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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Säumnisbeschwerde der Gemeinde E, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen die Schlichtungsstelle des Abwasserverbandes Einzugsbereich T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, betreffend Austritt aus dem Abwasserverband, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Abwasserverband Einzugsbereich T Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 20. November 1989 teilte die beschwerdeführende Partei dem Abwasserverband Einzugsbereich T (im folgenden: Abwasserverband) mit, der Gemeinderat habe in seiner Sitzung am 17. November 1989 den einstimmigen Beschluß gefaßt, aus dem Abwasserverband auszutreten und die Reinigung der anfallenden Abwässer von E. mit einer eigenen Anlage in E. durchzuführen. Es werde daher ersucht, ehestens eine Mitgliederversammlung einzuberufen und den Verhandlungsgegenstand "Austritt der Gemeinde E. aus dem Abwasserverband" in die Tagesordnung aufzunehmen.
Die Mitgliederversammlung des Abwasserverbandes faßte bei der Sitzung vom 28. Mai 1990 den Mehrheitsbeschluß, dem Ansuchen der beschwerdeführenden Partei vom 20. November 1989 stattzugeben und dem Austritt der beschwerdeführenden Partei aus dem Abwasserverband unter bestimmten Voraussetzungen zuzustimmen.
Die beschwerdeführende Partei erhob gegen diesen Beschluß innerhalb offener Frist mit Schreiben vom 5. Juni 1990 Einspruch an die Schlichtungsstelle mit der Begründung, sie habe zwar den Austritt aus dem Abwasserverband beantragt, sei aber mit den daran geknüpften Bedingungen nicht einverstanden. Mit Bescheid vom 6. Juli 1994 hob die belangte Behörde gemäß § 97 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) in Verbindung mit § 21 der Satzung des Abwasserverbandes den Beschluß der Mitgliederversammlung vom 28. Mai 1990 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf. Dieser Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei nachweislich zugestellt.
Mit der am 24. Mai 1996 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde begehrte die beschwerdeführende Partei eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über ihren Antrag vom 20. November 1989 auf Austritt aus dem Abwasserverband. Sie begründet diesen Antrag damit, sie habe gegen den Beschluß der Mitgliederversammlung vom 28. Mai 1990 mit Schriftsatz vom 5. Juni 1990 die Schlichtungsstelle angerufen; diese habe aber trotz zahlreicher Urgenzen bis heute keine Entscheidung gefällt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift vor, der Landeshauptmann sei ihr gegenüber sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG. Damit vertritt sie die Auffassung, die Säumnisbeschwerde sei schon deswegen unzulässig, weil nicht die oberste in Betracht kommende Behörde angerufen worden sei.
Zu diesem Vorbringen wird auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1996, Zl. 96/07/0029, hingewiesen, in welchem ausgesprochen wurde, daß gegen eine Untätigkeit der Schlichtungsstelle die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes offensteht.
Nach § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist Untätigkeit der obersten Verwaltungsbehörde.
Die belangte Behörde hat über den "Einspruch" der beschwerdeführenden Partei gegen den Beschluß der Mitgliederversammlung des Abwasserverbandes vom 28. Mai 1990 mit Bescheid vom 6. Juli 1994 entschieden. Damit fehlt es an einer Untätigkeit der belangten Behörde.
Aus den dargestellten Gründen war die Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Anrufung der obersten BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996070109.X00Im RIS seit
12.11.2001