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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung (von Teilen) des Oö TourismusG 1990 betreffend Interessentenbeiträge mangels Legitimation; Verwaltungsrechtsweg bei Selbstbemessungsabgaben zumutbarSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die antragstellende Gesellschaft betreibt in Aigen im Mühlkreis (Oberösterreich) ein Heizungs- und Wasserinstallationsunternehmen. Sie ist - den Antragsausführungen zufolge - gemäß dem Oberösterreichischen Tourismus-Gesetz 1990, LGBl. 81/1989 (zuletzt geändert durch LGBl. 63/1992), (im folgenden kurz: O.ö. TG), Pflichtmitglied des Tourismusverbandes Aigen-Schlägl. Im September 1993 habe sie von der Interessentenbeitragsstelle eine "Beitragserklärung 1993" mit der Aufforderung zugesandt erhalten, diese ausgefüllt und unterzeichnet bis 30. September 1993 zurückzusenden und bis 15. Oktober 1993 den Interessentenbeitrag einzuzahlen.
2.a) Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützen Antrag begehrt die Einschreiterin mit näherer Begründung, der Verfassungsgerichtshof möge das Oberösterreichische Tourismus-Gesetz 1990 (i.d.F. LGBl. 53/1991) - zur Gänze bzw. in eventu einzelne (näher bezeichnete) Bestimmungen davon - als verfassungswidrig aufheben.
b) Zur Zulässigkeit des Antrages wird in der Eingabe zusammengefaßt folgendes ausgeführt:
Durch die - gemäß §1 Z5 iVm §6 Abs1 O.ö. TG bestehende - Pflichtmitgliedschaft im Tourismusverband werde aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft eingegriffen. Der Eingriff sei auch unmittelbar wirksam: Gemäß §49 Abs1 O.ö. TG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Beitrittserklärung (§42 leg. cit.) nicht, nicht in der vorgeschriebenen Form oder sonst mangelhaft oder nicht rechtzeitig abgibt (Z3), bzw. wer durch Handlungen oder Unterlassungen den Interessentenbeitrag hinterzieht, verkürzt oder der Verkürzung aussetzt (Z1). Aufgrund dieser Strafdrohungen sei der Einschreiterin auch der ihr möglicherweise offenstehende Weg nicht zumutbar, auf Grundlage des §149 (Abs2) der O.ö. Landesabgabenordnung einen Bescheid zu erwirken.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985).
2. Die antragstellende Gesellschaft geht zutreffend davon aus, daß es ihr nicht zumutbar ist, durch Begehung einer Verwaltungsübertretung iS des §49 O.ö. TG ein Verwaltungsstrafverfahren zu provozieren, um auf diese Art einen der Anfechtung zugänglichen Bescheid zu erwirken (s. oben, Pkt. I.2.b).
Die Einschreiterin übersieht aber, daß ihr ein anderer - zumutbarer - Weg im Sinne des Pktes. II.1 offensteht:
a) Gemäß §42 Abs1 erster Satz O.ö. TG hat jeder Tourismusinteressent bis 30. September eines jeden Jahres der Interessentenbeitragsstelle eine Erklärung über den für die Beitragsbemessung maßgebenden Umsatz und den sich danach ergebenden Interessentenbeitrag abzugeben (Beitragserklärung).
§42 Abs2 O.ö. TG normiert, daß der Beitragspflichtige den Interessentenbeitrag entsprechend seiner Beitragserklärung zu entrichten hat und der Interessentenbeitrag am 15. Oktober des jeweiligen Jahres fällig ist.
b) Gemäß §45 O.ö. TG haben die Beitragsbehörden bei der Überprüfung, Einhebung bzw. Vorschreibung und Einbringung der Beiträge die Oberösterreichische Landesabgabenordnung anzuwenden.
§185 Abs1 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung - O.ö. LAO, LGBl. 30/1984 (zuletzt geändert durch LGBl. 46/1992), lautet:
"Wurde eine Abgabe zu Unrecht entrichtet, abgeführt oder zwangsweise eingebracht, so ist der zu Unrecht entrichtete Betrag auf Antrag zurückzuzahlen. Dies gilt auch für Abgaben, hinsichtlich derer die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung zulassen, sofern die Abgabe noch nicht durch die Abgabenbehörde festgesetzt wurde (§149 Abs2)."
Diese Bestimmung findet sich im 6. Abschnitt der O.ö. LAO ("Einhebung der Abgaben").
c) Die Einschreiterin hätte daher die Möglichkeit, im Anschluß an die (im Wege der Selbstbemessung durchgeführte) Entrichtung der Abgabe (sc. des Interessentenbeitrages) einen Antrag auf Rückzahlung mit der Begründung zu stellen, daß die Abgabe aufgrund der (behaupteten) Verfassungswidrigkeit des O.ö. Tourismusgesetzes (bzw. von Teilen dieses Gesetzes) zu Unrecht entrichtet worden sei (vgl. die diesbezügliche ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, z.B. VfSlg. 9571/1982, 9867/1983, 13170/1992; VfGH 22.3.1993 G135/92; 1.3.1994 G79/93).
Bei Beschreitung dieses Weges befände sich die antragstellende Gesellschaft, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung zwischenzeitig fällig gewordener Abgaben betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, welche die Rechtswidrigkeiten von Steuerbescheiden rügen wollen.
d) Da somit der antragstellenden Gesellschaft der beschriebene Weg zur Erwirkung eines Bescheides durchaus zumutbar wäre, mangelt es an einer der Voraussetzungen für die Legitimation zur Antragstellung nach Art140 Abs1 B-VG.
III. Der Antrag ist daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr, VfGH / Individualantrag, Finanzverfahren, Selbstbemessung (Finanzverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G4.1994Dokumentnummer
JFT_10058795_94G00004_00