TE Bvwg Beschluss 2021/10/6 W203 2246666-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.10.2021
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Entscheidungsdatum

06.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
Leistungsbeurteilungsverordnung §14 Abs5
Leistungsbeurteilungsverordnung §14 Abs6
Leistungsbeurteilungsverordnung §3 Abs1
Leistungsbeurteilungsverordnung §4 Abs1
SchUG §18 Abs1
SchUG §20 Abs1
SchUG §25 Abs1
SchUG §71 Abs2 litc
SchUG §71 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W203 2246666-1/2E

B E S C H L U S S

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde der mj. Schülerin XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch ihren erziehungsberechtigten Vater XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom 31.08.2021, GZ. IVVe10/7-2021, mit dem der Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz der 6B-Klasse des XXXX , vom 05.07.2021, dass XXXX zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist, abgewiesen wurde:

A)

In Stattgabe der Beschwerde werden der Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom 31.08.2021, GZ. IVVe10/7-2021 sowie die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 05.07.2021 aufgehoben und wird die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bildungsdirektion für Steiermark gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Schülerin XXXX (im Folgenden: Erstbeschwerdeführerin) ist die minderjährige Tochter von XXXX (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführer). Sie besuchte im Schuljahr 2020/21 die 6B-Klasse des XXXX (im Folgenden: gegenständliche Schule).

2. In der Schulnachricht vom 05.02.2021 wurde die Erstbeschwerdeführerin in den Pflichtgegenständen „Biologie und Umweltkunde“, „Bildnerische Erziehung“ und „Bewegung und Sport“ sowie im Wahlpflichtgegenstand „Biologie und Umweltkunde“ mit „Sehr gut“, in den Pflichtgegenständen „Ethik“, „Psychologie und Philosophie“ und „Musikerziehung“ mit „Gut“, in den Pflichtgegenständen „Englisch (Erste lebende Fremdsprache)“, „Latein“, „Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung“, „Mathematik“, „Chemie“ und „Physik“ sowie im schulautonomen Pflichtgegenstand „Future-Lab“ mit „Befriedigend“ und im Pflichtgegenstand „Deutsch“ mit „Genügend“ beurteilt.

3. Im am 09.07.2021 ausgestellten Jahreszeugnis wurde die Erstbeschwerdeführerin im Pflichtgegenstand „Chemie“ und im Wahlpflichtgegenstand „Biologie und Umweltkunde“ mit „Sehr gut“, in den Pflichtgegenständen „Biologie und Umweltkunde“ und „Bildnerische Erziehung“ mit „Gut“, in den Pflichtgegenständen „Ethik“, „Psychologie und Philosophie“ und „Musikerziehung“ sowie im schulautonomen Pflichtgegenstand „Future-Lab“ mit „Befriedigend“ und im Pflichtgegenstand „Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung“ mit „Genügend“ beurteilt. In den insgesamt sechs Pflichtgegenständen „Deutsch“, „Englisch (Erste lebende Fremdsprache)“, „Latein“, „Mathematik“, „Physik“ und „Bewegung und Sport“ wurde sie nicht beurteilt.

4. Am 05.07.2021 entschied die Klassenkonferenz der 6B-Klasse der gegenständlichen Schule, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund des Umstandes, dass sie in insgesamt sechs Pflichtgegenständen keine Beurteilung erhalten habe, die Schulstufe nicht erfolgreichen abgeschlossen habe und die Voraussetzungen für das Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe daher nicht erfülle.

Diese Entscheidung ging den Beschwerdeführern am 09.07.2021 zu.

5. Am 12.07.2021 – einlangend bei der gegenständlichen Schule am 13.07.2021 – brachten die Beschwerdeführer Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 05.07.2021 ein und begründeten diesen auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

Beeinsprucht werde die Nichtbeurteilung in insgesamt sechs Pflichtgegenständen. Das Schulunterrichtsgesetz sehe bei gerechtfertigtem Fernbleiben von Feststellungsprüfungen die Festlegung eines neuerlichen Prüfungstermins nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes vor, wobei die Prüfung jedenfalls vor dem 30.11. des folgenden Schuljahres zu erfolgen habe. Die Erstbeschwerdeführerin habe im abgelaufenen Schuljahr „aus persönlichen Gründen und unter Inanspruchnahme ihres persönlichen Selbstbestimmungsrechtes und des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit“ die invasiven COVID-19-Tests und das tägliche, stundenlange Tragen von FFP2-Masken als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht verweigert. Sie sei daher aus gerechtfertigten Gründen dem Präsenzunterricht ferngeblieben und habe am Distance-Learning teilgenommen. Die Erstbeschwerdeführerin habe jedenfalls eine Festlegungsprüfung ablegen wollen, sie habe dies jedoch aus den bereits erwähnten Gründen im Rahmen des Präsenzunterrichts verweigert. Seitens der Beschwerdeführer angebotene Formen der Prüfungsablegung – z.B. als Onlineprüfung, außerhalb der Unterrichtszeiten oder außerhalb des Schulgebäudes im Freien – seien seitens der gegenständlichen Schule abgelehnt worden. Die Erstbeschwerdeführerin sei aus gerechtfertigten Gründen der Feststellungsprüfung ferngeblieben, da niemand zu einem invasiven COVID-19-Test als Voraussetzung für einen Prüfungsantritt gezwungen werden könne.

6. In Folge des Widerspruchs wurden Stellungnahmen der die nicht beurteilten Pflichtgegenstände unterrichtenden Lehrerinnen sowie des Leiters der gegenständlichen Schule eingeholt.

6.1. Die den Pflichtgegenstand „Englisch (Erste lebende Fremdsprache)“ unterrichtende Lehrerin gab an, dass die Erstbeschwerdeführerin im Wintersemester eine Schularbeitsleistung, die mit „Gut“ (86,52% von 100%) beurteilt worden sei, eine positiv beurteilte Vokabelwiederholung sowie mündliche Mitarbeitsleistungen inklusive Hausübungen, die mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen wären, erbracht habe und daher in der Semesternote ein „Befriedigend“ erhalten habe.

Das zweite Semester habe sich aus Arbeitsaufträgen im Rahmen des Distance-Learning zusammengesetzt, wobei die Erstbeschwerdeführerin 10 von 20 Aufträgen erledigt habe. Diese sei beim Online-Unterricht zwar anwesend gewesen, aktive Mitarbeit sei aber keine vorhanden gewesen. Im anschließenden Präsenzunterricht habe die Erstbeschwerdeführerin die Schularbeit nicht mitgeschrieben, mündliche Vokabelwiederholungen sowie aktive mündliche Mitarbeit habe es „auf Grund der Durchführbarkeit“ (gemeint wohl: mangels Durchführbarkeit) nicht gegeben. Da keine Schularbeitsnote und keine Mitarbeit vorlägen, ergebe sich die Nicht-Beurteilung.

6.2. Die den Pflichtgegenstand „Bewegung und Sport“ unterrichtende Lehrerin gab an, dass die Erstbeschwerdeführerin im ersten Semester wegen der „Übernahme von einer Kollegin am 21.12.2020 und anschließenden Online-Sport-Videos im Lockdown mit der Annahme einer aktiven Beteiligung“ mit „Sehr gut“ beurteilt worden sei.

Im zweiten Semester habe eine Beurteilung nicht durchgeführt werden können, da eine solche ohne Präsenzunterricht nicht möglich sei.

6.3. Die den Pflichtgegenstand „Physik“ unterrichtende Lehrerin gab an, dass die Beschwerdeführerin im ersten Semester am 26.01.2021 einen Test mit der Beurteilung „Befriedigend“ geschrieben und ein Referat gehalten habe, welches mit „genügend“ beurteilt worden sei. Die Mitarbeit im Präsenzunterricht sei „zufriedenstellend“, im Online-Unterricht aber nicht vorhanden gewesen. Sie sei daher im Semesterzeugnis mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen.

Im zweiten Semester habe die Erstbeschwerdeführerin während des Distance-Learnings Unterlagen zum Lernen und Arbeitsaufträge zum Ausarbeiten bekommen. Da sie den zweiten Physik-Test im April nicht mitgeschrieben habe, sei ihr angeboten worden, eine Online-Prüfung abzulegen. Die Erstbeschwerdeführerin habe zwei Möglichkeiten gehabt, diese Online-Prüfung vor der Klasse abzulegen. Weiters sei ihr angeboten worden, die aktuellen Stoffinhalte bis 10.06.2021 auszuarbeiten, was sie aber nicht gemacht habe. Da die Erstbeschwerdeführerin auch zu einer Feststellungsprüfung am 15.06.2021 nicht erschienen sei, habe sie im zweiten Semester nicht beurteilt werden können.

6.4. Die den Pflichtgegenstand „Mathematik“ unterrichtende Lehrerin gab an, dass die erste Schularbeit vom 21.01.2021 mit Befriedigend“ (37 von 48 möglichen Punkten) beurteilt worden sei. Von insgesamt neun Hausübungen seien fünf nicht erbracht worden. Diese seien am 19.04.2021 zusammen mit den bis zu diesem Zeitpunkt fehlenden Hausübungen vom zweiten Semester abgegeben worden. Während des Online-Unterrichts sei die Erstbeschwerdeführerin eingeloggt gewesen, allerdings habe ihre tatsächliche Anwesenheit mangels Bild und Ton nicht überprüft werden können. Bei mündlichen Übungen habe sie „oft nicht geantwortet“. Sie sei daher im Wintersemester mit „Befriedigend“ beurteilt worden.

Im zweiten Semester gelte bezüglich der Teilnahme der Erstbeschwerdeführerin am Online-Unterricht dasselbe wie im ersten Semester, bei mündlichen Übungen und Fragen habe diese „kaum Aktivität“ gezeigt. Sie habe die zweite Schularbeit nicht mehr mitgeschrieben und sei zur Feststellungsprüfung am 26.06.2021 nicht angetreten. Nach dem 19.04.2021 seien keine Hausübungen mehr abgegeben worden, eine Beurteilung im zweiten Semester sei nicht möglich gewesen.

6.5. Die den Pflichtgegenstand „Deutsch“ unterrichtende Lehrerin gab an, dass die Erstbeschwerdeführerin im ersten Semester eine Schularbeitsleistung, die mit „Genügend“ beurteilt worden sei, erbracht habe. Ein Portfolio zur Klassenlektüre sei mit „Befriedigend“ beurteilt worden. Acht von zwölf Hausübungen habe die Erstbeschwerdeführerin nicht erbracht. Während des Online-Unterrichts sei sie zwar anwesend gewesen, eine mündliche Mitarbeit sei aber – ebenso wie im Präsenzunterricht – nicht vorhanden gewesen. Daraus sei eine Beurteilung mit „Genügend“ in der Schulnachricht resultiert.

Weil die Erstbeschwerdeführerin auch während des zweiten Semesters im Distance-Learning verblieben sei, habe sie Arbeitspakete erhalten. Von insgesamt 13 Arbeitsaufträgen habe sie sechs erledigt, sieben seien unerledigt geblieben. Sie sei zwar online anwesend gewesen, Mitarbeit sei aber weiterhin keine vorhanden gewesen. Sie habe sich geweigert, die für den 23.04.2021 angesetzte Schularbeit mitzuschreiben und eine Feststellungsprüfung abzulegen. Da die Erstbeschwerdeführerin im zweiten Semester „kaum relevante Leistungen“ erbracht habe und da auch eine gesicherte Feststellung des Unterrichtsertrages nicht möglich gewesen sei, habe sie nicht beurteilt werden können.

6.6. Die den Pflichtgegenstand „Latein“ unterrichtende Lehrerin gab an, dass die Erstbeschwerdeführerin im ersten Semester eine Schularbeit erbracht habe, die mit „Gut“ (48 von 60 möglichen Punkten) beurteilt worden sei. Sie habe „kaum aktive Beteiligung“ im Rahmen der Mitarbeit gezeigt und habe bei Wiederholungen im Zeitraum vom 25.09.2020 bis zum 20.10.2020 fünfmal ein „Minus“ bekommen. Auch während des Online-Unterrichts habe sie im Zeitraum vom 17.11.2020 bis zum 01.02.2021 bei diversen Leistungskontrollen siebenmal negativ abgeschnitten und habe bei der Übungsschularbeit am 11.01.2021 nur acht von 60 möglichen Punkten erreicht. Im Semesterzeugnis sei sie mit „Befriedigend“ zu beurteilen gewesen.

Im zweiten Semester, also während der Zeit des Präsenzunterrichts, habe die Erstbeschwerdeführerin meist online am Unterricht teilgenommen. Sie habe Arbeitsaufträge abgegeben, die Schularbeit nicht mitgeschrieben und Wiederholungen nicht abgegeben. Sämtliche von der Erstbeschwerdeführerin gelieferten Lösungen seien aus dem Internet zu beziehen und eine Beurteilung des Wissensstandes auf dieser Basis daher nicht möglich. Sie habe sich „so gut wie nie“ am Online-Unterricht beteiligt und auch direkt an sie gerichtete Fragen nicht beantwortet, sondern vorgegeben, dass die Internetverbindung abbreche. Da seit der Schularbeit vom 23.10.2020 sehr komplexe Grammatik erarbeitet worden sei und man sich in keiner Weise ein Bild davon machen könne, inwiefern die Erstbeschwerdeführerin mitgelernt habe und die Formen beherrsche, sei es unumgänglich, dass diese zeige, dass sie dem Unterricht auf der nächsthöheren Schulstufe folgen könne.

6.7. Am 15.07.2021 gab der Leiter der gegenständlichen Schule eine Stellungnahme zum Widerspruch der Beschwerdeführer ab, aus der hervorgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin in insgesamt sechs Pflichtgegenständen nicht beurteilt habe werden können, da sie wegen Verweigerung der Corona-Selbsttests die Feststellungsprüfungen nicht habe ablegen können. Aus demselben Grund habe sie sich auch seit Oktober 2020 zu Hause aufgehalten. Das Fernbleiben von den Feststellungsprüfungen sei ungerechtfertigt erfolgt und somit auch eine Stundung derselben oder eine Nachtragsprüfung erst im Herbst nicht möglich gewesen. Der Zweitbeschwerdeführer sehe das anders.

Aus den vorliegenden Unterlagen gehe hervor, dass Feststellungsprüfungen unabdinglich gewesen seien.

7. Eine Stellungnahme der zuständigen Schulqualitätsmanagerin vom 23.07.2021 lautet wie folgt:

„Aus den von der Schule vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Schülerin zwar nicht im Präsenz- aber doch im Online-Unterricht anwesend war. Auch wurden Arbeitsaufträge von den Lehrpersonen erteilt. Allerdings hat die Schülerin in den einzelnen Gegenständen trotz Anwesenheit in den Onlineeinheiten keine ausreichende Leistung hinsichtlich der Arbeitsaufträge und hinsichtlich der Mitarbeitsleistungen erbracht, was auf eine negative Beurteilung schließen lassen würde.

Die vorliegenden Unterlagen lassen die Erstellung eines Gutachtens nicht zu, sodass nicht festgestellt werden kann, ob in den einzelnen Gegenständen tatsächlich eine negative Beurteilung gerechtfertigt wäre.

Deshalb empfiehlt die Schulaufsicht die Durchführung kommissioneller Prüfungen in allen Gegenständen.“

8. Ebenfalls am 23.07.2021 teilte die belangte Behörde dem Zweitbeschwerdeführer mit, dass das Widerspruchsverfahren unterbrochen und die Erstbeschwerdeführerin in allen sechs betroffenen Pflichtgegenständen zu einer kommissionellen Prüfung zugelassen werde.

Die Mitteilung enthielt den Hinweis, dass bei den Prüfungen die Vorkehrungen zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Erkrankung einzuhalten seien, da ansonsten eine Teilnahme an den Prüfungen ausgeschlossen sei, und dass ein Nichtantreten zur kommissionellen Prüfung zur Folge habe, dass in diesem Pflichtgegenstand eine Beurteilung mit “Nicht genügend“ erfolge.

9. Am 26.07.2021 teilte der Zweitbeschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde mit, dass gegenständlich keine Beurteilungen mit „Nicht genügend“ vorliegen würden und somit § 71 Abs. 4 SchUG nicht zur Anwendung kommen könne. Die Erstbeschwerdeführerin sei aus gerechtfertigten Gründen an der Ablegung der Feststellungsprüfungen verhindert gewesen, und es sei diesbezüglich ein neuer Termin festzusetzen. Die Erstbeschwerdeführerin verweigere auch weiterhin den COVID-19-Test als zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an den Feststellungsprüfungen.

Die COVID-19-Schulverordnung 2020/21 sei seit Ablauf des Schuljahres nicht mehr anzuwenden.

10. Am 05.08.2021 teilte die belangte Behörde dem Zweitbeschwerdeführer mit, dass laut der Stellungnahme der zuständigen Schulqualitätsmanagerin eine Beurteilung doch möglich gewesen wäre, sich aus den Unterlagen aber ergebe, dass „grundsätzlich negative Beurteilungen“ zu erfolgen gehabt hätten. Da anhand der vorliegenden Unterlagen aber nicht überprüft werden könne, ob die Beurteilungen mit „Nicht genügend“ richtig oder unrichtig seien, komme entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer § 71 Abs. 4 SchUG doch zur Anwendung.

Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die einschlägige C-SchVO 2020/21 erst mit Ablauf des 12.09.2021, an welchem das Schuljahr 2020/21 ende, auslaufe.

11. Am 06.08.2021 wandte sich der Zweitbeschwerdeführer neuerlich an die belangte Behörde und führte dabei aus, dass – mit Ausnahme des Pflichtgegenstandes „Deutsch“ – die Erstbeschwerdeführerin keine „Frühwarnungen“ erhalten habe. Einer Beurteilung mit „Nicht genügend“ in allen Pflichtgegenständen werde widersprochen, die Erstbeschwerdeführerin habe online im Unterricht „bestmöglich mitgearbeitet“.

Gegen die Festsetzung einer kommissionellen Prüfung werde Widerspruch eingelegt.

12. Am 18.08.2021 teilte die belangte Behörde dem Zweitbeschwerdeführer mit, dass ein gesonderter Widerspruch gegen die Festsetzung einer kommissionellen Prüfung nicht zulässig sei.

13. Am 20.08.2021 wurden die Beschwerdeführer darüber informiert, dass die kommissionellen Prüfungen ab dem 23.08.2021 stattfinden würden.

14. Am 20.08.2021 teilte der Zweitbeschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass seiner Ansicht nach die kommissionellen Prüfungen einerseits zu kurzfristig angesetzt worden wären und andererseits gar nicht zulässig seien, da gegenständlich kein Fall des § 71 Abs. 4 SchUG vorliege, sondern vielmehr Fälle von nicht beurteilten Gegenständen. Es werde daher weiterhin die Abhaltung einer Feststellungsprüfung „nach Wegfall des Hinderungsgrundes“ gefordert sowie eine positive Beurteilung der sechs betroffenen Gegenstände auf Basis des Aktenstandes.

15. Am 23.08.2021 teilte die belangte Behörde dem Zweitbeschwerdeführer mit, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht zu der für diesen Tag anberaumten kommissionellen Prüfung erschienen sei und dass aufgrund des Schreibens vom 20.08.2021 davon ausgegangen werde, dass die Erstbeschwerdeführerin auch zu den noch ausstehenden kommissionellen Prüfungen nicht erscheinen werde.

16. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.08.2021, GZ. IVVe10/7-2021 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde der Widerspruch der Beschwerdeführer abgewiesen und festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin zur kommissionellen Prüfung gemäß § 71 Abs. 4 SchUG nicht angetreten sei und daher die Beurteilungen in allen sechs betroffenen Pflichtgegenständen mit „nicht beurteilt“ aufrecht blieben.

17. Mit Schriftsatz vom 12.09.2021, eingelangte bei der belangten Behörde am 14.09.2021, erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31.08.2021 und begründeten diese auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

Das Gutachten der Amtssachverständigen habe gezeigt, dass in den sechs relevanten Pflichtgegenständen doch eine Beurteilung möglich gewesen wäre. Die Beurteilungen mit „nicht beurteilt“ seien daher falsch gewesen. Vielmehr ergebe sich aus diesem Gutachten, dass die einzelnen Pflichtgegenstände auf Grundlage der vorhandenen, für eine Beurteilung ausreichenden Unterlagen beurteilbar gewesen wären. Insofern die Amtssachverständige vermeine, sämtliche Pflichtgegenstände seien mit „Nicht genügend“ zu beurteilen gewesen, treffe dies nicht zu, da die Erstbeschwerdeführerin – mit Ausnahme des Pflichtgegenstandes Deutsch – in keinem anderen der unbeurteilten Pflichtgegenstände darüber informiert worden wäre, dass eine Beurteilung mit „Nicht genügend“ drohe. Die Erstbeschwerdeführerin habe laufend am Unterricht teilgenommen, und zwar wo es möglich gewesen wäre in Form von Online-Unterricht und wo dies nicht möglich gewesen wäre durch Abarbeiten von Arbeitsaufträgen, Selbststudium und die Erledigung von Hausaufgaben. Einige wenige nicht erfüllte Arbeitsaufträge könnten nicht die Basis für eine Verschlechterung von einem „Befriedigend“ in der Schulnachricht auf ein „Nicht genügend“ im Jahreszeugnis sein. Das „Hin und Her“ der Beurteilung, die Verhinderung von Online-Prüfungen, das Ergebnis „nicht beurteilt“, obwohl eine Beurteilung möglich gewesen wäre und die Verschlechterung im Pflichtgegenstand „Bewegung und Sport“ von „Sehr gut“ in der Schulnachricht auf „Nicht genügend“ im Jahreszeugnis sei als bloße schikanöse Reaktion darauf anzusehen, dass sich die Erstbeschwerdeführerin geweigert habe, an den COVID-19-Tests teilzunehmen. Es werden daher eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie eine faire Beurteilung der Leistungen der Erstbeschwerdeführerin gefordert.

18. Einlangend am 23.09.2021 wurde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt von der belangten Behörde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2020/21 die 6. Klasse (10. Schulstufe) der gegenständlichen Schule.

In der Schulnachricht wurde die Erstbeschwerdeführerin in sämtlichen Pflichtgegenständen positiv beurteilt.

Das zweite Semester des Schuljahres 2020/21 verbrachte die Erstbeschwerdeführerin praktisch zur Gänze in Form des Distance-Learnings und wurde dabei online unterrichtet.

Im Jahreszeugnis wurden die Leistungen der Erstbeschwerdeführerin in insgesamt sechs Pflichtgegenständen nicht beurteilt.

Am 05.07.2021 entschied die Klassenkonferenz der 6B-Klasse der gegenständlichen Schule, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund der Nicht-Beurteilungen zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei.

Gegen diese Entscheidung der Klassenkonferenz brachten die Beschwerdeführer rechtzeitig Widerspruch ein.

Nach Einholung einer Stellungnahme durch die zuständige Schulqualitätsmanagerin unterbrach die belangte Behörde das Widerspruchsverfahren und ordnete die Durchführung von kommissionellen Prüfungen gemäß § 71 Abs. 4 SchUG in allen sechs betroffenen Pflichtgegenständen an. Zu diesen ist die Erstbeschwerdeführerin nicht angetreten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Widerspruch abgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin das zweite Semester des Schuljahres 2020/21 praktisch zur Gänze im Distance-Learning absolviert hat, ergibt sich insbesondere aus den Stellungnahmen der unterrichtenden Lehrer und des Schulleiters sowie einer Stellungnahme der zuständigen Schulqualitätsmanagerin.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Landesschulrates (Stadtschulrates für Wien) wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122 (im Folgenden: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat - liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor - das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 MRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.2.1.1. Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit § 25) ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die zuständige Schulbehörde in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit „Nicht genügend“ stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, daß eine auf „Nicht genügend“ lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.

Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält.

Gemäß § 18 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.

Gemäß § 20 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand auf einer ganzen Schulstufe alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen (§ 18 SchUG) zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist. Dabei sind die fachliche Eigenart des Unterrichtsgegenstandes und der Aufbau des Lehrstoffes zu berücksichtigen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Leistungsbeurteilungsverordnung dienen der Leistungsfeststellung zum Zweck der Leistungsbeurteilung die Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht, besondere mündliche Leistungsfeststellungen (mündliche Prüfungen, mündliche Übungen), besondere schriftliche Leistungsfeststellungen (Schularbeiten, Tests, Diktate), besondere praktische Leistungsfeststellungen und besondere graphische Leistungsfeststellungen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Leistungsbeurteilungsverordnung umfasst die Feststellung der Mitarbeit des Schülers im Unterricht den Gesamtbereich der Unterrichtsarbeit in den einzelnen Unterrichtsgegenständen und erfasst in die Unterrichtsarbeit eingebundene mündliche, schriftliche, praktische und graphische Leistungen, Leistungen im Zusammenhang mit der Sicherung des Unterrichtsertrages einschließlich der Bearbeitung von Hausübungen, Leistungen bei der Erarbeitung neuer Lehrstoffe, Leistungen im Zusammenhang mit dem Erfassen und Verstehen von unterrichtlichen Sachverhalten, Leistungen im Zusammenhang mit der Fähigkeit, Erarbeitetes richtig einzuordnen und anzuwenden. Bei der Mitarbeit sind Leistungen zu berücksichtigen, die der Schüler in Alleinarbeit erbringt und Leistungen des Schülers in der Gruppen- und Partnerarbeit (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht13, Anm. 1 zu § 4 Leistungsbeurteilungsverordnung). Einzelne Leistungen im Rahmen der Mitarbeit sind nicht gesondert zu benoten (Abs. 2 leg.cit.). Aufzeichnungen über diese Leistungen sind so oft und so eingehend vorzunehmen, wie dies für die Leistungsbeurteilung erforderlich ist (Abs. 3 leg.cit.).

Gemäß § 14 Abs. 5 LBVO sind mit „Genügend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.

Gemäß Abs. 6 leg. cit. sind mit „Nicht genügend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit „Genügend“ (Abs. 5) erfüllt.

Gemäß § 4a Abs. 1 Covid-19-Schulverordnung ist Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht, dass Schülerinnen und Schüler am ersten Tag einer Woche, an welchem sie sich in der Schule aufhalten, einen von der Schulbehörde zur Verfügung gestellten Schnelltest, der für eine Probennahme im anterior-nasalen Bereich in Verkehr gebracht wurde, an der Schule durchführen und vorlegen. Schülerinnen und Schüler, welche sich mehr als zwei Tage einer Woche an der Schule aufhalten, haben Tests an der Schule sooft durchzuführen und vorzulegen, dass zwischen den Tests nicht mehr als ein Kalendertag liegt.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. kann die Voraussetzung gemäß Abs. 1 dadurch ersetzt werden, dass an jedem Tag, an dem Schülern ein Test gemäß Abs. 1 zur Verfügung gestellt wird, ein Nachweis vorgelegt wird, dass von der Schülerin oder dem Schüler nur eine geringe epidemiologische Gefahr ausgeht. Dies kann unter anderem erbracht werden durch 1. einen Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines Antigentests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf, 2. einen Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf, 3. eine ärztliche Bestätigung über eine in den letzten sechs Monaten überstandene Infektion, die molekularbiologisch bestätigt wurde.

Gemäß § 7 Abs. 1 Covid-19-Schulverordnung hat die Leistungsfeststellung und die Leistungsbeurteilung der Schülerinnen und Schüler in einzelnen Unterrichtsgegenständen gemäß § 18 Abs. 1, § 20 Abs. 2, 3 und 4, § 23 und § 23a SchUG für Schülerinnen und Schüler im ortsungebundenen Unterricht im Wege der elektronischen Kommunikation zu erfolgen. Dabei ist eine Form der Leistungsfeststellung zu wählen, die eine sichere Beurteilung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler in einer gesicherten Prüfungsumgebung zulässt. Eine gesicherte Prüfungsumgebung liegt dann vor, wenn der Lehrperson aufgrund der Prüfungsgestaltung und der technischen und örtlichen Gegebenheiten glaubhaft gemacht wurde, dass die Vortäuschung einer Leistung nicht möglich ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Schulleitung zur Durchführung von Leistungsfeststellungen, die im Wege der elektronischen Kommunikation nicht möglich sind, insbesondere lehrplanmäßig vorgeschriebene Schularbeiten, die Durchführung der Leistungsfeststellung unter physischer Anwesenheit am Schulstandort anordnen. § 4a ist anzuwenden.

3.2.1.2. Die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 05.07.2021 sowie der diese Entscheidung bestätigende angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 31.08.2021 erweisen sich aus folgenden Gründen als rechtswidrig:

Die Klassenkonferenz begründete ihre Entscheidung, dass die Erstbeschwerdeführerin das Schuljahr 2020/21 nicht erfolgreich absolviert habe und daher zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei, damit, dass deren Leistungen in insgesamt sechs Pflichtgegenständen nicht beurteilt hätten werden können. Dies vor allem deshalb, da die Erstbeschwerdeführerin das zweite Semester aufgrund ihrer Weigerung, die für die Teilnahme am Präsenzunterricht aufgrund der Covid-19-Pandemie erforderlichen Testungen durchführen zu lassen, praktisch zur Gänze in Form das Distance-Learnings absolviert habe. Dabei sei die Erstbeschwerdeführerin im zweiten Semester zwar meist „eingeloggt“ gewesen, habe sich aber sehr passiv verhalten und kaum aktiv am Unterricht teilgenommen.

Verfahrensgegenständlich erscheinen aus Sicht des erkennenden Gerichts aber im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde die Voraussetzungen für die erfolgten Beurteilungen mit „nicht beurteilt“ nicht gegeben, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Die Ausgangslage für eine Beurteilung mit „nicht beurteilt“ ist typischer Weise immer dann gegeben, wenn eine Schülerin oder ein Schüler derart viele – entschuldigte oder unentschuldigte – Fehlstunden aufweist, dass eine gesicherte Leistungsbeurteilung in einzelnen Pflichtgegenständen nicht möglich ist. Gegenständlich liegen aber keine Fehlstunden der Erstbeschwerdeführerin in einem maßgeblichen Ausmaß vor, da diese – wie sich aus den Stellungnahmen der unterrichtenden Lehrerinnen und der zuständigen Schulqualitätsmanagerin übereinstimmend ergibt - zwar nicht an dem im Sommersemester 2021 an sich möglichen Präsenzunterricht, stattdessen aber in Form des aufgrund der Covid-19-Schulverordnung möglichen Distance-Learnings teilgenommen hat. Außerdem geht aus den Stellungnahmen der Lehrrinnen auch hervor, dass die Erstbeschwerdeführerin – zumindest teilweise – Arbeitsaufträge und Hausübungen erbracht hat (zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die im Verfahrensgang unter den Punkten 6.1. bis 6.6. zusammengefassten Stellungnahmen verwiesen). Ein überwiegend passives Verhalten von regelmäßig - in Form des Präsenzunterrichts oder des Distance-Learnings – am Unterricht teilnehmenden Schülerinnen und Schülern stellt aber keine Basis für eine Beurteilung mit „nicht beurteilt“ dar, sondern sind vielmehr die nicht oder nur sehr rudimentär erbrachten Leistungen entsprechend der LBVO zu beurteilen. Dies entspricht auch der in der Stellungnahme wiedergegebenen Ansicht der zuständigen Schulqualitätsmanagerin. Es ist für das erkennende Gericht auch nicht nachvollziehbar, warum die Erstbeschwerdeführerin in immerhin sieben von 13 Pflichtgegenständen beurteilt werden konnte, wobei davon auszugehen ist, dass sie auch in diesen Pflichtgegenständen nicht im Präsenzunterricht unterrichtet wurde. Die Beurteilungen mit „nicht beurteilt“ erfolgten somit zu Unrecht, sondern wäre vielmehr die Erstbeschwerdeführerin auf Basis der während des gesamten Schuljahres erbrachten Leistungen in allen Pflichtgegenständen mit einer Note entsprechend er fünfteiligen Beurteilungsskala des § 14 LBVO zu beurteilen gewesen.

Auch für eine Anberaumung einer kommissionellen Prüfung gemäß § 71 Abs. 4 SchUG fehlt es gegenständlich an einer tauglichen Rechtsgrundlage, da eine solche nur dann in Frage käme, wenn sich „der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit „Nicht genügend“ stützt“. Verfahrensgegenständlich liegen aber gerade keine Beurteilungen mit „Nicht genügend“ vor und wird von den Beschwerdeführern auch keine unrichtige Beurteilung mit „Nicht genügend“ behauptet. Auch aus der Stellungnahme der Schulqualitätsmanagerin lässt sich nicht ableiten, dass sämtliche Pflichtgegenstände bei Durchführung einer ordnungsgemäßen Leistungsbeurteilung mit „Nicht genügend“ zu beurteilen gewesen wären. Vielmehr führt diese im Gegensatz dazu wörtlich aus, dass „nicht festgestellt werden kann, ob in den einzelnen Gegenständen tatsächlich eine negative Beurteilung gerechtfertigt wäre.“

3.2.1.3. Dadurch, dass die belangte Behörde nach Anberaumung einer nicht zulässigen kommissionellen Prüfung iSd § 71 Abs. 4 SchUG die Beurteilungen mit „nicht beurteilt“ und somit die Nichtberechtigung der Erstbeschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe bestätigt hat, behaftet sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Dieser war daher aufzuheben.

3.2.2. Zur Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides.

3.2.2.1. In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung“ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2013, S. 127 und S. 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, S. 65 und S. 73f).

3.2.2.2. Verfahrensgegenständlich hat die belangte Behörde ihre Entscheidung darauf gestützt, dass die Erstbeschwerdeführerin in sechs Pflichtgegenständen nicht zu beurteilen gewesen wäre und diese Nicht-Beurteilung aufrecht zu bleiben habe, da die Erstbeschwerdeführerin zu den angesetzten kommissionellen Prüfungen iSd § 71 Abs. 4 SchUG unentschuldigt nicht angetreten sei. Beides war – wie oben unter Pkt. 3.2.1.2. gezeigt – aber nicht zulässig.

Vielmehr wäre im gegenständlichen Verfahren eine den Kriterien der LBVO entsprechende Leistungsbeurteilung in sämtlichen Pflichtgegenständen durchzuführen und auf Basis der Ergebnisse der Leistungsbeurteilungen darüber zu entscheiden gewesen, ob die Erstbeschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt ist. Die belangte Behörde hat im Lichte der oben zitierten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht einmal ansatzweise die dafür erforderlichen Ermittlungsschritte gesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof leitet zwar aus § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG einen „prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte“ ab (VwGH 20.12.2017, Ra 2017/10/0116 mit Verweis auf VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063), bringt darin aber auch zum Ausdruck, dass eine Zurückverweisung dann – und nur dann - in Betracht kommt, wenn es sich um „Ermittlungslücken“ in einem größeren Ausmaß handelt. Verfahrensgegenständlich liegen derartige Ermittlungslücken vor, da die entscheidenden Leistungsbeurteilungen gänzlich unterlassen wurden. Es kann – aufgrund der unmittelbaren „Sachnähe“ und Vertrautheit der belangten Behörde zur Materie der zu erledigenden Angelegenheit - auch nicht gesagt werden, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In einer Gesamtschau ist der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides im Vergleich zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht unter dem Aspekt der Raschheit und der Kostenersparnis daher der Vorzug zu geben. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

3.2.2.3. Der Bescheid war daher nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde Ermittlungen dahingehend durchzuführen haben, wie die von der Erstbeschwerdeführerin während des gesamten Schuljahres erbrachten Leistungen in den sechs zu Unrecht nicht beurteilten Pflichtgegenständen zu beurteilen sind und auf Basis dieser Beurteilungen darüber zu entscheiden haben, ob im Falle der Erstbeschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Berechtigung zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe vorliegen.

3.2.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.3.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.

Schlagworte

Aufstieg in nächsthöhere Schulstufe Ermittlungspflicht Kassation kommissionelle Prüfung Leistungsbeurteilung mangelnde Sachverhaltsfeststellung Nichtbeurteilung Pandemie Pflichtgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W203.2246666.1.00

Im RIS seit

16.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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