Entscheidungsdatum
11.10.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W254 2246116-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA als Einzelrichterin über die Beschwerde des minderjährigen XXXX , geb. am XXXX gesetzlich vertreten durch XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. REBASSO gegen den Bescheid der Bildungsdirektion Wien vom 28.07.2021, Zl. 9131.003/1365-Präs3a/2021, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in Folge kurz: BF) besuchte im Schuljahr 2020/21 die 1A Klasse (5. Schulstufe) des Bundesrealgymnasiums XXXX Wien, XXXX .
Am 28.06.2021 entschied die Klassenkonferenz, dass der BF zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt sei, da sein Jahreszeugnis in den Pflichtgegenständen Deutsch und Mathematik jeweils keine Beurteilung enthielt.
Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht Widerspruch und begründete den Widerspruch damit, dass die Entscheidung der Klassenkonferenz zu spät erfolgt sei und keine nachvollziehbare Begründung enthalte. Er habe aufgrund einer medizinischen Anordnung keinen Mund-Nasen-Schutz tragen dürfen und habe daher am Präsenzunterricht nicht teilnehmen können. Er habe von der Schule nur unzureichende Unterstützung erhalten. Das Ansetzen der Feststellungsprüfungen sei rechtswidrig gewesen und habe die Schule die Lehr- und Prüfungsinhalte nicht in ausreichender Form und auch nicht rechtzeitig übermittelt.
Zur Klärung der Frage, ob die Nichtbeurteilung in den Pflichtgegenständen Deutsch und Mathematik zu Recht erfolgt sei, holte die Bildungsdirektion Wien ein Gutachten von der zuständigen Schulqualitätsmanagerin Mag. XXXX ein.
Zusammengefasst kommt das Gutachten zum Schluss, dass eine sichere Beurteilung in den Pflichtgegenständen Deutsch und Mathematik aufgrund des Fernbleibens des BF vom Präsenzunterricht und der Verweigerung der Teilnahme am Online Unterricht nicht möglich gewesen sei. Zu den Feststellungsprüfungen sei er ungerechtfertigt nicht erschienen und habe daher keine Beurteilung in diesen beiden Gegenständen erhalten. Somit sei er nicht berechtigt in die nächsthöhere Schulstufe aufzusteigen.
Der BF nahm zu diesem Gutachten Stellung und führte unter anderem aus, dass nicht klar ersichtlich sei, welche Unterlagen zur Beurteilung herangezogen worden seien. Ihm seien keine anderen Lösungsvorschläge zur Leistungsfeststellung als eine Feststellungsprüfung unterbreitet worden. Die Schulqualitätsmanagerin habe den individuellen Umständen keine Beachtung gezeigt. Der BF habe entgegen der Darstellung im Gutachten, im Pflichtgegenstand Mathematik einen Großteil der Arbeitsaufgaben erfüllt und auch übermittelt.
Mit Bescheid vom 28.07.2021 wurde der Widerspruch des BF abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Nichtbeurteilungen seien zu Recht erfolgt und der BF sei von den Feststellungsprüfungen unentschuldigt ferngeblieben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese wiederum rechtsfreundlich vertreten, fristgerecht Beschwerde. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gar keine Möglichkeit gehabt habe, sich auf die verlangten Prüfungen vorzubereiten. §§7 und 11 C-SchVO hätte die Möglichkeit vorgesehen, die Leistungsfeststellung im ortsungebundenen Unterricht durchzuführen. Dass der Beschwerdeführer unentschuldigt fern geblieben sei, sei als aktenwidrig zu qualifizieren. Feststellungen zu den erbrachten Leistungen des Beschwerdeführers würden sich als ergänzungsbedürftig erweisen, weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers ein externer Sachverständiger oder ein anderer amtlicher Sachverständiger zu bestellen sei. Die pandemiebedingten Abweichungen vom Schulalltag seien nicht ansatzweise gewürdigt worden, da dem Schüler die alleinige Verantwortung aufgebürdet werde, dass rechtzeitig alle Informationen und Unterlagen zu Verfügung stünden, um den Leistungsstand zu benoten. Er verweise auf seine kritische Stellungnahme vom 26.07.2021. Darüber hinaus wurde moniert, dass § 20 Abs. 3 SchuG nicht zur Anwendung gelangt sei, da der Beschwerdeführer ohne eigenes Verschulden den Präsenzunterricht versäumt habe.
Am 07.09.2021 legte die belangte Behörde den Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens folgende Beweismittel der Beurteilung zugrunde gelegt:
? der Akt der Behörde
? insbesondere die Stellungnahme der SQM sowie
? der Widerspruch, die Stellungnahmen und die Beschwerde der Beschwerdeführer
? die vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführer
1.2. Der Beschwerdeführer (in Folge kurz: BF) besuchte im Schuljahr 2020/21 die XXXX Klasse des Bundesrealgymnasiums XXXX Wien, XXXX
Der BF besuchte ab dem 15.02.2021 keinen Präsenzunterricht seiner Schule, da seine Mutter die Maskenpflicht an der Schule ablehnte. Auch den Online Unterricht besuchte er nicht, da die Mutter des BF Online Unterricht und Online Überprüfungen ablehnte.
Am 06.05.2021 fand eine Videokonferenz mit der Mutter, der Schulqualitätsmanagerin, der Schuldirektorin und den Lehrenden der Pflichtgegenstände „Deutsch“ und „Mathematik“ statt über das Thema der fehlenden Leistungen in diesen beiden Fächern, in der vereinbart wurde, dass Feststellungsprüfungen abzulegen sind.
Die Stoffabgrenzung für die Feststellungsprüfungen wurde mit Schreiben vom 12.05.2021 der Mutter des BF nachweislich mitgeteilt.
Der BF ist der Feststellungsprüfung Mathematik am 04.06.2021 unentschuldigt fern geblieben. Zur für den 08.06.2021 anberaumten Feststellungsprüfung Deutsch trat der Beschwerdeführer ebenfalls unentschuldigt nicht an.
Die Beurteilung in den Pflichtgegenständen Deutsch und Mathematik mit „nicht beurteilt“ erfolgte zu Recht. Es lässt sich in diesen Pflichtgegenständen auf Grund der (nicht) erbrachten Leistungen eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe nicht treffen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, den Stellungnahmen der BF und der Beschwerde.
2.2. Dass der BF den Präsenzunterricht ab Februar 2021 nicht mehr besuchte, da die Mutter die Maskenpflicht ablehnte, ergibt sich aus zahlreichen Mails (insbesondere vom 16.03.2021 oder 21.04.2021).
Da keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine konkrete Erkrankung, welche ein Tragen der Masken verunmöglicht, belegt, konnte dahingehend keine Feststellung getroffen werden. Im Verwaltungsakt sind lediglich widersprüchliche Unterlagen betreffend die Notwendigkeit einer Befreiung vom Mund-Nasenschutz enthalten (vgl. drei verschiedene ärztliche Atteste desselben Allgemeinmediziners jeweils datiert mit 10.12.2020 mit unterschiedlichen Aussagen). Diese vorgelegten, widersprüchlichen Atteste erfüllen weder die Mindestanforderungen für ein ärztliches Attest, noch ist erkennbar auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt (vgl. auch das Urteil des VG Münster 5 L 710/20 vom 24.02.2020). Zusätzlich wird noch ein Befundbericht vom 15.12.2020 einer HNO Ärztin vorgelegt, aus welchem aber keine Notwendigkeit einer Maskenbefreiung hervorgeht.
Im Übrigen kommt dieser Frage auch keine besondere Bedeutung zu. Aus der Aktenlage ergibt sich nämlich, dass die Schule und die Mutter des BF sich darauf einigten, dass der BF vom Präsenzunterricht befreit wurde. Die Mutter wurde jedoch mehrmals darauf hingewiesen, dass der BF den online Unterricht zu besuchen habe. Der BF hat dennoch den Online Unterricht nicht besucht und ist daher vom online Unterricht unentschuldigt ferngeblieben.
2.3. Dass der BF den online Unterricht aufgrund der Ablehnung seiner Mutter nicht besuchte, ergibt sich daraus, dass die Mutter am 13.04.2021 per Mail mitteilte, dass online Übertragungen keine akzeptable Form des Unterrichtens sei und der BF an online Stunden nicht teilnehmen werde. Außerdem teilte sie mit, dass der BF nicht von der Schule, sondern von den Eltern unterrichtet werde. Die Mutter teilte per Mail vom 19.04.2021 mit, dass der BF online nicht geprüft werden dürfe. Ebenso teilte sie in einem Mail vom 19.04.2021 mit, dass sie den BF vom Videounterricht befreie (E-Mails im Verwaltungsakt ersichtlich).
2.4. Die Stoffabgrenzung für die Feststellungsprüfungen wurde der Mutter des BF per Post zugestellt (Zustellnachweis im Akt, zugestellt am 14.05.2021).
2.5. Zur Feststellung, dass der BF unentschuldigt nicht zu den Feststellungsprüfungen erschienen ist
Der BF behauptet, dass die Lernunterlagen für die Feststellungsprüfungen nicht vollständig übermittelt wurden und der BF daher nicht unentschuldigt, sondern legitimerweise von den Feststellungsprüfungen fern geblieben ist. An dieser Stelle ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Stoffabgrenzung bereits mit Schreiben vom 12.05.2021 an die Mutter des BF übermittelt wurde und der BF daher ausreichend Zeit gehabt hätte, sich auf die Prüfungen vom 04.06 und 08.06.2021 vorzubereiten. Dies wird vom BF auch nicht bestritten. Gemäß § 20 Abs. 2 SchUG ist einzige Voraussetzung für die Feststellungsprüfung, dass der Prüfungstermin zwei Wochen im Voraus festgesetzt wird. Diesem Erfordernis wurde seitens der Schule entsprochen.
Darüber hinaus ist auch am Rande darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerde des BF maßgeblich auch auf die Argumentation stützt, dass der BF genügend Leistungen in den nicht beurteilten Pflichtgegenständen erbracht hat. Gleichzeitig wird moniert, dass die Unterlagen zur Vorbereitung der Feststellungsprüfungen nicht übermittelt wurden. Wenn nun der BF kontinuierlich dem Unterricht gefolgt wäre und die im Unterricht geforderten Leistungen erbracht hätte, wäre es konsequenterweise überhaupt nicht notwendig, die Unterlagen für die Feststellungsprüfungen zu übermitteln, da nach eigenem Vorbringen, der Semesterstoff bereits erarbeitet wurde und daher die Lernunterlagen bekannt sein müssten. Insoweit ist die Argumentation in diesem Punkt auch inkonsistent.
Aus der Begründung des Bescheides geht außerdem hervor, dass die Mutter des BF darauf hingewiesen wurde, dass alle Lernunterlagen auf der schuleigenen Lernplattform „eduvidual“ vorzufinden wären (Bescheid S. 4). Die Beschwerde ist dem nicht entgegen getreten.
Letztlich ergibt sich aber auch aus den gesetzlichen Grundlagen nicht, dass die Schule verpflichtet wäre, Lernunterlagen zu übermitteln. Durch die Übermittlung einer Stoffabgrenzung wäre es dem BF jedenfalls möglich gewesen, sich auf die Prüfungen vorzubereiten. Aus diesen Erwägungen geht daher das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der BF unentschuldigt nicht zu den Feststellungsprüfungen erschienen ist.
2.6. Zur Feststellung, dass die Beurteilungen „nicht beurteilt“ zu Recht erfolgten:
Die Lehrkräfte in den maßgeblichen Pflichtgegenständen erstatteten Stellungnahmen, wonach der Schüler in keinem Pflichtgegenstand an der im Sommersemester angesetzten Schularbeit teilnahm und auch in den jeweiligen Pflichtgegenständen nur eine deutliche Minderzahl der geforderten Arbeitsaufträge abgegeben habe. Es gibt keinen Grund an diesen Ausführungen zu zweifeln. Insgesamt ergibt das Bild der dokumentierten Aufzeichnungen, dass der BF weder ausreichende Mitarbeitsleistungen erbracht hat, noch zu den online Prüfungen oder Feststellungsprüfungen angetreten ist. Nach den Ausführungen der Mutter und den vorgelegten Unterlagen hat der BF zwar vereinzelt Leistungen erbracht, diese haben jedoch kein quantitatives und qualitatives Ausmaß erreicht, dass eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe getroffen werden könnte auch wenn man die in der Schulnachricht erzielte Beurteilung mit „Genügend“ in die Erwägungen miteinbezieht.
Insbesondere zum Pflichtgegenstand Deutsch: Die einzige Schularbeit am 12.03.2021 hat der BF nicht mitgeschrieben. Zur daraufhin anberaumten Prüfung für den 23.04.2021 per Videokonferenz trat der Beschwerdeführer nicht an. Es gab 20 dokumentierte Arbeitsaufträge, von denen 7 zumindest teilweise erbracht und teilweise eine Beurteilung möglich war. Der BF präsentierte ein halbes Referat, bezüglich welchem die Lehrerin bemängelte, dass es abgelesen wurde. Die zweite Hälfte wurde nicht nachgeholt. Das vorgelegte Deutsch Hausübungsheft hat den letzten erarbeiteten Eintrag vom 15.02.2021. Das vorgelegte Sprachbuch Treffpunkt Deutsch sowie das dazugehörige Arbeitsheft weisen kaum Bearbeitungen auf. Darüber hinaus legt der BF eine Märchenportfolio Mappe vor.
Insbesondere zum Pflichtgegenstand Mathematik: Der BF ist zur Schularbeit am 19.03.2021 nicht erschienen. Es gab 25 Arbeitsaufträge ab dem 12.02.2021. Davon wurden bis zum 4.5.2021, 10 abgegeben, wobei eine davon nicht vollständig abgegeben wurde. Nach einer Videokonferenz wurden die fehlenden Arbeitsaufträge/Hausaufgaben nachgereicht. Von vier schriftlichen Wiederholungen hat der BF keine mitgeschrieben. Eine mündliche Prüfung für den 03.05.2021 wurde nicht abgelegt. Der BF nahm weder am Präsenzunterricht noch an Videokonferenzen teil. Mit der Beschwerde wurde auch ein umfangreiches Konvolut an Unterlagen, in denen verschiedene Mathematik Aufgaben gelöst wurden, vorgelegt. Auch ein Mathematik Hausübungsheft wurde vorgelegt, mit dem letzten Eintrag vom 31.05.2021.
Auch wenn eine Vielzahl von Unterlagen vorgelegt wurden, die unter der Annahme, dass sie vom BF selbst angefertigt wurden, durchaus ein Bemühen zeigen, sind diese dennoch nicht dazu geeignet eine Leistungsbeurteilung zu erwirken. Der BF hat sich im Sommersemester keiner einzigen Leistungskontrolle (sei es durch Schularbeit, Online Prüfung oder Feststellungsprüfung) unterzogen. Damit hat er selbst wenn man von – hier bei weitem nicht vorliegenden - vollständig erbrachten Hausübungen und Übungen ausgeht, nur einen Aspekt der geforderten Leistungen erbracht. Insbesondere fehlen aufgrund des Fernbleibens vom online Unterricht sowohl Mitarbeitsleistungen als auch das Ablegen von Prüfungen bzw nachgewiesene Leistungskontrollen.
Die Beschwerde ist den Nichtbeurteilungen in den verfahrensgegenständlichen Pflichtgegenständen daher nicht substantiiert entgegen getreten, um die Aufzeichnungen der zuständigen Lehrer zum Ergebnis dieser Nichtbeurteilungen und die Ausführungen in der eingeholten schlüssigen pädagogischen Stellungnahme der Schulqualitätsmanagerin widerlegen zu können. Selbst wenn man alle vom BF vorgelegten Unterlagen in die Beurteilungen miteinbezieht, könnten diese alleine keineswegs die nicht vorhandenen Mitarbeitsleistungen und nicht abgelegten Prüfungen kompensieren. Obwohl dem BF zahlreiche Möglichkeiten angeboten wurden, sich Leistungskontrollen zu unterziehen, wurden diese nicht wahrgenommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den rechtlichen Grundlagen der Leistungsbeurteilung:
Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.
Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält.
Gemäß § 18 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.
Gemäß § 20 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand auf einer ganzen Schulstufe alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen (§ 18 SchUG) zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist.
Wenn sich bei längerem Fernbleiben des Schülers vom Unterricht und in ähnlichen Ausnahmefällen auf Grund der nach § 18 Abs. 1 gewonnenen Beurteilung eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe nicht treffen läßt, hat der Lehrer eine Prüfung durchzuführen, von der der Schüler zwei Wochen vorher zu verständigen ist (Feststellungsprüfung, § 20 Abs. 2 SchUG).
Wenn ein Schüler ohne eigenes Verschulden so viel vom Unterricht versäumt, daß die erfolgreiche Ablegung der Prüfung (Abs. 2) nicht zu erwarten ist, ist sie ihm vom Schulleiter auf mindestens acht, höchstens zwölf Wochen - bei lehrgangsmäßigen Berufsschulen höchstens bis zum Beginn des nächsten der Schulstufe entsprechenden Lehrganges im nächsten Schuljahr - zu stunden (Nachtragsprüfung). Hat der Schüler die Nachtragsprüfung nicht bestanden, ist er auf Antrag innerhalb von zwei Wochen zu einer Wiederholung der Nachtragsprüfung zuzulassen; der Antrag ist spätestens am dritten Tag nach Ablegung dieser Prüfung zu stellen (§ 20 Abs. 3 SchUG).
3.2. Der BF wurde in der Schulnachricht in den gegenständlichen Pflichtgegenständen mit „Genügend“ beurteilt. Da er jedoch im Sommersemester 2021 kaum Leistungen erbracht hat, insbesondere keine Schularbeit, keine Online Prüfung und auch keine Feststellungsprüfung, kann auch unter Einbeziehung des „Genügend“ für das Wintersemester 2020/21 für den BF nichts gewonnen werden. Zu den §§ 7 und 11 der C-SchVO 2020/21, die vom Rechtsvertreter zur Begründung seines Standpunktes herangezogen werden, darf erinnert werden, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu beurteilen hat. Die zitierte C-SchVO ist jedoch bereits außer Kraft getreten, weshalb diese Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind (dazu aber auch weiter unten).
Gemäß § 3 Abs. 1 Leistungsbeurteilungsverordnung dienen der Leistungsfeststellung zum Zweck der Leistungsbeurteilung die Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht, besondere mündliche Leistungsfeststellungen (mündliche Prüfungen, mündliche Übungen), besondere schriftliche Leistungsfeststellungen (Schularbeiten, Tests, Diktate), besondere praktische Leistungsfeststellungen und besondere graphische Leistungsfeststellungen. Gemäß § 4 Abs. 1 Leistungsbeurteilungsverordnung umfasst die Feststellung der Mitarbeit des Schülers im Unterricht den Gesamtbereich der Unterrichtsarbeit in den einzelnen Unterrichtsgegenständen und erfasst in die Unterrichtsarbeit eingebundene mündliche, schriftliche, praktische und graphische Leistungen, Leistungen im Zusammenhang mit der Sicherung des Unterrichtsertrages einschließlich der Bearbeitung von Hausübungen, Leistungen bei der Erarbeitung neuer Lehrstoffe, Leistungen im Zusammenhang mit dem Erfassen und Verstehen von unterrichtlichen Sachverhalten, Leistungen im Zusammenhang mit der Fähigkeit, Erarbeitetes richtig einzuordnen und anzuwenden. Bei der Mitarbeit sind Leistungen zu berücksichtigen, die der Schüler in Alleinarbeit erbringt und Leistungen des Schülers in der Gruppen- und Partnerarbeit (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht13, Anm. 1 zu § 4 Leistungsbeurteilungsverordnung). Einzelne Leistungen im Rahmen der Mitarbeit sind nicht gesondert zu benoten (Abs. 2 leg.cit.). Aufzeichnungen über diese Leistungen sind so oft und so eingehend vorzunehmen, wie dies für die Leistungsbeurteilung erforderlich ist (Abs. 3 leg.cit.).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Grundlage der Leistungsbeurteilung ausschließlich die Leistung des Schülers (siehe beispielsweise VwGH vom 16.12.1996, 96/10/0095). Aus dem Verwaltungsakt und den vorgelegten Unterlagen ergibt sich jedoch, dass der BF nur vereinzelt Leistungen in den Pflichtgegenständen „Mathematik“ und „Deutsch“ erbracht hat.
3.3. Zum Vorbringen, dass nicht verständlich sei, weshalb die anderen Gegenstände im Jahreszeugnis des BF beurteilt werden konnten, ist auszuführen, dass die positiv beurteilten Pflichtgegenstände nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Im Übrigen ist es aber durchaus vorstellbar, dass der BF in den anderen Gegenständen genügend Leistungen erbracht hat, sodass eine Leistungsbeurteilung möglich war.
Sollte der BF auch in den anderen Pflichtgegenständen nicht genügend Leistungen erbracht haben und eine Beurteilung zu Unrecht erfolgt sein gilt Folgendes: es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass ein allfälliges Fehlverhalten der Behörde nicht das Recht auf ein gleiches Fehlverhalten der Behörde gibt, denn das Ergebnis wäre ein Anspruch auf Nichtanwendung des Gesetzes trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit, was ein innerer Widerspruch wäre (vgl etwa VfGH vom 28.09.1976, VfSlg. 7856). Die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass in anderen Fällen nicht gesetzmäßig vorgegangen worden ist (VfGH vom 22.02.1985, VfSlg. 10338). Es steht niemandem ein Recht auf ein gleiches - allenfalls vorliegendes – Fehlverhalten einer Behörde in einem anderen Verfahren zu (VwGH vom 26.09.2017, Ro 2015/05/0016 mit Hinweis auf VfGH vom 30. September 1991, Slg.Nr. 12.796/1991).
3.4. Auch aus dem Vorbringen, dass die Stellungnahmen der Lehrerinnnen im Detail nicht an den BF übermittelt wurden, lässt sich für den BF nichts gewinnen. Zum einen wurde bereits ausgeführt, dass selbst wenn der BF alle Arbeitsaufträge erfüllt hätte, eine Beurteilung schon deshalb nicht möglich gewesen wäre, weil sich der BF niemals einer Leistungskontrolle unterzogen hat und auch keine Mitarbeitsleistungen erbracht hat. Im Übrigen werden die Stellungnahmen im Gutachten der Schulqualitätsmanagerin zusammmengefasst wiedergegeben und hätte der BF im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht jederzeit die Möglichkeit gehabt, Akteneinsicht zu nehmen.
3.5. Eine Anwendung des § 20 Abs. 3 SchUG kommt im Übrigen schon deshalb nicht zur Anwendung, da der BF nicht ohne eigenes Verschulden vom online Unterricht ferngeblieben ist. Nach der Befreiung vom Präsenz Unterricht, lehnte die Mutter nachweislich per Mail auch den Online Unterricht an. Sie wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass der BF den online Unterricht zu besuchen hat. Das Fernbleiben vom Online Unterricht ist daher selbstverschuldet, weshalb § 20 Abs. 3 SchUG nicht zur Anwendung gelangen kann.
3.6. Zur Nichteinholung des beantragten Sachverständigengutachtens
Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und es entsprechend zu würdigen.
Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. B 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0057). Im Verwaltungsverfahren kann einem SV-Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegnet werden; dies kann nicht nur in Form eines Gegengutachtens geschehen, sondern auch durch ein sonstiges fundiertes Vorbringen auf gleicher fachlicher Ebene (VwGH vom 24.10.2002, 2000/06/0087)
Die wesentlichen Ergebnisse der im Verwaltungsverfahren herangezogenen Gutachten sind in der Bescheidbegründung wiederzugeben und es hat eine entsprechende Auseinandersetzung mit den nicht unbeachtlichen Einwänden des Beschwerdeführers zu erfolgen (VwGH, 2006/06/0281).
Nur wenn an sich klärungsbedürftige Fragen im Zusammenhang mit den dem Gutachten zugrundeliegenden Tatsachenannahmen oder den vom Sachverständigen gezogenen fachlichen Schlüssen aufgeworfen werden, ist eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens notwendig (vgl. VwGH 11.12.2013, 2012/12/0123). Die Behörde hat also nur im Fall der Unvollständigkeit oder Unschlüssigkeit eines Gutachtens eine Gutachtensergänzung aufzutragen.
Das ist hier nicht der Fall:
Das von der Bildungsdirektion eingeholte Sachverständigengutachten war schlüssig und nachvollziehbar und alle relevanten Umstände wurden ohne Ergänzungsbedürftigkeit ins Kalkül gezogen. Da die BF diesem Gutachten weder susbtantiiert noch auf gleicher fachlichen Ebene entgegengetreten war, konnte von der Einholung weiterer Beweismittel, etwa die Einholung eines weiteren Gutachtens, abgesehen werden. Die BF hat eine Einholung eines weiteren Gutachtens vor allem mit dem unbegründeten Argument beantragt, dass ein Interessenskonflikt der Fachexpertin vorgelegen sei.
Die Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahmen obliegt regelmäßig einzelfallbezogen dem Verwaltungsgericht. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt auch in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat (VwGH vom 24.04.2018, Ra 2018/10/0019; VwGH 30.5.2017, Ra 2017/07/0039; 13.11.2017, Ra 2017/02/0217, jeweils mwN).
3.7. Schließlich ist nochmals darauf hinzuweisen, dass sich auch durch den Verweis auf die COVID-19 Schulverordnung (wohl: Verordnung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Bewältigung der COVID-19 Folgen im Schulwesen für das Schuljahr 2020/21 [COVID-19-Schulverordnung 2020/21 – C-SchVO 2020/21] StF: BGBl. II Nr. 384/2020) nichts gewinnen lässt, da diese bereits mit Ende des Schuljahres 2020/21 außer Kraft getreten ist und der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgehalten hat, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich das im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses geltende Recht anzuwenden hat. Im Übrigen teilt das Bundesverwaltungsgericht aber auch die verfassungsrechtlichen Bedenken des BF nicht, da es sich bei der Beurteilung mit „Nicht genügend“ und mit „Nicht beurteilt“ um unterschiedliche Regelungssysteme handelt, die auch im SchUG unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Im einen Fall war der Schüler oder die Schülerin im Unterricht anwesend und hat Leistungen erbracht, mit denen der Schüler jedoch die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen nicht überwiegend erfüllt. Im anderen Fall ist der Schüler oder die Schülerin längere Zeit dem Unterricht ferngeblieben (egal ob unverschuldet oder verschuldet) und hat überhaupt keine oder zu wenig Leistungen erbracht. Es liegt zweifellos im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers diese unterschiedlichen Sachverhalte unterschiedlich zu regeln.
3.8. Nach den Ausführungen in der Beschwerde lag es jedoch auch in der Sphäre der Schule, dass nicht genügend Leistungen erbracht wurden. Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich daraus in Bezug auf das Beschwerdevorbringen nichts gewinnen, weil es verfahrensgegenständlich darauf ankommt, ob sich hinsichtlich des Schülers auf Grund der nach § 18 Abs. 1 SchUG gewonnenen Beurteilung eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe treffen lässt oder nicht. Dies zeigt die Beschwerde auch nicht auf, indem sie darauf verweist, dass nicht genügend Hilfestellungen geleistet wurden, weil die Beschwerde dadurch nicht dartut, inwiefern der Schüler feststellbare Leistungen erbracht hat, die einer Beurteilung zugeführt werden können und welche letztlich eine sichere Beurteilung für die ganze Schulstufe möglich machen.
Letztlich macht der BF in seiner Beschwerde im Wesentlichen Fehler auf Seiten der Behörde geltend bzw. Versäumnisse seitens der Schule, insgesamt verabsäumt er es jedoch - außer einer Fülle von handschriftlich vorgelegten Übungen - seinerseits Leistungen, die erbracht wurden vorzulegen – letztlich behauptet er auch nicht, dass die wesentlichen Leistungen (Schularbeit, mündliche Mitarbeitsleistungen, Leistungskontrollen etc) erbracht wurden. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.9. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung
Es ist darauf hinzuweisen, dass der BF die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt hat und aufgrund der klaren Aktenlage eine solche auch nicht von Amts wegen durchzuführen war. Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass die Beurteilung schulischer Prüfungen nicht vom Schutzbereich des Art. 6 EMRK erfasst ist (vgl. E 22. November 2004, 2001/10/0071, VwGH vom 23.05.2017, Ra 2015/10/0127). Der Beschwerdeführer hat auch keine mündliche Verhandlung beantragt. Ebenso indiziert die bestehende Judikatur des EGMR nicht, dass die Beurteilung schulischer Prüfungen vom Schutzbereich des Art. 6 EMRK erfasst wäre. (vgl. VwGH vom 22.11.2004, 2001/10/0071)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Auch liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufstieg in nächsthöhere Schulstufe Fernbleiben vom Unterricht Feststellungsprüfung Jahreszeugnis Leistungsbeurteilung Nichtantritt Nichtbeurteilung Pandemie Pflichtgegenstand SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W254.2246116.1.00Im RIS seit
16.12.2021Zuletzt aktualisiert am
16.12.2021