte „Günstigkeitsprinzip“ gilt allerdings nicht für „Zeitgesetze“. Dabei handelt es sich um Gesetze, die von vorneherein nur für einen bestimmten Zeitraum gegolten haben und der Wegfall der Regelung somit nicht auf einem geänderten Unwerturteil des Normgebers basiert (vgl dazu etwa generell VwGH 22.07.2019, Ra 2019/02/0107). Zur 4. COVID-19-SchuMaV ergingen insgesamt 12 Novellen. Gemäß § 26 Abs 1 der 4. COVID-19-SchuMaV idF BGBl II Nr 221/2021 (12. Novelle) trat die 4. COVID-19-SchuMaV mit Ablauf des 18.05.2021 außer Kraft, die Ausgangsregel des § 2 war bereits mit Ablauf des 15.05.2021 außer Kraft getreten. Das Außerkrafttreten der 4. COVID-19-SchuMaV ist auf die zu diesem Zeitpunkt deutlich verbesserte Gesamtsituation betreffend die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus im Bundesgebiet zurückzuführen. Dementsprechend galten ab dem 19.05.2021 die auf die damalige Situation angepassten Vorschriften der COVID-19-Öffnungsverordnung, BGBl II Nr 2014/2021 (vgl etwa die neu gefassten Regelungen für Zusammenkünfte in § 13 der COVID-19-Öffnungsverordnung). Der Ablauf der 4. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 58/2021 idF BGBl II Nr 221/2021, am 15.05. („Ausgangsregel“) sowie am 18.05.2021 ist auf eine Änderung der für die Anordnung relevanten Sachlage zurückzuführen und nicht auf eine nachträgliche andere Beurteilung der Gefährlichkeit des Virus. Im Hinblick auf das dem Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt – 27.02.2021 – vorgeworfene Verhalten ist das Außerkrafttreten der 4. COVID-19-SchuMaV mit Ablauf des 15./18.05.2021 unbeachtlich.
2.2. Zum Tatvorwurf des Spruchpunktes 1) des angefochtenen Straferkenntnisses:
2.2.1. Zum objektiven Tatzeitbestand:
Der Beschwerdeführer war am 27.02.2021 ab 18.40 Uhr am CC-Platz X. Zu dieser Zeit hat dort die angemeldete Versammlung „FF“ stattgefunden. Der Beschwerdeführer hat sich am CC-Platz in **** X in einem Bereich befunden, von wo er aus die Rednerin dieser Veranstaltung wahrnehmen konnte. Um ihn herum befanden sich auch weitere Personen, die an der Versammlung „FF“ teilgenommen haben.
Folglich hat auch der Beschwerdeführer ab 18:40 Uhr an dieser Versammlung teilgenommen. Dass am CC-Platz nicht gesondert auf diese Veranstaltung hingewiesen wurde, ändert nichts an der Teilnahme des Beschwerdeführers an dieser Kundgebung. Insbesondere bestand für diese Versammlung keine Verpflichtung, Abgrenzungen vorzunehmen oder Eingangskontrollen durchzuführen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe nicht an dieser Versammlung teilnehmen wollen, ist daher rechtlich irrelevant. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum zwischen 18:40 Uhr und 18:48 Uhr keine FFP2-Maske getragen, sodass er den kontrollierenden Polizeibeamten aufgefallen ist. Währen d der Amtshandlung bis zur Festnahme um 18:50 Uhr trug der Beschwerdeführer ebenfalls keine Maske. Mit diesem Verhalten hat der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 13 Abs 4 Z 1 der 4. COVID-19-SchuMaV verletzt. Als Teilnehmer an der gemäß § 13 Abs 3 Z 2 der 4. COVID-19-SchuMaV zulässigen Versammlung „FF“ war der Beschwerdeführer verpflichtet, durchgehend eine FFP2-Maske zu tragen. Die Ausnahmebestimmung des § 16 Abs 5 der 4. COVID-19-SchuMaV ist im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel vorgebracht, zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes nicht verpflichtet gewesen zu sein, da die maximal zulässige Tragedauer einer FFP2-Maske von maximal drei Stunden pro Tag bereits während seiner beruflichen Tätigkeit überschritten gewesen wäre. Zum Tatzeitpunkt war während der Teilnahme an einer Veranstaltung im Sinne des § 13 Abs 3 Z 2 der 4. COVID-19-SchuMaV eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen. Ob und über welchen Zeitraum der Beschwerdeführer allenfalls vor der Teilnahme an dieser Veranstaltung eine Maske getragen hat, ist gemäß § 13 Abs 4 Z 1 der 4. COVID-19-SchuMaV rechtlich nicht relevant. Der Tatbestand des § 16 Abs 5 der 4. COVID-19-SchuMaV ist im gegenständlichen Verfahren ebenfalls nicht erfüllt. Der in dieser Bestimmung umschriebene Ausnahmegrund ist durch eine von einen im Österreich zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Arzt ausgestellten Bestätigung nachzuweisen. Eine solche Bestätigung hat der Beschwerdeführer jedenfalls dem einschreitenden Polizeibeamten nicht gezeigt. Er hat auch gar nicht behauptet, zum damaligen Zeitpunkt über eine solche Bestätigung verfügt zu haben.
Der Beschwerdeführer hat somit objektiv die Rechtsvorschrift des § 13 Abs 4 Z 1 der 4. COVID-19-SchuMaV verletzt und damit objektiv eine Verwaltungsübertretung nach § 40 Abs 1 lit c EpiG begangen.
2.2.2. Zum subjektiven Tatbestand:
Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist als „Ungehorsamsdelikt“ zu qualifizieren. Gemäß § 5 Abs 1 VStG tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Verbotsunkenntnis ist vorwerfbar, wenn sich der Täter trotz Veranlassung über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundungspflicht. Zum damaligen Zeitpunkt bestanden für viele Bereiche, insbesondere auch für Zusammenkünfte, zu denen auch Versammlungen zu zählen sind, weitreichende Einschränkungen und Auflagen, wie etwa die Einhaltung eines Mindestabstandes und die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske.
Der Beschwerdeführer hat keine Umstände aufgezeigt, die Zweifel an seinem Verschulden aufkommen lassen. Sein Vorbringen beschränkt sich darauf, unter Hinweis auf verschiedene Umstände – keine Teilnahme an einer Veranstaltung, Überschreitung der höchstzulässigen Zeitspanne für das Tragen einer FFP2-Maske – zum Tragen einer FFP2-Maske nicht verpflichtet gewesen zu sein. Das Verschulden des Beschwerdeführers ist als gravierend zu werten, da der einschreitende Polizeibeamte ihn mehrmals auf die Maskenpflicht hingewiesen hat. Sofern der Beschwerdeführer an der Versammlung nicht teilnehmen hätte wollen, wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, die Maske aufzusetzen und den CC-Platz in X über jene Seitengasse wieder zu verlassen, über die er gemeinsam mit seiner Ehefrau und ein weiteres befreundetes Ehepaar auf den CC-Platz gelangt ist. Die an den einschreitenden Polizeibeamten auf dessen Anweisungen erfolgten Fragen, wohin man sich begeben müsse, um nicht Teilnehmer der Veranstaltung zu sein, sind für das Landesverwaltungsgericht somit nicht schuldausschließend. Der einschreitende Polizeibeamte ist mit seiner an den Beschwerdeführer gerichteten Aufforderung lediglich seinem Auftrag nachgekommen, die Einhaltung der Vorschriften der 4. COVID-19-SchuMaV und damit auch die Maskenpflicht bei der gegenständlichen Versammlung zu kontrollieren.
Die Verletzung der Rechtsvorschrift des § 13 Abs 4 Z 1 der 4. COVID-19-SchuMaV hat der Beschwerdeführer somit auch subjektiv zu verantworten.
Allerdings ist gesetzliche Grundlage der Rechtsvorschrift des § 13 der 4. COVID-19-SchuMaV nicht das COVID-19-MG, sondern § 15 EpiG. Folglich ist das Verhalten des Beschwerdeführers – Verletzung der Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske im Rahmen einer Versammlung – als Verwaltungsübertretung nach § 40 Abs 1 lit c EpiG zu qualifizieren.
2.2.3. Zur Strafbemessung:
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Ausgehend von dem gemäß § 40 Abs 1 lit c EpiG zur Verfügung stehenden Strafrahmen in der Höhe von bis zu Euro 1.450,00 hat die belangte Behörde eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,00 und damit im Ausmaß von knapp 14 % des vorgesehenen Strafrahmens verhängt. Mildernd ist lediglich ist Unbescholtenheit zu werten.
Die Teilnahme an der Versammlung „FF“ am 27.02.2021, ohne eine FFP2-Maske zu tragen, stellte ein relevantes Infektionsrisiko dar. Darüber hinaus ist aus den dargelegten Gründen – Verletzung der Verpflichtung zum Tragen einer Maske trotz entsprechender Aufforderung durch den einschreitenden Polizeibeamten – von einem gravierenden Verschulden auszugehen. Folglich kommt eine Herabsetzung der verhängten Strafe nicht in Betracht. Die verhängte Strafe war insbesondere im Hinblick auf die Strafandrohung des § 40 EpiG jedenfalls schuld- und tatangemessen. Auch unter Berücksichtigung der richtigerweise anzuwendenden Strafsanktionsnorm des § 40 EpiG entspricht die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe den Vorgaben des § 16 iVm § 19 VStG. Die von der belangten Behörde vorgenommene Anrechnung der erlittenen Vorhaft und die sich dadurch ergebende Reduktion der zu Spruchpunkt 1) verhängten Geldstrafe ist rechtskonform und bedeutet für den Beschwerdeführer keinen Rechtsnachteil.
2.3. Zur Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Der Beschwerdeführer war am 27.02.2021 zwischen 18.40 Uhr und 18.50 Uhr Teilnehmer der zulässigen Versammlung „FF“. Dass er als Teilnehmer dieser Veranstaltung den Mindestabstand gegenüber nicht im gleichen Haushalt lebenden Personen nicht eingehalten hat, lässt sich allerdings nicht feststellen. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 13 Abs 4 erster Satz der 4. COVID-19-SchuMaV nicht verletzt und folglich im Hinblick auf die Verpflichtung zur Einhaltung eines Mindestabstandes keine Verwaltungsübertretung nach § 40 Abs 1 lit c EpiG begangen.
3. Ergebnis:
3.1. Zum Erkenntnis:
Der Beschwerdeführer hat als Teilnehmer der am 27.02.2021 zulässigen Versammlung „FF“ die Verpflichtung zur Einhaltung des Mindestabstandes gemäß § 13 Abs 4 erster Satz der 4. COVID-19-SchuMaV nicht verletzt und dementsprechend auch keine Verwaltungsübertretung begangen. Das angefochtene Straferkenntnis war daher in diesem Umfang aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.
Der Beschwerdeführer hat am 27.02.2021 als Teilnehmer der zulässigen Versammlung „FF“ und damit auch zum Tatzeitpunkt – 18.50 Uhr – entgegen § 13 Abs 4 Z 1 der 4. COVID-19-SchuMaV keine FFP2-Maske getragen. Dieses Verhalten hat der Beschwerdeführer auch subjektiv zu verantworten. Er hat somit eine Verwaltungsübertretung nach § 40 Abs 1 lit c EpiG begangen. Die mit Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 ist schuld- und tatangemessen. Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht den Vorgaben des § 16 iVm § 19 VStG.
Die belangte Behörde hat allerdings den Beschwerdeführer mit Spruchpunkt 1) eine Verwaltungsübertretung nach dem COVID-19-MG zur Last gelegt. Diesbezüglich ist Folgendes festzuhalten:
Sache des Verwaltungsstrafverfahren ist die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung (VwGH 25.03.2020, Ra 2020/02/0033; VwGH 14.09.2020, Ra 2020/02/0032).
Gemäß dem auch für Entscheidungen der Verwaltungsgerichte geltenden § 44a VStG ist das Verwaltungsgericht verpflichtet, fehlerhafte Bescheidsprüche der Behörde zu ergänzen oder richtigzustellen. Allerdings beschränkt sich eine derartige Berichtigung auf die Konkretisierung des Tatvorwurfs oder die rechtlich richtige Subsumtion des der Bestrafung zu Grunde gelegten Verhaltens. Nach der herrschenden Rechtsprechung ist eine Präzisierung der rechtlichen Grundlagen der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafrahmen) zulässig, wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhaltes kommt (VwGH 14.09.2020, Ra 2020/02/0032, mit weiteren Hinweisen).
Mit dem angefochtenen Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses vom 11.05.2021, Zl ***, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, als Teilnehmer der zulässigen Versammlung „FF“ die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht eingehalten zu haben. Dem angefochtenen Spruchpunkt ist klar zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer als Teilnehmer einer namentlich bezeichneten Versammlung an einem hinreichend beschriebenen Tatort zu einer genau bestimmten Tatzeit die Nichtbefolgung der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zur Last gelegt wird. Der Beschwerdeführer war jedenfalls in der Lage, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Es bestand auch nicht die Gefahr einer Doppelbestrafung. Die Richtigstellung der anzuwenden Bestimmung, nämlich des EpiG anstelle des COVID-19-MG, war daher geboten.
Entgegen dem in Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses formulierten Tatvorwurf hat der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 13 Abs 4 erster Satz der 4. COVID-19-SchuMaV nicht verletzt und folglich im Hinblick auf die Verpflichtung zur Einhaltung eines Mindestabstandes keine Verwaltungsübertretung nach § 40 Abs 1 lit c EpiG begangen
Der Beschwerde wird daher betreffend Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2021, Zl ***, Folge gegeben, dieser Spruchpunkt aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Demgegenüber wird die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft X vom 11.05.2021, Zl ***, als unbegründet abgewiesen, allerdings die verletzte Verwaltungsvorschrift und die angewandte Strafsanktionsnorm richtiggestellt. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.
Aufgrund der Aufhebung des Spruchpunktes 2) des angefochtenen Straferkenntnisses waren die Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahren in Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses neu zu bestimmen.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch Euro 10,00 zu leisten. Ausgehend von der zu Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses verhängten Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 beträgt der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens Euro 40,00. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 3. des gegenständlichen Erkenntnisses.
3.2. Zur schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses:
Nach § 47 Abs 4 letzter Satz VwGVG sind in Verfahren in Verwaltungsstrafsachen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden. Die Verkündung der Entscheidung direkt nach der Verhandlung stellt nach der zitierten Bestimmung den, wenn auch in der Praxis nicht immer umsetzbaren, Regelfall dar. Ist eine anschließende Verkündung nicht möglich, etwa wegen der Komplexität der Sach- oder Rechtslage, hat die Entscheidung schriftlich zu ergehen. Bedarf die Fällung des Erkenntnisses (etwa die Beweiswürdigung) reiflicher Überlegung, so kann das Verwaltungsgericht von der sofortigen Verkündung Abstand nehmen. Andernfalls belastet die rechtswidrige Unterlassung der Verkündung durch das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (VwGH 11.09.2019, Ra 2019/02/0110; dieser Entscheidung folgend VwGH 02.10.2020, Ra 2020/02/0182).
Das Verwaltungsgericht hat ein Absehen von der mündlichen Verkündung zu begründen. Eine solche Begründung im Einzelfall ist, wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgt, nicht revisibel (VwGH 02.10.2020, Ra 2020/02/0182, mit weiteren Nachweisen; dieser Entscheidung folgend VwGH 12.02.2021, Ra 2020/02/0291).
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, nach der Verhandlung am 20.10.2021 weitere Beweismittel – Auszüge aus einer Videoaufnahme – vorzulegen und zum Verhandlungsergebnis eine abschließende Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer hat im Hinblick auf die Möglichkeit einer abschließenden Stellungnahme gemäß § 44 Abs 5 VwGVG auf die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung verzichtet. Aufgrund dieser Verzichtserklärung des Beschwerdeführers war das Landesverwaltungsgericht Tirol zur schriftlichen Ausfertigung des gegenständlichen Erkenntnisses berechtigt.
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die rechtliche Beurteilung stützt sich auf den klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung der 4. COVID-SchuMaV. Da die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, auch wenn zur anzuwendenden Norm der zitierten Verordnung noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (VwGH 30.08.2019, Ra 2019/17/0035).
Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung für den einzelnen Fall, die jedenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/03/0123; VwGH 14.12.2020, Ra 2019/02/0232; VwGH 28.06.2021, Ra 2021/06/0087).
Die vom Landesverwaltungsgericht Tirol vorgenommene Berichtigung betreffend die anzuwendende Strafsanktionsnorm stützt sich auf § 44a VStG und die dazu ergangene einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Auch diesbezüglich war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erörtern.
Dementsprechend wird in Spruchpunkt 4. des gegenständlichen Erkenntnisses die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.